Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen - Die Kulturgeschichte des Essens im Spiegel der Spruchweisheiten


Hausarbeit, 2004

27 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Begriffsbestimmungen
2.1 Sprichwörter
2.2 Sittensprüche
2.3 Sentenzen
2.4 Sprichwörtliche Redensarten
2.5 Sprichwörtliche Formeln
2.6 Geflügelte Worte

3. Kategorisierung und Ursprung von „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“

4. Bestandteile des Spruches, dessen Deutung und Bewertung unter Zuhilfenahme der Kulturgeschichte des Essens
4.1 Essen als bestimmendes Element für die Entwicklung der Menschheit
4.1.1 Das Brot - der Laib für den Leib
4.1.2 Das Salz - die Würze des Lebens
4.2 Essen und Erotik – Leib und Seele durch Essen stimulieren
4.3 Essen und Trinken als fester Bestandteil von Festen
4.3.1 Die Griechen der Antike
4.3.2 Das Erntedankfest
4.4 Essen und Glauben
4.4.1 Die Fastenzeit
4.4.2 Kannibalismus bei den Azteken
4.5 Essen und Trinken als Inspirationsquelle
4.5.1 Gemälde
4.5.2 Gedichte

5. Schlussbetrachtung

1. Einleitung

Sprichwörter, Sentenzen, geflügelte Worte, sprichwörtliche Redensarten und Formeln sind Bestandteil des Alltags wie des Nicht-Alltags, wie zum Beispiel des Festes. Damals wie heute vermitteln sie Lebensweisheiten, Verhaltensregeln, Erfahrungen, Eselsbrücken und vieles mehr, aber auch Aberglauben und Irrtümer. Sie lassen uns aufhorchen oder schmunzeln, sie erleichtern uns das Leben indem sie uns (an)leiten, scheinen altbacken und sind doch allgegenwärtig und oft genutzt. Sie sind einfache, leicht zu merkende und zu vermittelnde Sprüche und gehören zur Kulturgeschichte eines jeden Landes unbedingt dazu, da sie die Kultur der Vergangenheit wie die der Gegenwart wiederspiegeln und damit „Zeitzeugen“ darstellen.

Die zahlreiche Literatur zur Kulturgeschichte des Essens und Trinkens ist in ihrem Umfang kaum zu erfassen, deshalb kann die Thematik stets nur angerissen werden. Auch zu den Sprichwörtern, Zitaten und geflügelten Worten gibt es eine Fülle von Literatur, jedoch handelt es sich zumeist um reine Sammlungen, die zur Analyse nur die zu erforschenden Objekte - also die Sprüche -, jedoch keinerlei Untersuchung der Quellen bieten, die für den Kulturwissenschaftler von Bedeutung sind.

Zu Beginn der Hausarbeit soll nun mit Hilfe von Definitionen die Kategorisierung der Sprüche möglich gemacht und damit in die Thematik eingeführt werden. Diese bilden, indem sie die Sprüche in Beziehung zu Form und Aussage setzen, die Grundlage zur Analyse und Bewertung des Spruchs „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“. In einem zweiten Schritt wird ebendieser Spruch dann kategorisiert und sein Ursprung betrachtet. Schließlich wird er im Kontext der Kulturgeschichte des Essens beurteilt, indem er in Relation zu Ausschnitten ebendieser gesetzt wird, wie zum Beispiel beim Verhältnis von Essen und Festen oder Essen und Glauben, und schlussendlich ein Fazit gezogen.

2. Die Begriffsbestimmung

Um in der Thematik einen zufrieden stellenden Einstieg zu finden, müssen die zu betrachtenden Begrifflichkeiten zunächst voneinander abgegrenzt werden können. Dabei differenzieren sich - orientieren wir uns an Friedrich Seilers Werk „Deutsche

Sprichwörterkunde“[1] - Sprichwörter von Sittensprüchen, Sentenzen, sprichwört-lichen Redensarten und Formeln und geflügelten Worten. Im Folgenden soll ein jeder dieser Begriffe seine spezifische Definition erhalten. Aufgrund dieser Definitionen sollte eine nähere Bestimmung des Spruches „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ in Hinblick auf seine formelle Zuordnung möglich sein.

2.1 Die Sprichwörter

Sprichwörter sind im engeren Sinne „im Volksmund umlaufende, in sich geschlossene Sprüche von lehrhafter Tendenz und gehobener Form“.[2] Sie sind in sich geschlossen, da kein wesentliches Satzglied beliebig austauschbar ist, wie es bei sprichwörtlichen Redensarten möglich wäre. Die Volkläufigkeit erklärt sich durch die Schlichtheit und Einfältigkeit der Sprichwörter, denn sie überschreiten weder im Sinn noch im Ausdruck eine obere Grenze. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie im ganzen Gemeinschaft gängig sind. Es ist möglich, dass ein Sprichwort nur in einzelnen Ortschaften oder Landschaften gängig ist. Das Sprichwort an sich bedarf einer besonderen Formgebung, es sollte möglichst kurz und knapp gehalten sein, damit es leicht zu verstehen und zu merken ist. Manche Sprüche kommen aus bestimmten Berufskreisen, andere aus unterschiedlichen Schichten, wobei festgehalten werden muss, dass mit dem Ansteigen der Schicht auch eine Wahrscheinlichkeit einhergeht, dass es eher ein Denkspruch ist. Seine lehrhafte Tendenz erhält das Sprichwort durch die Vermittlung von Erkenntnissen und Normen, die für die Auffassung und Gestaltung des Lebens bedeutsam sind. Daher ist ein Sprichwort oft Ausdruck einer Vorschrift oder Warnung, die teils in befehlender Form, wie bei „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, teils durch Wendungen wie man muss, man soll, man kann, zum Beispiel „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, wiedergegeben wird. Häufig spricht es aber seine Lehre indirekt in Form eines Beobachtungs- oder Erfahrungssatzes aus, wie „Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden“, aus dem sich jeder die Mahnung oder Warnung selbst entnehmen kann. Die Bildlichkeit des Sprichworts ermöglicht ein leichteres Einprägen und vermittelt damit lebendige, auf die Vorstellung einwirkende Anschauungen.

Von vielen Sprichwörtern gibt es Varianten der Auffassung und des Ausdrucks.[3]

2.2 Die Sittensprüche

Sittensprüche werden von namhaften Dichtern wie von unbekannten Urhebern verfasst. Sie werden auch gnomische Poesie genannt. Gnomen sind kurze Sinnsprüche, auch Lehrgedichte oder einfach nur Sprüche. Werden sie gereimt so heißen sie Reimsprüche oder Denksprüche, sind sie in Prosa gefasst, so handelt es sich um Devisen, Maximen, Aphorismen oder Apophthegmata. Ein Beispiel für einen Sittenspruch lautet: „Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss essen (sehn), was übrig bleibt“. Während das Sprichwort ein 1-3zeiliger Spruch ist, so beginnt ab 4 Zeilen die Einordnung in reine Sittensprüche oder sogenannte volkstümliche Gnomik.[4]

2.3 Sentenzen

Sentenzen sind Aussprüche von Dichtern und Schriftstellern mit lehrhafter Tendenz. Sie bilden nicht ein eigenes Ganze für sich wie Sittensprüche, sondern sind aus einem größeren Werk entnommen, wie zum Beispiel aus einem Drama oder einem Roman. Sentenzen können Sprichwörter werden, wenn sie volksnah bleiben und werden oft mit Sittensprüchen vermischt.[5]

2.4 Sprichwörtliche Redensarten

Sprichwörtliche Redensarten hingegen sind Wendungen, die der Rede eine gewisse Frische, Natürlichkeit und Derbheit geben. Sie sind mit Sprichwörtern verwandt und ebenfalls volkläufig. Sprichwörtliche Redensarten sind zum Beispiel kurze Ausrufe wie „Au Backe!“ oder „ Schwamm drüber!“ oder Redensarten, die beim Gebrauch unbedingt ein Satzglied brauchen, ohne das sie unvollständig und sinnlos sind wie „Danach (wonach?) kräht kein Hahn“. Hier, wie in den meisten Fällen, ist das wichtige Satzglied das Subjekt, welches ohne Ausnahme eingesetzt werden muss. Sprichwörtliche Redensarten sind nicht durch Kürzung voller Sprichwörter entstanden oder umgekehrt, jedoch können viele in Form eines Sprichworts gebracht werden. „Sich zwischen zwei Stühle setzen“ kann also in den lehrhaften Spruch „Setze dich nie zwischen zwei Stühle“ verändert werden.[6]

2.5 Sprichwörtliche Formeln

Sprichwörtliche Redensarten sind zwei in der Regel durch und, seltener durch oder verbundene Worte, die in dieser Verbindung stehend geworden sind und der Rede Nachdruck verleihen. Dazu gehören Verbindungen wie „auf biegen und brechen“, „Sieg oder Tod“, „mehr oder weniger“, „friss oder stirb“, „über kurz oder lang“. Sie stehen dabei im Verhältnis der Ähnlichkeit, also wie „Lust und Liebe“, oder im Gegensatz, wie „gut und böse“. Sprichwörtliche Formeln sind meist ziemlich alt, daher enthalten viele von ihnen noch die alte Form des Stabreims wie in „Ross und Reiter“ oder „mit Kind und Kegel“. Andere beginnen mit einem Anfangsreim wie „sang- und klanglos“ oder ein- oder zweisilbigen Endreimen, so „außer Rand und Band“ oder „unter Dach und Fach“. Darüber hinaus existieren aber auch allein durch langen Gebrauch zu sprichwörtlichen Formeln gewordene Wortpaare. Zu diesen zählen unter anderem „mit Hängen und Würgen“, „Schrot und Korn“, „wenn und aber“. Ein weitere Variante der Schöpfung von sprichwörtlichen Formeln ist die Wiederholungen desselben Wortes, so wie bei „durch und durch“, „nach und nach“, „Schlag auf Schlag“. In einzelnen dieser Wortpaare haben sich alte Formen und sonst abgestorbene Worte erhalten. Dies betrifft jedoch ein ganz anderes Forschungsfeld.[7]

2.6 Geflügelte Worte

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts fügt sich ein weiterer Begriff hinzu. Geflügelte Worte - beruft man sich auf Georg Büchmann - sind demnach „solche Worte, welche von nachweisbaren Verfassern ausgegangen, allgemein bekannt geworden sind und wie Sprichwörter angewandt werden“.[8] Roberts erweitert den Begriff, indem er addiert, dass die Merkmale darin liegen müssen, dass die geflügelten Worte nicht nur allgemein bekannt, sondern auch gebraucht und angewandt sein sollten, dass ein langer Gebrauch und eine nachweisbare Quelle existieren und dass es entweder bei einer Veranlassung gesprochen oder geschrieben oder gedruckt worden sein, also aus der Literatur stammen muss. Nach Büchmann unterteilt man geflügelte Worte in fünf Kategorien und zwar in Sprichwörter aus literarischer Quelle wie der Bibel „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, Sprichwörtliche Redensarten, die aus literarischen Quellen abgeleitet wurden wie „mit dem Mantel der christlichen Liebe zudecken“, Sentenzen mit allgemeinen Gebrauch, Zitate im engeren Sinn wie „Name ist Schall und Rauch“ und geflügelte Worte, die mündlich weitergetragen wurden wie „Lerne leiden ohne zu klagen“.[9]

3. Kategorisierung und Ursprung von „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“

Auf der Grundlage der bisher zusammengetragenen Begriffsbestimmungen sollte nun eine Einordnung des Ausspruchs möglich sein. Denkbar sind zwei verschiedene Auslegungen, die mit dem Ursprung, der Quelle unmittelbar verbunden sind.

Zunächst kann „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ als deutsches Sprichwort mit unbekanntem Ursprung gesehen werden. Es ist in der Gemeinschaft durchaus geläufig, es zeigt sich schlicht und einfältig, überschreitet weder im Sinn noch im Ausdruck eine obere Grenze und in seiner Formgebung ist es kurz und knapp. Eine Vermutung besteht darin, dass es aus einem bestimmten Berufskreis entstammt wie den Köchen oder Bäckern oder anderen, die mit Essen oder Getränken in Verbindung stehen, aber es ist ebenso möglich, dass es jeden anderen Bereich als Ursprung hat, denn es besitzt eine allgemeingültige Aussage. „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ hat - wie von Sprichwörtern erwartet wird -auch eine lehrhafte Tendenz, da es Erkenntnisse und Normen vermittelt, die für die Auffassung und Gestaltung des Lebens bedeutsam sind. In diesem Fall ist Notwendigkeit des Essens und Trinkens zur Erhaltung des Lebens und für die Gesundheit, die inhaltlich angesprochen werden. Außerdem ist es sehr bildlich und prägt sich dadurch leicht ein. All diese Merkmale sprechen also dafür, dass es sich um ein Sprichwort handelt.

Eine zweite mögliche Auslegung ist die des geflügelten Wortes, wenn der Ursprung in Anlehnung an eine Aufführung des Singspiels „Der fremde Ritter Don Quixote de la Mancha“ Heinrich Hinkes von 1690 gesehen wird. Dort heißt es unter anderem: „Weil Speis und Trank in dieser Welt/ doch Leib und Seel’ zusammenhält.“ Hierbei würde es sich also um ein in Prosa umgesetztes geflügeltes Wort handeln. Um die Bedingungen eines geflügelten Wortes zu erfüllen, muss der Spruch allgemein bekannt sein und gebraucht werden und dies bereits über einen längeren Zeitraum. Außerdem muss eine nachweisbare Quelle existieren. Da die Datierung der Uraufführung des Singspiels den Zeitraum spezifiziert und der Verfasser hier vermutlich in Heinrich Hinke gefunden ist, könnte es sich also auch um ein geflügeltes Wort handeln.[10]

Im Folgenden werde ich mich auf eine Auslegung als deutsches Sprichwort berufen, da eine einzige Quelle nicht ausreichen kann, um es eindeutig als geflügeltes Wort einzuordnen. Zudem konnte ich den Ursprung – also das Singspiel und dessen Autor – nicht recherchieren und damit die Quelle selbst prüfen. Deshalb kann ich nicht von einer eindeutigen Zuordnung zum geflügelten Wort sprechen. Eine Zugehörigkeit zum deutschen Sprichwort hingegen ist sehr wahrscheinlich.

[...]


[1] Seiler, Friedrich: Deutsche Sprichwörterkunde, München 1976.

[2] Seiler, Friedrich: Deutsche Sprichwörterkunde, München 1976, S.2.

[3] Vgl. ebd., S.2-5.

[4] Vgl. ebd., S.8f.

[5] Vgl. ebd., S.9ff.

[6] Vgl. ebd., S.11ff.

[7] Vgl. ebd., S.13ff.

[8] Ebd. S.15.

[9] Vgl. ebd., S.15-18.

[10] Vgl. Büchmann, Georg: Geflügelte Worte. Der klassische Zitatenschatz, Frankfurt 1993, S.247.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen - Die Kulturgeschichte des Essens im Spiegel der Spruchweisheiten
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Volkskunde/Kulturgeschichte)
Veranstaltung
Spruchweisheiten
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
27
Katalognummer
V38420
ISBN (eBook)
9783638374880
ISBN (Buch)
9783638654418
Dateigröße
663 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Essen, Trinken, Leib, Seele, Kulturgeschichte, Essens, Spiegel, Spruchweisheiten
Arbeit zitieren
M.A. Sina Neumann (Autor:in), 2004, Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen - Die Kulturgeschichte des Essens im Spiegel der Spruchweisheiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38420

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