Das neue Energiewirtschaftsgesetz


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Hinführung zum Thema

2. Die Entwicklung ordnungspolitischen Rahmens bis zur zweiten Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes

3. Europarechtliche Vorgaben zum deutschen Energiewirtschaftsrecht

4. Übersicht der wesentlichen Elemente des Energiewirtschaftsgesetzes
4.1. Struktur des Gesetzes
4.2. Netzzugang
4.3. Netznutzungsentgelte
4.4. Entflechtung
4.5. Rechtsrahmen und Tätigkeitsbereich der Bundesnetzagentur

5. Abschließende Worte

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das neue Energiewirtschaftsgesetz

Strukturen, Innovationen, Probleme

1. Hinführung zum Thema

Die Entwicklung der Energiewirtschaft in Deutschland ist rechtlich, politisch und wirtschaftlich keineswegs gradlinig, doch für jedermann existenziell.[1] Mit dem Erlass des neuen Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sind dementsprechend ehrgeizige Ziele verbunden, die den Ansprüchen einer effizienten, preisgünstigen, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung der Allgemeinheit sowie eines unverfälschten und wirksamen Wettbewerbs auf den deutschen Elektrizitäts- und Gasmärkten (§1 I,II EnWG) gerecht werden sollen.

Mit einer Vielzahl von Innovationen stellt sich der Gesetzgeber diesen Anforderungen, wobei es das Ziel dieser Hausarbeit sein soll, jene Innovationen sowie weitere wesentliche Elemente des neuen Gesetzes ansatzweise zu beleuchten. Daher erscheint es sinnvoll, zunächst die ordnungspolitische und damit rechtliche Entwicklung der deutschen Energiewirtschaft zu skizzieren. Anhand dieser Basis folgt eine Erläuterung der europarechtlichen Vorgaben, so dass anschließend gezielt auf spezifische Aspekte des EnWG eingegangen werden kann. Strukturbedingt können dabei einzelne Probleme und Neuerungen nicht zusammenfassend, sondern nur begleitend gekennzeichnet und erläutert werden. Aufgrund der Aktualität dieser Thematik stützen sich die Abschnitte zudem hauptsächlich auf zeitnah verfasste wissenschaftliche Fachzeitschriften sowie Monographien, die überwiegend als Quellen für den Inhalt und die Entwicklung des EnWG a.F. herangezogen werden. Da zahlreiche Bestimmungen erst durch Verordnungen konkretisiert werden, soll hierbei auf eine nähere Betrachtung der untergesetzlichen Regelungen weitgehend verzichtet werden, da dies sonst den Rahmen der Hausarbeit bei weitem übersteigen würde.

2. Die Entwicklung des ordnungspolitischen Rahmens bis zur zweiten Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes

Den rechtlichen Rahmen für die Energiewirtschaft in Deutschland kennzeichnete über 6 Jahrzehnte lang das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) aus dem Jahr 1935 bis es 1998 reformiert wurde. Dieses Gesetz war eine Reaktion auf wirtschaftliche Fehlentwicklungen am Ende der Weimarer Republik und Ausdruck einer ausgesprochen restriktiven Haltung gegenüber der Wirkung von Wettbewerb und freier Konkurrenz. In diesem Sinne war die ordnungspolitische Zielsetzung des EnWG a.F. volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen des Wettbewerbs zu verhindern. Eine sichere Strom- und Gasversorgung konnte nur in staatlich sanktionierten Monopolen d.h. in geschlossenen Versorgungsgebieten unter Ausschluss von Konkurrenz funktionieren. Diese Einschätzung basierte auf vielfältigen technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, bei denen allerdings die Leitungsgebundenheit eine herausragende Rolle gespielt haben dürfte. Der Aufbau flächendeckender Leitungsnetze ist sehr kostspielig und bindet langfristig viel Kapital. Daher würden sich unter den Bedingungen eines freien Wettbewerbs parallele Netze herausbilden, was wiederum zu einer spürbaren Verteuerung der Energiepreise führen würde.[2]

Das EnWG 1935. verfügte demzufolge über entsprechende Regelungen zur Absicherung von Gebietsmonopolen im Versorgungs- und Netzbereich. So war gemäß §5 EnWG 1935. eine Betriebsaufnahmegenehmigung für Energieversorgungsunternehmen (EVU) erforderlich, die noch nicht auf diesem Markt tätig waren. Des weiteren konnten die Energieaufsichtsbehörden, welche auf Landesebene angesiedelt waren, mit Investitionen verbundene Wettbewerbsprozesse unterbinden, wenn diese das Gemeinwohl beeinträchtigen (§4 EnWG 1935). Auch das neue Kartellrecht von 1958 ließ jene ordnungspolitischen Überzeugungen weitgehend unangetastet und sah nach §103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB a.F.) für den Energiesektor eine Bereichsausnahme vor. Demnach konnten entgegen §1 GWB a.F. wettbewerbsbeschränkende Verträge zwischen den EVU geschlossen werden, die eine Aufteilung der Absatzgebiete zur Folge hatten (Demarkationsverträge). Ein weiteres Mittel zur Absicherung der Versorgungsgebiete boten Konzessionsverträge zwischen den EVU und den Gemeinden. Das jeweilige Unternehmen hatte das alleinige Recht, Leitungen innerhalb des Gemeindegebiets zu verlegen, so dass Konkurrenten technisch, wirtschaftlich und rechtlich auf die Nutzung des bestehenden Netzes angewiesen waren.[3]

Die Konsequenzen aus derartigen Strukturen für den Endverbraucher sind bei Fehlen entsprechender Schutzvorschriften in vielerlei Hinsicht negativ, so dass der Gesetzgeber eine Reihe von Schutzmechanismen etabliert hat um dies zu verhindern. Nach §6 EnWG 1935 besteht für jeden Gebietsversorger die Pflicht, jedermann zu allgemeinen Tarifen und Bedingungen an die Leitungsnetze anzuschließen und zu versorgen. Kommt das EVU seinen Versorgungsaufgaben nicht nach, kann die zuständige Aufsichtsbehörde ein Betriebsuntersagungsverfahren einleiten (§§8,9 EnWG 1935). Hiernach werden dem Unternehmen bestimmte Auflagen erteilt, denen nachzukommen ist. Andernfalls wird der Betrieb des Netzes untersagt und ein anderes EVU mit der Versorgung beauftragt.[4]

Die ordnungspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die leitungsgebundene Energieversorgung waren allerdings zu jeder Zeit umstritten. Eine hinreichende Effizienz der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden auf der Grundlage des Energie- und Kartellrechts wurde ebenso bezweifelt wie die Argumentation, dass die Eigenschaft der Leitungsgebundenheit des Energiesektors zu einem natürlichen Monopol führt, das eine andere Form der ordnungspolitischen Steuerung zwangsläufig ausschließt. Letzteres gilt zwar für den Netzbetrieb, ist jedoch für seine vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen d.h. Energieerzeugung und –Vertrieb nicht zwingend.[5]

Diese Diskussion zog sich über mehrere Jahrzehnte hinweg ohne nennenswerte Erfolge in bezug auf das deutsche Energierecht aufweisen zu können. Erst gegen Mitte der 80er Jahre kam es zu einer spürbaren Belebung der Liberalisierungsbemühungen. In England, Wales, den skandinavischen Ländern und Teilen der USA gab es erste Trends zu einem brancheninternen Wettbewerb der Energiewirtschaft. Ferner forderte der damalige Energie-Kommissar der Cardoso e Cuhna einen von Handelshemmnissen befreiten europäischen Energiemarkt. Dieser Forderung kam die Gemeinschaft durch den Erlass der Transit-Richtlinien für Strom[6] und Gas[7] nach, die eine grenzüberschreitende Lieferung von Energie regeln sollte. Ihre Wirkung war allerdings begrenzt.[8]

Anders verhielt es sich den Richtlinien für einen Elektrizitäts-[9] und Gasbinnenmarkt[10] die am 19. Dezember 1996 und 11. Mai 1998 beschlossen, sowie bis zum 19. Februar 1999 und 10. August 2000 in nationales Recht umgesetzt werden mussten.

Sie kennzeichnen den ersten Versuch, die europäischen Energiemärkte schrittweise zu öffnen. Allerdings verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten der europäischen Union damit lediglich zur Öffnung von mindestens 33% ihrer Märkte, so dass eine vollständige Wettbewerbsetablierung noch weit entfernt zu seien schien. Der deutsche Gesetzgeber ermöglichte die Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben in dem Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 29. April 1998. Es setzte am Kernpunkt des alten Ordnungsrahmens an und beseitigte die Befreiung der Demarkationsverträge vom Kartellverbot des §1 GWB. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurden zusätzlich Netzzugangsregelungen für den Elektrizitätsbereich aufgenommen (§6 EnWG a.F.). Entsprechende Vorschriften für den Gasbereich erfolgten im Änderungsgesetz (NeuregelungsG) vom 20. Mai 2003[11] (§6a EnWG a.F.).[12]

Die deutsche Energierechtsreform von 1998 war trotz ihrer Innovationen zum EnWG von 1935 noch weit von der Etablierung eines funktionierenden Wettbewerbs auf den vor- und nachgelagerten Märkten entfernt. Insbesondere das Modell des verhandelten Netzzugangs in Verbindung mit den Verbändevereinbarungen ließ den Marktteilnehmern einen weitgehenden Spielraum bei der Ausgestaltung dieser Organisationsstruktur. Die Marktergebnisse waren dementsprechend unbefriedigend, so dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert wurde den sogenannten Monitoring-Bericht, mit der Maßgabe einer Untersuchung der Wettbewerbslage auf den betroffenen Märkten, zu erstellen und ggf. Verbesserungsvorschläge zu offerieren. Das Bundesministerium empfahl daraufhin eine weitreichende Neustrukturierung der Strom- und Gasmärkte, was sich im NeuregelungsG vom 20. Mai 2003 durchaus niederschlug.[13]

[...]


[1] Die Bundesrepublik Deutschland wies im Jahr 2004 einen Primärenergieverbrauch von 14 438 Petajoule auf. Dies entspricht ca. 4010 Mrd. Kilowattstunden. Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2004): Wochenbericht, S. 118.

[2] Vgl. Büdenbender, Prof. Dr. Urich, Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET) 2005, S. 642, S. 642. und Bachert, Patric (2004): Die Aufsicht über Energieversorgungsunternehmen zwischen Wettbewerb und Regulierung, S.20.

[3] Vgl. Bachert, Patric (2004), S.21.

[4] Vgl. Bachert, Patric (2004), S.21.

[5] Vgl. Büdenbender, ET 2005, S. 642, S. 643.

[6] RL. 90/547/EWG, Abl. 1990, L 313, S. 30.

[7] RL. 91/296/EWG, Abl. 1991, L147, S. 37.

[8] Vgl. Schmidt-Schlaeger, Michaela / Zinow, Dr. Bernd-Michael (2004): Grundlagen des Energierechts, S. 22.

[9] RL. 96/92/EG, Abl. 1997, L 27, S. 20.

[10] RL. 98/30/EG, Abl. 1998, L 204, S. 1.

[11] BGBl. S. 686ff.

[12] Vgl. Schmidt-Schlaeger / Zinow (2004), S. 23ff.

[13] Vgl. Schmidt-Schlaeger / Zinow (2004), S. 26.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das neue Energiewirtschaftsgesetz
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V52783
ISBN (eBook)
9783638483995
ISBN (Buch)
9783656801412
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Energiewirtschaftsgesetz, Wirtschaftsverwaltungsrecht
Arbeit zitieren
Arne Lawrenz (Autor:in), 2006, Das neue Energiewirtschaftsgesetz , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52783

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