Das hörgeschädigte Kind im Kinderbuch als Gegenstand identitätsfördernder Maßnahmen im Unterricht für Hörgeschädigte


Examensarbeit, 2004

95 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffe und Definitionen
2.1. Behinderung
2.2. Hörschädigung

3. Aspekte und Theorien von Identität
3.1. Identität nach Krappmann
3.2. Identität und Hörschädigung
3.2.1. Bedeutung identitätsfördernder Maßnahmen
3.2.2. Leben in zwei Welten
3.2.3. Die Anwendung der Identitätstheorie Krappmanns auf die spezielle Situation der Hörgeschädigten
3.2.4. Einstellungen zu Menschen mit Behinderung und insbeson- dere Hörgeschädigten in der Gesellschaft
3.3. Identitätsförderung durch Literatur
3.4. Zusammenfassung

4. Zur Darstellung von Hörgeschädigten im Kinderbuch
4.1. Das Kinderbuch
4.1.1. Begriffsbestimmung und Einteilung
4.1.2. Historische Entwicklung
4.2. Hörgeschädigte Menschen im Kinderbuch
4.2.1. Historischer Abriss der Darstellung von Menschen mit Be- hinderung unter besonderer Berücksichtigung von Hörge- schädigten
4.2.2. Darstellung von Menschen mit Behinderung im Kinder- und Jugendbuch
4.2.3. Darstellung von Hörgeschädigten im Kinder- und Jugendbuch
4.3. Zusammenfassung

5. Das Kinderbuch im Unterricht für Hörgeschädigte
5.1. Das Kinderbuch und Fremdverstehen
5.2. Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht
5.3. Das Kinderbuch und Identität
5.4. Gehörlosigkeit als Unterrichtsthema
5.5. Zusammenfassung

6. Kritische Betrachtung verschiedener Kinderbücher
6.1. Suchkriterien
6.2. Kurzbeschreibungen der einzelnen Bücher
6.2.1. P. N. Bercovitch: Das Lächeln des Delphins
6.2.2. S. Breitschwerdt: Hörwins erster Erdenflug
6.2.3. V. Carin: Marjanzas Fohlen
6.2.4. G. Christersson: Adams Buch
6.2.5. J. Croser: Der sprechende Stein
6.2.6. E. Gänger: Ein Fest für Merle
6.2.7. Der Guckkasten: Nicht hören können
6.2.8. D. Peter: Heike und Jutta können nicht hören
6.2.9. L. Rosen: Greller Blitz und stummer Donner
6.2.10. V. Smith: Martins Pony
6.2.11. A. Wellm: Das Mädchen mit der Katze
6.2.12. M. Woolley: Hören ohne Töne
6.3. Zusammenfassung

7. Schlussbetrachtung

A. Abkürzungsverzeichnis

B. Weitere Bücher oder Geschichten

C. Internetlinks

D. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Hörgeschädigte Kinder benötigen, bedingt durch ihre besondere Sprachsituation und die Splittung ihres Lebensbereichs in zwei Welten (die Welt der Gehörlosen und die Welt der Hörenden), besondere Unterstützung bei der Identitätsbildung. Dem Thema kommt daher beim Unterricht mit Hörgeschädigten eine besondere Bedeutung zu.

Der Identitätsbegriff findet innerhalb der Hörgeschädigtenpädagogik jedoch bislang wenig Beachtung. Die vorhandenen Werke beschäftigen sich überwiegend mit der Frage, ob Gebärden oder die Gebärdensprache im Unterricht für Hörgeschädigte verwendet werden sollten. Die Vielfalt des Lebens und der Kultur von Hörgeschädigten wird damit auf den Bereich der Sprache begrenzt.

Im Verlauf dieser Examensarbeit soll untersucht werden, inwieweit Kinder- bücher mit hörgeschädigten Identifikationsfiguren sowie verschiedenen Anknüp- fungspunkten für ein Gespräch über hörgeschädigtenrelevante Themen als Ge- genstand identitätsfördernder Maßnahmen besonders geeignet sind. Kinderbücher sind in fast allen Unterrichtsfächern einsetztbar und bieten mit ihren für Kinder relevanten Themen eine gute Basis für die Auseinandersetzung mit diesen.

Kinder- und Jugendbücher zum übergreifenden Themenbereich ”anderssein“, welcher Kinder mit Hörschädigungen einschließt, werden jedoch bisher haupt- sächlich zur Förderung des Fremdverstehens eingesetzt. Übertragen auf das The- mengebiet Behinderung heißt das, dass sie vornehmlich genutzt werden, um Kin- dern ohne Behinderung die Welt von Kindern mit Behinderung näher zu bringen und Berührungsängste abzubauen. Kaum werden sie als interessante Lektüre für die Gruppe der Menschen mit Behinderungen selbst gesehen, obwohl für andere Minderheitengruppen wie beispielsweise Menschen ausländischer Herkunft oder homosexuelle Menschen durchaus Zeitungen, Zeitschriften sowie Bücher vertrie- ben werden. Das ”EuropeanBureauforLesserUsedLanguages“beispielsweise hat es sich zur Aufgabe gemacht, Minderheitensprachen in Europa zu fördern, und Kinderbücher in Minderheitensprachen wie z.B. Nordfriesisch oder Gälisch anzubieten. Bisher hat jedoch die Tatsache, dass hörgeschädigte Menschen sich genauso wie andere Minoritäten für die Belange der Gruppe, der sie sich zugehörig fühlen, interessieren, nur wenig Beachtung bei der Erstellung von Kinderbüchern gefunden. Menschen mit Behinderung unterscheiden sich zwar im Allgemeinen von anderen Minoritäten, da sie keine spezifische Kultur, Traditionen oder Glau- ben haben.1 Auf Gehörlose, die sich der Gehörlosengemeinschaft zugehörig fühlen, trifft dies jedoch nicht zu, da sie sich als eine sprachlich-kulturelle Minderheit ver- stehen. Außerdem können Menschen mit Behinderungen insofern als Minoritäten gesehen werden, als dass sie ähnliche Reaktionen in einer Gesellschaft mit be- stimmten Werten und Normen erfahren. In jedem Fall gilt: In Büchern, die für Kinder bestimmt sind, spiegeln sich Inhalte ihrer Welt wider. Dementsprechend sollten gehörlose Kinder auch (aber nicht nur) über gehörlose Kinder lesen kön- nen.

Die vorhandene Sekundärliteratur zum Thema Behinderte in der Kinder- und Jugendliteratur behandelt vorwiegend das Thema Einstellungen zu Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft und ist in vielen Fällen veraltet. Selbst Veröf- fentlichungen jüngeren Datums (vgl. Nickel 1999) beziehen sich auf diese älte- ren Studien. Außerdem beschäftigt sich ein Großteil der Werke mit so genannten sichtbaren Behinderungen, wie körperliche oder geistige Beeinträchtigungen. Zum Bereich Hörgeschädigte sind in diesem Zusammenhang nur wenig Ausführungen zu finden.

Die vorliegende Examensarbeit will den Bogen schlagen von der Darstellung von Menschen mit Behinderung in Kinder- und Jugendbüchern zur Verwendung die- ser für die Identitätsförderung von hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern2. Es soll ermittelt werden, inwieweit Kinderbücher mit hörgeschädigten Handlungs- trägern zur Identitätsförderung im Unterricht einsetzbar sind. Dazu wird folgen- dermaßen vorgegangen:

Zuerst werden ”Behinderung“und ”Hörschädigung“unterBerücksichtigungdes Wandels der Begrifflichkeiten definiert. Bevor dann dargestellt wird, ob und ggf. warum Literatur besonders zur Identitätsförderung geeignet ist, erfolgt im drit- ten Kapitel eine Einführung in den Begriff der ”Identität“unddessenAnwendung auf die spezielle Situation der Hörgeschädigten. Im Anschluss wird ein Einblick in den Themenbereich Kinder- und Jugendliteratur gewährt, um im weiteren Verlauf die Darstellung von Hörgeschädigten zu untersuchen. Daraufhin sollen zunächst die Möglichkeiten der Verwendung von Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht erörtert und im sechsten Kapitel verschiedene Bücher mit hörgeschädigten Charakteren vorgestellt werden.

2. Begriffe und Definitionen

Da einige der in dieser Arbeit behandelten Kinderbücher z.T. älteren Datums und die Begrifflichkeiten für Menschen mit Behinderung - so auch mit einer Hörschädigung - einem ständigen Wandel unterworfen sind, wird hier ein Abriss über die verschiedenen Begriffe gegeben.

2.1. Behinderung

Bleidick führte in den 70er Jahren in der Sonderpädagogik den Behinderten- begriff offiziell ein. Seit dem hat dieser einen Paradigmenwechsel durchlaufen: Weg von der Defizitorientierung, vom Ausgangspunkt Mensch, hin zum Mensch- Umfeld-System, zu neutralen Bezeichnungen und einer Beachtung der Potentiale.

An dieser Stelle sollen exemplarisch zwei Definitionen aufgeführt werden: Die des Deutschen Bildungsrates3 von 1973 sowie die der ICF4 von 2002.

Der Deutsche Bildungsrat definiert ”behindert“wiefolgt:

”AlsbehindertimerziehungswissenschaftlichenSinnegeltenalleKin- der, Jugendlichen und Erwachsenen, die in ihrem Lernen, im sozialen

Verhalten, in der sprachlichen Kommunikation oder in den psychomo- torischen Fähigkeiten so weit beeinträchtigt sind, daß ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft wesentlich erschwert ist. Deshalb bedürfen sie besonderer pädagogischer Förderung.“ (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 32)

Behinderung wird hier als Folge einer Beeinträchtigung bzw. chronischen Krank- heit gesehen. Es werden zwei Ebenen unterschieden: auf der persönlichen Ebene bedeutet die Behinderung eine ”unmittelbareLebenserschwerung“(ebenda)für die Person selbst, die soziale Ebene beinhaltet die soziale Interaktion und Inte- gration.

In der ICF wird der Begriff

”Behinderung“folgendermaßenverwendet: ”BehinderungisteinOberbegrifffürSchädigungen(Funktionsstörun- gen, Strukturschäden, d. Übers.),Aktivitätseinschränkungen und Be- einträchtigungen der Partizipation [Teilhabe]. Er bezeichnet die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (Umwelt- und personenbezogene Faktoren).“ (DIMDI 2002, S. 132)

Diese Definition umfasst die Aspekte des Körpers, des Individuums und der Ge- sellschaft. ”Behinderung“wurdedamitbewusst ”nichtalsBezeichnungeinerKom- ponente [. . . ], sondern ausschließlich als ein[ ] Oberbegriff [verwendet]“ (DIMDI 2002, S. 159), um eine stigmatisierende Wirkung des Begriffs möglichst zu um- gehen. Betont wird außerdem, dass die ”PersonennichtaufihreSchädigungen, Beeinträchtigungen der Aktivität oder Beeinträchtigungen der Partizipation [Teil- habe] reduziert, sondern mittels dieser beschrieben werden“ (ebenda). Es wird festgestellt, dass es sich bei den Schwierigkeiten der Verwendung des Begriffs und den Überlegungen, wie damit umzugehen ist, ”nichtausschließlichumeinsprach- liches Problem [handelt], sondern vielmehr um ein Problem der Einstellung von einzelnen und der Gesellschaft gegenüber Behinderungen“ (ebenda, S. 160).

Seit der Einführung des Behindertenbegriffs wurden die Menschen, welche ”ein gewisses Maß an funktionalen Einschränkungen oder Begrenzungen erfahren“ (DIMDI 2002, S. 159) zunächst als Behinderte, später als behinderte Menschen und dann als Menschen mit Behinderung bezeichnet. Insgesamt kann also gesagt werden, dass der Behinderungsbegriff nicht statisch ist (vgl. Zielke 1992, S. 323).

Im Verlauf dieser Arbeit werden sowohl der Begriff hinderte Menschen“ gemäß ”Behinderte“alsauch ”be- ”MenschenmitBehinderung“benutzt.DieWahlder Begriffe richtet sich je nach der verwendeten Literatur, sie werden im Laufe der Arbeit synonym zueinander gebraucht.

2.2. Hörschädigung

In der Fachliteratur findet sich der zusammenfassende Begriff als Oberbegriff von ”Hörschädigung“ ”Gehörlosigkeit“und ”Schwerhörigkeit“.Damiteinhergehend ist beispielsweise auch im Bereich der Pädagogik im Land Berlin die Zusammenlegung einer Gehörlosen- mit einer Schwerhörigenschule5 zu beobachten.

Aufgrund der erhöhten Heterogenität der Schülerschaft wird die Abgrenzung zwischen Gehörlosigkeit und Schwerhörigkeit immer schwieriger. Damberger (2001, S. 123) nennt als Faktoren in diesem Zusammenhang neben dem ”Grad der Hörschädigung und [. . . ] [den] unterschiedlichen technischen Lösungen der Hörhilfen (z.B. das CI6) [. . . ] auch [. . . ] die intellektuellen, sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Schüler, [. . . ] die Bedürfnisse hinsichtlich der Kommunikationsform, [. . . ] die Gegebenheiten in Elternhaus und sozialem Umfeld, [. . . ] mehrfachbehinderte Kinder [. . . ] [und] integrierte Kinder“.

Durch die KMK7-Empfehlungen von 1996 wurden die ”Empfehlungenfürden Unterricht in der Schule für Gehörlose (Sonderschule)“ sowie die ”Empfehlun- gen für den Unterricht in der Schule für Schwerhörige (Sonderschule)“ von 1980 bzw. 1981 aufgehoben. In den neuen Empfehlungen sind diese beiden Richtungen als ”FörderschwerpunktHören“(KMK1994,Titelblatt)oder ”Förderbedarfim Bereich des Hörens“ (KMK 1994, Abschnitt 1.1) zusammengefasst.

Wisotzki (1994, S. 47) schreibt, dass ”dieTermini,Hörschädigung/hörgeschä- digt‘ meistens im Bereich der Pädagogik verwendet“ werden. Daneben existieren noch die Begriffe ”Hörbehinderung/hörbehindert“alsBeschreibungderFolgeei- ner Hörschädigung sowie ”Hörstörung/hörgestört“,einmedizinischverwendeter Ausdruck für einen durch Krankheit entstandenen Zustand.

Große (2001, S. 13) definiert ”Hörschaden“als ”eineLäsiondesperipheren und/oder zentralen Teils des Hörorgans einschließlich der daraus resultierenden Einschränkung des Hörvermögens unterschiedlichen Grades. Die funktionelle Einschränkung kann von einer minimalen Schwerhörigkeit bis zur vollständigen Gehörlosigkeit (Taubheit) reichen.“

Des Weiteren sind verschiedene Bezeichnungen zu finden, ”dieinihrerAbgren- zung nicht genau bestimmbar sind bzw. häufig undifferenziert verwendet werden“ (Wisotzki 1994 , S. 47 ). Einige davon werden in diesem Kapitel erläutert.

Eine mögliche Einteilung kann nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Hörschädigung vorgenommen werden (vgl. Wisotzki 1994 ): Als prälingual hörgeschädigt gelten Personen, deren Hörschädigung bereits vor dem Erwerb der Lautsprache besteht bzw. bestand, während Personen, deren Hörschädigung nach Erwerb der Lautsprache eintritt, als postlingual hörgeschädigt bezeichnet werden. Als Grenze wird die Vollendung des vierten Lebensjahres betrachtet. Große ( 2001 , S. 35 ) unterscheidet zwischen prä-, peri- und postnatalen sowie erblich bedingten und erworbenen Hörschäden. Als ertaubt gelten Personen, die ihre Hörschädigung im Sinne einer Gehörlosigkeit postnatal erworben haben.

An dieser Stelle sei anzumerken, dass Schwerhörige und Gehörlose selbst, im Gegensatz zu dem in der Pädagogik eingeführten verallgemeinernden Begriff der Hörschädigung, eine Unterteilung beibehalten möchten: ”DieGehörlosen[ziehen] es vor, als ,Gehörlose‘ bezeichnet zu werden, und die Schwerhörigen als ,Schwerhörige‘“ (zitiert nach: Ahrbeck 1997, S.53).

Im Laufe dieser Arbeit werden alle der im Folgenden erläuterten Begriffe ver- wendet. Der Gebrauch richtet sich nach den hinzugezogenen Büchern. Im Vorder- grund steht das Klientel der Gehörlosen, wobei jedoch auch andere Hörgeschä- digte mit einbezogen werden sollen. In vielen Fällen kann das für Erwähnte auf ”Gehörlose“ ”Hörgeschädigte“übertragenwerden.

Taubstummheit

Die Termini ”taubstumm“oder ”taub“sindveraltetundwerdenheutenichtmehr gebraucht. In einigen der von mir in Kapitel 6 vorgestellten Kinderbücher sind sie indes noch zu finden. Sie sind als Vorläufer des Begriffs hen. Zunächst wurde noch zwischen ”gehörlos“zuverste- ”taubstumm“und ”gehörlos“unterschieden, seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird der Begriff verwendet und als inkorrekt angesehen.

Schwerhörigkeit

Nach Wisotzki (1994, S. 50) werden Personen als schwerhörig bezeichnet, wenn ”derenSchädigungdesHörorgansdieWahrnehmungakustischerReizesobeein- trächtigt, daß sie zwar Sprache mit Hilfe einer Hörprothese aufnehmen und ihr eigenes Sprechen über die auditive Rückkopplung kontrollieren können, aber visuelle Merkmale und kinetisch-kinästhetische Empfindungen eine Hilfsfunktion übernehmen müssen.“

Große (2001, S. 38) nennt außerdem die Einteilung nach dem Grad des Hör- schadens. Demnach wird eine Schwerhörigkeit mit einem Hörschwellenwert8 von 21/26 dB - 40 dB9 als leichtgradig, eine Schwerhörigkeit mit einem Hörschwellen- wert von 41 dB - 60/70 dB als mittelgradig und eine Schwerhörigkeit mit einem Hörschwellenwert von 61/71 dB - 90/100 dB als hochgradig klassifiziert.

Gehörlosigkeit

Wisotzki (1994, S. 51) spricht von Gehörlosigkeit, ”wenneinesoschwereSchä- digung des Gehörs vorliegt, daß selbst bei bestmöglicher Schallverstärkung durch eine Hörhilfe keine oder nur eine begrenzte auditive Wahrnehmung möglich ist, wobei besonders darauf abgehoben wird, daß Sprache überhaupt nicht über den akustischen Kanal perzipiert und diskriminiert werden kann.“ Ein natürlicher Spracherwerb ist unter diesen Voraussetzungen nicht möglich.

Gehörlosigkeit wird nach dem Grad des Hörschadens als solche bei einem Hör- schwellenwert ab 60 dB (bei unter 500 Hz10) bzw. ab 90/100 dB (bei über 500 Hz) klassifiziert. Eine völlige Taubheit ohne jegliche Hörreste besteht jedoch nur bei ca. 5 % der als gehörlos diagnostizierten Menschen (vgl. Große 2001, S. 38).11 So tragen auch als gehörlos klassifizierte Menschen Hörgeräte, um eine op- timale Ausnutzung der Hörreste zu erreichen und beispielsweise Umweltgeräusche trotzdem wahrnehmen zu können.

Ähnlich wie im Sinne des Amerikanischen ”Deaf“gibtdieDeutscheGe- sellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e.V. (1998, S. 33) eine Definition aus der sozialen Perspektive, die jedoch zunächst nur auf Erwachsene angewandt werden kann12: ”Gehörlosesind[...]Menschenmitei- ner frühkindlich erfahrenen hochgradigen Hörschädigung, die in engem Kontakt mit anderen Gehörlosen bzw. der Gehörlosengemeinschaft leben, in der Kom- munikation untereinander die Gebärdensprache verwenden und im Kontakt mit Hörenden auf die Lautsprache13 zurückgreifen.“ ”Gehörlose“sinddemnachals sprachlich-kulturelle Minderheit zu betrachten, für deren Zugehörigkeit nicht die Hörschädigung, sondern das Verhältnis zur Gebärdensprache und das subjektive Zugehörigkeitsgefühl entscheidend ist.

Cochlea-Implantat-Träger

Einige Autoren nennen innerhalb der Gruppe der Hörgeschädigten neben den Gehörlosen, Schwerhörigen und Ertaubten noch die Gruppe der CI-Träger (vgl. beispielsweise Leonhardt 1999), die hier der Vollständigkeit halber genannt werden sollen. Das CI ist eine Innenohrprothese, eine technische Hörhilfe. Es kann ertaubten und gehörlosen Personen, deren Hörnerv und zentrales Hörsystem noch intakt sind, implantiert werden. Die Cochlea-Implantationen werden seit Beginn der 80er Jahre durchgeführt. Es kann zwischen Ertaubten mit CI und Gehörlosen mit CI unterschieden werden. Trotz des durch das CI ermöglichten Hörvermögens handelt es sich bei den CI-Trägern weiterhin um Hörgeschädigte, die einer speziellen Förderung bedürfen.

3. Aspekte und Theorien von Identität

Das Thema Identität kann sehr umfassend behandelt werden. Es geht jedoch über die Intention dieser Arbeit hinaus, sie zu stark auf die Ausführungen verschiede- ner Identitätstheorien auszuweiten. Viele der Aussagen bezüglich Identität im Zusammenhang mit Hörschädigungen sowie im Zusammenhang mit Identitäts- förderung durch Literatur im Unterricht basieren auf der soziologischen Iden- titätstheorie nach Krappmann14. Sie ist Ergebnis seiner Bestrebungen, offene Fragen der Theorie Meads15 zu beantworten. Ding bezieht seine Erläuterungen auf Krappmann, Poppendieker nutzt die von Krappmann geprägten Begrif- fe und Ahrbeck erläutert dessen Theorie im Zusammenhang mit Gehörlosigkeit. Des Weiteren findet Krappmann auch bei anderen Autoren wie beispielsweise Große Erwähnung. Ich werde mich auf die Darstellung dieser Positionen be- schränken und lediglich die Identitätstheorie Krappmanns kurz erläutern. Au- toren, auf deren Werke sich andere Aussagen beziehen, sowie die zugehörige Li- teratur werden genannt, die Theorien jedoch nicht tiefergehend erläutert.

3.1. Identität nach Krappmann

Identität ist in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen und viel diskutierten Begriff geworden. Ahrbeck schreibt, dass ”dasZielderIdentitätsbildungdas mündige und zur Selbstreflexion fähige Subjekt ist“ (Ahrbeck 1997, S. 17).

Krappmann zufolge erschließt sich die Ich-Identität durch die persönliche (oder personale16) und die soziale Identität.17 Die soziale Identität setzt sich aus den verschiedenen Rollen zusammen, die wir in unterschiedlichen sozialen Grup- pen, in denen wir agieren, entwickeln. Die persönliche Identität entwickelt sich durch die Distanzierung von den Rollenidentitäten und deren Interpretationen.

Die Sprache ist, so Spinner (2001, S. 37f.), nicht nur für die gesellschaftliche Kommunikation und somit die Entwicklung der sozialen Identität von Bedeu- tung, sondern auch für die o.g. Interpretation und damit die Herausbildung der persönlichen Identität. Es gilt, die persönliche und die soziale Identität in ein Gleichgewicht zu bringen, d.h. auf die Rollenerwartungen der Umwelt einzugehen bei gleichzeitiger Wahrung der Individualität. Herwig (1980, S. 17) erläutert, dass die Ich-Identität einer ständigen Entwicklung unterliegt und somit sowohl durch ”Konstanz“(BeibehaltungdereigenenIdentitätohneVerleugnungvonTei- len des Selbst) als auch durch ”Wandel“(inReaktionaufdargebotenealternative Werte, Normen und Erwartungen) entsteht. Ein Mensch verarbeitet gemachte Er- fahrungen auf der Grundlage seines persönlichen Hintergrundes woraufhin diese zu einem Teil des Hintergrundes werden. Dieser bildet wieder die Grundlage für das Verhalten in neuen Situationen, in denen Erfahrungen gemacht werden.

Nach Krappmann (1988, S. 132-173) gibt es vier identitätsfördernde Fähig- keiten, die sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis von Identitätsförderung sind. Sie werden in der Interaktion mit anderen benötigt. Diese Fähigkeiten sind

- Rollendistanz als die Fähigkeit, Normen zu reflektieren und zu interpretie- ren,
-”Roletaking“bzw.EmpathiealsdieFähigkeit,sichindenInteraktionspart- ner hinein zu versetzen, um seine Erwartungen antizipieren zu können,
- Ambiguitätstoleranz18 bzw. Abwehrmechanismen als die Fähigkeit, Divergenzen bzgl. der Erwartungen und Bedürfnisse zu ertragen,
- Identitätsdarstellung als die Fähigkeit, die eigene Identität zu präsentieren.

Im nächsten Abschnitt werden verschiedene Autoren und ihre Anwendung der Identitätstheorie Krappmanns auf die Situation von Hörgeschädigten darge- stellt.

3.2. Identität und Hörschädigung

Nach Ahrbeck erhielt der Identitätsbegriff innerhalb der Hörgeschädigtenpäda- gogik - mit Ausnahme einiger Arbeiten im Bereich der Schwerhörigenpädagogik - bislang wenig Aufmerksamkeit. Inzwischen liegen jedoch einige Veröffentlichungen zu dem Thema vor.19

3.2.1. Bedeutung identitätsfördernder Maßnahmen

Am meisten Beachtung findet bisher die Diskussion um die Kommunikation und Sprachentwicklung von Gehörlosen. Dabei geht es ”umdieFrage,obdiesozial- emotionale und die kognitive Entwicklung mit Hilfe von Gebärden besser förderbar ist“ (Ahrbeck 1997, S. 27). Poppendieker erläutert die Bedeutsamkeit der Gebärdensprache (als Kommunikationsmittel im Unterricht) im Hinblick auf die Entwicklung identitätsfördernder Fähigkeiten.

Hintermair verweist auf den kognitiven und den emotionalen Anteil einer gemachten Erfahrung. Zu der Bedeutsamkeit dieser Anteile für die persönliche Entwicklung sagt er: ”WirbeziehenausdenaffektivenAnteilenunsererErfah- rungen die Energien für unsere individuelle Entwicklung“ (Hintermair 1999, S. 29). Unter den kognitiven Aspekten ist ”einekognitiveDurchdringungeinerer- lebten Situation (was habe ich also mitbekommen, was habe ich und wie habe ich etwas verstanden?)“ zu verstehen. Sie bezieht sich stark auf die kommunikative Situation, welche zwischen Hörenden und Hörgeschädigten erschwert sein kann. Übertragen auf die Situation bei Hörgeschädigten wirft Hintermair daher die Frage auf, ob den emotionalen Aspekten hier nicht eine noch größere Wichtigkeit zukommt, wenn die kognitiven Aspekte geschwächt sind. Dieser Gesichtspunkt ist besonders wichtig in dem Zusammenhang, dass hörgeschädigte Kinder u.U. eine (auch emotional) schwierige Beziehung zu ihren (hörenden) Bezugsperso- nen haben. Diese kann sich nach Hintermair u.a. durch das Aussenden für die Bezugspersonen ”unklare[r]Signale“undeiner ”verändertenWahrnehmungssitua- tion“ (ebenda) des Kindes entwickeln, was dazu führen kann, dass den Bezugspersonen die Sensibilität für die Bedürfnisse des Kindes fehlt.

Große (2001, S. 115) merkt an, dass

”dieWeltderNichtbehinderten(Hören- den) [. . . ] mit ihren Konditionen und Konventionen den Maßstab“ für die Erwar- tungen an den Gegenüber bildet. Hörbehinderte werden i. Allg. von klein auf von Hörenden geprägt. So werden sie früher oder später bemerken, dass sie sich von ihrer Umwelt unterscheiden, der Hörschaden wird, statt als Teil der Persönlich- keit, als störend wahrgenommen werden. Durch den Versuch, sich der hörenden Welt anzupassen, sind sie einer Überforderung ausgesetzt. Durch die durch kom- munikative Schwierigkeiten bedingten Fehlreaktionen kann die Zuschreibung von ”geringer[]AnpassungsbereitschaftundEinsichtinbestimmtenSituationen,di- stanzlose[m] Verhalten, übermäßige Impulsivität u. dgl. m. als stigmatisierende Eigenschaft“ (Große 2001, S.117) erfolgen.

Um ”diepsycho-sozialenBelastungen,denenhörbehinderteMenscheninder Welt der Hörenden ausgesetzt sind, zu überwinden und hörbehinderten Menschen eine möglichst stressfreie Persönlichkeitsentwicklung zu gewährleisten“ (ebenda), gibt es seit den letzten Jahrzehnten eine ”KonzeptionderIdentitätförderungHör- behinderter in und durch die Sprach- und Kulturgemeinschaft der Gehörlosen“ (ebenda). Große weist darauf hin, dass hierbei die ”GefahreinerUnterschätzung des Hörens und vor allem der Lautsprache“ (ebenda, S. 118) besteht. Er warnt da- vor, dass auch durch das Bestehen auf eine eigene Kultur und die Abgrenzung zu den Schwerhörigen die Isolation der Gehörlosen verstärkt wird. Des Weiteren fügt er hinzu, dass sich nicht alle Gehörlosen der Gehörlosengemeinschaft zugehörig fühlen.

Nach Ahrbeck (1997, S. 79) ”[steht]esaußerFrage[...],daßdieIdentitäts- bildung auch zum zentralen Bildungsauftrag der Gehörlosenpädagogik gehören muß.“ Auch Große (2001, S. 112) schreibt, dass ”Identitätsfindung,verstan- den als Selbstfindung, [. . . ] auf jeden Fall angesichts der Hörbehinderung zum Förderbedarf [gehört].“ Hingewiesen werden soll weiterhin auf Kröhnert, der bereits in dem 1982 erschienen Handbuch der Sonderpädagogik, Band III, die Empfehlungen für den Unterricht in der Schule für Gehörlose der KMK kriti- sierte: ”DiePädagogikderGehörlosenkannnichtnur,wieesdie,Empfehlungen‘ vermuten lassen, eine Erziehung zur Sprache hin sein. Sie muß sich auch und vor allem als eine Erziehung verstehen, die den Menschen selbst, seine Selbstver- wirklichung, seine Identität, in den Mittelpunkt des pädagogischen Geschehens rückt“ (Kröhnert 1982, S. 210). Laut der Empfehlungen zum Förderschwer- punkt Hören der KMK von 1996 ”trägt[diesonderpädagogischeFörderung]zur Identitätsfindung und Persönlichkeitsbildung Hörgeschädigter bei“ (KMK 1994, Abschnitt 1.1). Ahrbeck (1997, S. 79) stellt jedoch fest, dass ”einetheoriege- leitete Auseinandersetzung mit den Problemen der Identitätsbildung Gehörloser bis heute noch sehr weitgehend [fehlt]“.

Meines Erachtens bietet vor allem Schule20 als ein Ort, an dem hörgeschädig- te Kinder auf andere Hörgeschädigte treffen, günstige Voraussetzungen für die Identitätsförderung. Oftmals haben hörgeschädigte Kinder zuvor keinen Kontakt zu anderen Hörgeschädigten. In der Schule haben sie ggf. die Möglichkeit ei- ner leichteren Verständigung. Weiterhin wären durch eventuelle hörgeschädigte Lehrer hörgeschädigte Bezugspersonen gegeben. Zudem kann in der Schule ein Austausch über die zwei Welten und die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die beide bieten, erfolgen.

3.2.2. Leben in zwei Welten

Gehörlose bewegen sich in zwei Welten. Dem hörenden Umfeld können sie sich nicht entziehen: Die meisten hörgeschädigten Kinder haben hörende Eltern, die meisten Pädagogen sind hörend, Hörgeschädigte arbeiten mit Hörenden zusam- men. Zudem bedienen sich die Massenmedien der Lautsprache in ihrer geschrie- benen und gesprochenen Form. Aufgrund der kommunikativen Schwierigkeiten in der Interaktion mit Hörenden fühlen sich viele Gehörlose aber zu anderen Ge- hörlosen, mit denen sie gebärdensprachlich kommunizieren können, hingezogen. Werden die Welt der Hörenden und die Welt der Gehörlosen als gleichberech- tigt angesehen, wie es von der Gehörlosengemeinschaft gefordert und durch die Identitätsentwicklung begründet wird, muss auch die Gebärdensprache anerkannt und müssen Identifikationsmöglichkeiten mit Gehörlosen geschaffen werden (vgl. Ahrbeck 1997, S. 28f).

Im Folgenden soll nicht die Diskussion geführt werden, inwieweit die Gebär- densprache Bestandteil des Unterrichts für Hörgeschädigte sein soll. Vielmehr wird die Bedeutung von Sprache an sich für die Identitätsbildung dargestellt. Es wird dabei davon ausgegangen, dass es in den meisten Fällen Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen gibt, sich Gehörlose untereinander jedoch mittels Gebärdensprache zumeist problemlos verständigen können.21 Die Wichtigkeit der Lautsprache und insbesondere der Schriftsprache für die Lebensgestaltung Gehörloser, z.B. im Kontakt zu Hörenden und bezüglich der Informationsaufnahme, sei hier nicht bestritten. Dennoch möchte ich Ahr- beck in seinen Ausführungen folgen und festhalten, dass die Gebärdensprache für die Identitätsbildung Gehörloser dieselben Funktionen übernehmen kann wie die Lautsprache für Hörende. Daher sollen sich die Ausführungen in Abschnitt 3.2.3 hauptsächlich auf die Interaktion zwischen Hörgeschädigten und Hörenden beziehen. Die Interaktion zwischen Gehörlosen (oder auch vereinzelt zwischen Ge- hörlosen und Hörenden), die die Gebärdensprache beherrschen, unterliegt diesen Schwierigkeiten nicht, da keine ”Sprachbehinderung“vorhandenist.DieGehörlo- sengemeinschaft kann damit als identitätsstabilisierendes Moment im Leben von Gehörlosen gesehen werden. In dieser Umgebung nehmen sich Gehörlose nicht als defizitär wahr und sind in ihrer Kommunikation nicht behindert.

Bei den Ausführungen zu verschiedenen Identitätstheorien findet sich immer wieder die besondere Bedeutung der Sprache für die Entwicklung der Identität. Dies ist insbesondere bei Mead, der unter Sprache noch die Lautsprache ver- steht, zu bemerken. Der sogenannte ”Gebärdenstreit“hateinejahrhundertealte Tradition. In Deutschland hat dieser Streit inzwischen über die Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache22 zu verschiedenen Schulversuchen mit bilingualem Ansatz23 geführt. Ahrbeck verdeutlicht unter Einbeziehung kontroverser Positionen, dass die Gebärdensprache ein differenziertes sprachli- ches Kommunikationssystem ist, das dieselben Voraussetzungen für eine mögliche Selbstreflexion erfüllt, wie die Lautsprache: Sie lässt ”Abstraktionen,Ober-und Unterbegriffsbildungen und vor allem Metakommunikation“ sowie ”egozentrische Gebärden“ (Ahrbeck 1997, S. 68) zu. Voraussetzung ist die Beherrschung bzw. differenzierte Kenntnis der Gebärdensprache.

Das bedeutet aber nicht, dass im Zuge der Identitätsförderung Gehörloser aus- schließlich die Gebärdensprache und das Leben in der Gehörlosengemeinschaft zu vermitteln ist!24 Vielmehr sollte identitätsfördernder Unterricht die Vorbereitung auf das Leben in beiden Welten (die der Hörenden und die der Gehörlosen) mit den beiden Kommunikationssystemen Lautsprache und Gebärdensprache beinhal- ten. Den Schülern sollte die Entscheidung zur Lebensgestaltung selbst überlassen bleiben. Schülern, die aufgrund hörender Eltern in der hörenden Welt leben, muss die Welt der Gehörlosen vorgestellt werden und umgekehrt. Ebenso sollte auf die Zusammenhänge beider Welten und auf die jeweiligen Schwierigkeiten aufmerk- sam gemacht werden. Aufgabe des identitätsfördernden Unterrichts ist m.E. also, das Leben von Hörgeschädigten in beiden Welten darzustellen und zu diskutie- ren, damit sich die Schüler in beiden Welten bewegen und sich selbst für eine bestimmte Lebensweise entscheiden können. In einer Zeit, in der die Gebärden- sprache die verdiente Anerkennung bekommt, sollte ebenso die Wichtigkeit der Vorbereitung auf ein Leben in der Welt der Hörenden nicht außer Acht gelassen werden.

3.2.3. Die Anwendung der Identitätstheorie Krappmanns auf die spezielle Situation der Hörgeschädigten

Nach Laszlo (aus: Ahrbeck 1997, S. 53) haben Schwerhörige keine besondere Identität, da sie sich, im Gegensatz zu den Gehörlosen, nicht zu einer kulturel- len Gruppe zusammenschließen. Ding (1981) jedoch geht auf die Identitätsfin- dung Schwerhöriger ein, ”dabeidiesen-aufgrundihrerIdentifikationsversuche mit Hörenden [. . . ] - eine besondere Identitätsproblematik vorzuliegen scheint“ (Ding 1981, S. 319). So werden Schwerhörige dazu erzogen, die Schwerhörigkeit als ”TeilihrerIdentitätzuleugnen“(ebenda,S.320),inderKommunikation mit Hörenden die Behinderung zu kaschieren und eine ”Normalität“anzustreben. Bezüglich der sozialen Identität wird dann von den Schwerhörigen selbst nicht akzeptiert, dass ihr Handeln den sozialen Normen nicht vollständig entspricht; bezüglich der persönlichen Identität können sie sich selbst nicht eingestehen, dass ihre Möglichkeiten eingeschränkt sind. Der Aufbau von Ich-Identität ist damit erheblich erschwert. Damit einher gehen ”sowohlAusschlußvonInteraktionals auch Verzicht auf Bedürfnisbefriedigung“ (Ding 1981, S. 320). Ding erläutert, inwiefern die von Krappmann genannten identitätsfördernden Fähigkeiten die Entwicklung der Ich-Identität Schwerhöriger unterstützen können bzw. welche Schwierigkeiten diesbezüglich für Schwerhörige bestehen.

Schon bezüglich der von Krappmanns so genannten Rollendistanz besteht für Schwerhörige eine besondere Schwierigkeit: Einerseits müssen sie sich in der Interaktion davon distanzieren, ”diezuübernehmendeRollewiejederandereaus- üben“ (Ding 1981, S. 323) zu können, andererseits müssen sie sich von eventuell durch den Interaktionspartner ”zugeschriebenenEigenschafteneines,Behinder- ten‘“ (ebenda) distanzieren. Sich selbst aus der Sicht des Interaktionspartners sehen zu können kann besonders für Schwerhörige hilfreich sein, um sich darüber bewusst zu werden, dass nicht nur die eigene Bedürfnisbefriedigung im Mittel- punkt steht. Außerdem kann hierdurch gelernt werden, sich selbst als ”Verursacher von Widersprüchlichkeiten“ (Ding 1981, S. 325) zu sehen. Krappmann nennt diese Fähigkeit Empathie bzw. ”roletaking“.InnerhalbeinerInteraktionsind Ambiguitäten nicht zu vermeiden. Eine ausgeprägte Ambiguitätstoleranz schützt Schwerhörige sowohl davor, die eigenen Bedürfnisse zugunsten einer Anpassung an die Erwartungen des Interaktionspartners zurückzustellen, als auch davor, die eigenen Bedürfnisse denen des Interaktionspartners überzuordnen. Ding emp- findet die Ambiguitätstoleranz als die für Schwerhörige entscheidenste der vier genannten Fähigkeiten, da nicht erwartet werden kann, dass insbesondere fremde Interaktionspartner die von Schwerhörigen ”durchihreErwartungenundBedürf- nisse verstärkt [eingebrachten] Ambiguitäten“ (Ding 1981 S.324) ertragen. So ist es an den Schwerhörigen, unter Umständen auf Bedürfnisbefriedigung zu ver- zichten, ohne jedoch die Identität aufzugeben. Für Schwerhörige, so Ding, ist es wichtig, ihre Identität (möglichst frühzeitig) darzustellen, um die an sie gestellten Erwartungen im Interaktionsprozess zu berichtigen und beurteilen zu können, in- wieweit der Interaktionspartner auf die Identität eingeht (Identitätsdarstellung).

Ding sieht in Krappmann Konzept ”dieMöglichkeit,ZielederSchwerhöri- genpädagogik neu zu überdenken“ (Ding 1981, S. 326). Außerdem merkt er an, dass das Erziehungsziel Ich-Identität bereits in der Früherziehung anzustreben ist. Dies gilt insbesondere, wenn es den Eltern schwer fällt, die Hörschädigung ihres Kindes zu akzeptieren.

Poppendieker (1992, S. 17) erläutert, wie die über Hörenden“ und ”Identitätsdarstellung25 gegen- ”individuelleInteraktionsstrategien“mitdenhörendenLeh- rern als Interaktionspartnern im Unterricht geübt werden können. In diesem Zu- sammenhang kann darüber gesprochen werden, dass die Unsicherheit in der Kom- munikationssituation zwischen Hörenden und Gehörlosen auch von Hörenden aus- geht. Durch die Vermittlung der ”inderKommunikationmitGehörlosengemach- ten emotionalen und affektiven Erfahrungen“ durch die hörenden Lehrer kann dazu beigetragen werden, die ”FähigkeitzurRollendistanz,EmphatieundAmbi- guitätstoleranz aufzubauen.“ Werden den Schülern ihre eigenen Erfahrungen im Kontakt mit Hörenden bewusst, wird insbesondere die Fähigkeit zur Rollendistanz gefördert. Ein Austausch der Erfahrungen zwischen Lehrern und Schülern führt, so Poppendieker, ”zueinervorurteilsfreierenSicht[...]undein[em]selbstsiche- rere[n] Auftreten fremden Hörenden gegenüber“ (Poppendieker 1992, S. 18).

Auch bei Poppendiekers Vorschlägen zum Thema ”Ichbingehörlos!“imUn- terricht (vgl. hierzu Abschnitt 5.4) finden sich die identitätsfördernden Fähigkeiten als eine der drei von ihr aufgestellten Kategorien.26

In Bezug auf die Sprache äußert sich Poppendieker ebenfalls: ”Identitätsent- wicklung erfolgt vor allem in und durch die Interaktion mit anderen“ (Poppen- dieker 1992, S. 37). Gehörlose treten sowohl mit Gehörlosen - in der Regel in DGS27 - als auch mit Hörenden - zumeist in der gesprochenen oder geschriebenen Lautsprache - in Interaktion. Poppendieker stellt fest, dass ”lediglichdieKom- munikation in DGS [. . . ] mit Gehörlosen und auch mit Hörenden durch die Art der verwendeten Sprache an sich nicht behindert [ist]“ (ebenda, Hervorhebung im Original). Sie betont, dass nicht nur die Gehörlosen in einer Kommunikation mit Hörenden mittels Lautsprache, sondern auch die Hörenden in ihrer Identitäts- darstellung sowie der Fähigkeit zur Empathie eingeschränkt sind. Hieraus schließt Poppendieker, dass DGS die geeignete Sprache zur Behandlung der Thematik ist. Sprache spielt, so Poppendieker, bei der Bewusstmachung der identitätsför- dernden Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. Dies ”erforderteindifferenziertes sprachliches Kommunikationsmittel“ (ebenda, S. 38), was im Falle von gehörlosen Schülern die DGS wäre. Allerdings kommt auch der geschriebenen Lautsprache durch die Möglichkeit der ”VergegenständlichungderGedankenaufdemPapier“ (ebenda) eine wichtige Funktion zu. Hinzu kommt, dass die geschriebene Lautsprache der Wissenskonservierung dient.

Ahrbeck bezieht Krappmanns Ausführungen ebenfalls auf Gehörlose.28 Be- züglich der Rollendistanz bestehen seines Erachtens für Gehörlose Schwierigkeiten aufgrund der parasprachlichen Merkmale29, welche Gehörlosen bei einer Kommu- nikation mit Hörenden sowohl aktiv (bezüglich des eigenen Ausdrucks) als auch passiv (bei der Wahrnehmung) verwehrt bleiben. Rollenerwartungen werden aber auch mittels dieser parasprachlichen Merkmale mitgeteilt. So sind Gehörlose ”zu sehr [. . . ] auf die eigenen Vermutungen über das, was andere von [ihnen] wollen, angewiesen“ (Ahrbeck 1997, S. 112). Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der auch bei Ding schon anklang: ”DieRollenerwartungen[können]gegenüber[...]Gehör- losen [. . . ] eingeschränkt und widersprüchlich sein“ (ebenda, S. 112f). So können die Erwartungen ihnen gegenüber sowohl zu hoch (beispielsweise bezüglich der Absehfähigkeiten) oder zu niedrig (was z.B. zu Überbehütung durch die Eltern führen kann) sein. Die Fähigkeit zur Empathie ist abhängig von der Fähigkeit zur Rollendistanz. Bei einer lautsprachlichen Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen bestehen für den gehörlosen Gesprächspartner große Schwierig- keiten, die Rollenerwartungen des Gegenübers zu antizipieren. Dazu kommen be- grenzte soziale Erfahrungen Gehörloser und eine daraus resultierende Unsicher- heit sowie eine eventuelle Voreingenommenheit der Hörenden. Ahrbeck sieht hier eine mögliche Ursache für die Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten bei Gehörlosen. Gehörlose sind aufgrund einer sozialen Situation vermehrt Ambigui- täten ausgesetzt und benötigen daher eine erhöhte Ambiguitätstoleranz. Durch die bisher beschriebenen Schwierigkeiten ist diese aber i. Allg. niedriger als bei Hörenden. Bei der Identitätsdarstellung ist es wichtig, sich selbst zu präsentieren, ”ohneTeileseinesSelbstverleugnenzumüssen“(Ahrbeck1997,S.117).Für Gehörlose bedeutet dies, dass sie zum einen deutlich machen müssen, inwieweit sie sich vom Interaktionspartner unterscheiden und zum anderen, dass der Unter- schied nur in dieser Hinsicht besteht. Die Hauptschwierigkeit der Darstellung ihrer Identität gegenüber Hörenden ist für Gehörlose wieder sprachlich bedingt. Auch stereotype Einstellungen Hörender gegenüber Gehörlosen, insbesondere auf die ”fremdartig[e]undunsympatisch[e]“(ebenda,S.119)Stimmesowiediedistanz- schaffenden Gebärden bezogen, tragen zu den Erschwernissen bei. Die innerhalb der Kommunikationssituation gezeigten ”normalen“VerhaltensweisenGehörloser werden u.U. als charakterlicher Makel wahrgenommen.

[...]


1vgl. Nickel 1999, Kapitel 3.2 - Seifert (1982, S. 654) hingegen bezeichnet ihre gesellschaftliche Rolle als die einer Minderheit.

2Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird weitestgehend auf die geschlechtsdifferenzierenden Wortformen verzichtet. Die verallgemeinernd verwendeten maskulinen Bezeichnungen schließen die femininen mit ein.

3Der Deutsche Bildungsrat gründete sich 1965, um Empfehlungen, Bedarfs- und Ent- wicklungspläne sowie Strukturvorschläge für das deutsche Bildungswesen zu entwerfen. 1973 sprach der Deutsche Bildungsrat die ersten offiziellen Empfehlungen zur gemeinsamen

Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung aus.

4International Classifikation of Functioning, Disability and Health, zu Deutsch: Internatio- nale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Die ICF ist eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für den internationalen Gebrauch entwickel- te ”BeschreibungvonGesundheits-undmitGesundheitzusammenhängendenZuständen“ (DIMDI 2002, S. 8).

5Die ehemalige Albert-Gutzmann-Schule für Gehörlose ist der Magarete-von-Witzleben-Schule eingegliedert worden.

6Cochlea Implantat

7Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, kurz: Kultusministerkonferenz

8”DieHörschwellebildetdieGrenze,andereinSchallereignisgeradenochauditivwahrgenom- men wird“ (Große 2001 S. 27).

9Dezibel - Maß für den Schallintensitätspegel

10Hertz - Maßeinheit der Frequenz

11Nach Wisotzki (1994, S. 51) wehren sich Mediziner sogar gegen die Annahme, dass die völlige Gehörlosigkeit überhaupt existiert. Sie gehen vielmehr davon aus, dass es bisher nur noch nicht möglich ist, sämtliche Hörreste zu bestimmen.

12Bereits der Titel der Schrift ”HörgeschädigteKinder-GehörloseErwachsene“lässtahnen, dass die Gehörlosigkeit nicht als medizinische Tatsache, sondern als eigene Entscheidung für eine bestimmte Lebensweise gesehen wird.

13Große (2001, S. 17) weist darauf hin, dass der Begriff ”Lautsprache“keinesprachwissen- schaftliche sondern eine hörgeschädigtenpädagogisch spezifische Bezeichnung ist. Die Deut- sche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen e.V. gebraucht den Begriff im Sinne der schriebenen Form.“

14vgl. Krappmann 1988

15vgl. Mead 1988

16Das englische ”personalidentity“wirdvonverschiedenenAutorenunterschiedlichübersetzt.

17Krappmann bezieht sich hier stark auf Goffmann 1992.

18Ambiguität: Mehr- oder Doppeldeutigkeit; hier im Sinne von Widersprüchlichkeit

19vgl. dazu z.B. Hintermair 1999, Poppendieker 1992 u.a. - Poppendieker erwähnt meh- rere Examensarbeiten zum Themenkomplex ”AuseinandersetzungmitderGehörlosigkeitim Unterricht“. Hintermair beginnt seinen Beitrag sogar mit einer Begründung dafür, dass ”schonwiederüberIdentitätgeredetwerdensoll“(Hintermair 1999,S.25).

20Diese Ausführung bezieht sich nur auf Schulen für Hörgeschädigte. Die Integration bietet diese Möglichkeit kaum.

21Dabei sei nicht außer Acht gelassen, dass nicht alle Gehörlosen und vor allem nicht alle ihrer Bezugspersonen die Gebärdensprache beherrschen. Auch steht der Gebärdensprache noch kein Schriftbild zur Verfügung. Somit kann mittels Gebärdensprache nur in direktem Kontakt bzw. von Angesicht zu Angesicht kommuniziert werden und keine schriftlich fest- gehaltene Wissensvermittlung stattfinden.

22In Berlin führte das Gesetz über die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinde- rung vom 17. Mai 1999 zu der Anerkennung der Gebärdensprache als eine der Lautsprache gleichberechtigte Kommunikationsform (vgl. Gesetz zu Artikel 11 der Verfassung von Berlin vom 17. Mai 1999: Artikel I, § 12 (1)).

23vgl. Bilinguale Erziehung gehörloser Schüler und Schülerinnen an der Ernst-Adolf-Eschke- Schule für Gehörlose in Berlin - Sowohl Laut- als auch Gebärdensprache werden im Unter- richt eingesetzt. Dabei gilt die Gebärdensprache als Basissprache, als Medium, während die Lautsprache das Ziel darstellt. Die Lautsprache wird in mündlicher Form auch mit Hilfe von lautsprachbegleitenden Gebärden sowie in schriftlicher Form verwendet.

24Weiterhin sei erwähnt, dass zu einer Vorbereitung auf das Leben in der Gehörlosengemein- schaft nicht nur die Anerkennung und Nutzung der Gebärdensprache, sondern auch kultu- relle Inhalte sowie Beispiele von Lebensläufen bekannter Gehörloser etc. gehören.

25Die Hervorhebungen sind im Original fett, werden aber hier aus Gründen der Vereinheitli- chung mit den anderen Abschnitten kursiv gesetzt.

26Bei den anderen beiden Kategorien handelt es sich um Bewältigungstechniken sowie Wissen über Sprache, Kultur, Kulturträger usw.

27Deutsche Gebärdensprache

28Da ”Gehörlose,jenachdem,obsiehörendeodergehörloseElternhaben,inunterschiedlichen Lebensbezügen“ (Ahrbeck 1997, S. 123) aufwachsen, übt Ahrbeck jedoch an Krappmanns Ansatz ob des fehlenden entwicklungspsychologischen Bezugs Kritik. Im zweiten Teil seiner Ausführungen geht er daher auf Erikson ein, dessen Entwicklungstheorie eine psychoanalytische Sicht auf die Identitätsentwicklung bietet.

29Mit parasprachlichen Merkmalen sind Eigenschaften eines Ausdrucks gemeint wie Lautstär- ke, Grundtonhöhe, Intonationsverlauf, Pausengliederung usw. (vgl. Ahrbeck 1997, S. 95). Durch individuelle Gebärdenstile erhält die Gebärdensprache eine persönliche Note, die mit diesen parasprachlichen Merkmalen vergleichbar ist (vgl. ebenda, S. 120).

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Das hörgeschädigte Kind im Kinderbuch als Gegenstand identitätsfördernder Maßnahmen im Unterricht für Hörgeschädigte
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Rehabilitationswissenschaften)
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
95
Katalognummer
V71737
ISBN (eBook)
9783638623308
Dateigröße
845 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kind, Kinderbuch, Gegenstand, Maßnahmen, Unterricht, Hörgeschädigte, hörgeschädigt, gehörlos, Jugendliche, Jugendbuch, Kinderbücher, Jugendbücher, Kinder, Identität, Literatur, Gehörlose, Schule, Sonderschule, Förderzentrum, Behinderung, behindert, Sonderpädagogik, Gehörlosenpädagogik, Hörgeschädigtenpädagogik, Leben in zwei Welten
Arbeit zitieren
Celia Seide (Autor:in), 2004, Das hörgeschädigte Kind im Kinderbuch als Gegenstand identitätsfördernder Maßnahmen im Unterricht für Hörgeschädigte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71737

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