Die Notwendigkeit des Lernens und der Weiterbildung in und für Unternehmen ist als Wettbewerbschance längst erkannt. Dies belegen zahlreiche Bücher und Zeitungsartikel in Wirtschafts- als auch Pädagogik- Zeitschriften. Die Inhalte und die Ziele des Lernens haben sich allerdings zunehmend verändert. Stand vor noch gar nicht all zu langer Zeit die Aneignung von neuem fachlichen Know-how, also ein Anpassungslernen primär im Vordergrund von Weiterbildungsbemühungen der wirtschaftlichen Unternehmen, so orientieren sich die Inhalte nun innerhalb von Weiterbildungsmaßnahmen mehr zum Bereich der sozial-kommunikativen Fähigkeiten1. Die Lebenszyklen des fachlichen Wissens werden immer kürzer, so daß es nun mehr darauf ankommt, das Lernen zu lernen. Dies gilt sowohl für das Individuum in einem Unternehmen, als auch für die Organisation selbst, die sich ebenfalls ständig auf wechselnde Umwelteinflüsse, Wandlungs- und Weiterentwicklungsanfordernisse einstellen muß. Anforderungen, die das Unternehmen, den Betrieb und die Mitarbeiter dazu zwingen, zu lernen, stellen sich somit auch an die betriebliche Weiterbildung. Damit ändern sich auch die Perspektiven einer betrieblichen Weiterbildung, die nicht mehr ,,... allein als dynamisches Lehr- Lern- Verhältnis , sondern vielmehr als ein Teil eines organisatorischen Wandlungsprozesses zu verstehen"2 ist. Wie eine betriebliche Weiterbildung aussehen muß, die auf die Anforderungen der sogenannten ,,lernenden Organisationen" reagiert, welche didaktischen Überlegungen impliziert werden, soll im Folgenden versuchsweise dargestellt werden. Die vorliegende Arbeit soll nicht als fertiges Konzept zur Erstellung einer bestimmten Weiterbildungsmaßnahme zum Thema ,,lernende Organisation" verstanden werden, vielmehr beabsichtige ich, einen Leitfaden zu erstellen, der es Personal- und Weiterbildungsbeauftragten ermöglicht, Lernen in der Organisation und in der Weiterbildung nach dem Prinzip einer lernenden Organisation auszurichten.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
2. Die lernende Organisation
2.1. Das Fundament organisationalen Lernens
2.1.1. Individuen als Komponenten des Fundamentes organisationalen Lernens
2.1.2. Gruppen als Komponenten des Fundamentes organisationalen Lernens
2.2. Lernen in/ der Organisation
2.2.1. „Single-loop learning“
2.2.2. „double-loop learning“
2.2.3. „ deutero learning“
2.3. Was wird gelernt?
3. Didaktische Grundlagen
3.1. Ermöglichungsdidaktik
3.2. Didaktik in der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung
4. Handlungsorientierter Teil
4.1. Weiterbildung in der lernenden Organisation
4.2. Einflußfaktoren bei der Gestaltung von Lernprozessen
4.2.1. Rahmenbedingungen
4.2.2. (Lern-)Ziele
4.2.3. Inhalte
4.2.4. Teilnehmer
4.2.5. Trainer
4.2.6. Methoden
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Die Notwendigkeit des Lernens und der Weiterbildung in und für Unternehmen ist als Wettbewerbschance längst erkannt. Dies belegen zahlreiche Bücher und Zeitungsartikel in Wirtschafts- als auch Pädagogik- Zeitschriften. Die Inhalte und die Ziele des Lernens haben sich allerdings zunehmend verändert. Stand vor noch gar nicht all zu langer Zeit die Aneignung von neuem fachlichen Know-how, also ein Anpassungslernen primär im Vordergrund von Weiterbildungsbemühungen der wirtschaftlichen Unternehmen, so orientieren sich die Inhalte nun innerhalb von Weiterbildungsmaßnahmen mehr zum Bereich der sozial-kommunikativen Fähigkeiten[1]. Die Lebenszyklen des fachlichen Wissens werden immer kürzer, so daß es nun mehr darauf ankommt, das Lernen zu lernen. Dies gilt sowohl für das Individuum in einem Unternehmen, als auch für die Organisation selbst, die sich ebenfalls ständig auf wechselnde Umwelteinflüsse, Wandlungs- und Weiterentwicklungsanfordernisse einstellen muß. Anforderungen, die das Unternehmen, den Betrieb und die Mitarbeiter dazu zwingen, zu lernen, stellen sich somit auch an die betriebliche Weiterbildung. Damit ändern sich auch die Perspektiven einer betrieblichen Weiterbildung, die nicht mehr „... allein als dynamisches Lehr- Lern- Verhältnis , sondern vielmehr als ein Teil eines organisatorischen Wandlungsprozesses zu verstehen“[2] ist. Wie eine betriebliche Weiterbildung aussehen muß, die auf die Anforderungen der sogenannten „lernenden Organisationen“ reagiert, welche didaktischen Überlegungen impliziert werden, soll im Folgenden versuchsweise dargestellt werden. Die vorliegende Arbeit soll nicht als fertiges Konzept zur Erstellung einer bestimmten Weiterbildungsmaßnahme zum Thema „lernende Organisation“ verstanden werden, vielmehr beabsichtige ich, einen Leitfaden zu erstellen, der es Personal- und Weiterbildungsbeauftragten ermöglicht, Lernen in der Organisation und in der Weiterbildung nach dem Prinzip einer lernenden Organisation auszurichten.
2. Die lernende Organisation
Lernen ist ein Terminus, welcher sich im eigentlichen Sinne auf Subjekte bezieht, wird aber in zunehmenden Maße auch für Systeme, bzw. Organisationen verwendet. Dabei bleibt jedoch weiterhin unbestritten, daß „... auch Organisationen nur über die in ihnen tätigen Menschen ,lernen’ können.“[3] Das bedeutet jedoch nicht zwingend, organisationales Lernen sei gleich der Summe der individuellen Lernprozesse; wäre dies der Fall, bedürfte es keiner eigenen Terminologie des organisationalen Lernens[4]. Probst/ Büchel definieren organisationales Lernen wie folgt:
„Unter organisationalem Lernen ist der Prozeß der Erhöhung und Veränderung der organisationalen Wert- und Wissensbasis, die Verbesserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz sowie die Veränderung des gemeinsamen Bezugrahmens von und für Mitglieder innerhalb der Organisation zu verstehen.“[5]
Wenn sich etwas an dem gemeinsamen Bezugsrahmen der Organisation von und für die Mitglieder verändern soll, so wird deren Interaktion und Kommunikation untereinander und zur Organisation selbst, zum zentralen Element. Der ausschlaggebende Unterschied zwischen individuellem und organisationalem Lernen findet sich in der Wechselwirkung zwischen Organisationsmitgliedern selbst und der Organisation an sich begründet[6]. Organisationales Lernen hat somit eine eigene Qualität, die sich nicht, wie beim Individuum aus eigenen Erfahrungen, Motiven, Werteinstellungen usw. begründet, sondern, sich über das Zusammenwirken seiner Teile speist. Die Verbindung, die zwischen Organisation und Individuum geschaffen werden muß, damit organisationales Lernen entsteht, besteht folglich aus der Kommunikation der Mitglieder untereinander, der Integration des Wissens und der Handlungen der Individuen in das Ganze sowie aus der Transparenz der organisationalen Lern- und Handlungsprozesse für den Mitarbeiter[7]. Nur so gewinnt das Konzept einer lernenden Organisation eine eigene Größe; nähme man nur die Definition von Probst/ Büchel zur Hilfe, wäre dies keine ausreichende Beschreibung dieses Phänomens, da eine Veränderung des gemeinsamen Bezugrahmens auch durch „Befehle“ der Unternehmensführung stattfinden kann.
Die Theorie der autopoietischen Sozialsysteme geht davon aus, daß innerhalb sozialer Systeme, die Kommunikation selbst als Komponente aufgefaßt wird. „Daraus resultiert die Auffassung, daß nicht Menschen kommunizieren, sondern nur Kommunikation kommuniziert.“[8]
1.1. Lernende Organisation als autopoietisches Sozialsystem
Die Theorie autopoietischer Systeme stammt ursprünglich aus der Biologie und basiert auf den Arbeiten von Maturana und Varela. Autopoiesis (giech.: auto=selbst; poiein=machen) beschreibt die Fähigkeit von Systemen sich durch die Reproduktion der Elemente aus der es besteht selbst zu erhalten. Maturana geht ursprünglich davon aus, daß soziale Systeme keinen autopoietischen Charakter besitzen.
Luhmann (1984) erweitert den Begriff der Autopoiesis auf weitere drei Systemtypen, welche er jeweils aufgrund ihrer basalen Operation unterscheidet:
- Kognitive Systeme, die auf der Basis neuronaler Aktivitäten operieren;
- psychische Systeme, die auf der Basis von Gedanken operieren und
- soziale Systeme, die auf der Basis von Kommunikation operieren.
„Unter einer basalen Operation eines Systems versteht man diejenige Operation eines Systems, die sich auf seiner Ebene nicht reduzieren bzw. unterscheiden läßt : Ohne Kommunikation existiert kein soziales System.“[9] Kommunikation ist somit in der Diktion Luhmanns die elementare Einheit eines sozialen Systems. Auf der Basis von Kommunikation ist es dem (sozialen) System möglich seine Identität aufgrund einer Unterscheidung von System und Umwelt zu bestimmen,[10] seine Selbstreferenz zu erhalten. Dabei schließt Luhmann nicht das Individuum vom sozialen System aus, sondern setzt es in einer bestimmten Relation dazu, die er Interpenetration nennt. Dieser Begriff bezeichnet die Intersystembeziehung zwischen Systemen, nämlich dem sozialen System, psychischen System und kognitiven System, folglich die Verbindungsfähigkeit verschiedener Arten von Autopoiesis und dadurch unterschiedlicher Komplexitäten. „ Interpenetration liegt dementsprechend dann vor, wenn dieser Sachverhalt gegeben ist, wenn also beide Systeme sich wechselseitig dadurch ermöglichen, daß sie in das jeweils andere ihre vorkonstituierte Eigenkomplexität einbringen“[11]
Wenn also in dieser Arbeit von der lernenden Organisation die Rede ist, so ist im Sinne Luhmanns die Lernfähigkeit eines autopoietischen Sozialsystems gemeint, welches auf der Basis von Kommunikation operiert. Somit findet das Lernen der Organisation auch auf der Basis von Kommunikation statt.
Um die lernende Organisation vor dem Hintergrund des autopoietischen Sozialsystems zu verstehen, ist die Klärung weiterer Merkmale notwendig.
1.1.1. Selbstreferenz
Selbstreferenz ist in sozialen Systemen ein Kommunikationsmodus der etwas bezeichnet (System), indem dies wiederum von etwas anderem unterschieden wird (Umwelt). Sebstrefrentielle Systeme beziehen sich demzufolge in ihrer elementaren Operation auf sich selbst. In bezug auf die Umwelt ist für das System folglich nur das relevant, was für die Erhaltung des Systems als zweckmäßig erscheint. „Systeme müssen, um dies zu ermöglichen, eine Beschreibung ihrer selbst erzeugen und benutzen; sie müssen die Differenz von System und Umwelt systemintern als Orientierung und als Prinzip der Erzeugung von Information verwenden können“[12]. Selbstreferenz ist eine elementare Voraussetzung für ein autopoietisches Sozialsystem[13], nur wenn das System sich anhand von Komminikation selbst beobachten und von der Umwelt differenzieren kann (und somit dem System Sinn bzw. Bedeutung verleiht), kann es auch seine Elemente zur Erhaltung selbst produzieren.
1.1.2. Komplexität
„Komplexität bezeichnet den Grad der Vielschichtigkeit, Vernetzung und Folgelastigkeit eines Entscheidungsfeldes“[14]. Luhmann definiert den Begriff Komplexität auf der Basis von Element und Relation[15]: „Als komplex wollen wir eine zusammenhängende Menge von Elementen bezeichnen, wenn aufgrund immanenter Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes Element jederzeit mit anderen verknüpft sein kann.“[16]
Komplexität ermöglicht das Lernen von Systemen, da aufgrund immer neuerer Konstellationen, veränderten Umweltbedingungen, neue Verknüpfungen von Elementen den Selektionszwang des Systems bestimmen und somit Prozesse auslösen, die zu veränderten Strukturen des Systems führen können, was wiederum mit Lernen gleichzusetzen ist.
2.1. Das Fundament organisationalen Lernens
Organisationales Lernen ist zwar eine eigene Größe, wird jedoch, ähnlich wie Poppers dritte Welt (Die Welt der Theorien, des rationalen Wissens)[17], von einem bestimmten Fundament aus aufgebaut. Dieses Fundament wiederum gliedert sich in eigene Bausteine, bzw. Komponenten, deren Zusammenwirken und deren Wechselwirkung mit dem Ganzen (Interpenetration) das organisationale Lernen ausmachen. In diesem Abschnitt soll daher lediglich das Benennen und Identifizieren der Komponenten ermöglicht werden.
2.1.1. Individuen als Komponenten des Fundamentes organisationalen Lernens
Ihr Entstehen hat die Organisation einzelnen Subjekten zu verdanken, die sich aufgrund persönlicher Motive, Erfahrungen, Werte und Normen zusammengefunden haben. Theorien, die sich mit den individuellen Lernprozessen auseinander setzen, „...fokussieren auf die persönliche Komponente der Verhaltensänderung und vernachlässigen den kollektiven Aspekt des Wandels.“[18] Allerdings sind es die Individuen, deren Erfahrungen, deren Reflexions- und Emphatiefähikeit erst die Gestaltung intersubjektiver Wirklichkeit möglich macht. „Man kann deshalb sagen: Wenn ein Individuum in der Organisation lernt, lernt eines seiner organisatorischen Elementarsysteme.“[19] Die Lernfähigkeit des Individuums und deren Resultate müssen jedoch auch Folgen für die Organisation haben, damit diese als Beitrag zum organisationalen Lernen gewertet werden können[20]. Damit wird die Kommunikation, besonders die Kommunikationsgewohnheiten, -regeln und -wege zu einer elementaren Voraussetzung für eine lernende Organisation.
[...]
[1] Vgl. Dokumentation S.
[2] Arnold, R., (Weiterbildung), S. 25
[3] Arnold, R., (Weiterbildung), S. 84.
[4] Vgl. Reinhardt, R., (Lernfähigkeit...), S. 43.
[5] Probst, G., Büchel, B., (Organisationales Lernen), S. 17.
[6] Ebd. S. 20.
[7] Ebd. S. 21f.
[8] Reinhardt, R., (Lernfähigkeit...), S. 345.
[9] Ebd. S. 221.
[10] Das treffen einer Unterscheidung ist nur aufgrund einer vorhergegangenen Beobachtung möglich, die eine Differenzierung voraussetzt. Dies hier näher auszuführen führt von einer Kurzdarstellung weg; daher verweise ich auf Luhmann, N.: (Soziale Systeme).
[11] Luhmann, N.: (Soziale Systeme), S. 290.
[12] Ebd. S. 25.
[13] Bendel, K.: (Selbstreferenz), S. 16 behauptet, daß Luhmann die Begriffe Selbstreferenz und Autopoiesis synonym verwendet, was aber nicht der Fall ist. Vgl. dazu Luhmann (Soziale Systeme), S. 600ff und Reinhardt (Lernfähigkeit...), S. 243ff.
[14] Willke, H.: (Systemtheorie), S.279.
[15] Vgl. Luhmann, N.: (Soziale Systeme), S. 45ff.
[16] Ebd. S. 46.
[17] Vgl. Popper, K., (Erkenntnis), S. 18ff.
[18] Probst, G., Büchel, B., (Organisationales Lernen), S. 64.
[19] Geißler, H., (Lernen), S. 82.
[20] Vgl. Reinhardt, R., (Lernfähigkeit...), S. 58f.
- Quote paper
- Reinhold Wege (Author), 1996, Didaktik der Weiterbildung in lernenden Organisationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8300
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