Teilzeit- und Befristungsgesetz - Motor für mehr Beschäftigung


Diplomarbeit, 2004

66 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG
2.1 Die Europäische Richtlinie
2.2 Umsetzung in das Deutsche Recht
2.3 Entwicklung und Empirie der Teilzeitarbeit in Deutschland

3 Arbeitsangebot
3.1 Das Grundmodell - Die Nutzenfunktion der Haushalte
3.2 Veränderung der Arbeitsanreize durch Transferzahlungen
3.2.1 Die Zahlung von Arbeitslosengeld
3.2.1.1 Voraussetzung für den Erhalt des Transfers
3.2.1.2 Anreiz zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung
3.2.2 Grundkonzeption der Arbeitslosenhilfe in Deutschland
3.2.3 Die Zahlung von Sozialhilfe
3.2.3.1 Grundkonzeption und Struktur der Sozialhilfe
3.2.3.2 Lohnabstand und Transferentzugsrate - ein Arbeitsanreiz?
3.2.3.3 Sozialhilfe - der Mindestlohn für Deutschland?
3.2.3.4 Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Vergleich
3.2.4 Arbeitsangebot des Zweitverdieners - Die Haushaltstheorie
3.3 Zwischenfazit

4 Arbeitsnachfrage
4.1 Produktionsfunktion der Unternehmen
4.1.1 Anpassungsreaktionen bei Lohnerhöhungen
4.1.1.1 Kurzfristige Arbeitsnachfragefunktion
4.1.1.2 Langfristige Arbeitsnachfragefunktion
4.1.2 Anpassungskosten mit der Wirkung auf die Arbeitsnachfrage
4.1.2.1 Das Optimale Beschäftigungsvolumen
4.1.2.2 Erhöhung der Grenzproduktivität durch Weiterbildung
4.2 Arbeitszeitverkürzung
4.2.1 Arbeitszeitverkürzung und Lohnausgleich
4.2.2 Empirische Evidenz
4.3 Mögliche Produktivitätseffekte der Arbeitszeitverkürzung
4.4 Kompensationsstrategien der Unternehmen bei unfreiwilliger Arbeitszeitverkürzung
4.5 Zwischenfazit

5 Das Vorbild - Die Niederlande
5.1 Der Vertrag von Wassenaar - Die Rahmenbedingungen zur Teilzeitarbeit in den Niederlanden
5.2 Mit erneutem Poldermodell aus der Krise? - Was kann Deutschland von den Niederlanden lernen?

6 Zusammenfassung und Schlußfolgerung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anzahl der Teilzeitbeschäftigten in Deutschland von 1991 - 2003

Abbildung 2: Gegenüberstellung der Teilzeitbeschäftigung im Anteil an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland und den Niederlanden

Abbildung 3: Entscheidung über Arbeitszeit vs. Freizeit

Abbildung 4: Einkommens- und Substitutionseffekt einer Lohnerhöhung

Abbildung 5: Arbeitsangebot bei Zahlung von Arbeitslosengeld

Abbildung 6: Dauer der Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Abgangs- wahrscheinlichkeit in Prozent

Abbildung 7: Sozialhilfeanspruch ausgewählter Personengruppen in Relation zum potentiellen Nettolohn

Abbildung 8: Armutsfalle im Sozialhilferecht

Abbildung 9: Dauer der Arbeitslosigkeit von Sozialhilfeempfängern

Abbildung 10: Reaktion der Haushalte auf Lohnerhöhungen

Abbildung 11: Haushalts- und Arbeitsmarktproduktivität

Abbildung 12: Arbeitsnachfragefunktion

Abbildung 13: kurz- und langfristige Arbeitsnachfragefunktion

Abbildung 14:Turnover Costs

Abbildung 15: Lohnverhalten in einer Zweiperiodenbetrachtung bei spezifischem Training

Abbildung 16: Einarbeitungskosten pro neuem Mitarbeiter

Tabellenübersicht

Tabelle 1: Abhängig Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen in Voll und Teilzeitbeschäftigung in Deutschland 2002

1 Einleitung

Das im Januar 2001 in Kraft getretene Teilzeit- und Befristungsgesetz ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Mögliche Einschnitte in das Grundrecht der Berufsfreiheit des Arbeitgebers, sollen mit einer Entlastung auf dem Arbeitsmarkt gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber lehnte sich aufgrund der überdurchschnittlichen Erfolge der Teilzeitarbeit an die Niederlande an, die mit großem Abstand die höchste Teilzeitquote in den Industriestaaten verzeichnen.

Ziel meiner Arbeit ist, die Ökonomie des Rechtsanspruches auf Teilzeitarbeit von Seiten der Arbeitgeber sowie (potentiellen) Arbeitnehmer zu bewerten, dabei werde ich mich im Folgenden auf das Teilzeitgesetz beschränken. Dazu gehe ich zuerst auf die Hintergründe, sowie die Entstehung des Teilzeitgesetzes ein, um dann mit Hilfe der Empirie die Ausprägungen dieser Beschäftigungsform in Deutschland darzustellen. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt in der Untersuchung der in der politischen Arena geforderten Arbeitszeitverkürzung zur Senkung der Arbeitslosigkeit von Seiten des Arbeitsangebotes und der -nachfrage. Dazu werde ich im dritten Abschnitt das Arbeitsangebot der Haushalte unter besonderer Berücksichtung des Arbeitsanreizes zur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung aus der Arbeitslosigkeit heraus untersuchen. Beeinflußt wird der Anreiz zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung von den Transferzahlungen des deutschen Sozialsystems. Dem gegenüber stelle ich im Punkt vier die Arbeitsnachfrage der Unternehmen, die sich unter Einbeziehung der Höhe der Stundenlöhne, im Zusammenhang mit der Arbeitszeitlänge, kurz- bis mittelfristig verändert. Eine gesetzlich festgelegte Arbeitszeitverkürzung beinhaltet unter Beachtung des Strebens nach Gewinnmaximierung unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten für die Unternehmen, die Einfluß auf das Arbeitsnachfrageverhalten haben.

Kann Deutschland unter den vorab dargestellten Bedingungen und Voraussetzungen das System der Niederlande ohne weiteres übernehmen? Um diese Frage zu beantworten, werde ich im fünften Absatz auf die Rahmenbedingungen zur Entstehung des Teilzeiterfolges der Niederlande eingehen, um entscheidende Kriterien herauszustellen. Schlußendlich beantworte ich die Frage, ob mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit diese Beschäftigungsform signifikant erhöht, und damit die Arbeitslosigkeit gesenkt werden kann.

2 Das Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG

2.1 Die Europäische Richtlinie

Mit dem Gesetz über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge, welches das bisherige Beschäftigungsförderungsgesetz von 1986 ablöste, setzte man verspätet die Richtlinie (RL) 97/81/EG um. Ziel des europäischen Konsens ist es, den Teilzeitbeschäftigten die gleichen Rechte zukommen zu lassen wie deren Kollegen, welche in Vollzeit arbeiten. Desweiteren soll die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern beseitigt werden, da Frauen zum großen Teil in dieser Beschäftigungsform tätig sind (Hanau et al., 2002, S. 680 f). Darüber hinaus stellt man sich das Ziel, den freiwilligen Einsatz der Teilzeitarbeit durch die Umsetzung der RL zu fördern, und somit eine flexible Organisation im Unternehmen zu ermöglichen (§ 1 TeilzeitRL). Der Anwendungsbereich der RL wird genau definiert und verweist auf Teilzeitbeschäftigte, „die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder (den) Geflogenheiten im jeweiligen Mitgliedsstaat einen Arbeitsvertrag haben oder im Arbeitsverhältnis stehen“ (§ 2 TeilzeitRL). Ein „Teilzeitbeschäftigter“ ist demnach ein Arbeitnehmer, der mit seiner durchschnittlichen Wochenarbeitszeit unterhalb eines vergleichbaren „Vollzeitbeschäftigten“ liegt (§ 3 TeilzeitRL). Bedeutend in der RL 97/81/EG ist das Diskriminierungsverbot, welches beinhaltet, daß Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht wegen der Beschäftigungsform benachteiligt werden dürfen. Ausnahmen für das Verbot der Ungleichbehandlung sind objektive Gründe, zu denen u.a. die Höhe des Arbeitsentgeltes zählt (§ 4 Abs. 1 TeilzeitRL; Art. 137 Abs. 6 EGV). Grundsätzlich geht man bei Angemessenheit von „Pro-rata-temporis“1 aus (§ 4 Abs. 2 TeilzeitRL), wobei sich der genauen Definition von Angemessenheit entzogen wurde. Wenn Rechte nicht anteilig gewährt werden können, wie im Fall eines Betriebskindergartens, darf dem Teilzeitmitarbeiter der Zutritt nicht verwährt werden. Unter der Förderung der Teilzeitarbeit stellt die RL Anforderungen an die Identifikation und Beseitigung von Hindernissen, die „rechtlicher und verwaltungstechnischer Natur“ (§ 5 Abs. 1 Satz a TeilzeitRL) sind. Konkretisiert wird die Aussage darin, daß die Weigerung eines Arbeitnehmers zum Wechsel von einer Vollzeitbeschäftigung in eine Teilzeitbeschäftigung oder umgekehrt kein Kündigungsgrund darstellt (§ 5 Abs. 2 TeilzeitRL). Desweiteren sollte der Arbeitgeber, „soweit dies möglich ist“ (§ 5 Abs. 3 Satz a TeilzeitRL), Wünsche zur Verkürzung bzw. Verlängerung der Arbeitszeit berücksichtigen und „bemüht sein“, rechtzeitig Informationen über entsprechende Arbeitsplätze im Unternehmen an die Mitarbeiter weiterzuleiten (§ 5 Abs. 3 Satz d TeilzeitRL). Vom Arbeitgeber in Erwägung zu ziehen sind Erleichterungen zur Teilnahme von Teilzeitmitarbeitern an beruflicher Bildung mit dem Ziel der „Förderung des beruflichen Fortkommens“ (§ 5 Abs. 3 Satz d TeilzeitRL). Diese allgemein gehaltenen Kann- Bestimmungen, welche eine Appellfunktion ausführen, haben zusätzlich durch den Paragraphen 6 der TeilzeitRL große Interpretationsspielräume. Dieser Freiwilligkeitsvorbehalt ermöglicht den Mitgliedstaaten, günstigere Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, die ich im Folgenden für das deutsche Recht konkretisieren werde (Eisemann et al., 2004, S.130).

2.2 Umsetzung in das Deutsche Recht

Das TzBfG beginnt mit der Zielsetzung in § 1, die das Diskriminierungsverbot ausdrücklich anordnet und die Förderung der Teilzeitarbeit prioritiert. Der Begriff der Teilzeitbeschäftigten ist, wie in der TeilzeitRL, an die Arbeitszeit des im Betrieb vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten gekoppelt. Neben dem Paragraph 8 stellt der Paragraph 4 eines der Kernstücke des TzBfG dar. Darin wird ausdrücklich eine „sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterbehandlung des Teilzeitmitarbeiters gegenüber dem Vollzeitbeschäftigten, aufgrund des unterschiedlichen Arbeitsvolumen“, untersagt (Müller-Glöge et al. 2004, S. 2661; § 4 Abs. 1 Satz 1). Dagegen stellen Arbeitsleistung, -belastung, Qualifikation und Ausbildung sachliche Rechtfertigungsgründe dar (Sievers, 2003, S. 36). Steht somit die Schlechterstellung in keinem Zusammenhang mit der Arbeitszeit, ist kein Verstoß gegen § 4 zu erkennen. Hinzu kommt, daß die Beweislast beim Arbeitnehmer liegt (Müller-Glöge et al., 2004, S. 2673). Der zweite Abschnitt des TzBfG beginnt mit einem Appell an die Unternehmen, auch in leitenden Positionen Teilzeitarbeit zu ermöglichen (Sievers, 2003, S. 47; § 6). Der Unternehmer ist angehalten, Arbeitsplätze bei Eignung auch als Teilzeitarbeitsplätze in seinem Betrieb auszuschreiben und die Mitarbeiter, welche Wünsche zur Verkürzung der Arbeitszeit angezeigt haben, über geplante und vorhandene Teilzeitarbeitsplätze zu informieren (§ 7). Das Gesetz nimmt keine Stellung zu Sanktionen bei unterlassener Ausschreibung sowie Information, lediglich der Betriebsrat kann aufgrund einer fehlenden Ausschreibung der Einstellung widersprechen (Meinel et al., 2004, S. 81).

Der Paragraph 8 ist die zentrale Regelung im TzBfG, und beinhaltet einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, welcher weit über die RL 97/81/EG hinaus geht. Demnach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf Mitarbeiterwunsch neue Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen, soweit keine betrieblichen Gründe dagegensprechen (Rolfs, 2002, S. 33). Voraussetzungen sind dabei ein Unternehmen von mehr als 15 Mitarbeitern, ohne Einrechnung der Auszubildenden (§ 8 Abs. 7), und ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis von mehr als sechs Monaten (§ 8 Abs. 1). Darüber hinaus muß der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber drei Monate vor Beginn des Verkürzungswunsches einen Teilzeitantrag stellen (§ 8 Abs. 2 Satz 1). Zu berücksichtigen ist, daß der letzte Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit zwei Jahre zurückliegen muß (§ 8 Abs. 6). Die Arbeitszeitwünsche müssen laut § 8 Abs. 3 mit dem Arbeitgeber erörtert werden. Formelle und zeitliche Regelungen sind vom Arbeitgeber einzuhalten, dazu zählen die schriftliche Entscheidung über den Antrag, die „spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung“ (§ 8 Abs. 5 Satz 1) dem Arbeitnehmer übergeben werden muß. Bei Nichteinhaltung der Verhandlungspflicht und der schriftlichen Benachrichtigung spätestens einen Monat vorher, kann der Antragsteller seine Arbeitszeit ohne weiteres im gewünschten Umfang verkürzen (§ 8 Abs. 5 Satz 3). Der Arbeitgeber hat dem Antrag zuzustimmen, es sei denn, es sprechen betriebliche Gründe dagegen, welche zu wesentlichen Beeinträchtigungen in der „Organisation, dem Ablauf oder der Sicherheit im Betrieb“ (§ 8 Abs. 4 Satz 2) führen bzw. unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen. Das Hauptproblem beim Anspruch auf Teilzeitarbeit ist die Auslegung des Begriffes der „betrieblichen Gründe“. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) steckte mit zahlreichen Grundsatzurteilen die Grenzen ab, und konkretisierte somit das Gesetz (Opitz, 2003, S. 165). Franz (1999, S. 32) kritisiert, daß Grundsatzurteile für die Zukunft bindend sind und zum Teil ökonomische Folgen haben, die bei der Auslegung des Gesetzesrechts außer Acht gelassen werden. Dem Richterrecht kommt somit eine hohe, zumeist unterschätzte Bedeutung zu. Z.B. wurde die Ablehnung des Teilzeitantrages einer Mitarbeiterin, die in einem Teppichhaus beschäftigt war, aufgehoben. Das BAG begründete seine Einscheidung wie folgt: Das Bestreben des Teppichhändlers, den Kunden bei mehrmaligen Besuchen den gleichen Ansprechpartner zur Verfügung stellen zu wollen, ist bei einer Öffnungszeit von 60 Stunden in der Woche schon mit einer Vollzeitkraft nicht realisierbar, deshalb ist einer Teilzeitbeschäftigung zuzustimmen.2 Während also beim Arbeitgeber die Beeinträchtigung der Unternehmenskonzepte und -ziele ernstlich untersucht werden, sind die Gründe des Arbeitnehmers zum Teilzeitbegehren von keinerlei Bedeutung.

Ziele, die mit der Umsetzung der RL verbunden sind, beziehen sich zum einen auf die Beschäftigungsförderung. In der Bundestagsdrucksache 14/4374 S. 113 stellte man die erhöhte Inanspruchnahme der Teilzeitarbeit mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit gleich, da die durch den Antrag auf Teilzeitarbeit fehlenden Arbeitsstunden und -plätze mit Erwerbssuchenden ausgeglichen bzw. neu besetzt werden sollten (Müller-Glöge et al., 2004, S. 2678; Rolfs, 2002, S. 34). Zum anderen wollte man mit dem TzBfG die Gleichstellung der Frau vervollkommnen, da die Teilzeitbeschäftigung zum großen Teil aufgrund der Übereinkunft von Familie und Beruf gewählt wird. Der Gesetzgeber geht bei einer Teilzeitbeschäftigung von Vorteilen für den Arbeitgeber aus, die sich auf die erhöhte Produktivität der Arbeitnehmer beziehen, und damit die Mehrkosten der Teilzeitarbeit aufwiegen (Meinel et al., 2004, S. 4).

2.3 Entwicklung und Empirie der Teilzeitarbeit in Deutschland

Wie Abbildung 1 zeigt, ist die Teilzeitbeschäftigung in Deutschland leicht gestiegen, wobei man den erwarteten Boom dieser Beschäftigungsform durch das TzBfG ab 2001 nicht in den Maßen erkennen kann, wie es sich der Gesetzgeber erhofft hatte. Es setzt sich lediglich der seit einiger Zeit zu beobachtende Trend fort.

Abbildung 1

Anzahl der Teilzeitbeschäftigten in Deutschland von 1991 bis 2003

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt 1991 - 2003

Abbildung 2

Gegenüberstellung der Teilzeitbeschäftigung im Anteil an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland und den Niederlanden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Europäische Kommission, 2002; Eurostat

Zu berücksichtigen ist dabei zum ersten der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an der Gesamtbeschäftigung, und zum zweiten liegt in der Verteilung der Teilzeitarbeit nach dem Geschlecht eine große Differenz vor (Abb. 2). Deutsche Frauen sind zum Großteil in dieser Beschäftigungsform tätig, dieser Anteil steht aber in keinem Verhältnis zu Ländern wie den Niederlanden (Abb. 2). Die Ursache dieser Verteilung liegt in der historischen Rollenverteilung. Die Familienarbeit, wie Kinderbetreuung sowie Altenpflege, wird zum überwiegenden Teil durch die Frau ausgeführt, und ist mit einer Vollzeittätigkeit nicht vereinbar (Walwei, 1997, S. 194). Zusätzlich zu den genannten Merkmalen existieren in der Altersstruktur und im Familienstand große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Wogegen Männer unabhängig der angesprochenen Kriterien einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, ist dieses Verhalten nur bei ledigen Frauen bis 30 Jahren zu beobachten. 50 % der verheirateten Frauen ab 30 Jahren sind dagegen in Teilzeit beschäftigt (Statistisches Bundesamt, 2002; Franz, 2003, S. 21). Der Umfang oder die Teilzeitbeschäftigung an sich entsprechen nicht immer den Präferenzen, fast jeder achte Teilzeitbeschäftigte ist unfreiwillig in dieser Beschäftigungsform, da eine Vollzeitbeschäftigung nicht gefunden wurde (Statistisches Bundesamt, 2002; Viethen et al., 2002, S. 8). Anzumerken ist, daß es zwischen Ost- und Westdeutschland erhebliche Unterschiede in der Form der Frauenerwerbstätigkeit gibt, da im Osten bis 1989 beide Geschlechter in der Regel einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten der Frauen lag in den neuen Ländern 2001 bei 24,4%, dagegen im Westen bei 43,1% zur Gesamtbeschäftigung der Frauen (Statistisches Bundesamt, 2001). In Tabelle 1 ist zu erkennen, daß Teilzeit verstärkt im Handel und Dienstleistungssektor zur Anwendung kommt.

Tabelle 1

Abhängig Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen in Voll- und Teilzeitbeschäftigung in Deutschland 2002 - in TSD

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2002

Laut Einschätzung der Europäischen Kommission wird in den Dienstleistungsbereichen das größte Beschäftigungspotential liegen, speziell in denen, die mit steigenden Realeinkommen in der Nachfrage zunehmen (Europäische Kommission, 2002, S. 27f.). Deutschland hat im Bergbau und dem verarbeitenden Gewerbe noch den größten Anteil in der Vollzeitbeschäftigung im Verhältnis der Gesamtbeschäftigung (Tabelle 1). Bei Hinzunahme der Daten der europäischen Arbeitskräfteerhebung (Eurostat) ist festzustellen, daß gerade die Teilzeitbeschäftigung im Dienstleitungssektor am größten und im verarbeitenden Gewerbe am geringsten ist und sich somit Potentiale für die deutsche Beschäftigungspolitik darstellen (Walwei, 2001, S. 191; Eurostat, 2001).

3 Das Arbeitsangebot

3.1 Das Grundmodell - Die Nutzenfunktion der Haushalte

Nur Derjenige kann konsumieren, der seine Arbeitskraft gegen Entgelt am Arbeitsmarkt anbietet, somit ist eine Teilnahme am Arbeitsmarkt zwingend erforderlich.4 Die Präferenzen, welche sich primär in Freizeit und Arbeitszeit einteilen lassen, legen die Entscheidungsmöglichkeiten im folgenden Standardmodell dar.

Die zur Verfügung stehende Zeit, ausgegangen wird von 16 Stunden (T) pro Tag, wird nutzenmaximal in Arbeitsstunden (H) und Freizeitstunden (L) aufgeteilt. Die vereinfachte individuelle Nutzenfunktion (U) der Haushalte ergibt dann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für jede Stunde Arbeit wird der Reallohn w erzielt, der gleichzeitig die Opportunitätskosten einer Stunde Freizeit darstellt. Somit ergibt sich aus w H das verfügbare Einkommen, welches für Konsumausgaben (C) zur Verfügung steht.

Daraus lassen sich folgende Budgetrestriktionen ableiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Einsetzen der Nebenbedingung (3.4) in die Nutzenfunktion 3.1 ergibt sich (vgl. ausführlich dazu: Franz, 2003, S.29 f.):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bedingung erster Ordnung für das Nutzenmaximum lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und stellt die optimale Aufteilung der Arbeitszeit dar. Der Grenznutzen ist im Nutzen maximum gleich den Grenzkosten. Wenn das Grenznutzenverhältnis aus Freizeit und Konsum den Reallohn übersteigt, hat das zur Folge, daß die Arbeitskraft nicht auf dem Arbeitsmarkt angeboten wird, da eine zusätzliche Einheit Arbeit im Nutzen kleiner bewertet wird, als der zusätzliche Nutzen aus der Aktivität außerhalb des Arbeitsmarktes (Franz, 2003, S. 30). In diesem vereinfachten Modell wird die Grundlage für das Entstehen des Anspruchslohns verdeutlicht, die im folgenden Abschnitt noch näher erläutert wird. Die analytischen Überlegungen aus Gleichung 3.1 bis 3.6 lassen sich in Abbildung 3 graphisch darstellen. Dazu wird T auf der Abszisse und C sowie w auf der Ordinate abgetragen. Die Gerade ET stellt die Budgetrestriktion aus Gleichung 3.4 dar, der Konsum wird durch die Strecke OE, welcher im Punkt E maximal ist, und die Freizeit mittels OT dargestellt. Die Nutzenfunktion wird unter der Budgetrestriktion in A maximiert, in Abbildung 3 entspricht dies einer Freizeit von 7 und einer Teilnahme am Arbeitsmarkt von 9 Stunden (Ehrenberg et al., 2000, S. 192).

Abbildung 3

Entscheidung über Arbeitszeit vs. Freizeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten5

Quellen: Ehrenberg et al., 2000, S. 192; Franz, 2003, S. 31

Die Gleichung 3.6 beinhaltet die Schlußfolgerung, daß die Höhe des Lohnes die Entscheidung über das Arbeitsangebot bestimmt. Mit der Annahme konstanter Preise, läßt eine Steigerung des Reallohnes die Möglichkeiten der Erhöhung oder Senkung der Arbeitszeit zu. Wenn der erhöhte Grenznutzen des Konsums, der durch eine zusätzliche Einheit Arbeit entsteht, über den Grenzkosten einer weniger zur Verfügung stehenden Einheit Freizeit steigt, wird die Lohnerhöhung dazu genutzt, mehr zu arbeiten (Substitutionseffekt). Der Einkommenseffekt hingegen ist gekennzeichnet durch die Reduzierung der Arbeitszeit bei einem Reallohnanstieg; das gleiche Einkommen kann mit weniger Arbeitsstunden realisiert werden. Ist der Einkommenseffekt stärker als der Substitutionseffekt, dann reagiert die Person mit einer Senkung des Arbeitsangebotes. Soll dagegen erreicht werden, daß das Arbeitsangebot erhöht wird, muß die Lohnrate über den Einkommenseffekt steigen, sodaß die Opportunitätskosten der zusätzlichen Einheit Freizeit über dessen Grenznutzen liegen. Abbildung 4 zeigt die Verschiebung der Freizeit/Arbeitsaufteilung durch Reallohnerhöhung von A zu A". Der hier dominierende Substitutionseffekt bewirkt eine Erhöhung der Arbeitsstunden und somit eine Reduzierung der Freizeit (LA → LA'). Darüber hinaus steigt der Nutzen von U2 auf U3 (A' → A") durch den Einkommenseffekt.

Abbildung 4

Einkommens- und Substitutionseffekt einer Lohnerhöhung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Ehrenberg et al., 2000, S. 199; Franz, 2003, S. 37

In die Betrachtung des Arbeitsangebotes ist unter anderem das vorhandene Vermögen aus Nichtarbeitseinkommen einzubeziehen (Ehrenberg et al., 2000, S. 179ff). Dieses Vermögen läßt die Budgetgerade im Punk T (Abb. 4) parallel nach oben zum Punkt T' verschieben und wirkt in Form eines Einkommenseffektes, der den Nutzen erhöht (U3 → U4), das Arbeitsleid und daraus folgend den Arbeitsanreiz verringert.

3.2 Veränderung der Arbeitsanreize durch Transferzahlung

Jedem einzelnen Bürger in Deutschland steht das Recht auf Erhaltung des Lebensstandards bzw. die Sicherung der Existenz bei Wegfall des Erwerbseinkommens zu. Zu den Leistungen zählen das Arbeitslosengeld, die darauffolgende Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe. Die Transfers sind für das einzelne Individuum ein Einkommen, welches ohne Arbeitsgegenleistung gezahlt wird. Die Wirkung auf den Arbeitsanreiz ist zu Beginn der Beschäftigungslosigkeit mit dem vorab dargestellten Vermögensbesitz aus Nichtarbeitseinkommen zu vergleichen. Im Folgenden werde ich die oben genannten Transferzahlungen und die daraus resultierende Anreizwirkung zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung darlegen.

3.2.1 Die Zahlung von Arbeitslosengeld

3.2.1.1 Voraussetzungen für den Erhalt

Anfang 2002 wurde das „Job-AQTIV-Gesetz“, das „Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“6 umgesetzt (SGB, 2004, S. XXIII). Betont wird eine aktive Arbeitsförderung, d.h., die Zahlung von Arbeitslosengeld rückt gegenüber einer intensiven Beratung und Vermittlung in den Hintergrund, und soll somit zum Großteil vermieden werden (§ 5). Ziel ist es, eine schnelle Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt vorzunehmen, und somit einen hohen Beschäftigungsstand zu erreichen.

Die Leistungen der Arbeitsförderung laut § 3 SGB III setzen voraus, daß eine Beschäftigung zu diesem Zeitpunkt nicht vorliegt, aber aktiv mit Hilfe der Agentur für Arbeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung über 15 Stunden pro Woche gesucht wird, und in der genannten Einrichtung eine Arbeitslosenmeldung vorliegt (§§ 16, 118). Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die „Anwartschaftszeit“ erfüllt ist (§§ 117f.). Dazu muß in den letzten zwei Jahren eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 12 Monaten vorgelegen haben (§§123-124). Das Arbeitslosengeld wird auf Grundlage vom pauschalisierten Nettoentgelt, welches sich aus dem Bruttoentgelt abzüglich von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen der letzen 52 Wochen vor dem Entstehen des

Anspruches ergibt, gezahlt (§§ 129,136). Vom pauschalisierten Nettoentgelt7 werden 67 % für Arbeitslose mit mindestens einem Kind, und 60 % für alle übrigen Arbeitslosen gezahlt (§§ 129, 130). Die von der Beschäftigungslänge abhängende Bezugsdauer bewegt sich bis zum 55. Lebensjahr zwischen 6 bis maximal 12 Monaten (§ 127). Seit 2004 sind mindestens 24 Monate Beschäftigungsdauer notwendig, um maximal 12 Monate Arbeitslosengeld zu erhalten (§ 127). Das Arbeitslosengeld kann gemindert werden, wenn der Anspruchsteller die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, und darüber hinaus eine unverzüglich persönliche Meldung bei der Agentur für Arbeit über die bevorliegende Beendigung des Arbeitsverhältnisses versäumt hat (§§ 37 b, 122). Ziel dieser Regelung ist es, die noch in der Beschäftigung stehenden Arbeitnehmer nach Beendigung sofort in ein neues Arbeitsverhältnis zu vermitteln, um eine Arbeitslosigkeit abzuwenden (§1). Diese Minderungen können bis zu 50 Euro pro verspäteten Tag vom Bemessungsentgelt betragen (§ 140). Löst der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis selbst, oder veranlaßt er durch ein „arbeitsvertragswidriges Verhalten“ die Kündigung des Vertrages, so ruht bzw. vermindert sich der Anspruch; ebenso, wenn eine vom Arbeitsamt angebotene Stelle, Trainingsmaßnahme oder Weiterbildung abgelehnt bzw. unterbrochen wird, um bis zu 12 Wochen (§ 144). Die gesetzlichen Regelungen über das Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeiten sind im Zusammenhang mit der „Zumutbarkeitsbestimmung“ (§ 121) für den Anreiz zur Beschäftigungsaufnahme von Bedeutung. Danach sind einem Arbeitslosen entsprechende Beschäftigungen zuzumuten, die seiner Arbeitsfähigkeit entsprechen, soweit personenbezogene bzw. allgemeine Gründe nicht entgegenstehen (§121 Abs.1). Eine Beschäftigung ist dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielte Arbeitseinkommen erheblich niedriger ist, als dem bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegten Arbeitsentgelt. Tägliche Pendelzeiten sind unverhältnismäßig, wenn diese in der Summe mehr als 2 ½ Stunden bei sechs Stunden Beschäftigung betragen (§121). Vorab dürfen keine Beschäftigungen ausgeschlossen werden, welche befristet sind, eine vorübergehende Haushaltstrennung erfordern oder unter der Ausbildung des Anspruchsbeziehers liegen (§121 V). Anzumerken ist, daß eine Arbeitslosigkeit weiterhin besteht, wenn eine unter 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausgeübt wird, sogar „gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt“, dagegen werden mehrere Beschäftigungen addiert (§ 118). Das Entgelt aus der geringen Beschäftigung darf 20 % vom monatlichen Arbeitslosengeld, aber maximal 165 € im Monat, betragen (§ 141). Übersteigt das Entgelt unter Abzug der Werbungspauschale diesen Wert, entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld.

3.2.1.2 Anreiz zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung

Ein Rückblick auf die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Deutschland, läßt feststellen, daß die Arbeitslosenquote kontinuierlich gestiegen ist. Kritiker sprechen von einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit, ausgelöst durch den hohen Standard an sozialen Leistungen (Schäfer, 2003, S. 5). Diese Aussage wird durch Abbildung 5 untermauert, denn die Budgetrestriktion bei Zahlung von Arbeitslosengeld ist nicht mehr ET, sondern hat sich bei Einbeziehung der Zuverdienstmöglichkeit in QRST eingeknickt. Es ist zu erkennen, daß im Punkt S ein Einkommen von C1 erzielt wird, ohne daß die zur Verfügung stehende Zeit durch ein Arbeitsleid gekürzt wird (T=L). Zusätzlich zum Transfereinkommen von TS kann ein Arbeitsloser sein monatliches Transfereinkommen mit max. 165 erhöhen.

Abbildung 5

Arbeitsangebot bei Zahlung von Arbeitslosengeld

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Ehrenberg et al., 2000, S. 211; Schäfer, 2003, S. 8

Übertritt der Anspruchsberechtigte diese Grenze, entfällt der gesamte Anspruch auf Unterstützung, die Budgetgerade geht somit in RQ auf die ursprüngliche Gerade ET zurück. Somit ist es für jedes rational handelnde Individuum, welches Arbeitslosengeld bezieht, nutzenmaximal, die Arbeitskraft im Bereich von L1 bis T anzubieten. Dabei ist der Nutzen von U1, durch das verminderte Arbeitsleid sowie das Arbeitslosengeld inkl. des Zuverdienstes höher, als eine Teilzeitbeschäftigung von Nichttransferbeziehern. Diese erreichen mit einem Freizeitverlust von L2 bis T eine geringere Entgelthöhe (C2) sowie einen kleineren Nutzen von U2. Daraus läßt sich schließen, daß es sehr attraktiv ist, eine Beschäftigung von unter 15 Stunden auszuüben, und zusätzlich Arbeitslosengeld zu beziehen. Eine Beschäftigung über 15 Stunden ist für Transferempfänger erst attraktiv, wenn der Stundenlohn bedeutend über der Einkommensersatzleistung liegt (Ehrenberg et al., 2000, S. 207). Laut Hagen (2000, S. 90) sind aber gerade die Geringqualifizierten zum großen Teil von Arbeitslosigkeit betroffen, und somit ist ein hoher Stundenlohn fast auszuschließen.

Monetäre und zeitliche Aufwendungen, wie z.B. doppelte Haushaltsführung oder bis zu 2 ½ Stunden Anfahrt, haben einen Fixkostencharakter, und schmälern das erwirtschaftete Einkommen (Franz, 2003, S. 45). Ein Arbeitsloser steht der Entscheidung gegenüber, eine Beschäftigung aufzunehmen, die zusätzliche Kosten verursacht, oder seine Arbeitskraft nicht anzubieten, um Arbeitslosengeld zu bekommen, und sich somit der Kosten zu entziehen. Die Entgeltersatzleistung von max. 67 % des pauschalisierten Nettolohnes für null Stunden Arbeit kann einen höheren Nutzen haben, als eine Arbeitszeit von 100 % zu 100 % Nettolohn, von dem noch zusätzlich Kosten für Mobilität, Arbeitskleidung und Freizeitverlust abgehen. Schlußfolgernd ergibt sich, daß die Differenz zwischen dem Markt- und dem Anspruchslohn für das Angebot der Arbeitskraft entscheidend ist. Die Suchtheorie bestätigt diese Annahme, je kleiner die Differenz ist, je größer ist der Arbeitsanreiz. Ein Arbeitsloser ist erst bereit, eine neue Beschäftigung aufzunehmen, wenn das offerierte Entgelt über dem Anspruchslohn liegt, welcher von früheren Lohnleistungen und somit von der Höhe des Arbeitslosengeldes bestimmt wird. Die Suche nach einer passenden Beschäftigung wird solange fortgesetzt, bis die Opportunitätskosten der Arbeitsaufnahme über den Kosten einer weiteren Suche liegen. (Schäfer, 2003, S. 11; Sesselmeier et al., 1997, S. 80). Da die Entgeltersatzleistung in Form von Arbeitslosengeld zeitlich auf max. ein Jahr begrenzt ist, sinken erst nach Ablauf dieser Frist die Opportunitätskosten der Arbeitsannahme und damit der Anspruchslohn.

Erschwerend für den Arbeitsanreiz kommt hinzu, daß die nutzenmaximale Arbeitszeit nicht immer von den Unternehmen nachgefragt wird, und somit den Wünschen des Arbeitssuchenden nicht in unbegrenzter Form zur Verfügung steht. Arbeitszeiten werden von Tarifverträgen und Unternehmensstrukturen vorgegeben, so herrschen in Deutschland 8 bzw. 4 stündige Arbeitstage zu 40 (20) Stunden in der Woche vor. Nur bei Akzeptanz dieser Arbeitszeiten, die aber nicht immer den Präferenzen der Arbeitnehmer entsprechen, kann aus der Arbeitslosigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis gewechselt werden.

3.2.2 Grundkonzeption der Arbeitslosenhilfe in Deutschland

Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe besteht, wenn eine Arbeitslosigkeit und eine Meldung auf arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit vorliegt, sowie kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht bzw. dieses in der Vorfrist bezogen wurde (§ 190 SGB III). Der Unterschied zum Arbeitslosengeld liegt darin, daß der Bezieher bedürftig sein muß, d.h., daß er seinen Lebensunterhalt ohne Bezug der Arbeitslosenhilfe nicht bestreiten kann (§§ 190, 193). Dazu wird das vorhandene Vermögen und Einkommen, inkl. das des Ehepartners, berücksichtigt und ggf. auf die Höhe des Transfers angerechnet (§ 194, 195). Die Arbeitslosenhilfe bezieht sich ebenfalls, wie das Arbeitslosengeld, auf das pauschalisierte Nettoeinkommen und entspricht mit mindestens einem Kind 57 % bzw. 53 % für alle übrigen Arbeitslosen, und wird auf unbegrenzte Zeit gewährt (§195). Die Arbeitslosenhilfe ist wie die Sozialhilfe eine steuerfinanzierte Transferleistung, und stellt nach dem exorbitanten Anstieg der Arbeitslosenhilfeempfänger8 ein Problem für den Staatshaushalt dar. Empirische Befunde (Abb. 6) zeigen, daß mit Dauer der Arbeitslosigkeit die Wahrscheinlichkeit einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sinkt.

Abbildung 6

Dauer der Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Abgangswahrscheinlichkeit in Prozent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Karr, 2002, S. 111

Bezugnehmend auf die im vorangegangenen Abschnitt erläuterte Suchtheorie ist eine Suchdauer von einem Jahr nicht akzeptabel, da die Wahrscheinlichkeit der Wieder- beschäftigung auf 20 % sinkt. Theoretisch läßt sich dies mit dem Verlust des Humankapitals im Zeitablauf und einer Entmutigung der Beteiligten erklären (Hagen et al., 2000, S. 96).

[...]


1 „Leistungen sind dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht“ (Sievers, 2003, S. 36).

2 BAG: 9 AZR 664/02

3 „Um eine nachhaltige Beschäftigungssicherung zu erreichen, müssen auch künftig alle beschäftigungspolitisch wirksamen Instrumente genutzt werden. Dazu gehört auch, das vorhandene Arbeitsvolumen durch individuelle Verkürzung der Arbeitszeit in Form der Teilzeitarbeit auf mehr Menschen zu verteilen. (…) Die Ausschöpfung des Nachfragepotentials nach Teilzeitarbeit würde nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) erhebliche Entlastungseffekte auf dem Arbeitsmarkt auslösen.“

4 In den folgenden Ausführungen gehe ich immer von einer bezahlten Arbeitsaufnahme aus, die ehrenamtliche Tätigkeit findet hier keine Berücksichtigung.

5 Zur Abkürzung wird UC bzw. L statt ∂U ∂C bzw. ∂U ∂L und UCC bzw. LL statt ∂ ∂ U ∂C bzw. 2 2 U ∂L geschrieben.

6 Inhalt des Sozialgesetzbuches III (SGB III), Buch der Arbeitsförderung, auf das ich mich im Folgenden beziehe.

7 In der Anlage 2 des SGB III wird für jedes Jahr die Leistungsentgeltverordnung neu festgelegt.

8 1990 waren es 433.000 Arbeitslosenhilfeempfänger, dagegen 2001 1,47 Mill. (Statistisches Bundesamt, 2003).

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Teilzeit- und Befristungsgesetz - Motor für mehr Beschäftigung
Hochschule
Universität Kassel
Note
1.3
Autor
Jahr
2004
Seiten
66
Katalognummer
V30295
ISBN (eBook)
9783638315814
ISBN (Buch)
9783638789479
Dateigröße
836 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Erörterung der Frage: Warum wird gerade das Teilzeit- und Befristungsgesetz in Deutschland nicht genutzt, um den langsamen Übergang in den Arbeitsmarkt von der Arbeitslosigkeit zu ermöglichen? Die Arbeit beantwortet diese Frage aus Sicht der Haushalte und der Unternehmen mit ökonomischem Hintergrund.
Schlagworte
Teilzeit-, Befristungsgesetz, Motor, Beschäftigung
Arbeit zitieren
Petra Unger (Autor:in), 2004, Teilzeit- und Befristungsgesetz - Motor für mehr Beschäftigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30295

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