Ist der Europäische Haftbefehl verfassungswidrig ?


Hausarbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zielsetzung

3. Der gesetzgeberische Weg zum Europäischen Haftbefehl

4. Inhalt des Europäischen Haftbefehls

5. Allgemeine Grundsätze

6. IRG (Internationales Rechtshilfegesetz)

7. Schengener Abkommen

8. Europäischer Haftbefehl – Verfahren

9. Inhaltliche Erfordernisse

10 . Die Umsetzung des Europäischen Haftbefehls

11. Ablehnung des Europäischen Haftbefehls

12. Frage der Verfassungswidrigkeit im Sinne des Grundgesetzes

13. Bewertung des Europäischen Haftbefehls

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die explosionsartige Ausweitung grenzüberschreitender Kriminalität, als Begleiterscheinung der Globalisierung, führt zu einem wachsenden Bedarf an zwischenstaatlicher Unterstützung bei deren Bekämpfung und an schneller effizienter internationaler Rechtshilfe.

Die Kriminalität wird bestimmt durch die Erstreckung krimineller Aktivitäten auf zahlreiche Staaten, durch die Nutzung anderer Länder als Organisations-, Flucht- oder Ruheraum, bzw. als Markt für den Absatz illegaler Güter, sowie durch den flexiblen Austausch kriminalitätsfördernder Steuerung und Information.

Diese grenzübergreifende Kriminalität kann nur durch eine enge präventive und repressive internationale Zusammenarbeit, durch Koordinierung und Kooperation erfolgreich entgegengewirkt werden.[1]

Die bisherigen Formen der Zusammenarbeit werden in ihrer traditionellen Gestaltung der Herausforderung moderner Kriminalität nicht mehr gerecht.

Die zwischenstaatliche Rechtshilfe erweist sich als schwerfälliger Mechanismus, den es unter Wahrung aller Schutzbelange der Betroffenen, soweit möglich, zu vereinfachen, für das Unionsgebiet abzulösen gilt.

Wurden Informationen oder Beweismittel eines anderen Staates benötigt, so mussten sie auf dem steinigen Weg der Rechtshilfe beschafft werden.

International und besonders in Europa ist es daher dringend notwendig, Vereinfachungen in der Rechtshilfe und in formalen und verwaltungstechnischen Arbeitsabläufen zu ermöglichen.[2]

Daher war es erforderlich, Wege und Formen grenzüberschreitender Zusammenarbeit und die Verbesserung der technischen Möglichkeiten zu realisieren.

2. Zielsetzung

Durch den Europäischen Haftbefehl sollte das bestehende Auslieferungssystem ersetzt werden.

Die damit verbundenen Verfahren sollten beschleunigt und vereinfacht werden, indem die politische und administrative Phase durch ein Gerichtsverfahren ersetzt wird.[3]

3. Der gesetzgeberische Weg zum Europäischen Haftbefehl

Der Europäische Rat hatte die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf einer Tagung in Tampere / Finnland im Oktober 1999 aufgefordert, einen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung unter dem Motto „Die Europäische Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, zum Grundstein für einen europäischen Rechtsraums zu machen. Damit sollte der von der Kommission vorgeschlagene

Europäische Haftbefehl an die Stelle des bestehenden Auslieferungssystems treten.

Durch die terroristischen Anschläge in den USA vom 11.09.01 wurden diese und andere Vorhaben des Europäischen Rates erheblich beschleunigt, da die Dringlichkeit einer Vereinfachung und Beschleunigung der bisherigen Verfahren im Bereich der Auslieferung zwischen den Staaten der Europäischen Union deutlich geworden war.[4]

Der europäische Gesetzgeber hat mit dem Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 für die Europäische Union das System des Europäischen Haftbefehls vorgegeben, der das traditionelle Auslieferungssystem ablösen soll.

Die traditionelle internationale Rechtshilfe soll schrittweise, auf gegenseitiger Anerkennung und wechselseitigen Vertrauen basierend in eine weitestgehend justiziell ausgestaltete Form grenzüberschreitender Zusammenarbeit übergehen.

Alle nationalen Justizbehörden (vollstreckende Justizbehörden) verpflichteten sich, das Ersuchen einer Justizbehörde eines anderen Mitgliedstaates (ausstellende Justizbehörde) auf Übergabe einer Person, mit einem Minimum an Kontrollen anzuerkennen.

Der Rahmenbeschluss trat ab dem 1. Januar 2004 an die Stelle folgender Regelungen ein:

- Europäisches Auslieferungsübereinkommen aus dem Jahre 1957 sowie Europäisches Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus aus dem Jahr 1978 im Zusammenhang mit der Auslieferung
- Übereinkommen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Vereinfachung der Verfahren zur Übermittlung von Auslieferungsersuchen aus dem Jahre 1989
- Übereinkommen über das vereinfachte Auslieferungsverfahren aus dem Jahre 1995
- Übereinkommen über die Auslieferung aus dem Jahre 1996
- diesbezügliche Bestimmungen des Übereinkommens von Schengen

Der Rahmenbeschluss gilt als das eigentliche Handlungsmittel und zentrales Steuerungsinstrument der Europäischen Union und ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit in Strafsachen. Inhalt und Ziel des Beschlusses ist eine Angleichung der nationalen Rechtsgrundlagen, Verwaltungsvorschriften und eine Umsetzung des Grundsatzes gegenseitiger Anerkennung.[5]

Als selbständiges neues Instrument der Zusammenarbeit schafft der Europäische Haftbefehl ein vereinfachtes europäisches System der Personenübergabe.

Der Europäische Haftbefehl tritt somit an die Stelle des Auslieferungssystems.

4. Inhalt des EU - Haftbefehls

Das Europäische Haftbefehlgesetz (EuHbG) löst mit dem neu gefassten Achten Teil über die „Unterstützung von Mitgliedsstaaten der EU“ im Internationalen Rechtshilfegesetz (IRG)[6] die bisherigen unionsrelevanten vertraglichen Regelungen weitgehend ab.

Für den Auslieferungsverkehr ausserhalb der Union gilt das herkömmliche Auslieferungsrecht in Bezug der jeweils vertraglichen bzw. der für den ausservertraglichen Verkehr geltenden allgemeingesetzlichen Regeln fort.

Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich somit um ein neues internationales

Instrument als Grundlage für eine unionsweite Fahndung und Auslieferung und entspricht einem Festnahme-, Haft- und Übergabeersuchen.[7]

5. Allgemeine Grundsätze

Gemäß der Definition im Rahmenbeschluss ist der „Europäische Haftbefehl“ eine justizielle Entscheidung, die in einem Mitgliedsstaat ergangen ist und die Festnahmen und Übergabe einer gesuchten Person durch einen anderen Mitgliedsstaat bezweckt im Hinblick auf

- eine Strafverfolgung
- die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe
- eine freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung

Der europäische Haftbefehl gilt für alle Straftaten, die nach den Rechtsvorschriften des ausstellenden Staates mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht sind oder im Falle einer Verurteilung zu einer Strafe oder der Anordnung einer Maßregel der Sicherung und Besserung führen, deren Maß mindestens vier Monate beträgt.[8]

Die Kriterien für die Zulässigkeit einer Auslieferung werden vereinfacht, es besteht eine grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung der Auslieferung.

Ganz besonders wichtig ist die Einschränkung des Prinzips der beiderseitigen Strafbarkeit, die sogenannte Zweistufigkeit im Auslieferungsrecht. Eine Überstellung aufgrund eines europäischen Haftbefehls erfolgt nämlich in Zukunft ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit, nach dem Recht des Ausstellungsstaates definierten Straftaten (Positivliste), wenn sie dort mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind.

Es kommt somit zu einem teilweise Entfallen der Prüfungspflicht.[9]

[...]


[1] Vgl. Der Europäische Haftbefehl – Ein Leitfaden für die Auslieferungspraxis -

Eckhart von Bubnoff – Ausgabe März 2005, Heidelberg, Seite 1

[2] Die Welt – „Zweifel am EU – Haftbefehl“ – Seite 4 vom 14.04.2005

[3] Deutsche Polizei – Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei –

Auszug aus der Eurocop-Konferenz vom 28.02.05 - Seite 18-20

Ausgabe Nr. 4 vom April 2005

[4] Vgl. Dr. Martin Tuffner – Bundeskriminalamt Wiesbaden – Kurzdarstellung des

Europäischen Haftbefehls, bei der CEPOL-Konferenz

(European Police College) in Budapest am 10.04.2003 – Seite 1 - Ausgabe 11/03

[5] Der Europäische Haftbefehl – Ein Leitfaden für die Auslieferungspraxis -

Eckhart von Bubnoff – Seite 45 ff.

[6] Siehe 8. Teil des Internationalen Rechtshilfegesetz (IRG)

[7] Deutsche Polizei – Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei – Auszug aus der Eurocop-Konferenz vom 28.02.05 - Seite 18-20

[8] (dies entspricht dem Begriff des auslieferungsfähigen Delikts in den bisherigen Auslieferungsabkommen und zu Artikel 95 SDÜ. Bezüglich Deutschlands z.B. sind nahezu alle Delikte des Strafgesetzbuches erfasst)

[9] Dr. Martin Tuffner – Bundeskriminalamt Wiesbaden – Kurzdarstellung des

Europäischen Haftbefehls, bei der CEPOL-Konferenz

(European Police College) in Budapest am 10.04.2003 – Ausgabe 11/03, Seite 3

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Ist der Europäische Haftbefehl verfassungswidrig ?
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V42300
ISBN (eBook)
9783638403634
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit "Ist der Europäische Haftbefehl verfassungswidrig?" gibt einen Überblick über die Thematik des Europäischen Haftbefehls und die herkömmlichen Auslieferungsmethoden und Instrumente innerhalb der Europäischen Union. Weiterhin beschäftigt sich die Hausarbeit mit der Zulässigkeit des Europäischen Haftbefehls im Bezug auf das Grundgesetz. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes lag zum Zeitpunkt der Hausarbeit noch nicht vor.
Schlagworte
Europäische, Haftbefehl
Arbeit zitieren
Nick Müller (Autor:in), 2005, Ist der Europäische Haftbefehl verfassungswidrig ?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42300

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