Qualitätsentwicklung in der Berufsschule – Kritische Analyse ausgewählter Konzepte und Entwicklung eines eigenen Entwurfs auf der Grundlage von Balanced Scorecard


Diplomarbeit, 2006

107 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Verzeichnis des Anhangs

1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Vorgehensweise

2 Warum Qualitätsentwicklung?
2.1 Begriffsbestimmung „Qualitätsentwicklung“, „Qualitätsmanagement“ und „Qualitätssicherung“
2.2 Definitionen von „Qualität“
2.2.1 Allgemeine Definitionen und Definitionen aus der Wirtschaft
2.2.2 Definitionen im Kontext (Berufs-) Schule
2.3 Anlässe von Qualitätsentwicklung

3 Vorstellung ausgewählter Konzepte
3.1 DIN ISO 9000ff. (technikorientierter Ansatz)
3.1.1 Inhalte und Ziele
3.1.2 Zentrale Verfahren
3.1.3 Neuerungen ab
3.1.4 Neue Hauptnormen
3.2 Total Quality Management
3.3 EFQM-Modell für Business Excellence (Modell zur Vergabe von Qualitätspreisen)
3.3.1 Inhalte und Ziele
3.3.2 Grundsätze des EFQM-Modells
3.3.3 Selbstevaluation
3.4 Die Balanced Scorecard (ökonomisch orientierter Ansatz)
3.4.1 Inhalte und Ziele
3.4.2 Perspektiven
3.4.3 Umsetzung der BSC

4 Analyse der ausgewählten Konzepte
4.1 Beschreibung der Analysekriterien
4.1.1 Rahmenbedingungen (Zielsetzung, Qualitätsverständnis, Ganzheitlichkeit, Zielgruppe, Nutzen)
4.1.2 Berücksichtigung der Betroffenen (Einbezug und Verantwortung)
4.1.3 Transparenz
4.1.4 Handhabbarkeit
4.1.5 Abhängigkeit
4.1.6 Nachhaltigkeit
4.1.7 Methoden der Erfolgsprüfung
4.1.8 Anwenderkreis
4.1.9 Außenwirkung (Image und Vergleichbarkeit)
4.1.10 Anwendbarkeit auf schulische Rahmenbedingungen
4.2 Analyse der Normenreihe DIN (EN) ISO 9000ff
4.2.1 Rahmenbedingungen
4.2.2 Berücksichtigung der Betroffenen (Einbezug und Verantwortung)
4.2.3 Transparenz
4.2.4 Handhabbarkeit
4.2.5 Abhängigkeit
4.2.6 Nachhaltigkeit
4.2.7 Methoden der Erfolgsprüfung
4.2.8 Anwenderkreis
4.2.9 Außenwirkung (Image und Vergleichbarkeit)
4.2.10 Anwendbarkeit auf schulische Rahmenbedingungen
4.3 Analyse des EFQM-Modells
4.3.1 Rahmenbedingungen
4.3.2 Berücksichtigung der Betroffenen (Einbezug und Verantwortung)
4.3.3 Transparenz
4.3.4 Handhabbarkeit
4.3.5 Abhängigkeit
4.3.6 Nachhaltigkeit
4.3.7 Methoden der Erfolgsprüfung
4.3.8 Anwenderkreis
4.3.9 Außenwirkung (Image und Vergleichbarkeit)
4.3.10 Anwendbarkeit auf schulische Rahmenbedingungen
4.4 Analyse des Balanced Scorecard-Modells
4.4.1 Rahmenbedingungen
4.4.2 Berücksichtigung der Betroffenen (Einbezug und Verantwortung)
4.4.3 Transparenz
4.4.4 Handhabbarkeit
4.4.5 Abhängigkeit
4.4.6 Nachhaltigkeit
4.4.7 Methoden der Erfolgsprüfung
4.4.8 Anwenderkreis
4.4.9 Außenwirkung (Image und Vergleichbarkeit)
4.4.10 Anwendbarkeit auf schulische Rahmenbedingungen
4.5 Entscheidungsbegründung für die Balanced Scorecard als Rahmenkonzept zur Entwicklung eines eigenen Entwurfs

5 Vorstellung eines eigenen Entwurfs auf der Grundlage der Balanced Scorecard
5.1 Voraussetzungen
5.2 Mission, Vision, Strategie
5.3 Entwicklung einer Balanced Scorecard für eine Berufsschule
5.3.1 Perspektiven
5.3.2 Strategische Ziele
5.3.3 Ursache-Wirkungs-Ketten
5.3.4 Messgrößen
5.3.5 Zielwerte und strategische Aktionen
5.4 Sicherstellung des kontinuierlichen Balanced Scorecard-Einsatzes

6 Zusammenfassung und Ausblick.

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Qualitätsentwicklung als Regelkreis

Abbildung 2: Die „Viereckigkeit“ von Qualität

Abbildung 3: Deming Cycle

Abbildung 4: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems

Abbildung 5: Das EFQM-Modell

Abbildung 6: Ablauf der Selbstbewertung mit dem EFQM-Modell

Abbildung 7: Rahmenmodell der Balanced Scorecard

Abbildung 8: Das generische Wertkettenmodell der internen

Prozessperspektive

Abbildung 9: Die Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen

Abbildung 10: Balanced Scorecard-Standard-Perspektiven für den

öffentlichen Bereich

Abbildung 11: Anforderungen an die Zielauswahl und -formulierung

Abbildung 12: Vorschlag für die Gestaltung der Zielfindungs-Metaplanwände

im Workshop

Abbildung 13: Muster für die Dokumentation von strategischen Zielen

Abbildung 14: Beispiel einer Ursache-Wirkungskette für meine Berufsschule.

Verzeichnis des Anhangs

Anhang 1: Qualitätsmanagement-Handbuch-Muster

Anhang 2: Wesentliche Prinzipien des TQM

Anhang 3: Die Kriterien des EFQM-Modell

Anhang 4: Grundkonzepte der Excellence

Anhang 5: Der Rahmen für die Kennzahlen der Lern- und Entwicklungs-perspektive

Anhang 6: Kernkennzahlen der Kundenperspektive

Anhang 7: Verknüpfung finanzwirtschaftlicher Ziele mit der Unternehmens-

strategie unter Berücksichtigung der Lebenszyklusphase

Anhang 8: ... Funktionen und Charakteristika des EFQM- und des

Balanced Scorecard-Ansatzes

Anhang 9: Schritte zur Entwicklung einer Balanced Scorecard

1 Einleitung

1.1 Fragestellung

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“[1] Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass

dieser Ausspruch sehr zutreffend ist. Alles ändert sich von Zeit zu Zeit, die Frage ist nur, wie schnell oder langsam dieser Wandel erfolgt. In Wirtschaft und Politik sind Veränderungen an der Tagesordnung und Flexibilität wird heutzutage von

jedem modernen Menschen erwartet. Daher ist es verwunderlich, dass eine zügige Anpassung an die Bedingungen ausgerechnet im Bildungsbereich nicht stattgefunden hat. Natürlich sind auch Schulen nicht auf dem Stand von vor ein paar Jahrzehnten stehen geblieben, sondern es haben neue Lehrmethoden und -medien Einzug gehalten. Schüler und Betriebe haben ein größeres Mitspracherecht

bekommen und Kollegien arbeiten im Team. Dennoch ist der Unterricht noch

immer Individualangelegenheit der Lehrkräfte. Er wird von ihnen eigenständig ausgearbeitet, durchgeführt und ggf. reflektiert. Die Lehrkräfte kennen die Bildungsinhalte, die sie vermitteln sollen und entscheiden allein darüber, welche in ihrem

Unterricht vorkommen und auf welche Weise diese gelehrt werden. Das hat seit

langem so funktioniert, birgt aber neuerdings ein großes Problem: der Unterricht und alles, was mit ihm zu tun hat entziehen sich einer Qualitätskontrolle, welche im Zeitalter von Bildungstests wie PISA unerlässlich geworden ist. Forschungen

haben ergeben, dass Lernerfolge und -fortschritte der Schüler in erheblichem Maß von den Rahmenbedingungen des Lernorts Schule abhängen. Dazu zählen nicht nur die Bildungsinhalte, sondern beispielsweise auch die Qualität der Lehrkräfte und der Ausstattung sowie Schulklima und Beziehungen. Die Qualität von

Bildungseinrichtungen muss also überprüfbar gestaltet und regelmäßig kontrolliert werden, damit das Bildungssystem zukunftsfähig wird und mit nationalen und internationalen Standards mithalten kann. Welche Möglichkeiten hierzu existieren, erörtern Pädagogen und Politiker erst seit kurzem. Obgleich es bereits Versuche gibt mit Leitbildern oder Schulprogrammen Qualität zu erzeugen und zu sichern, fehlt den Schulen ein systematisches Qualitätsmanagement.

In der Privatwirtschaft hat die Einführung des sog. Kaizen-Management Konzepts (Kaizen = (jap.) Verbesserung) die Geschichte der Qualitätsentwicklung eingeleitet. Es wurde in den 1950er Jahren, ausgelöst durch eine wirtschaftliche Krise des

Automobilherstellers Toyota, in Japan erfunden und ist auf einer Philosophie der ständigen Veränderung begründet (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kaizen). In

diesem Konzept geht es um schrittweise Verbesserung bis hin zur Perfektionierung, anstatt um sprunghafte Veränderungen durch z.B. Innovation (vgl. ebd.). Dies soll erreicht werden, indem der Fokus weg von der Ergebnisorientierung und hin zur Prozessorientierung gelegt wird. Eine ständige Dokumentation bildet die Basis für weitere Verbesserungen in allen Bereichen (vgl. ebd.). Schon in diesem Konzept werden die Kunden in interne und externe Kunden unterschieden und somit die Notwendigkeit erkannt auch innerhalb des Unternehmens Qualität zu erbringen.

Das Kaizen-Konzept wurde im Westen bald als Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) eingeführt, so dass nun auch hier das Erfordernis eines Qualitätsmanagements vorhanden war (vgl. ebd.). Allmählich wurden nach dem Vorbild

Kaizens neue Managementkonzepte entwickelt und in Unternehmen implementiert.

Indessen beschäftigte sich im Bildungsbereich das Berufsbildungsgesetz erst 1969 ansatzweise mit Qualitätssicherung der betrieblichen Ausbildung, indem es Mindeststandards und Überwachungen der Berufsbildung vorsah (vgl. BLK 2005, S. 10). Die Einführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätskontrolle fand in diesem Bereich jedoch erst 1977 durch das Fernunterrichtsschutzgesetz statt (vgl. Arnold & Faber 2000, S. 72). Die dadurch gewährleistete staatliche Prüfung von Fernlehrgängen hat den ersten Anstoß zum Umdenken in Bildungsorganisationen gegeben.

Aufgrund der positiven Erfahrungen der Privatwirtschaft und zunehmender Diskussionen um Schulautonomie und Wettbewerb, versuchen (Berufs-) Schulen seit

Anfang der 90er Jahre ebenfalls Qualitätsentwicklung mit Hilfe von Qualitätssystemen zu betreiben. Es haben schon einige Pilotprojekte stattgefunden, in denen zwei der drei bisher erfolgreichsten Systeme zur Anwendung kamen: das Konzept DIN ISO 9000ff. und das EFQM-Modell. Letzteres wurde mittlerweile sogar in einigen Bundesländern verpflichtend eingeführt, was natürlich die Frage aufwirft,

warum ausgerechnet das dritte System, die Balanced Scorecard, noch nicht verwendet wurde.

Dieser Frage soll in im Rahmen dieser Arbeit nachgegangen werden, indem die drei Modelle vorgestellt und ausführlich analysiert werden. Die Analyse wird ergeben, dass die Balanced Scorecard den anderen Systemen in vielen Aspekten überlegen und sehr wohl geeignet ist in Berufsschulen eingesetzt zu werden. Deshalb wird mit dem Entwurf eines eigenen Konzepts der Versuch unternommen die

Balanced Scorecard erstmalig an einer Berufsschule zu implementieren.

1.2 Vorgehensweise

Als Einstieg in das Thema erfolgt eine Begriffsbestimmung. Qualitätsentwicklung, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung werden erläutert und voneinander abgegrenzt. Ihnen folgt die Definition des Begriffs „Qualität“ in allgemeiner Hinsicht, bezogen auf die Wirtschaft und im Zusammenhang mit (Berufs-) Schulen, damit deutlich wird, wie verschieden Qualität ausgelegt werden kann und dass es große Unterschiede zwischen Qualität in Wirtschaftsbetrieben und Bildungsqualität gibt. Um die Einführung abzurunden werden Anlässe beschrieben, die Organisationen dazu führen können Qualitätsentwicklung zu betreiben.

In Kapitel 3 werden die drei ausgewählten Konzepte DIN ISO 9000ff., das EFQM-Modell für Business Excellence sowie die Balanced Scorecard vorgestellt, indem auf Inhalte, Ziele, Verfahren, Grundsätze etc. eingegangen wird.

Es folgt die Beschreibung der zehn von mir entwickelten Analysekriterien und der ausführlichen Analyse aller drei Qualitätssysteme in Kapitel 4. Dieses Kapitel leitet mit der Begründung für die Entscheidung, die Balanced Scorecard als Rahmenkonzept für den eigenen Entwurf zu nehmen, über zu Kapitel 5, in dem dieser

eigene Entwurf schrittweise vorgestellt wird.

Eine abschließende Zusammenfassung findet sich in Kapitel 6, in dem auch ein Ausblick erfolgt.

2 Warum Qualitätsentwicklung?

Die Feststellung „Qualität ist das beste Rezept“[2] ist mittlerweile immer mehr zu

einem Leitsatz in Wirtschaftsbetrieben geworden. Unternehmen versuchen zunehmend über Qualität einen Wettbewerbsvorteil aufzubauen und selbst im öffentlichen Sektor, also auch in Schulen, beginnt diese Denkweise sich durchzusetzen. Angeregt durch anhaltende Diskussionen über Schulautonomie, Kompetenzzentren usw., sehen sich auch Schulen verstärkt einem Wettbewerb ausgesetzt. Dabei ist es leicht zu sagen, dass Qualität als Hauptziel erachtet werden soll, schwieriger wird es allerdings Qualität zu definieren und zu bestimmen, wann und wo sie erfüllt sein soll. Dieser Aufgabe haben sich Qualitätssysteme verschrieben, die in verschiedenen Varianten für unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft geeignet sind.

2.1 Begriffsbestimmung „Qualitätsentwicklung“, „Qualitätsmanagement“ und „Qualitätssicherung“

Um das Thema „Qualität“ unmissverständlich behandeln zu können müssen die damit in Zusammenhang gebrachten Schlüsselwörter näher beleuchtet werden.

„Bei der Qualitätsentwicklung geht es um einen dauernden Verbesserungsprozess“ (Spiess 1997, S. 12). Sie ist damit die Summe aus Informationen, Stärken-/ Schwächenanalyse und Verbesserung (vgl. ebd.). Eine Entwicklung findet demnach statt, indem Informationen gesammelt und bearbeitet werden, die dann als Grundlage für eine Analyse dienen, in der vorhandene Stärken und Schwächen zum Vorschein kommen sollen. Wenn dies geschehen ist, können Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt und eingeleitet werden. Wichtig ist, dass Qualitätsentwicklung dynamisch, offen und nach vorne gerichtet ist und sich somit immer an einem unerreichbaren Maximum orientiert (vgl. ebd.).

Fröhlich und Thierstein sehen Qualitätsentwicklung als Regelkreis (vgl. Abb. 1), der sich in eine strategische und eine operative Ebene gliedern lässt. „Unter der strategischen Qualitätsplanung wird das Festlegen eines grundlegenden Handlungsrahmens für das Qualitätsmanagement verstanden“ (Fröhlich & Thierstein 1997, S. 7). Dieser Rahmen bietet also Orientierung für die Beteiligten und legt Verantwortungsbereiche fest. Auf der operativen Ebene „werden konkrete Qualitätsentwicklungsmaßnahmen geplant, gelenkt, überprüft und dokumentiert“ (ebd., S. 8). Der Regelkreis verdeutlicht somit das Zusammenspiel der einzelnen Dimensionen und deren Abhängigkeiten mit zentralem Fokus auf das Qualitätsmanagement.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Qualitätsentwicklung als Regelkreis

Quelle: Fröhlich & Thierstein 1997, S. 8

Qualitätsmanagement von Bildungsprozessen ist laut Arnold & Faber „die plan-volle und systematische Entwicklung und Anwendung eines konzeptionellen Rahmens zur Ermöglichung nachhaltiger Bildungsprozesse“ (Arnold & Faber 2000, S. 16). Es geht also um Mittel und Wege Qualität zu erreichen, sei es in der Schule oder im Betrieb. Spiess ist sogar der Meinung, dass Qualitätsmanagement immer stattfindet, da man „nicht nicht mit Qualität umgehen [kann]“ (Spiess 1997, S. 13). Er macht damit deutlich, dass man stets von Qualitätsmanagement und dem

Bemühen um Qualität umgeben ist.

Entscheidend ist nach der Schaffung von Qualität aber auch deren Sicherung, denn sonst wären alle Bemühungen vergeblich. „ Qualitätssicherung sorgt dafür, dass definierte Qualitätsanforderungen erfüllt werden“ (ebd., S. 12). Damit dies möglich ist, müssen Kriterien und Indikatoren in Zusammenhang mit Qualität

bestimmt und Standards geschaffen werden, die zur Orientierung dienen (vgl. ebd.). Ein regelmäßiger Vergleich von „vorhandener Qualität“ und den festgelegten Standards ermöglicht dann die Qualitätssicherung, indem er aufzeigt, wo Veränderungen nötig sind. Bisher hat es im Schulbereich noch keine Qualitätssicherung gegeben, da auch noch keine gültigen Kriterien und Standards für Qualität in

diesem Bereich vorliegen (vgl. ebd.).

2.2 Definitionen von „Qualität“

Dem Begriff „Qualität“ begegnet man jeden Tag und manchmal wird auch nur

suggeriert, dass man es mit Qualität zu tun hat. Das Schlagwort fällt in vielen verschiedenen Umfeldern, im Rahmen dieser Arbeit interessieren jedoch besonders die Fragen wie man Qualität allgemein definieren kann und was Qualität im Kontext Schule bedeutet.

2.2.1 Allgemeine Definitionen und Definitionen aus der Wirtschaft

Zunächst einmal muss man feststellen, dass es keine einheitliche Definition von „Qualität“ gibt, sondern dass diese auf die jeweilige Situation und die Beteiligten abgestimmt werden muss (vgl. Thonhauser 1996, S. 397).

Der Begriff „Qualität“ leitet sich ab aus dem Lateinischen qualitas, das Beschaffen­heit, Eigenschaft, Zustand bedeutet (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Qualität). „Qualität“ bezeichnet das Gegenteil von „Quantität“ und wird zumeist neutral ver­standen (vgl. ebd.). Jedoch ist es auch üblich Qualität als „gute Eigenschaft“ zu erfassen (vgl. http://www.wissen.de), womit ihr ein wertender Charakter zukommt, der im Sprachgebrauch auch in der negativen Ausprägung („schlechte Qualität“) zu finden ist (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Qualität). Man bezeichnet Qualität, die mit Wertungen verbunden ist, als subjektive Qualität, die folglich sehr stark von den Ansprüchen der Beteiligten abhängt (vgl. http://www.ilexikon.com/Qualitaet.html). Somit wird „Qualität“ durch die unterschiedlichen Akteure und deren unterschied-liche Gewichtungen von Eigenschaften eines Produktes oder einer Dienstleistung zu einer relativen Größe (vgl. Timmermann 1996, S. 328).

Traditionell steht beim Thema „Qualität“ der Kunde im Mittelpunkt. Seine Anforderungen und Wünsche bestimmen, inwieweit von qualitativ hochwertigen Ergebnissen gesprochen werden kann. Seit der Einführung von umfassenden Qualitätskonzepten werden jedoch nicht nur die Ansprüche der Kunden, sondern auch die der Mitarbeiter, Kapitalgeber, der Öffentlichkeit u.s.w. berücksichtigt (vgl. http://www. quality.de/lexikon/qualitaet.html). Das heißt, dass sich die Gruppe der an Qualität Beteiligten immer stärker vergrößert hat.

Eine leicht nachvollziehbare Definition von „Qualität“ ist eine, die sich auf einen Soll- und einen Ist-Zustand bezieht. Z.B. kann sie bestimmt werden als „ein Maß der Übereinstimmung zwischen einer Anforderung (Soll) und einer realisierten

Leistung (Ist) bzw. zwischen Leistungsversprechen und Leistungserbringung“

(Gerull 2001, S. 135). Diese simple Definition im Sinne einer Gegenüberstellung von Bedarf und Wirklichkeit ist jedoch den meisten Qualitätssystemen nicht genug. Deshalb definiert die Qualitätsorganisation ISO[3] „Qualität“ als „die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse bezieht“ (http://lernundenter.com). Hier wird die Ganzheitlichkeit des Begriffes „Qualität“ hervorgehoben und es wird deutlich, dass es eine „geforderte Qualität“ nicht geben kann, sondern nur bestimmte Anforderungen, die erfüllt werden sollen (vgl. Zollondz 2001, S. 800).

Eine weitere ausführlichere Definition ist die folgende: „Qualität ist die anhand von vorgegebenen (Qualitätsnormen, Standards), vereinbarten (Vertrag, Leistungsvereinbarung, Zielvereinbarung) oder erwarteten (Kundenbefragungen) Merkmalen (prozess- oder ergebnisorientiert) gemessene Eigenschaft einer Einheit eines

Produktes/einer Dienstleistung, eines Prozesses oder einer gesamten Organisation oder Organisationseinheit“ (http://www.olev.de/q/qualitaet.htm). Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Übereinstimmung von Vorgaben und tatsächlichen Merkmalen. Obwohl die Soll-Merkmale relativ ausdifferenziert sind, kann z.B. die erwartete Qualität auch stillschweigend vorliegen, weshalb sie dann schwer zu erfüllen ist. In der neuen Qualitätsnorm DIN EN ISO 9000:2001-01 wird „Qualität“ umfassender definiert und zwar als das „Vermögen einer Gesamtheit inhärenter Merkmale eines Produkts, eines Systems oder eines Prozesses zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen interessierten Parteien“ (ebd.). Diese Auslegung betont, dass es um ganz eigene, dem Produkt zugehörige, Merkmale geht. Zudem ist der Kreis der Beteiligten im Gegensatz zur vorigen ISO Definition nun benannt und enthält aufgrund der Aufnahme von weiteren Anspruchsgruppen sogar Aspekte von TQM[4] (vgl. ebd.).

Dies sind nur einige Definitions- und Erklärungsbeispiele. Es wird deutlich, dass Qualität ein komplexes Thema darstellt und dass es schwierig ist sie für soziale Systeme zu definieren. Dennoch gibt es auch hier schon viele Ansätze, die im Folgenden dargestellt werden.

2.2.2 Definitionen im Kontext (Berufs-) Schule

Betrachtet man den Bereich der Schulen, so wird durch die immer wiederkehrenden Qualitätsdiskussionen deutlich, dass das bisherige Qualitätsverständnis von und in (Berufs-) Schulen nicht mehr auszureichen scheint. Dabei kann man nicht behaupten, es habe in der Vergangenheit gar keine Qualitätssicherung und somit auch keine Qualität gegeben. Prüfungen, Lehrpläne, Schulaufsichtsbehörden sowie Lehreraus- und Weiterbildungsvorschriften beweisen das Gegenteil (vgl. Gonon et al. 1999, S. 12). Jedoch wird der Begriff der Qualität zunehmend auf den Bereich der gesamten Organisation Schule, als auch auf den Bereich Unterricht ausgedehnt, so dass in den (Berufs-) Schulen ein Umdenkprozess stattfinden muss um diesem neuen Anspruch an Qualität gerecht zu werden.

Dabei ist Qualität im Bereich der Bildung viel schwerer zu fassen als in Wirtschaftsbetrieben. „Häufig wird Bildung als ein Prozess definiert, der durch die

personale Einzigartigkeit der Beteiligten getragen wird und sich als solcher einer Kontrolle bzw. Kontrollierbarkeit entzieht“ (BLK 2005, S. 4). Diese Sichtweise ist diskutabel, schließt sie doch einen konstruktiven Lösungsweg aus. Vielmehr sollte man das Umfeld, die Bedingungen und Situationen, in denen Bildung stattfindet, kritisch beleuchten und hinterfragen um bestimmen zu können, was Qualität in

diesem Kontext ausmacht. „’Schulqualität’ ist […] ein dynamischer Begriff, der nicht losgelöst von gesellschaftlichen Entwicklungen und Interessen sowie örtlichen

Gegebenheiten definiert werden kann“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2003, S. 6). Deshalb teilt das Niedersächsische Kultusministerium in seinem Orientierungsrahmen für Schulqualität diese in verschiedene Ebenen ein: die Ergebnisqualität, die sich aus den Lernergebnissen (Output) und den pädagogischen Wirkungen (Outcome) auf die Schüler ergibt (vgl. ebd.). Sie wird erheblich durch die

Prozessqualität der jeweiligen Schule bestimmt. Dabei bezieht sich „Prozessqualität“ auf alle Prozesse in der Schule und nicht nur auf die Kernprozesse des

Lehrens und Lernens (vgl. ebd.). Die Prozesse sind ihrerseits aber wiederum

abhängig von der Strukturqualität des Schulsystems, welche sich als besonders problematisch erweist, da sie durch die einzelnen Schulen nur in sehr begrenztem Maße verändert werden kann (vgl. ebd.). Außerdem spielt die Ebene der gesellschaftlichen Umfeldbedingungen eine große Rolle, wenn es um Prozessqualität geht, da z.B. die Bedingungen in Betrieben oder deren Kommunikation mit Berufsschulen erheblich die innerschulischen Prozesse beeinflussen (vgl. ebd.).

Problematisch am Qualitätsbegriff in Bezug auf (Berufs-) Schule ist zudem, dass Leistungen und Bedingungen in diesem Umfeld von verschiedenen Gruppen unter­schiedlich empfunden und bewertet werden (vgl. Timmermann 1996, S. 328). So ist für Betriebe die Qualität der Schule vielleicht gewährleistet, wenn es keine Unterrichtsausfälle gibt, die Schüler in der Theorie genau auf ihren Einsatz im Betrieb vorbereitet werden und alles in möglichst kurzer Zeit. Schüler hin­gegen mögen es als Qualität empfinden, wenn ihnen der Unterricht Spaß macht, die Lehrer ihnen sympathisch sind und ihnen die Prüfungen leicht fallen. Schließlich kommt zu den Bewer­tungen der unterschiedlichen Gruppen auch noch eine temporale Veränderung hinzu. Timmermann gibt zu bedenken, dass sich die Anforderungen an den Begriff „Qualität“ auch im Laufe der Zeit geändert haben – in Unternehmen und in

(Berufs-) Schulen (vgl. ebd., S. 329). Zudem merkt er an, dass es schwierig sei, einen „richtigen“ Zeitpunkt festzulegen, an dem das Gut Bildung (das ja ein Erfahrungsgut ist) auf seine Qualität hin überprüft werden sollte (vgl. ebd.).

Eder & Thonhauser legen für Schulqualität die folgenden fünf Zielperspektiven fest, die sich von der Mikro- bis zur Makroebene erstrecken (vgl. Eder & Thonhauser 2001, S. 146-152):

- Qualität auf Unterrichtsebene, z.B. Einführung und Umsetzung einer neuen Lern­kultur
- Qualität auf Lehrer/-innen-Ebene, z.B. Professionalisierung der Lehrkräfte, Aus- und Weiterbildung
- Qualität auf Schulebene, z.B. positive Gesamtatmosphäre, Schulkultur, Klima, Pflege von Außenbeziehungen u.s.w.
- Qualität in der Region, z.B. standortbezogene Lehrpläne, Eingehen auf standortabhängige Voraussetzungen von Lehrern und/oder Schülern
- Qualität auf Ebene des Systems, z.B. Gewährleistung von Vielfalt, Versorgungs­dichte, Mobilität, Chancengleichheit, Effizienz

Diese Auflistung deckt schon viele wichtige Qualitätskriterien in Bezug auf (Berufs-) Schule ab. Dennoch ist sie nicht vollständig, da sie sich noch nicht auf individuelle Schulen und deren Besonderheiten bezieht, die ja gerade einen entscheidenden Qualitätsunterschied herbeiführen können.

Speziell auf den Bildungsbereich, wenn auch auf die Weiterbildung, abgestimmt ist Arnolds Betrachtungsweise von der Qualität als Viereck (vgl. Abb. 2). Dabei stellt er vier Erfolgsarten (Legitimationserfolg, Zufriedenheitserfolg, Lernerfolg und

Transfererfolg) dar, die gemeinsam Qualität ausmachen, sich aber im Spannungs­feld von Kriterien und Verzerrungen, die auftreten können, befinden. So ist es mög­lich, Qualität aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, aber es wird auch deutlich, dass die große Anzahl an Einflussfaktoren eine genaue Ursache-

Wir­kungs-Ermittlung sehr erschwert oder sogar unmöglich macht (vgl. Hartz & Meisel 2004, S. 21).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Die „Viereckigkeit“ von Qualität

Quelle: Arnold 1999, S. 36

Gerade dies ist auch als ein Kernpunkt im Bereich Bildung zu sehen: Es muss

ver­sucht werden, Qualität zu messen, zu verbessern und zu sichern, obwohl es keine Belege für bestimmte Kausalzusammenhänge gibt. Das heißt, dass sich Schulqua­lität immer nur im Zusammenhang jeder einzelnen Organisation definieren und entwickeln lässt, also nicht von einer (Berufs-) Schule auf die andere übertragbar ist. Deshalb ist es in Bezug auf (Berufs-) Schulen auch noch schwieriger als in Wirtschaftsbetrieben, „Qualität“ zu definieren.

2.3 Anlässe von Qualitätsentwicklung

Damit Qualitätsentwicklung stattfindet, bedarf es meist eines Anstoßes. Dieser kann von innen, also aus der Organisation selbst, oder aber von außen kommen. Wichtig für den Erfolg von Qualitätsentwicklung ist, dass es sich um einen indivi-duell angepassten und triftigen Grund für die jeweilige Organisation handelt (vgl. Schratz et al. 2000, S. 18). Im Folgenden werden beispielhaft einige Anlässe zu Qualitätsentwicklung aufgeführt.

Schulen müssen sich heutzutage vermehrt legitimieren. Bildung durch staatliche Einrichtungen bedeutet nicht mehr automatisch Qualität. Das Bildungssystem wird zunehmend kritisiert, Veränderungen werden gefordert (vgl. Gonon et al. 1999, S. 10). Die erfolgreiche Einführung eines Qualitätsmanagements könnte somit die Arbeit an Schulen rechtfertigen und einem eventuell negativen Image begründet entgegentreten (vgl. Kehl 1996, S. 231). Des Weiteren wird die zunehmende

Budgetverknappung zum Anlass genommen, auch in Schulen über Produktivitäts­steigerungen nachzudenken (vgl. ebd.). Die noch vorhandenen Ressourcen müs­sen zukünftig effizienter eingesetzt werden um einen gewissen Bildungsstandard erhalten zu können (vgl. ebd.). Ein weiteres Problem sind die sinkenden Schüler­zahlen in den Berufsschulen aufgrund mangelnder Ausbildungsplätze. Es herrscht zunehmend Konkurrenz unter Berufsschulen, so dass der Weg über Qualitätsent­wicklung entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen kann (vgl. Schratz et al. 2000, S. 17). Damit die Schüler im späteren Berufsleben ebenfalls einen Wettbe­werbsvorteil durch ihre Bildung erfahren können, müssen die Schulen in Bezug auf ihre (Aus-) Bildungsqualität dem internationalen Vergleich standhalten (vgl. Gonon et al. 1999, S.10), was durch die Einführung von Qualitätsentwicklungssystemen geschehen kann. Dieser Entwicklung müssen sie sich bewusst stellen und in ihr eine Chance sehen, das Bildungswesen zu verbessern (vgl. ebd.).

Auch personelle Veränderungen (Schulleitung, Kollegium) führen manchmal zu neuen Überlegungen und Anregungen (vgl. ebd.). Wenn z.B. ein Kollege in einer anderen Schule schon gute Erfahrungen mit der Implementierung eines Qualitätssystems gemacht hat, kann es gut sein, dass er diese an die neue Schule weitergibt und Umdenkungsprozesse in Richtung Qualitätsentwicklung anregt. Ebenso können aber auch bestehende Versuche und Projekte des Kollegiums einen ersten Schritt zur Qualitätsentwicklung darstellen (vgl. ebd.). Generell ist Unzufrie­denheit mit der bestehenden Situation aus Sicht der Lehrer[5], Schüler und Betriebe immer ein Anlass, Entwicklungsprozesse anzustoßen (vgl. Romer 2005, S. 8). Darüber hinaus geben Änderungen in den Rahmenbedingungen, wie z.B. neue Lehrpläne, Unterrichtsfächer oder neue Raumgestaltung, oft Anlass die beste­hende Situation zu überdenken und eine Neuorientierung zu wagen (vgl. ebd.). Die Implementierung eines Qualitätssystems schafft ferner die Möglichkeit, den Blick weg vom Unterricht allein und hin zum Gesamtsystem Schule zu richten. Dies hat positive

Effekte, da neue Erkenntnisse zeigen, dass der Lernerfolg der Schüler bei umfassender Schulqualität gefördert wird (vgl. Gonon et al. 1999, S.11).

Schließlich können externe Impulse einen Anlass zu Qualitätsent­wicklung geben, wenn z.B. Schulbehörden neue Auflagen abverlangen, neue pädagogische Modelle veröffentlicht werden, oder sogar die EU eine stärkere Konzentration auf das

Thema Qualität verlangt (vgl. Romer 2005, S. 8). Hinzu kommt die in den letzten Jahren zunehmende Ausrichtung auf formale Abschlüsse, die durch die schlechte Arbeitsmarktsituation begünstigt wurde (vgl. Gonon et al. 1999, S.11). Schulen

sehen sich dadurch immer mehr gezwungen, ihre Zertifikate zu legitimieren und so zu beweisen, dass diese qualitativ hochwertig sind, wobei ein Qualitätssystem sehr hilfreich sein kann (vgl. ebd.).

Generell gilt, dass mittlerweile durch die verstärkte Diskussion das Interesse der Öffentlichkeit bezüglich Qualität an Schulen wächst (vgl. Schratz et al. 2000, S. 8). Schüler, Eltern und Betriebe werden qualitätsbewusster – auch was Bildung

angeht. Insofern ist eine ausführliche Beschäftigung mit Qualitätsentwick­lung heute unumgänglich. Welcher Anlass dabei genutzt wird, ist im Grunde nicht entscheidend, denn die Erfahrungen zeigen, dass „die Ursache, weshalb sich eine Schule auf den Weg der systematischen Qualitätsentwicklung begibt, […] nichts über den weiteren Erfolg oder Misserfolg des Qualitätsentwicklungsprozesses [aussagt]“ (Romer 2005, S. 10).

3 Vorstellung ausgewählter Konzepte

Das vorige Kapitel hat gezeigt, dass Qualitätsentwicklung nötig und sinnvoll ist. Um diesen Prozess systematisch und effizient zu gestalten benötigt man Qualitätsentwicklungssysteme, die den genauen Ablauf regeln. Es sollen nun die drei Systeme vorgestellt werden, die sich in der Unternehmenspraxis am stärksten durchgesetzt und verbreitet haben, damit eine Grundlage für die anschließende Analyse gegeben ist.

3.1 DIN ISO 9000ff. (technikorientierter Ansatz)

Die Umsetzung der unter­schiedlichen Systeme der letzten Jahrzehnte hatte zur Folge, dass sich viele verschiedene Regelwerke etablie­ren konnten. Die Globalisierung im Handelsbereich machte aber eine Vereinheitlichung nötig, weshalb die

Internationale Standard Organisation (ISO) gegründet wurde „um die Entwicklung von Handels- und Kommunikationsstandards zu fördern“ (http://lernundenter.com). 1987 entstanden dann die Regelwerke der DIN ISO 9000 Familie, die weltweit

einheitlich und branchenübergreifend „allgemeingültige Leitlinien und Empfehlungen zu Qualitätsmanagementsystemen [geben]“ (http://www.quality.de/lexikon/din_

iso_9000.htm). Die europäische Fassung der Norm nennt sich DIN EN ISO 9000ff. Sie wurde nicht zuletzt zunehmend verbreitet, weil die Europäische Union entschieden hatte, dass ab dem 01.07.1993 europaweite Aufträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro nur noch an DIN ISO 9000ff. zertifizierte Unternehmen vergeben werden dürfen (vgl. Seidel 2003, S. 37). Die starke Akzeptanz der Normenreihe war schließlich auch Grund dafür, dass sie sich bis in den Dienstleistungsbereich ausbreiten konnte. Um dem geänderten Umfeld noch gerecht zu werden wurde die Regelwerkreihe im Jahr 2000 einer Revision unterzogen.

3.1.1 Inhalte und Ziele

Die Normenreihe DIN ISO 9000ff.[6] ist konzipiert um ein Qualitätsmanagement-system in einer Organisation aufzubauen und zu erhalten (vgl. Arnold & Faber 2000, S. 46). Sie ist branchen-, aber nicht institutionsübergreifend, da sie Verfahren vorgibt, nach denen eine Organisation selbstgesetzte Standards nachweisen muss (vgl. Seidel 2003, S. 59). Somit ist ISO 9000 ein Konzept zur Selbststeuerung (vgl. ebd., S. 63).

Der Grundgedanke des Qualitätsmanagements mit Hilfe der Normen ist, dass man Qualität nicht erst durch Kontrolle, sondern schon während des Herstellungsprozesses gewährleisten kann und muss. Der Fokus liegt daher auf den internen

Abläufen der Organisation und ganz besonders auf der Vermeidung von Fehlern im Herstellungsprozess (vgl. ebd., S. 36). Die ISO geht davon aus, dass Fehler immer der Organisation zuzurechnen sind und nicht den Mitarbeitern, da sie fast ausschließlich auf ungenaue Absprachen, unzulänglich definierte Schnittstellen, ungenau abgesteckte Arbeitsbereiche oder Ähnliches zurückzuführen sind (vgl. ebd., S. 58). Dabei liegt es an der Organisation, ihre betrieblichen Abläufe präzise zu beschreiben und darzustellen. Ziel von ISO 9000 ist somit „Aufbau, Dokumentation, Verwirklichung, Aufrechterhaltung und ständige Verbesserung eines Qualitäts-managementsystems nach den Forderungen [dieser Norm]“ (Brauer 2002, S. 41).

Die Unternehmensführung soll laut ISO 9000 die oberste Verantwortung für das Qualitätsmanagementsystem tragen. Zudem soll sie alle Mitarbeiter motivieren und von der Implementierung an stark einbeziehen, da die ISO es als unbedingt erforderlich sieht, dass die Mitarbeiter die Qualitätsvorstellungen des Managements – und somit auch der Organisation – mittragen (vgl. Seidel 2003, S. 60). Damit wird auch das Verständnis des Begriffs Kunden verändert. Arbeitsstellen sollen sich als Kunden-Lieferanten-Ketten begreifen und auch den nachgelagerten Arbeitsstellen Qualität erbringen, so dass schließlich Qualität von allen Einzelstellen weitergegeben wird (vgl. Hartz & Meisel 2004, S. 61). Dies soll laut der ISO geschehen, indem interne Strukturen und Abläufe einer Organisation nicht nur möglichst genau

beschrieben, sondern auch optimal gestaltet werden.

Die exakte Dokumentation der Aufbau- und Ablauforganisation, die Voraussetzung für den Erfolg des Qualitätsmanagements ist, erfolgt mit Hilfe des Qualitäts-management-Handbuchs (siehe Anhang 1). „Das Qualitätsmanagement-Handbuch zeigt die Struktur des QM-Systems auf und enthält Verweise auf die untergeordneten Doku­mente wie QM-Verfahrensanweisungen, ggf. Arbeits- und Prüfan­weisungen, sowie auf relevante Forderungen von Kunden, aus Normen, Richtlinien und Gesetzen“ (Cassel 2005, Kapitel 4, S. 4).

3.1.2 Zentrale Verfahren

Es gibt zwei zentrale Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung von ISO 9000: das Qualitätsaudit[7] und die Zertifizierung (vgl. Arnold & Faber 2000, S. 49). Das Qualitätsaudit stellt eine unabhängige und systematische Untersuchung dar, bei der festgestellt werden soll, ob die gewählten Methoden geeignet sind, die festgelegten Ziele zu erreichen und ob sich die tatsächlichen Tätigkeiten und Ergebnisse nach den Methoden richten (vgl. ebd.). Da dies in verschiedenen Bereichen geschieht, gibt es z.B. Systemaudits, Verfahrensaudits, Produktaudits und Dienstleistungsaudits (vgl. ebd.). Das Qualitätsmanagement-Handbuch bietet mit seinen Qualitätskriterien die Basis für interne und externe Audits. Erfolgt ein Qualitätsaudit durch Kunden oder eigene Mitarbeiter, bezeichnet man es als internes Audit. Dieses dient einer Selbstevaluation im Sinne der ausführlichen Beschreibung des Ist-Zustandes der Aufbau- und Ablauforganisation eines Unternehmens (vgl. Krekel & Raskopp 2003, S. 11). Es werden dabei zuerst Schlüsselprozesse

bestimmt und dann Abläufe mit festgelegten Qualitätselementen verglichen (vgl. ebd.). Die Ergebnisse des internen Audits werden im Qualitätsmanagement-Handbuch festgehalten. Anschließend erfolgt die Validierungsphase, in der das Zertifizierungsaudit stattfindet (vgl. ebd.).

Ein Audit, das durch unabhängige Dritte durchgeführt wird, ist meist Teil des Zertifi­zierungsprozesses. Die Zertifizierung „ist die Beurteilung der Konformität eines Qualitätsmanagementsystems anhand vorgegebener Kriterien durch unabhängige Dritte“ (Arnold & Faber 2000, S. 49) und wird von anerkannten Zertifizierungsagenturen durchgeführt (vgl. ebd.). Entschei­dend ist dabei der Auditbericht, der von

unabhängigen Auditoren verfasst wird (vgl. Hartz & Meisel 2004, S. 62). Die Zertifikate beurkunden, dass das Qualitätsmanagementsystem einer Organisation mit den ISO Normen konform ist (vgl. Krekel & Raskopp 2003, S. 11). Allerdings wird nur das Qualitätsmanagementsystem zertifiziert, weshalb ISO 9000 nur die Fähigkeit einer Organisation, Qualität zu erzeugen, bescheinigt (vgl. Seidel 2003, S. 36). „Nicht die Qualität an sich wird ’genormt’, sondern der Weg zur Qualität“ (http://www.business-wissen.de/de/baustein/bs36/). Erworbene Zertifikate sind für drei Jahre gültig, jedoch müssen in der Zwischenzeit in Jahresabständen sog.

Zwischenaudits bestanden werden (vgl. Hartz & Meisel 2004, S. 62).

3.1.3 Neuerungen ab 2000

Da die Regelwerke der ISO vom Grunde her Industrienormen sind, waren sie

gekennzeichnet durch einen technischen Sprachgebrauch. Eine Überarbeitung im Jahr 2000 hat die Neufassung DIN EN ISO 9000:2000 hervorgebracht, die im

Dezember 2000 in Kraft trat (vgl. Brauer 2002, S. 7). Nun ist die Übersichtlichkeit verbessert (der Aufbau wurde verändert und die Einzelnormen wurden reduziert) und es fand eine begriffliche Anpassung sowie Ausweitung statt, so dass Dienstleistungsunternehmen eine Anwendung erleichtert wurde (vgl. Arnold & Faber 2000, S. 49). Zudem hat die Revision eine deutliche Annäherung an das TQM-Konzept gebracht, da die Unternehmensführung nun stärker in die Verantwortung gezogen wird, die Kundenzufriedenheit im Vordergrund steht und die kontinuier-liche Verbesserung eine stärkere Bewertung erhält (vgl. Seidel 2003, S. 37). Die neuen Normen sind folglich noch prozessorientierter als die alten und geben dem Prozessmanagement einen Rahmen mit den drei Fragestellungen Was wollen Sie erreichen?, Wie wollen Sie es machen? und Wie stellen Sie es sicher? (vgl. http://www.business-wissen.de/de/baustein/bs36/). Die Prozessorientierung basiert auf dem sog. Deming Cycle, der eine kontinuierliche Verbesserung mit der Abfolge von Planen, Ausführen, Kontrollieren und Handeln vorsieht (vgl. http://de.wikipedia.

org/wiki/DIN_EN_ISO_9000; Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Deming Cycle

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/DIN_EN_ISO_9000

Alle Prozesse einer Organisation sollen dazu dienen, den Kundenanforderungen gerecht zu werden (vgl. Cassel 2005, Kapitel 4, S. 2). Die vier Hauptprozesse einer Organisation (siehe Abb. 4) sind nach der ISO (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/

DIN_EN_ISO_9000):

- Verantwortung der Leitung
- Management von Ressourcen
- Produktrealisierung
- Messung, Analyse und Verbesserung

Diese Elemente bilden einen Regelkreis, der das Qualitätsmanagementsystem einer Organisation darstellt und in Subkreisläufe unterteilt ist (vgl. Seidel 2003, S. 58). Die Interaktion der Qualitätsmanagementelemente soll zu Kundenzufriedenheit in Bezug auf Kundenanforderungen und zur kontinuierlichen Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems führen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems

Quelle: Becker 2003, S. 36

3.1.4 Neue Hauptnormen

Nach der Revision haben sich die folgenden drei Hauptnormen ergeben (Cassel 2005, Struktur der DIN EN ISO 9000:2000, S. 1):

- ISO 9000:2000 Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe
- ISO 9001:2000 Qualitätsmanagementsysteme (Forderungen)
- ISO 9004:2000 Leitfaden zur Leistungsverbesserung

In der Norm ISO 9000:2000 werden die wichtigsten Begriffe zu „Qualität“,

„Management“, „Prozessen“, „Dokumentation“, „Audit“ u.s.w. definiert, damit ein Arbeiten mit der Normenreihe überhaupt möglich wird. Außerdem wird auf Gründe für die Verwendung von Qualitätsmanagementsystemen eingegangen, sowie auf Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem und dessen Einführung und Beurteilung, Dokumentation, statistische Verfahren etc. (vgl. ebd.).

Die zweite Norm, ISO 9001:2000, bildet das Kernstück der Normenreihe (vgl. Seidel 2003, S. 57). „Diese Norm beschreibt modellhaft das gesamte Qualitäts-managementsystem und ist Basis für ein umfassendes Qualitätsmanagement-system“ (http://de.wikipedia.org/wiki/DIN_EN_ISO_9000). In ihr finden sich alle

Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem und sie fordert dokumentierte Verfahren für die sechs (vor der Revision waren es zwanzig) nachstehenden Qualitätsmanagement-Elemente (vgl. http://www.quality.de/lexikon/din_iso_9000.htm):

1. Lenkung von Dokumenten
2. Lenkung von Qualitätsaufzeichnungen
3. Interne Audits
4. Lenkung fehlerhafter Produkte
5. Korrekturmaßnahmen
6. Vorbeugemaßnahmen

DIN ISO 9004 ergänzt die vorstehende Norm, indem sie einen Leitfaden zur Beurteilung des Qualitätsmanagementsystems hinsichtlich seiner Wirksamkeit und Effizienz bereitstellt (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/DIN_EN_ISO_9000). Zu dieser Norm besteht ein Ergänzungsteil, der branchenneutral eine Art Umsetzungsleit-faden für Dienstleistungsunternehmen darstellt (vgl. Seidel 2003, S. 59).

3.2 Total Quality Management

Das umfassende Qualitätsmanagement wurde von William Edward Deming in den 1940er Jahren entwickelt und in Japan erfolgreich verbreitet. 1950 wurde daraufhin erstmalig der Deming-Preis für besondere Qualität an ein japanisches Unternehmen verliehen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/TQM). Erst in den siebziger und achtziger Jahren wurde TQM in den USA durch Malcolm Baldrige eingeführt und gefördert (vgl. ebd.). Der nach ihm benannte Baldrige-Award wird seit 1987 jährlich an Organisationen, die hohen Ansprüchen an Leistung und Qualität genügen,

vergeben (vgl. ebd.). In Europa wurde das Konzept 1988 durch die Gründung der EFQM[8] verbreitet. Die Ausweitung des TQM-Konzepts auf den Bereich der Non-Profit-Organisationen erfolgte Mitte der 90er Jahre aufgrund des zunehmenden Drucks für die Unternehmen, „Lernende Organisationen“ zu sein (vgl. Tenberg 2003, S. 122). Es muss beachtet werden, dass TQM nur eine Vision ist und in der Praxis nie vollkommen erreicht werden kann (vgl. Gonon et al. 1999, S. 30).

Im umfassenden Qualitätsmanagement geht es darum, dass sich eine Organisation nicht nur auf der technischen Ebene um Produktqualität bemüht, sondern Qualität in alle Bereiche einfließen lässt, insbesondere auch in die der Beziehungen zu

Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden u.s.w. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/TQM). In diesem Sinne beinhaltet TQM einen Stakeholder-Ansatz[9], weil er alle Interessengruppen einbezieht (vgl. http://www.olev.de/t/tqm.htm). So ist auch nicht verwunderlich, dass der Begriff „Kunde“ in interne und externe Kunden geteilt wird.

Hierdurch wird klar, dass auch die Beziehungen innerhalb der Organisation

bedeutsam sind. Das zentrale Ziel des TQM ist die Kundenzufriedenheit (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/TQM). Daher erfordert „TQM […] eine das ganze Unternehmen erfassende gelebte Qualitätsphilosophie“ (http://www.olev.de/t/tqm.htm), die beinhaltet, dass alle Mitarbeiter den Erfolg des Konzeptes tragen und die

wesentlichen Prinzipien beachten (siehe Anhang 2).

Das bekannteste Modell zur Umsetzung von TQM in Deutschland ist das EFQM-Modell, welches im Folgenden beschrieben wird.

[...]


[1] Verfasser unbekannt

[2] Werbeslogan der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG

[3] ISO = Internationale Standard Organisation; dieser Name wird auf der ganzen Welt einheitlich
verwendet

[4] TQM = Total Quality Management (umfassendes Qualitätsmanagement)

[5] Im Folgenden werden bei Lehrer, Schüler, Rektor, Schulleiter, Stellvertreter usw. nur die
männlichen Formen genannt. Dies geschieht aus praktischen und stilistischen Gründen und
ist nicht wertend gemeint.

[6] im folgenden ISO 9000 genannt

[7] Audit = „Systematische Überprüfung und Bewertung durch Fachleute nach vorgegebenen Checklisten“ (http://www.olev.de/a/audit.htm)

[8] EFQM = European Foundation for Quality Management

[9] Stakeholder = „Das Prinzip der Stakeholder [versucht] das Unternehmen in seinem gesamten
sozialökonomischen Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschied-
lichen Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen“ (de.wikipedia.org/wiki/
Stakeholder).

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Qualitätsentwicklung in der Berufsschule – Kritische Analyse ausgewählter Konzepte und Entwicklung eines eigenen Entwurfs auf der Grundlage von Balanced Scorecard
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
107
Katalognummer
V73266
ISBN (eBook)
9783638634472
Dateigröße
983 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Thema Qualitätsentwicklung wird gerade im schulischen Bereich immer wichtiger. So ist z.B. die Anwendung des EFQM-Modells in Niedersachsen seit kurzem zwingend vorgegeben. Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Begriff Qualität, beschreibt und bewertet DIN ISO 9000ff. , das EFQM-Modell und die Balanced Scorecard und beschreibt, wie letztere in einer Berufsschule umgesetzt werden könnte.
Schlagworte
Qualitätsentwicklung, Berufsschule, Kritische, Analyse, Konzepte, Entwicklung, Entwurfs, Grundlage, Balanced, Scorecard
Arbeit zitieren
Diplomhandelslehrerin Annette Nowak (Autor:in), 2006, Qualitätsentwicklung in der Berufsschule – Kritische Analyse ausgewählter Konzepte und Entwicklung eines eigenen Entwurfs auf der Grundlage von Balanced Scorecard, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73266

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