Die Bundesrepublik Deutschland unterliegt seit Jahrzehnten Veränderungen im Bevölkerungsaufbau. Diese Verschiebung der Altersstruktur wird auch als "Demografischer Wandel", "Alternde Gesellschaft" oder "Ageing Society" bezeichnet. Bereits heute lässt sich erkennen, dass dieser Alterungsprozess weitreichende Auswirkungen für die deutschen Unternehmen haben wird. Kaum absehbar erscheinen die Folgen für Lohnkosten, Innovationsfähigkeit oder für die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften.
Die vorliegende Diplomarbeit analysiert am Beispiel eines Kreditinstitutes die Ursachen, Auswirkungen sowie die möglichen Maßnahmen, die sich aus dieser demografischen Entwicklung ergeben. Ziel der Arbeit ist die Beantwortung folgender Fragestellungen:
1. Welche Entstehungsgründe sind für die aktuellen Personalaltersstrukturen verantwortlich?
2. Welche personalwirtschaftlichen Risiken und Potentiale ergeben sich aus den sich verändernden Altersstrukturen?
3. Wie können Unternehmen auf den demografischen Wandel reagieren, d.h. mit welchen Maßnahmen können negative Konsequenzen vermieden werden?
Im ersten Abschnitt erfolgt eine Einführung in die Thematik. Hier werden die Hintergründe des demografischen Wandels dargestellt. Anschließend erfolgt die Durchführung einer Altersstrukturanalyse am Beispiel eines ostdeutschen Kreditinstitutes. In diesem Kontext sollen mögliche Risiken und Chancen aufgezeigt werden. Ein wesentlicher Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Reflexion möglicher Unternehmensstrategien. Durch die Integration empirischer Befunde und deren Interpretation am Praxisbeispiel sollen denkbare Lösungsansätze aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung in die Thematik
2 Analyse der Determinanten von Personalaltersstrukturen
2.1. Begriffsbestimmung „Personalstruktur“ bzw. „Personalaltersstruktur“
2.2. Bedeutung von „Personalstrukturen“ bzw. „Personalaltersstrukturen“
2.3. Bestimmungsgründe von Personalaltersstrukturen
2.4. Der demografische Wandel als Ursache bestehender und zukünftiger Personalaltersstrukturen
2.4.1. Begriffsbestimmung „Demografie“ und „Demografischer Wandel“
2.4.2. Analyse der Ursachen des demografischen Wandels
2.4.3. Auswirkungen auf die Erwerbsarbeit
3 Analyse der personalwirtschaftlichen Risiken und Potentiale
3.1 Betrachtung der Ausgangssituation von Unternehmen
3.2. Durchführung einer Altersstrukturanalyse am Beispiel eines Kreditinstituts
3.2.1. Das Unternehmen und sein Umfeld
3.2.2. Vorbereitung der Analyse
3.2.3. Durchführung der Datenerhebung und Auswertung
3.2.4. Bewertung der Erkenntnisse und Entscheidungsfindung
4 Unternehmensstrategien im Umgang mit dem demografischen Wandel
4.1. Strategien der Personalpolitik in der Eintrittsphase
4.1.1. Einführung eines Employer Branding Konzepts
4.1.2. Talentmarketing als Handlungsansatz
4.1.3. Ältere Mitarbeiter als Personalressource im Rahmen von Diversity
4.1.4. Interne Personalbeschaffung als Handlungsansatz
4.2. Strategien der Personalpolitik in der Tätigkeitsphase
4.2.1. Handlungsfeld Personaleinsatz
4.2.2. Strategien der Personalentwicklung
4.2.3. Gesundheitsmanagement im Kreditinstitut
4.3. Strategien der Personalpolitik in der Austrittsphase
4.4. Strategien der Absatzpolitik
4.5. Unternehmensleitlinien und Unternehmenskultur
5 Schlussbemerkung und Empfehlungen
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zustandekommen und Wirkungen von Personalstrukturen
Abb. 2: Altersstruktur in Deutschland
Abb. 3: Bevölkerung im Alter von … Jahren in Millionen (2002 – 2050)
Abb. 4: Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland nach Geschlecht
Abb. 5: Durchschnittsarbeitszeit in Deutschland.
Abb. 7: Anzahl der Mitarbeiter (inkl. Auszubildende) von 1993 2005
Abb. 8: Anzahl der Mitarbeiter und Auszubildenden für 2006 nach Alterskohorten
Abb. 9: Typische Altersstrukturen von Belegschaften
Abb. 10: Verteilung der Positionen auf die Alterskohorten
Abb. 11: Verteilung der berufsspezifischen Qualifikationen auf die Alterskohorten
Abb. 12: Betriebszugehörigkeit in Jahren
Abb. 13: Alter nach Marktbereich und Abteilungen
Abb. 14: Fortschreibung der Altersstruktur des Kreditinstituts
Abb. 15: Veränderung des Durchschnittsalters in Jahren innerhalb der Alterskohorten
Abb. 16: Anzahl der über 55Jährigen Mitarbeiter für die Periode 2006 2016
Abb. 17: NachfolgerDiagramm am Beispiel des Kreditinstituts
Abb. 6: CheckListe zum Erkennen altersstruktureller Problemlagen im Betrieb
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die demografische Entwicklung der Erwerbspersonen in Deutschland nach Alter
Tab. 2: Rückgang der wöchentlichen Arbeitsstunden 2005 bis 2025 in Prozent:
Tab. 3: Das Unternehmen in Zahlen
Tab. 5: Altersstruktur nach Geschlecht
Tab. 6: Führungspositionen nach Geschlecht inkl. Durchschnittsalter
Tab. 7: Beispiel für eine verdichtete Altersstruktur
Tab. 8: Ausprägung unterschiedlicher Personalbeschaffungsmaßnahmen im Kreditinstitut
Tab. 9: Talent Relationship Management – Konzept im Kreditinstitut
Tab. 10: Mögliche Strategien der Personalpolitik in der Eintrittsphase des Kreditinstituts
Tab. 12: Mögliche Strategien der Personalpolitik in der Tätigkeitsphase des Kreditinstituts
Tab. 13: Mögliche Strategien der Personalpolitik in der Austrittsphase des Kreditinstituts
Tab. 4: Fragebogen für Mitarbeiter: Datensatz zur Altersstrukturanalyse
Tab. 11: Personaleinsatzmatrix am Beispiel der Gruppe „Zentrale Verwaltung“
1 Einführung in die Thematik
Die Bundesrepublik Deutschland erlebt seit Jahrzehnten Veränderungen im Bevölkerungsaufbau. Diese nachhaltige Verschiebung der Altersstruktur wird auch als „Demografischer Wandel“, „Alternde Gesellschaft“ oder „Ageing Society“ bezeichnet.[1] Die Bedeutung dieses Prozesses nimmt insbesondere für Unternehmen ständig zu, da die Zusammensetzung des Personals direkt beeinflusst wird. Es zeichnet sich ab, dass das voranschreitende Altern der Belegschaften weitreichende Konsequenzen für die Betriebe haben wird. Beispielsweise bleibt abzuwarten, welche Folgen für Lohnkosten, Innovationsfähigkeit oder für die Verfügbarkeit von Personalressourcen eintreten werden.
Die vorliegende Diplomarbeit analysiert die Ursachen, Wirkungen sowie die möglichen Maßnamen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben.
Ziel der Arbeit ist daher die Beantwortung folgender Fragen:
1. Welche Entstehungsgründe sind für die aktuellen Personalaltersstrukturen verantwortlich?
2. Welche personalwirtschaftlichen Risiken und Potentiale ergeben sich aus den sich verändernden Altersstrukturen?
3. Wie können Unternehmen auf den demografischen Wandel reagieren, d.h. mit welchen Maßnahmen können negative Konsequenzen vermieden werden?
Die erste Frage wird in allgemeiner Form behandelt. Hier werden die Hintergründe des demografischen Wandels dargestellt. Kapitel 3 zeigt die Durchführung einer Altersstrukturanalyse am Beispiel eines ostdeutschen Kreditinstituts. Mögliche Risiken und Chancen werden herausgearbeitet. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei Frage 3, d.h. bei der Reflexion möglicher Unternehmensstrategien. Die Beantwortung dieser Fragestellung erfolgt durch die Integration empirischer Befunde und deren Interpretation am Beispiel eines ostdeutschen Kreditinstituts. Eine sorgfältige Literaturanalyse bildet die Basis für diese Arbeit.
Die persönliche Motivation des Verfassers, selbst Mitarbeiter des erwähnten Instituts, leitet sich aus der Komplexität und der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas ab. Ergänzend zur bisher eher makroanalytischen Diskussion des demografischen Wandels auf gesellschaftlicher und politischer Ebene, wird zukünftig eine mikroanalytische Ausrichtung auf Unternehmen notwendig sein. Dies umso mehr, da Unternehmen einen erheblichen Anteil an der Wertearbeit in der Gesellschaft leisten.[2] Bei der Betrachtung werden die wesentlichen Kernfunktionen der Personalarbeit, u. a. die Personalbeschaffung, die Personalentwicklung sowie die Personalbindung berücksichtigt. Zudem finden die Erkenntnisse arbeitswissenschaftlicher Methoden ihre Anwendung. Schließlich wird durch die Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels die Tragweite für Unternehmen und Gesellschaft bewusst.
Die methodische Vorgehensweise ist so strukturiert, dass im zweiten Kapitel die Determinanten von Personalaltersstrukturen aufgezeigt werden. Begriffe wie „Demografie“ und „Demografischer Wandel“ werden bestimmt. Von besonderer Bedeutung werden die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Erwerbsarbeit sein, die an dieser Stelle aufgezeigt werden sollen. Im dritten Abschnitt soll eine ausführliche Analyse Aufschluss über die personalwirtschaftlichen Risiken und Potentiale geben. Ausgangspunkt bildet dabei die Altersstrukturanalyse eines Kreditinstituts, mit deren Hilfe Problembereiche in der Personalstruktur aufgezeigt werden sollen. Dabei werden eigene empirische Erhebungen sowie vorliegende Befunde eingebunden.
Im vierten Kapitel werden Unternehmensstrategien analysiert, die bisher im betrachteten Kreditinstitut angewendet werden. Gegenübergestellt werden alternative Strategien, welche die Folgen des demografischen Wandels berücksichtigen. Zu den betrachteten Maßnahmen zählen u. a. die Rekrutierungspolitik, der Einsatz generationsübergreifender Gruppen, die Erhaltung der lebenslangen Arbeitsfähigkeit der Belegschaft, die Einbindung innovativer Karrieremodelle in die Organisationsstruktur sowie die Nachfolgeplanung.
Schließlich werden die Ergebnisse zusammengefasst und entsprechende Empfehlungen gegeben.
Ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit soll in der Analyse von möglichen Strategien für das untersuchte Kreditinstitut im Umgang mit den demografischen Veränderungen bestehen. Dabei werden die Folgen der demografischen und arbeitsmarktlichen Entwicklungen hinsichtlich der Personalaltersstrukturen und der Personal und Absatzpolitik verdeutlicht.
2 Analyse der Determinanten von Personalaltersstrukturen
Die Analyse der Determinanten bestehender und zukünftigen Personalaltersstrukturen ist eine wesentliche Prämisse dieser Arbeit. Ausgehend von der gesellschaftlichen Ebene, werden die Konsequenzen für das betriebliche Umfeld deutlich. Diese Vorgehensweise ist notwendig, um Unternehmen für dieses Thema zu sensibilisieren. Das folgende Kapitel setzt sich mit den Ursachen von Personalaltersstrukturen intensiv auseinander. Zum besseren Verständnis sollen zunächst die Begriffe „Personalstruktur“ bzw. „Personalaltersstruktur“ bestimmt werden. Zudem wird die Bedeutung von Personalaltersstrukturen verdeutlicht. Im Anschluss werden die Determinanten einschließlich des demografischen Wandels betrachtet sowie die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt dargestellt.
2.1. Begriffsbestimmung „Personalstruktur“ bzw. „Personalaltersstruktur“
Unter der Personalstruktur (synonym: organisationale Demografie[3], Personalkonfiguration) wird die Zusammensetzung des betrieblichen Personals hinsichtlich sozialer Parameter wie Betriebszugehörigkeit, Nationalität, Geschlecht, Qualifikation und Alter verstanden.[4] Dabei bleibt zunächst offen, ob alle Merkmale von gleicher Bedeutung sind und in welchen Wechselwirkungen sie zueinander stehen.[5] Um eine Aussagefähigkeit von Personalstrukturen zu erreichen werden in der Regel Verhältniszahlen, z.B. Prozentzahl der Frauen, der älteren Mitarbeiter, der Produktionsmitarbeiter etc. ermittelt.[6]
Mit Hinblick auf den demografischen Wandel soll das Alter von Personalstrukturen im Vordergrund der Betrachtung stehen.
2.2. Bedeutung von „Personalstrukturen“ bzw. „Personalaltersstrukturen“
Die Untersuchung von Personalstrukturen gewinnt dadurch an Bedeutung, da diese das Erreichen der zentralen personalwirtschaftlichen Aufgabengebiete (Qualifikationssicherung des Personals, Transformation des Arbeitspotentials in tatsächliche Arbeitsleistung, Aufrechterhaltung der Anpassungsfähigkeit bei überschaubaren Personalkosten) sicherstellen.[7]
In der Fachliteratur werden Unternehmen schon längere Zeit als Sozialsysteme betrachtet. Unter der Annahme, dass diese den Gesellschaftssystemen in ihrer Funktionsweise ähneln, ist die Untersuchung der „Bevölkerung“ in Unternehmen bedeutsam.[8] Obwohl auf gesellschaftlicher Ebene die Ursachen und Auswirkungen verschiedener Sozialstrukturen und demografischer Einflüsse längst diskutiert werden, sind die möglichen Konsequenzen der unterschiedlichen Zusammensetzung des Personals, insbesondere hinsichtlich des Alters, in Unternehmen nicht hinreichend analysiert wurden.[9] [10]
2.3. Bestimmungsgründe von Personalaltersstrukturen
Im folgenden Abschnitt werden die Determinanten von Personalaltersstrukturen untersucht. In Anlehnung an Pfeffer führt Nienhüser folgende Bestimmungsgründe auf, die zu Veränderungen der Personalstruktur führen und damit die Betriebzugehörigkeit sowie das Alter der Belegschaft entscheidend beeinflussen:
Firmen und Branchenwachstum
verwendete Technik
Personalpolitik
gewerkschaftlicher Organisationsgrad[11]
Nienhüser geht in seinen Erläuterungen nicht explizit auf die demografische Entwicklung ein. Dennoch sei bereits an dieser Stelle auf den Einfluss der Demografie auf die Personalaltersstrukturen verwiesen, der in Kapitel 2.4. näher betrachtet wird.
Firmen und Branchenwachstum
Das Unternehmenswachstum, d.h. das personelle Wachstum bzw. Stellenwachstum, hat einen Einfluss auf die Personalstruktur hinsichtlich der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und der Verteilung der Betriebszugehörigkeit. Im Falle eines wachsenden Unternehmens sinkt die durchschnittliche Beschäftigungsdauer bzw. das Alter des Personals, da überwiegend junge Mitarbeiter eingestellt werden.[12]
Wenn ein Unternehmen innerhalb einer Wachstumsbranche nicht wächst, führt dies zu einer Abwanderung von qualifizierten Mitarbeitern, die über Berufserfahrungen verfügen, aber noch nicht lange im Unternehmen tätig waren. Die Gründe für diese Abwanderung liegen vermutlich in einem höheren Entgelt oder in besseren Aufstiegschancen. Diese Entwicklung führt zu einem Absinken der durchschnittlichen Betriebszugehörigkeitsdauer. Grundsätzlich sinkt bei Wachstumsunternehmen die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Dies gilt in wachsenden wie auch in stagnierenden Branchen. Indirekt geschieht dies durch den Verbleib überwiegend junger Mitarbeiter, die wegen der verbesserten Karrierechancen nicht in andere Unternehmen abwandern.[13] Dieser Sachverhalt ist auch ein Grund für die junge Altersstruktur in den Firmen der so genannten „New Economy“.
Ergänzend sei angemerkt, dass Betriebe mit starken Nachfrageschwankungen (und damit Beschäftigungsschwankungen) ebenfalls über eine kürzere Zugehörigkeitsdauer verfügen.[14] Da in vielen Unternehmen eine jugendzentrierte Personalpolitik vorherrscht (ca. 80% aller Einstellungen erfolgen bis zum 35. Lebensjahr)[15], verjüngt sich in diesen Unternehmen die Personalstruktur.
Verwendete Technik
Innovative und fortschrittliche Produktionsverfahren bzw. Techniken erfordern hinreichend qualifiziertes Personal. Aktuelles Fachwissen wird vornehmlich von relativ jungen Arbeitskräften, die ihren Ausbildungsweg gerade beendet haben, zur Verfügung gestellt. Daher werden diese vorzugsweise von Unternehmen eingestellt. Eine hohe qualitative Dynamik von technischen Veränderungen führt somit zu einer zunehmend jungen Personalstruktur, die durch eine hohe Qualifikation gekennzeichnet ist.[16]
Diese Tendenz lässt sich insbesondere in der Softwarebranche beobachten.[17]
Personalpolitik
Die Einstellungspolitik bestimmt entscheidend die Zusammensetzung des Personals. Beispielsweise könnten Unternehmen versuchen, personelle Vakanzen durch interne Bewerber zu besetzen. Diese Rekrutierungspolitik würde zu einer im Schnitt höheren Beschäftigungsdauer führen. Eine derartige Personalpolitik wird oft von Sozialisierungs und Qualifizierungseffekten begleitet, die das Personal an das Unternehmen bindet. Auf der einen Seite können jüngere Arbeitnehmer im Unternehmen gehalten werden, andererseits wird die Einstellung neuen Personals blockiert. Langfristig steigt nicht nur die Beschäftigungsdauer, sondern auch das Alter des Personals. Wichtig ist die Wahl der Freisetzungsstrategie. Dabei können Unternehmen schnell den Personalbestand reduzieren, wenn eine Veränderung der quantitativen Dynamik (z.B. Nachfrageschwankungen) zu verzeichnen ist. Personal wird hier als Dispositionsmasse gesehen. In Folge dessen kann ein Absinken des Anteils qualifizierter, älterer Arbeitnehmer eintreten, wenn diese durch jüngere, weniger qualifizierte Mitarbeiter ersetzt werden. Eine gegensätzliche Personalstruktur bildet sich heraus, wenn Firmen versuchen, Personal an das Unternehmen zu binden. In diesem Fall liegen Alter und Beschäftigungsdauer höher. Die Löhne bzw. generell die Kompensationspolitik haben insbesondere dann einen erhöhenden Einfluss auf die Beschäftigungsdauer und das Alter der Mitarbeiter, wenn die Anreize nach dem Senioritätsprinzip stufenweise aufgebaut werden.[18] Dieses Prinzip beinhaltet eine aufgeschobene Entlohnung (deferred compensation) des Personals. Mit dieser Verfahrensweise können Unternehmen Vorteile erzielen, wenn sie in das Humankapital ihrer Mitarbeiter investieren. Firmen können sich damit die Loyalität der Belegschaft sichern, die das Risiko eines frühzeitigen Austritts der Arbeitnehmer reduziert. Durch Senioritätsrechte kann zudem der Leistungswille und damit die Identifikation der jüngeren Mitarbeiter gestärkt werden, da ein implizites Versprechen auf einen sicheren Arbeitsplatz gegeben wird.[19] Eine derartige Vorgehensweise wird auch durch die MatchingTheorie unterstützt, wonach bei älteren Mitarbeitern auf Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite geringere Informationsdefizite bezüglich der Fähigkeiten und der gewünschten Tätigkeiten existieren.[20] Neben diesen Anreizen bedienen sich Unternehmen organisationaler Kontrollformen, die durch ihre Wirkung auf die Personalfluktuation einen Einfluss auf die Personalstruktur bzw. Altersstruktur ausüben. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass alle Maßnahmen des Unternehmens auf die Fluktuation ihrer Mitarbeiter, auch die Personal und Altersstrukturen beeinflussen.[21]
Gewerkschaftlicher Organisationsgrad und normative Begrenzungen
Eine essentielle Einflussgröße auf die Personalpolitik eines Unternehmens spielt der gewerkschaftliche Organisationsgrad. Je höher dieser ist, desto stärker ist die Auswirkung auf die Personalpolitik und die Beschäftigungssicherheit. Das Alter des Personals steigt entsprechend.
In der Bundesrepublik spielen eher überbetriebliche Verhandlungssysteme eine Rolle. Entscheidend ist daher, ob das Unternehmen tariflich gebunden ist bzw. ob ein Betriebsrat besteht.[22] Der gewerkschaftliche Organisationsgrad stellt somit eine normative Begrenzung für das Unternehmen dar. Externe und interne Normensysteme können in den verschiedensten Formen (z.B. Gesetze) auftreten. Grundsätzlich können mögliche Handlungsalternativen mit positiven oder negativen Folgen verbunden sein (z. B. Sanktionen, Geldbußen, Subventionen von bestimmten Arbeitnehmergruppen). Unter Schutz und Fürsorgegesetze fallen besondere Personengruppen, wie z. B. jugendliche, ältere, weibliche, ausländische und behinderte Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Altersstrukturen sind vor allem die altersrelevanten Normen von Belang. Darüber hinaus beeinflussen betriebliche Normierungen (interne Normen) die Personal und Altersstrukturen.[23]
Ein Beispiel für einen gesetzlichen Eingriff in die Personalstruktur von Unternehmen ist das Altersteilzeitgesetz mit seinen Frühverrentungsmöglichkeiten. Der Wegfall dieses Gesetzes im Jahr 2009 wird weitreichende Konsequenzen auf die Altersstruktur von Unternehmen haben.[24] [25] Betriebe haben dann nicht mehr die Möglichkeit, sich ihrer älteren Arbeitnehmer auf Kosten der Sozialsysteme zu entledigen. Daher bedarf die bisherige Personalpolitik der Unternehmen eines grundsätzlichen Strategiewechsels.
Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die bisher untersuchten Bestimmungsgrößen und Auswirkungen von Personalstrukturen:
Abb. 1: Zustandekommen und Wirkungen von Personalstrukturen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Nienhüser, W. (1998), S. 31.
[...]
[1] Wilkoszewski, H. (2003), S. 15.
[2] Jansen, S. / Huchler, A. (2005), S. 65.
[3] Vgl. Pfeffer, J. (1983) zit. nach Nienhüser, W. (1998), S. 22.
[4] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 5.
[5] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 22.
[6] Vgl. Becker, F. G. (1994), S. 320.
[7] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 12.
[8] Vgl. Presthus, R. (1966), S. 10.
[9] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 5.
[10] Vgl. Pönisch, A. (2006), S. 8.
[11] Vgl. Pfeffer, J. (1983), S. 311ff. zit. nach Nienhüser, W. (1998), S. 30.
[12] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 30.
[13] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 31-32.
[14] Vgl. Pfeffer. (1983), S. 313. zit. nach Nienhüser, W. (1998), S. 32.
[15] Vgl. Skarpelis-Sperk, S. (1993), S.78.
[16] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 32.
[17] Vgl. Lünstroth, U. (2001), S. 15.
[18] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S.32-33 u. S. 361.
[19] Vgl. Arnds, P. / Bonin, H. (2003), S. 146-147.
[20] Vgl. Herfurth, M.. / Kohli, M. (2003), S. 54.
[21] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 33.
[22] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 33.
[23] Vgl. Nienhüser, W. (1998), S. 373ff.
[24] Vgl. Adenauer, S. (2005a), S. 23-24.
[25] Vgl. Pönisch, A. (2006), S. 9-12.
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