Sachrechnen und Sachunterricht


Seminar Paper, 1999

41 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis:

0. Einleitung

1. Sachrechnen
1.1 Traditionelles Sachrechen und "neues" Sachrechnen
1.2 Häufigste Ursachen für Schwierigkeiten mit dem Sachrechnen
1.3 Unterscheidung der Aufgabentypen und Bearbeitungshilfen
1.4 Die didaktischen Funktionen des Sachrechnens nach Heinrich Winter
1.4.1 Sachrechnen als Lernstoff
1.4.2 Sachrechnen als Lernprinzip
1.4.3 Sachrechnen als Lernziel: Befähigung zur Erschließung der Umwelt
1.5 Mathematikunterricht als Projektunterricht

2. Sachunterricht
2.1 Die Geschichte des Sachunterrichts
2.1.1 Die traditionelle Heimatkunde
2.1.2 Der Übergang zum Sachunterricht
2.1.3 Die Reform des Sachunterrichts
2.2 Didaktik des Sachunterrichts - Orientierungen im Sinne des aktuellen Lehrplans
2.2.1 Wissenschaftsorientierung
2.2.2 Orientierung auf die Lebenswirklichkeit des Kindes

3. Projektunterricht
3.1 Begriffsklärung
3.2 Fächerübergreifendes Arbeiten im Projektunterricht

4. Dokumentation durch Schulbuchseiten

5. Literatur

0. Einleitung

Unser Referat zum Thema ,,Sachrechnen und Sachunterricht" behandelt die Verbindung zweier Fächer aus dem Unterricht der Grundschule, dabei geht es, wie das Thema mehr oder weniger direkt ausdrückt, um den Mathematik- und den Sachunterricht. Das sogenannte ,,fächerübergreifende Arbeiten" wird im aktuellen Lehrplan Sachunterricht als ,,Grundsatz der Unterrichtsgestaltung" bezeichnet, und gesagt, daß der Mathematikunterricht ,,besonders eng" mit dem Sachunterricht verbunden sei. ,,...die im Mathematikunterricht von den Kindern erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten können im Sachunterricht immer wieder aufgegriffen und genutzt werden. Dabei wird den Kindern zugleich die Anwendungsnähe der Mathematik erfahrbar." Im Lehrplan heißt es darüber hinaus: ,,Für ein fächerübergreifendes Arbeiten sind projektorientierte Unterrichtsformen besonders geeignet."1 Hierauf möchten wir in unserem Referat ebenfalls eingehen, nachdem die beiden Punkte Sachrechnen und Sachunterricht getrennt voneinander abgehandelt wurden. Unser theoretischer Vortrag soll dokumentiert werden durch Schulbuchseiten aus Mathematik- und Sachunterrichtsbüchern, wobei wir uns bei der Auswahl auf den Aspekt bzw. das Thema ,,Zeit" beschränkt haben.

1 Sachrechnen

1.1 Traditionelles Sachrechnen und "neues Sachrechnen"

Der Begriff "Sachrechnen" wird oft zur Kennzeichnung der Anwendbarkeit des mathematischen Wissens verwendet. Doch mit dieser Verwendung wird die Thematik des Sachunterrichts zu eng gefaßt, denn sie enthält mehr als "nur die Anwendung des Rechnens"2, bezieht sich nicht nur auf die Arithmetik, sondern z.B. auf die Geometrie, wie wir in den letzten Referaten schon anhand von einigen Beispielen gehört haben. In den folgenden theoretischen Ausführungen zum Sachrechnen werde ich mich jedoch hauptsächlich auf das arithmetische Sachrechnen beziehen und bei der anschließenden Betrachtung von Schulbuchseiten auf das geometrische Sachrechnen in Verbindung mit dem Sachunterricht eingehen. Die folgenden Gedanken zum arithmetischen Sachrechnen sind aber größtenteils übertragbar auf das Sachrechnen im Rahmen der Geometrie.

Etwa seit Anfang der 70er Jahre wird von vielen Autoren von einem traditionellen und einem "neuen" Sachrechnen gesprochen. Beim traditionellen Sachrechnen steht häufig das Anwenden und Üben von Rechenfertigkeiten in oft unrealistischen Sonderfällen in Form von eingekleideten Aufgaben oder Textaufgaben im Vordergrund. Das "neue" Sachrechen dagegen strebt das Mathematisieren realer Sachsituationen an, es soll der Umwelterschließung dienen, "kreativ, anwendungsorientiert, wirklichkeitsbezogen, fächerübergreifend"3 sein und die Schüler fördern, Beziehungen zu erkennen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist ein größerer Arbeitsaufwand und eine großes schulfachintegrierendes Wissen des Lehrers Voraussetzung. Aus diesen Gründen und da auch die Ziele des traditionellen Sachrechnens weiterhin wichtig sind, kann und sollte das "neue" Sachrechnen eine sehr sinnvolle Erweiterung und Ergänzung der Grundschulmathematik sein, aber nicht das traditionelle völlig ablösen.

Reinhard Strehl gibt einige Punkte an, die das traditionelle Sachrechnen charakterisieren4:

-Sachrechnen ist "bürgerliches Rechnen", Rechnen mit Maßen und Gewichten
- der Größenbegriff hat eine zentrale Stellung im Sachrechnen, synonyme Verwendung von `Sachrechnen' und `Lösen von Textaufgaben'
- Sachrechnen ist gleichzeitig Inhalt und Ziel des Rechenunterrichts
- der Schüler soll auf die Rechenfälle des täglichen Lebens vorbereitet werden _ Sachrechnen als durchgängiges didaktisch-methodisches Prinzip
- der gesamte Rechenunterricht soll von lebensnahen, mathematisch zwingenden und kindgemäßen Rechensituationen ausgehen
- breiter Anspruch des Sachrechnens in der Volksschule im Gegensatz zum Mathematikunterricht des Gymnasiums
- Lebensnähe und Anschaulichkeit (volkstümliche Bildung in der Volksschule)

gegenüber abstrakter, exakter Mathematik (Erziehung zu mathematisch abstraktem Denken)

Im Anschluß an diese Kennzeichnen des traditionellen Sachrechnens in den 50er und 60er Jahren geht Strehl auf die wichtigsten Kritikpunkte an dieser Form des Sachrechnens ein5: _ eine mathematisch befriedigende Klärung der verwendeten Begriffe und Verfahren fehlte häufig

- Gemeinsamkeiten der verschiedenen Sachbereiche bezüglich der Strukturen,

Querverbindungen zu anderen mathematischen Stoffgebieten wurden zu wenig beachtet und eine Einordnung in allgemeinere mathematische Begriffsbildungen geschah kaum

- die erworbenen Kenntnisse konnten im Alltag kaum angewendet werden, trotz der Forderung nach Lebensnähe

- die Aufgaben stammten meist aus der Welt der Erwachsenen und förderten so nicht die Motivation der Kinder

- Sachaufgaben waren meist nur Einkleidungen vorgegebener mathematischer Zusammenhänge und Verfahrensweisen und damit automatisch lebensfern

- die nötige Vereinfachung der Sachprobleme führte auch zu einer Verfälschung der Wirklichkeit

- Konzentration auf den formal rechnerischen Aspekt der Sachaufgaben verhinderte kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten

Die Alternative oder Ergänzung, die Strehl zum traditionellen Sachrechnen sieht, nennt er "Denkerziehung". Zur Füllung dieses Begriffes lehnt er sich an die von Heinrich Winter formulierten Ziele des Mathematikunterrichts an, die drei allgemeine Haltungen und Fähigkeiten (argumentieren, sich kreativ verhalten und Umweltsituationen mathematisieren) und fünf geistige Grundtechniken (klassifizieren, ordnen, generalisieren, analogisieren und formalisieren) beinhalten. Auch das "neue" Sachrechnen" soll diesen Zielen dienen und gleichzeitig auch weiterhin anwendbares Wissen vermitteln. Da Sachrechnen nun diese Doppelfunktion erfüllen soll, gibt Strehl eine weiter gefaßte Definition von Sachrechnen: "Sachrechnen ist Anwendung von Mathematik auf vorgegebene Sachprobleme und Mathematisierung konkreter Erfahrungen und Sachzusammenhänge vorwiegend unter numerischem Aspekt."6 Diese Definition beinhaltet einen hohen Anspruch an das Sachrechnen. Strehl verbindet damit die Aufforderung, daß Sachrechenunterricht folgende Aspekte berücksichtigen muß:

"1. Die im Sachrechnen auftretenden mathematischen Begriffe und Strukturen sind mathematisch relevant und stehen in engen Wechselbeziehungen nicht nur untereinander, sondern auch zu vielen anderen, scheinbar rein mathematischen Begriffen, die in der Schule angesprochen werden.
2. Das Sachrechnen zwingt zu einer Auseinandersetzung mit der Umgangssprache. Die Aufgabe heißt insbesondere: Erkennen mathematischer Operationen oder Zusammenhänge und ihrer logischen Abfolge und Verkettung in einem durch Text vermittelten Sachverhalt.
3. Beim Sachrechnen kann das Problemlösen im Vordergrund stehen im Gegensatz zu einer gewissen Überbetonung des Begrifflernens während der letzten Jahre.
4. Sachrechnen bietet Möglichkeiten zu fächerübergreifenden Unterrichtsprojekten;

besonders zu Fächern wie Gemeinschaftskunde oder Arbeitslehre hin sind vielfältige Querverbindungen zu beachten. Vor allem dadurch kann einer Blindheit gegenüber Inhalten begegnet werden."7

Auf diese Unterrichtsprojekte, wie Strehl sie fordert, wird unter Punkt 1.5 noch näher eingegangen werden.

Auch andere Autoren haben sich über das "neue" Sachrechnen, seine Funktionen und Inhalte, geäußert. Radatz und Schipper sehen im Mittelpunkt des "neuen" Sachrechnens Sachsituationen, die aus der Lebenswelt der Schüler kommen. Sie fordern, daß "Anwendbarkeit und Beziehungshaltigkeit des mathematischen Wissens beim Durchdenken von Sachsituationen"8 von den Schülern erkannt werden müssen, und daß das Sachrechnen eben diese Forderung erfüllen muß. Dazu sollen die Sachsituationen aus der Umwelt der Schüler kommen, also9:

- Situationen aus dem schulischen Alltag: Klassenausflug, Schulfest, Gestaltung des Schulhofes, ...

- Fragen aus der Familie: Arbeit und Freizeit, Wohnen, wirtschaftliche Situationen, Urlaub, ...

- das außerschulische Umfeld: Leben in Dorf/Stadt, Berufe, Verkehrsmöglichkeiten, Post, ...

- allgemeine Probleme und Themen: Sport, Umweltschutz, Leben der Kinder in der Dritten Welt, ...

Schon anhand dieser Situationen läßt sich leicht der vielfältige Zusammenhang von Sachrechnen und Sachunterricht erkennen. Radatz und Schipper fordern 1983 in ihrem Handbuch für den Mathematikunterricht an Grundschulen ein Sachrechnen, das sich mit solchen Situationen befaßt. In den neuen Schulbüchern der letzten Jahre ist diese Forderung auch weitgehend umgesetzt worden, was später noch an einigen Beispielen gezeigt werden wird. Ein weiterer Verfechter des "neuen" Sachrechnens ist Heinrich Winter, dessen Ansichten unter Punkt 1.4 näher erläutert werden.

1.2 Häufigste Ursachen für Schwierigkeiten mit dem Sachrechnen

Viele Schüler haben mit dem Sachrechnen Probleme. Sie bearbeiten die Aufgaben nur ungerne und machen relativ viele Fehler. Radatz und Schipper gehen auf die häufigsten Ursachen für die Schwierigkeiten, die viele Schüler mit dem Sachrechnen haben, ein. Dabei unterscheiden sie grob vier Fehler10:

- Sachstrukturen: der Kontext der Sachaufgabe ist unbekannt, die Größenbereiche unklar, die Sachstruktur zu komplex, Zusammenhänge zwischen Größenbereichen sind für die Schüler nicht herstellbar, die Problemstellung ist unbekannt, die Sachsituation der Erwachsenenwelt entnommen, ...
- Sprachlich-syntaktische Struktur: Schwierigkeiten durch Fremdwörter und Fachtermini, Textlänge, Textkomplexität und -gestaltung, unbekannte Formulierungen, Satzschachtelungen, ..
- Mathematische Struktur: Anzahle der notwendigen Teilschritte, Komplexität der durchzuführenden Rechenoperationen sowie der Größenbeziehungen, Verknüpfung verschiedener Rechenarten in Teilschritten, ...
- Prozeßstrukturen: impulsive Lösungshypothesen (Drang, einen Sachverhalt unreflektiert auf Rechenschemata zurückzuführen), Teilinformationen werden nicht berücksichtigt, Teillösungen werden vernachlässigt, Einstellungseffekte, Rechenschwächen und -fehler, ...

Einige dieser Fehler, v.a. bezüglich der Sachstrukturen lassen sich durch die Verwendung von realen Sachsituationen aus der Lebenswelt der Schüler verhindern, andere durch eine genaues und verständliches Formulieren der Aufgaben und Texte. Ansonsten ist es wichtig, schon im

1. Schuljahr Rechengeschichten und Sachaufgaben einzusetzen und didaktisch und methodisch vielfältige Bearbeitungshilfen anzubieten, wie sie im folgenden Abschnitt dargestellt werden.

1.3 Unterscheidung der Aufgabentypen und Bearbeitungshilfen

Sachrechnen ist nicht gleichzusetzen mit Textaufgaben. Es gibt in der Mathematikdidaktik verschiedene Ansätze zur Unterscheidung von Aufgabentypen. Eine mögliche Klassifikation könnte so aussehen11:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vor allem mit den Textaufgaben und den Sachaufgaben haben viele Schüler häufig Schwierigkeiten. Mögliche Ursachen dafür sind schon genannt worden. Damit Sachrechnen für die Schüler nicht zu einem Problem und damit zu einem "roten Tuch" wird, wie es leider oft der Fall ist, können neben der Verwendung von realen Situationen aus der Lebenswelt der Schüler und einer verständlichen und genauen Formulierung der Texte und Aufgaben verschiedene methodisch-didaktische Hilfen zum Sachrechnen gegeben werden12.

- Methodisch-didaktische Bearbeitungshilfen zum Sachrechnen

- Fast immer wird den Schülern ein relativ festes Schema zur Ordnung des Lösungsablaufes angeboten, z.B.: Wir fragen: - Wir wissen: - Wir rechnen: - Antwort:

Schemata dieser Art bieten eine formale Bearbeitungshilfe zum Verstehen einer Aufgabe und zur Strukturierung des Bearbeitungsweges. Eine direkte Lösungshilfe stellen sie nicht dar, sind aber gerade für Grundschüler wichtig zum geordneten und strukturierten Vorgehen. Bei diesen formalen Lösungshilfen lassen sich drei Hauptphasen unterscheiden:

1) Verstehen der Aufgabe; Erfassen des Gegebenen und des Gesuchten

Hilfen: Lies aufmerksam (2x) die Aufgabe. Erzähle mit eigenen Worten. - Was wird mitgeteilt? Was will man wissen? - Unterstreiche, was zum Rechnen wichtig ist. - Frage, wenn du etwas nicht verstehst. Zeichne eine Skizze. - Kannst du dir den Sachverhalt vorstellen?

2) Untersuchen von Lösungswegen; Planung und Finden eines Lösungsweges

Hilfen: Hast du eine ähnliche Aufgabe schon einmal bearbeitet? - Wie lautet die Frage? Schreibe die wichtigsten Angaben heraus. - Was ist von de Angaben für die Beantwortung der Frage wichtig? Mit welcher Rechnung können wir die Frage(n) beantworten? Kommt man mit einem Rechenschritt zur Lösung oder muß eine Zwischenergebnis ermittelt werden? - Muß das Ergebnis der Rechnung größer oder kleiner sein als die verwendeten/bekannten Zahlen/Größen?

3) Durchführen des Lösungsweges und Aufgabenkontrolle

Hilfen: Mach eine Überschlagsrechnung und notiere das Ergebnis! - Numeriere die Rechenschritte. Vergleiche mit der Aufgabenstellung bzw. der Frage. - Überlege, ob erst ein Zwischenergebnis vorliegt. - Paßt dein Ergebnis zur Aufgabenstellung? Beantwortet es die frage? - Vergleiche mit dem Ergebnis der Überschlagsrechnung! Formuliere und notiere einen Antwortsatz.

Sinn der Sache ist es aber nicht, daß die Schüler diese Hilfen auswendig lernen. Durch häufiges gemeinsames Lösen von Textaufgaben, bei dem die nötigen Teilschritte immer wieder deutlich gemacht und besprochen werden, können die Schüler nach und nach eine eigene Strategie entwickeln und eine Erweiterung des Kurzschemas (Wir fragen: - Wir wissen: - usw.) erreichen.

- Ein häufiger Fehler bei der Bearbeitung von Sachaufgaben ist auch die Anwendung von impulsiven Lösungshypothesen, d.h. der Schüler führt einen Sachverhalt unreflektiert auf ein bekanntes Rechenschemata zurück. Je älter die Schüler sind, desto häufiger kommt es zu solchen Fehlern, was auch daran erkennbar ist, daß Kindergartenkinder und Schulanfänger weniger oft versuchen, Kapitänsaufgaben (Unsinnsaufgaben mit nicht berechenbaren Sachinformationen) zu lösen, da sie sich zunächst auf die Sache konzentrieren und nicht gleich rechnen. Ältere Schüler gehen davon eher davon aus, daß alle mathematischen Aufgaben lösbar sind. Sie suchen bei Textaufgaben ohne eine Beachtung der Sachzusammenhänge nach "passenden" Rechenoperationen. Diese Einstellung gegenüber Sachaufgaben kann durch verschiedenen Möglichkeiten beeinflußt werden: "Heute wollen wir nicht gleich rechnen, sondern ...

- Wir überprüfen die Aussagen. _..._
- Wir bestimmen überflüssige Angaben. _..._
- Wir bestimmen fehlende Angaben. _..._
- Wir formulieren selbst Textaufgaben. _..._
- Wir suchen alle möglichen Fragen. _..._"13

- Außerdem kann mit dem Sachrechnen schon zu Beginn des 1. Schuljahres, also nicht erst mit ausreichender Lesefähigkeit, begonnen werden. Eine Möglichkeit dazu bieten Bildaufgaben und Rechengeschichten, die sich "primär orientieren an der erlebten Sachumwelt der Erstkläßler, sie können ergänzt werden durch kleine `Probleme', zu deren Lösungen man mit Material umgehen kann oder eine Zeichnung anfertigt."14 Zwei Beispiele für so ein erstes Problem: In einer Schachtel sind 9 rote und 6 blaue Rechenplättchen. Mit geschlossenen Augen nimmt Ursel 7 Plättchen heraus. - Kann ein blaues (rotes) Plättchen dabeisein? - Hans hat gestern abend 6 Seiten in einem Buch gelesen. Er hat bei der 8. Seite mit Lesen begonnen. Bei welcher Seite wird er heute weiterlesen?

- Übungen zum Sachrechnen

- Variation der Präsentation: Anstatt Sachaufgaben und Sachinformationen nur durch Texte anzugeben, kann man diese auch durch Tabellen, Daten, Prospekte, Graphiken, Situationsbilder, Bildgeschichten, eigene Datensammlungen durch die Schüler, Spielszenen usw. darstellen, z.B. anhand eines Busfahrplanauszuges verschiedene Abfahrtszeiten, Wegstrecken, Entfernungen etc. berechnen lassen.

- Strukturübungen: Die Struktur von Textaufgaben läßt sich auf verschiedene Arten und Weisen darstellen. Grundgedanken für eine solche Strukturgebung sind:

- "einfache Textaufgaben enthalten in der Regel drei sachrechnerische Größen, komplexe Aufgaben mehrere derartiger Tripel;

- sind zwei beliebige dieser Größen bekannt, so läßt sich stets die dritte berechnen;

- zu jedem Tripel gehört ein Paar arithmetischer Operationen (Operation und Gegenoperation), d.h. es gibt additive oder multiplikative Simplexe."15

Eine mögliche Darstellungsart ist die Kettendarstellung mit Hilfe eines Simplexes

(Breidenbach, 1963) . Der Vorteil besteht darin, daß der Anfang relativ frei ist, d.h. daß erst mal nur die drei Größen notiert werden und die Ordnung der Tripel nach der Bekanntheit der Größen erst in einem zweiten Schritt erfolgen kann.

Eine weitere, ähnliche Darstellungsart ist die Ringdarstellung, die auf Bauersfeld zurückgeht. Hier wird die Verflechtung der Sachgrößen deutlicher. Der Nachteil dieser beiden Simplex- Formen liegt darin, daß der Prozeß der Bearbeitung nicht deutlich hervortritt, der Aufgabe wird lediglich eine Struktur gegeben nach bekannten Größen und der daraus zu errechnenden unbekannten Größe. Dieser Bearbeitungsprozeß ist dagegen in Baumdarstellungen, wie sie u.a. Winter vorschlägt, deutlich erkennbar. Gleichzeitig liegt darin aber auch der Nachteil, daß bei nicht-kommutativen Operationen (Subtraktion und Division) die Leserichtung vereinbart werden muß.

Insgesamt gesehen sind dem Nutzen dieser Strukturübungen dadurch Grenzen gesetzt, daß sie das Durchschauen der Sachaufgabenstruktur nicht als Ziel haben sondern das gerade Voraussetzung ist, so daß keine echte Lösungshilfe gegeben ist. Das gemeinsame Analysieren von Sachaufgabe mit Hilfe von solchen Darstellungsarten kann jedoch die Einsicht in den Zusammenhang dreier Sachgrößen, von denen zwei bekannt und die dritte unbekannt sind, fördern, ähnlich wie das gemeinsame Lösen von Textaufgaben mit den oben dargestellten formalen Lösungshilfen.

- Übungen am Text: Dazu zählt

- den Text auf kurze Stichpunkte und Stichworte mit den relevanten

Sachverhalten und der nötigen mathematischen Struktur zu verkürzen,

- den Text mit "überflüssigen" Informationen zu verlängern, so daß die Bedeutung der Kernaussagen deutlicher hervortritt,

- zu dem Text verschiedene mögliche Fragen zu formulieren, die aber alle den gleichen Sinn haben und die gleiche Antwort erfordern,

- die Textaufgaben zu verändern, z.B. weitere Beispiele mit anderen Zahlen aber gleichen Maßeinheiten und umgekehrt, die Größen und Zahlen beibehalten aber den Sachverhalt verändern, usw.

- den Simplex zu variieren, d.h. z.B. beim Simplex Anfang - Dauer - Ende die unbekannte Sachgröße verändern und eine passende Textaufgabe formulieren.

1.4 Die drei didaktische Funktionen des Sachunterrichts nach Heinrich Winter

1.4.1 Sachrechnen als Lernstoff

Nach Heinrich Winter umfaßt das Sachrechnen seit je her die "`bürgerlichen Größen' Stückzahlen, Geldbeträge, Längen, Zeitspannen, Gewichte, Temperaturen und (in ersten Ansätzen) Flächen- und Rauminhalte"16. Im Rahmen des "neuen Sachrechnens" seit Beginn der achtziger Jahre aber auch elementare Verfahren und Begriffe der Statistik ihren Platz m Lehrplan gefunden. So sehen die Richtlinien Mathematik für Grundschulen in NRW von 1985 für die 1. Klasse das Ordnen und Sortieren von Mengen von Dingen aus der Lebenswirklichkeit und das Auszählen und Darstellen von Verteilungen vor, für die 2. Klasse das Lesen und Erstellen von einfachen Tabellen und Diagrammen, für die 3. Klasse das Sammeln von Daten aus der Lebenswirklichkeit und das Darstellen und Auswerten in Tabellen und Diagrammen und für die 4. Klasse das Erheben von Stichproben aus der Lebenswirklichkeit und Ihre Bearbeitung und Auswertung17.

Zu der Größenlehre und der Statistik zählen also in erster Linie:

a) "Zählen / Messen / Schätzen als Methoden zum Gewinnen von Daten (Meßwerten / Größen)
b) Kennenlernen der Maßsysteme und Verankern von Stützpunktwissenüber Größ en
c) Modellieren, Zeichnen und Symbolisieren als Methoden des Darstellens von Daten (dabei auch Sortenumwandlung)
d) Sortieren, Anordnen von Daten, Rechnen mit Größen (auch Mittelwerte bestimmen) als Formen der Verarbeitung von Daten "18.

zu a): Am Schulanfang sind Zählaufgaben vom Typ wie "ÂWieviele Kinder haben heute einen blauen Pullover an?" einer der ersten Inhalte des Mathematikunterrichts. Auch in den späteren Schuljahren wird sowohl das praktische Zählen in einem größeren Zahlenraum als auch das strukturierte Zählen, das indirekte Zählen und das Auszählen von Möglichkeiten immer wieder geübt. Eine Möglichkeit des strukturierten Zählens ist das Auszählen der Fenster eines Hochhauses indem man die Gliederung des Stockwerte beachtet und so Gesetzmäßigkeiten oder Muster der Situation nutzt. Bei Stichprobenverfahren, bei denen nur ein Schätzwert ermittelt wird, geht es um das indirekte Zählen (Bsp.: Wieviele Autos fahren in einer Stunde an der Schule vorbei? Man zählt, wieviele Autos in 10 Minuten vorbeifahren und kann so die Gesamtanzahl schätzen.). Eine erste Stufe der Kombinatorik wird beim Auszählen von Möglichkeiten erreicht, z.B. Wieviele Möglichkeiten gibt es, einen Strauß mit fünf Blumen zu binden, wenn drei Blumensorten zur Auswahl stehen?. Dabei müssen die Schüler aus der Analyse der Situation heraus eine Zählstrategie entwickeln, z.B. erst alle Möglichkeiten mit Rosen aufschreiben, dann die Möglichkeiten ohne Rosen usw..

Zum Themenbereich Messen zählt das praktische Messen mit verschiedenen Meßinstrumenten wie Zollstock, Uhr, Waage, Meßbecher usw.. Gerade hier bietet sich eine enge Verbindung von Mathematik- und Sachunterricht an. Auch und gerade beim Messen ist eine Beteiligung möglichst vieler Sinne und ein Bezug zur Lebensumwelt der Schüler wichtig, d.h. z.B. Längen und Zeitspannen am eigenen Körper zu erfahren (Halsweite messen, Zählen der Pulsschläge in einer Minute, die Schrittlänge als Maß benutzen etc.). Der Umgang und das Rechnen mit Geld nimmt im Sachrechnen eine großen Platz ein, doch im Gegensatz zu Länge, Zeit und Gewicht können Geldwerte nicht so gemessen werden, denn der Geldwert einer Ware kann oft erheblich schwanken und wird unter den Menschen häufig neu ausgehandelt und vereinbart.

Zum Gewinnen von Daten gehört auch das Schätzen, auch wenn es in den Schulbüchern nicht so häufig thematisiert wird. Schätzen ist ein kompliziertes Zusammenspiel von Wahrnehmen, Erinnern, Inbeziehungsetzen, Runden und Rechnen. Die Schüler müssen auf Vorerfahrungen zurückgreifen, wenn sie z.B. schätzen sollen, wieviel eine Banane wiegt. Dazu können sie das Gewicht der Banane vergleichen mit dem ihnen bekannten Gewicht einer Tafel Schokolade usw. Ziel ist es, daß sich "bei den Schülern ein Urteilsvermögen darüber bildet, wann mehr oder weniger grobe Schätzungen und wann exakte Werte sinnvoll sind"19.

zu b): Ein weiterer Lernstoff des Sachrechnens ist das Kennenlernen von Maßsystemen, z.B. die Aufteilung von Längenmaßen in Millimeter, Zentimeter, Meter und Kilometer. Dazu zählt auch, realistische Vorstellungen über Größen aufzubauen. Ein Beispiel für die Wichtigkeit dieses Themas gibt Winter: "In einer Befragung von 388 Viertklässlern (14 Schulklassen) im Jahre 1976 konnten nur rd. 60 % die Körpergröße eines erwachsenen Mannes zutreffend einschätzen, es gab Werte von 26 cm bis 1840 cm [...]."20 Ein gewisses Repertoire von Stützpunktvorstellungen ist beim Lösen von Sachaufgaben nötig, und muß deshalb regelrecht gedächtnismäßig eingeübt werden, also z.B. 1 cm entspricht einer Fingernagelbreite, 10 cm der Daumen-Zeigefinger-Spanne, 1 m einem großen Kinderschritt, 10 m der Länge von 2 Parkplätzen hintereinander, 100 m der Länge eines Fußballfeldes und 1 km der Entfernung Kaiserplatz - Josefskirche.

zu c): Zum Darstellen von Daten eigenen sich einfache Diagramme wie Balkendiagramm, Zahlenstrahl und Punktbilder, so bietet ein Turmmodell eine bessere Vorstellung und Vergleichbarkeit der Einwohnerzahlen verschiedener Städte. Meistens werden Größen aber symbolisch dargestellt, d.h. in Ziffern und Zeichen (Stück, kg, m, DM, Stunde usw.). Beim Umgang mit diesen Darstellungsarten ist zum einen formales Sortenumwandeln wichtig, also z.B. 120 min sind 2 Stunden, zum anderen aber auch das Erfassen des Informationsgehaltes einer Größenangabe, wie es in Sachaufgaben verlangt wird.

zu d): Zum "klassischen" Verarbeiten von Daten gehört der Dreisatz, aber auch das Finden von Mittelwerten, das Sortieren von Daten z.B. in Strichlisten usw.. Wichtig ist, daß die neuen Daten als Antworten auf situationsorientierte Fragen aus den gegebenen Daten einsichtig entwickelt werden.

Abschließend zum Sachrechen als Lernstoff merkt Winter an: "Insgesamt geht es beim Sachrechnen als Lernstoff darum, Wissen über Größen und Fertigkeiten im Umgang mit Größen aufzubauen. Diese Bemühungen ergeben aber nur Sinn, wenn sie eingebettet werden in die umgreifendere pädagogische Zielvorstellung, sachrechnerische Fähigkeiten im Rahmen eines Beitrages zur Denkentwicklung der Schüler und zur Erschließung ihrer Umwelt anzustreben."21

1.4.2 Sachrechnen als Lernprinzip

Die wichtigste Forderung an das Sachrechnen ist der Bezug auf die reale Umwelt und den praktischen Erfahrungsbereich der Schüler durch den sie mathematische Fähigkeiten entwickeln und entfalten sollen. Dabei kann nach Winter dieser Bezug auf Sachsituationen

- als Ausgangspunkte (Einstiege) von Lernprozessen ,

- zur Verlebendigung, Verdeutlichung und Veranschaulichung von mathematischen

Begriffen

- und als Feld der Einübung mathematischer Begriffe und Verfahren dienen.22

Um Schüler für einen neuen Lernprozeß zu motivieren, ist es sinnvoll, an die Beobachtung eines umweltlichen Phänomens, daß aus der Lebenswelt der Schüler stammt, anzuknüpfen. So erhöhen sich zum einen die Chancen auch für schwächere Schüler, einen direkteren Zugriff zum Thema zu erhalten, und zum anderen kann an Bekanntes und selbst Erfahrenes angeknüpft werden, was auch im Sinne eines Spiralcurriculums ist, wie es u.a. Bruner fordert. Bei einem Einstieg über eine Sachsituation wirkt einerseits das Bekannte motivierend, andererseits steigert aber auch das Unbekannte, das zum eigenen Erforschen und Handeln anregt, die Motivation. Deshalb muß immer wieder abgewogen werden, was in der jeweiligen Situation und auf das Thema und v.a. die Schüler bezogen möglichst starke Anreize gibt, nach Möglichkeit sollte also eine Sachsituation gefunden werden, die sowohl Bekanntes enthält als auch Bereiche, die noch rätselhaft und entdeckenswert erscheinen.

Winter geht davon aus, daß es möglich ist, "jeden begrifflichen Zusammenhang der Schulmathematik in realen Situationen zu verkö rpern , sei er in ganz alltäglichen, sei es in begrifflich schon teilweise strukturierten Situationen."23 Veranschaulichung dient nicht nur als zusätzliche Hilfe für schwächere Schüler, sondern ist eine wichtige Voraussetzung für das Verstehen und unterstützt die Motivation, die Einsicht und das dauerhafte Behalten im Gedächtnis. Als Beispiel für die Veranschaulichung eines mathematischen Gesetzes in Alltagssituationen kann das Gesetz der wiederholten Subtraktion a - b - c = a - (b + c) und der Vergleich mit der Erfahrung beim Geldausgeben dienen. Die Schüler können handelnd erfahren, daß es letztendlich egal ist, ob sie von ihren 20 DM Taschengeld erst 5 DM für Süßigkeiten und dann 10 DM für Spielzeug ausgeben oder direkt 15 DM für eine Kinokarte ausgeben.

In den meistens Schulbüchern wird das Sachrechnen in Form von eingekleideten Aufgaben v.a. zur Einübung und Festigung von Begriffen und Verfahren verwendet. Sowohl im Anschluß an einen eng umgrenzten arithmetischen Inhalt wie die Addition reiner Zehner im 2. Schuljahr als auch als Abschluß eines umfangreicheren Stoffgebietes wie der schriftlichen Division tauchen fast überall ganze Seiten mit solchen eingekleideten Aufgaben (vgl. 1.3 oben) auf. Im Sinne des "neuen" Sachrechnens wird hier kein Beitrag zur Umwelterschließung geleistet, sondern das Ziel ist die "Sicherheit und Geläufigkeit in arithmetischen Fertigkeiten"24. Die Einkleidung in kleine Texte oder Rechengeschichten dienen der Abwechslung zum üblichen "Päckchenrechnen" und der Motivation. Bei der ausschließlichen Verwendung solcher "Sachaufgaben" verlieren die Schüler leicht das Interesse, solche Texte und die in ihnen behandelte Sache wirklich zu verstehen, sie rechnen einfach "drauf los" (vgl. 1.2 oben). Dann können methodisch-didaktische Bearbeitungshilfen, wie sie schon geschildert wurden, helfen, das Anwenden mehr zu Bewußtsein zu bringen. "Insgesamt bedeutet Sachrechnen als Lernprinzip, daß Bezüge zur Realität für das Lernen mathematischer Begriffe und Verfahren ausgenutzt werden, um die Schüler stärker am Lernen zu interessieren, ihr Verständnis zu fördern und ihre Kenntnisse und Fertigkeiten besser zu festigen."25

1.4.3 Sachrechnen als Lernziel: Befähigung zur Erschließung der Umwelt

Wenn man Sachrechnen nicht als bloßes Mittel zur Anregung, Verkörperung oder Übung, sondern als Beitrag zur Umwelterschließung ansieht, wird die enge Verbindung von Sachrechnen und Sachunterricht deutlich. Das Sachrechnen übernimmt dabei die Aufgabe, die Schüler zu befähigen, umweltliche Situationen durch mathematisches Modellieren klarer, bewußter und auch kritischer zu sehen. Der Sachunterricht soll als Ergänzung dazu die Aspekte der Realität erfassen und vermitteln, die von mathematischen Modellen nicht erfaßt und ausgeschlossen werden26. Eine gegebene Sachsituation soll auf verschiedenen Ebenen bearbeitet werden, zu der auch die mathematische gehört, aber eben nicht nur. Zu der mathematischen Bearbeitung zählt v.a., die Situation zu mathematisieren, d.h. ein passendes mathematisches Modell aufzubauen. Dieses Mathematisieren ist ein Wechselspiel aus Wahrnehmen und Hineindeuten und somit ein kreativer Akt. Die Förderung der Kreativität ist nach Winter generell ein wichtiges Lernziel des Mathematikunterrichts. Diese Mathematisierung läßt sich nach Müller und Wittmann27 als Prozeß folgendermaßen darstellen:

"(1) Situation wahrnehmen, Muster erkennen, Fragen entwickeln
(2) Modell (oder mehrere alternative Modelle) entwerfen, evtl. weitere Daten beschaffen
(3) im Modell Informationen verarbeiten, Fragen im Modell lösen
(4) gewonnene Modellösung auf die Situation zurückübertragen und bewerten, Tragweite des Modells erkunden (Transfers versuchen)."

Da Sachrechnen immer die Selbsttätigkeit der Schüler anregen soll, bietet es sich an, auf der

1. Stufe v.a. die Entwicklung von Fragen zu fördern und fordern, also möglichst viele (sinnvolle) Fragen zur Sachsituation zu finden, erste Erklärungen zu suchen etc.. Während der

2. Stufe sollen die Hauptsache der Situation und die Zusammenhänge der Sachen untereinander herausgearbeitet und Darstellungsmöglichkeiten gefunden werden. In der 3. Stufe werden entweder bekannte Rechenverfahren zur Lösung des Problems angewandt, oder wenn nötig neue entwickelt bzw. bekannte abgeändert. Die angestrebte Kreativitätsförderung tritt besonders in der 4. Phase zu Tage, in der das Modell auf neue Situationen übertragen werden soll. Beim Mathematisieren von Situationen werden die Probleme also nicht vom Lehrer oder dem Schulbuch vorgegeben, wie es bei den klassischen eingekleideten Aufgaben der Fall ist, sondern die Schüler müssen die Situation erst mal analysieren, um das Problem zu entdecken. Zu dieser Analyse gehört auch die sachkundliche Betrachtung der Situation. Winter hebt hervor, daß die Schüler beim Mathematisieren nicht nur etwas Sachkundliches und etwas Mathematisches lernen, sondern auch allgemeinere Problemlösefähigkeiten (Heurismen) erwerben, z.B.:

-Texte mit eigenen (anderen) Worten wiedergeben
- Texte gliedern
- verdeutlichende Skizzen anlegen, Skizzen deuten
- Tabellen herstellen und lesen
- eine Sache von einer anderen Seite her sehen
- eine Situation umdeuten _ eine Vermutung testen
- ein Ergebnis abschätzen usw."28

Die Auswahl von Situationen, die für eine solche Mathematisierung geeignet sind, und somit im Mathematik- und Sachkundeunterricht behandelt werden können und sollten, ist groß und hängt auch von den regionalen und lokalen Verhältnissen, den Schülerinteressen und auch dem Interesse des Lehrers ab. Beispiele sind häusliches Leben: eine neue Wohnung wird gesucht; Spielen: Pfeile werfen - wer trifft ins Schwarze?; Post: ein Brief geht nach München; Verkehr: der Bus hat Verspätung; Wasser: wieviel (ver)brauchst du?; Fabrikarbeit: Arbeit und Verdienst - früher und heute etc.29

Wie man an den Beispielen sehen kann, fordern diese Situationen einen fächerübergreifenden Unterricht geradezu heraus. Deshalb ist dieses umwelterschließende Sachrechnen, das als Ergänzung, nicht als Ersatz für das "klassische" Sachrechnen zu sehen ist, am besten in Form von Projektunterricht umzusetzen. Das heißt "über einen bestimmten Zeitraum wird der Stundenplan außer Kraft gesetzt, alle Aktivitäten sind auf ein Thema, auf eine Aufgabenstellung konzentriert"30. Dieser Epochenunterricht ist jedoch sehr aufwendig und findet an den meisten Grundschulen nur etwa 1-2 mal im Jahr, oft in Form von Projektwochen, statt. Als kleinere Form gibt es noch den projektartigen Unterricht, in dem z.B. im Rahmen des Mathematikunterrichts und nach Möglichkeit in Verbindung mit dem Sprach- und Sachunterricht ein Problem möglichst ganzheitlich angegangen werden kann und die Sachsituation als möglichst originär und authentisch erlebt werden kann. Kritiker dieser Unterrichtsform werfen ihr vor, die vom mathematischen Stoff geforderte Systematik käme zu kurz. Dem ist zum einen entgegenzuhalten, daß diese Projekte nur eine Ergänzung zum üblichen Mathematikunterricht darstellen, und zum anderen daß das wirkliche Lernen weitaus weniger systematisch ist als gewöhnlich unterstellt wird. Die in den Projekten gewonnen Erfahrungen, Erkenntnisse und Fähigkeiten können als Basis für das weitere, systematisch organisierte Mathematikwissen dienen.

Damit sie aber diese Funktion erfüllen können, sollten die Sachsituationen einige Voraussetzungen mehr oder weniger erfüllen:

- Authentizität (von "unmittelbar aus dem Leben gegriffen" bis zu "fingiert / frisiert")

- Zugänglichkeit (von "direkt beobachtbar" bis "durch Medien vermittelt")

- Reichhaltigkeit gegenüber

Problemstellungen (von "direkt im Leben verwertbar" bis

"eher von theoretischem Interesse")

- Schwierigkeit bei der Modellbildung (von "erfordert mehrere Umstrukturierungen" bis zu "läßt sich unmittelbar auf Routinefall reduzieren")"31

Durch diese Fülle von Variationsmöglichkeiten ist auch eine günstige Voraussetzung für die innere Differenzierung des Unterrichts gegeben, so daß individuell auf die Lernbedürfnisse und -fähigkeiten der Schüler eingegangen werden kann. Zusammenfassend erklärt Winter zum umwelterschließenden Sachrechnen, daß es "ein anspruchsvolles, voraussetzungsreiches didaktisches Programm" ist, "in das tiefere Dimensionen pädagogischen Arbeitens eingehen: die übergeordneten Ziele des Mathematikunterrichts (sein möglicher Beitrag zur Entfaltung der Kreativität und zur Sensibilisierung für die Probleme unserer Welt) und das Bild, das man vom Menschen und menschlichen Lernen hat. Von diesem Konzept des umwelterschließenden Sachrechnens darf man dann aber auch eine Steigerung der Sachrechenfähigkeit erwarten."32

1.5 Mathematikunterricht als Projektunterricht

Sowohl Heinrich Winter als auch Reinhard Strehl haben erkannt, daß die hohen Anforderungen, die das "neue" Sachrechnen an den Mathematikunterricht stellt, am besten in der Form von Projekten oder projektartigem Unterricht erfüllt werden können. Strehl kennzeichnet dabei den "projektorientierten Mathematikunterricht" genauer33. Er schlägt vor, einen Sachverhalt als Ausgangspunkt zu wählen. Dabei sind ein starker Realitätsbezug, eine fächerübergreifende Anlage und eine Orientierung an den Bedürfnissen der Schüler von besonderer Bedeutung. In dieser Unterrichtsform sind, wie auch schon Winter anmerkt, sehr gute Voraussetzungen für eine Differenzierung gegeben. Auch eine Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrer kann wegfallen und wird ersetzt durch ein Gelingen oder Nichtgelingen des Projektes. Eine Beobachtung des Projektverlaufes und eventuell auftretenden Schwierigkeiten können auch sehr gut Lerndefizite aufdecken. Ein weiterer Vorteil liegt in den Möglichkeiten zum sozialen Lernen, die diese Unterrichtsform bietet, indem verschiedene Interaktionsformen gefordert werden und inhaltlich eine Beschäftigung mit gesellschaftsrelevanten Sachverhalten nicht ausbleibt.

Strehl schildert folgendes Beispiel für eine gelungene Umsetzung eines projektorientierten Mathematikunterrichts: "An einer Frankfurter Gesamtschule wurde im Rahmen eines Projektes `Fußball' unter Verwendung von Tischfußball-Spielen ein Fußballturnier im Klassenzimmer durchgeführt34.Dabei ergaben sich neben allgemein erzieherischen Aspekten wie Mannschaftsbildung in Selbstorganisation oder Diskussion, Festlegung und Respektierung eines Regelsystems an stärker mathematischen Fragestellungen z.B. die folgenden:

Nach welchem System soll der Meister ermittelt werden? Jeder gegen jeden mit Punktwertung oder nach einem sogenannten k.o.-System?

Wie sieht die Punktbewertung im einzelnen aus? Was geschieht im Falle des k.o. Systems, wenn die Anzahl der Mannschaften keine Zweierpotenz ist, so daß z.B. bei 10 Mannschaften in der zweiten Runde eine Mannschaft spielfrei bleibt. Wie erhöhen sich die Gewinnchancen einer solchen Mannschaft? Wieviele Spiele gibt es bis zum Endspiel? Wieviele Spiele sind im System Jedergegen-jeden zu absolvieren? Wie ist die Rangfolge der Mannschaften zu ermitteln? Was soll bei Punktgleichheit entscheiden, Tordifferenz oder Torverhältnis? Wie kann `getippt' werden? Wie sind die Gewinnchancen, und wie ist ein Gewinnplan zu gestalten?

Wie weit der unterschiedliche mathematische Gehalt und Schwierigkeitsgrad solcher Fragen im Verlauf des Projektes bewältigt werden konnte, ist dem vorliegenden Bericht nicht zu entnehmen. Daß jedoch viel Mathematik mit dem Vorhaben verbunden ist, liegt auf der Hand: Ordnen von Zahlen bzw. Zahlenpaaren, Differenz und Verhältnis, Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitsrechnung und vieles mehr ist angesprochen."35

Dem Autor sind jedoch auch die vielfältigen Schwierigkeiten und Probleme bewußt, die im projektorientierten Mathematikunterricht auftreten können und z.T. sogar schon in seinem Ansatz liegen.

- Wenn die Mathematik als Werkzeug und Hilfsmittel benutzt wird, besteht die Gefahr, daß es nicht zu einer einsichtigen Erarbeitung der anzuwendenden mathematischen Verfahren kommt, sondern diese nur mitgeteilt und unverstanden eingeübt werden. _ Die Themen sollen sich an den Interessen und Bedürfnissen der Schüler orientieren und nach Möglichkeit von diesen selber vorgeschlagen werden (Prinzip der Selbstbestimmung). In diesem Zusammenhang besteht jedoch das Problem, daß zum einen Schülerinteressen stark durch Moden, Werbung etc. fremdbestimmt sind und zum anderen es auch Lernprozesse gibt, die unbedingt nötig sind, aber von den Schülern zunächst nicht gewollt sind. Hier muß der Mathematikunterricht auch seine Aufgabe, neue Interessen zu wecken, im Auge behalten. In solchen Fällen sollte der Lehrer mehrere Angebote machen, die Schülerinteressen berücksichtigen und auch eine inhaltliche und mathematische Relevanz aufweisen. Dann können die Schüler selbstbestimmt zwischen diesen Angeboten wählen und auch die Gestaltung und Durchführung sowie die Eigenaktivität bei der konkreten Arbeit im Projekt selbst bestimmen.

- Das "neue" Sachrechnen fordert zwar ein Lernen an Inhalten mit deutlichem Bezug zur gesellschaftlichen Realität, aber das bedeutet kein ausnahmslos gesellschaftskritisches Sachrechnen in jedem Fall. "Zur Erschließung der Umwelt im Sachrechnen gehört es auch, ganz einfach Dinge mathematisch sehen zu lernen bzw. im Umgang mit einfachen Objekten Mathematisches zu entdecken."36

- Es muß bewußt sein, daß die Mathematik heraustritt aus der Isolierung im Fachlichen und Probleme des Urteilens und der moralischen und politischen Wertung hinzukommen. Hier ist ein fächerübergreifendes Arbeiten v.a. in Verbindung mit dem Sachkundeunterricht sehr wichtig. Andererseits trägt eine Überbetonung der Erarbeitung des gesellschaftlichen Kontextes der angesprochenen Inhalte im Extremfall auch die Gefahr eine Indoktrination für oder gegen ein Wirtschaftssystem oder eine Gesellschaftsordnung in sich. Jedoch erscheint mir die Gefahr einer gänzlich kritiklosen Bearbeitung von Sachaufgaben ohne jegliche Diskussion der Inhalte größer.

Meiner Meinung nach sind diese Probleme dadurch zu "entschärfen", daß der Mathematikunterricht nicht gänzlich projektartig abläuft, sondern etwa zweimal im Jahr ein Projekt durchgeführt wird, das vorher gründlich und genau vorbereitet wurde und auf die möglichen Schwierigkeiten hin überprüft wurde. Die positiven Merkmale einer solchen Unterrichtsform scheinen mir als zu wichtig und zahlreich, als daß man in Hinblick auf mögliche Probleme ganz darauf verzichten könnte. Der enge Bezug zur Sachkunde ist sowohl in diesen Projekten als auch im "normalen" Mathematikunterricht immer wieder zu suchen und herzustellen.

Strehl merkt abschließend an: "Die Überlegungen dieses Abschnittes werden deutlich gemacht haben, daß Sachrechnen - im Projektunterricht wie auch sonst - kaum jemals ein didaktisch und methodisch gesichertes, abgeschlossenes Gebiet des Mathematikunterrichts sein dürfte, sondern daß sich der Lehrer dabei immer wieder neu vor eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe gestellt sieht."37

2. Sachunterricht

2.1 Die Geschichte des Sachunterrichts

Der Sachunterricht ist eines der jüngsten Schulfächer überhaupt. Erst seit den 70er Jahren ist er offiziell anerkannt unter dieser Bezeichnung, der Sachunterricht ersetzte zu dieser Zeit das Fach Heimatkunde. Im folgenden soll die Entwicklung vom Heimatkunde- zum Sachunterricht aufgezeigt werden. In der Regel werden Daten dabei genannt, die das Bundesland Nordrhein-Westfalen betreffen, die beschriebene Entwicklung vollzog sich jedoch, ungefähr zeitgleich, in der gesamten Bundesrepublik.

2.1.1 Die traditionelle Heimatkunde

Die Heimatkunde entwickelte sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts aus dem Anschauungsunterricht. Auf die ,,Epoche" des Anschauungsunterrichts soll an dieser Stelle gar nicht weiter eingegangen werden, u. a. da es keine spektakulären Unterschiede zwischen Anschauungsunterricht und Heimatkunde gab. Im Lauf der Zeit hat die Heimatkunde verschiedene Formen angenommen, man kann also nicht schlechthin von ,,der" Heimatkunde sprechen. Beispielsweise stand ursprünglich die Erdkunde im Mittelpunkt, nach 1918 und 1945 wurde unter dem Eindruck verlorener Heimat hingegen die soziale Komponente besonders betont.

Grundprinzipien jeglicher Form der Heimatkunde waren das Anschauungs- und das Ganzheitsprinzip. Unter dem Prinzip der Anschauung verstand man das Lernen an der erfahrbaren Wirklichkeit, es basierte auf dem Gedanken, daß sich kindliches Lernen in hohem Maße in Begegnung mit der Umwelt vollzieht, in der das Kind täglich lebt. Das Prinzip der Ganzheitlichkeit meint im bezug auf die traditionelle Heimatkunde, daß sie in den ersten beiden Schuljahren der Volksschule nicht als Fach unterrichtet wurde, sondern in den Gesamtunterricht mit seinen verschiedenen Lernfunktionen eingebettet war, und auch im 3. bzw. 4. Schuljahr auf jede Auffächerung der nun als Fach unterrichteten Heimatkunde verzichtet wurde. Fatal an der geschilderten Situation war nach Jürgen Reichen, daß ,,die Sache, um die es in diesem Unterricht jeweils hätte gehen sollen, gar nicht primär Unterrichtsgegenstand war, sondern bloss dienende Funktion hatte, als Aufhänger für Sprach- und Rechenübungen, Zeichnen, Lesetexte, Gedichte ... Typisch war eine Kindertümelei und Anthropomorphisierung der Sachverhalte, welche die Hinführung des Kindes zur selbständigen Bewältigung seiner Um- und Lebenswelt verfehlte."38

2.1.2 Der Übergang zum Sachunterricht

Die Reform der Grundschule in der Bundesrepublik zu Beginn der 70er Jahre führte dazu, daß die traditionelle Heimatkunde von einem vorfachlichen Sachunterricht abgelöst wurde. Der Sachunterricht sollte eine notwendige Weiterführung der Heimatkunde darstellen. Die gesamte Reformbewegung ist in Zusammenhang mit dem sogenannten ,,Sputnikschock" zu sehen. 1957 gelang es der Sowjetunion erstmals einen künstlichen Satelliten namens ,,Sputnik" in die Erdumlaufbahn zu bringen, dieses Ereignis erzeugte in den westlichen Industrienationen einen Schock vor einem grossen Technologievorsprung des Ostens, der durch eine breitangelegte Bildungsoffensive wieder eingeholt werden sollte. Diese ,,Bildungsoffensive" nahm auch Einfluß auf die Grundschule.

U.a. wurden die Grundprinzipien der Heimatkunde kritisiert. Das Prinzip der Anschauung, sei im Heimatkundeunterricht fälschlicherweise mit Lokalisierung gleichgesetzt worden. Selbstverständlich erachtete man weiterhin das Konkrete und die realen Sachbezüge für besonders bedeutsam, jedoch dürften diese nicht mit Lokalisieren auf einen eng begrenzten Erdraum gleichgesetzt werden. Wesentlich weitreichender war demgegenüber die Kritik am Prinzip der Ganzheitlichkeit. Die Reformer beriefen sich dabei auf die Annahme, daß erfolgreiches Lernen bereits beim Grundschüler stärker fachlogisch strukturiert sei, als es die Theorie der Totalität des Erlebens annahm. Dem Gesamtunterricht wurde eine Absage erteilt, 1973 erschienen im Zuge der Schulreform neue Richtlinien und Lehrpläne für die Schulen Nordrhein-Westfalens, u.a. auch der erste Lehrplan für das neue Schulfach Sachunterricht. Der Sachunterricht wird von Ferdinand Kopp zu Beginn der 70er Jahre umschrieben ,,als ein situationsgemäßes, lernzielorietiertes und damit fachspezifisches Lehren und Lernen, und dies auf der Grundlage anschaulich-konkreter Unterrichtsthemen."39 Kopp führt hierzu aus, daß situationsgemäßer Unterricht auf einer Analyse der Ausgangssituation beruhe, heute würden wir den Begriff Bedingungsfeldanalyse benutzen. Die Situation bilde die Basis des Sachunterrichts, daran anschließend geht Kopp auf das lernzielorietierte und fachspezifische Lehren ein. Lernziele stellen ein Endverhalten dar, das von der Schule bei den Schülern angestrebt wird. Dabei unterscheidet er zwischen Globalzielen, Teilzielen und Feinzielen. Sie seien allesamt an das Gesetz der Sache und an die Logik der Zusammenhänge gebunden und somit notwendigerweise fachorientiert. Der demzufolge wissenschaftsorientierte Sachunterricht sei nach facheigenen Gesichtspunkten aufgegliedert in die Breiche Sozial- und Wirtschaftslehre, Geschichte, Erdkunde, Biologie, Chemie und Physik.40

2.1.3 Die Reform des Sachunterrichts

Analysiert man den Lehrplan Sachunterricht von 1973 so werden zwar Absichten erkennbar, die auf fächerübergreifendes Arbeiten hindeuten, jedoch fand in diesem Zusammenhang keine Umsetzung in die Praxis statt, im Gegenteil, das ebenfalls vom Lehrplan gebotene fein säuberlich nach Fächern gegliederte Konzept, wurde auf die Praxis übertragen. Michael Soostmeyer bezeichnet den damaligen Sachunterricht rückblickend als ein ,,Konglomerat von Minifächern". Eben diese Fachorientierung wurde kritisiert ,,als Zersplitterung von Gedankenzusammenhängen, als Entfremdung von der kindlichen Geistesverfassung, als Überfülle an Inhalten und an speziellen Lernzielen, als Überforderung sowie als bloße Wissensanhäufung ..."41

Die Schulreform erwies sich im Lauf der nachfolgenden Jahre als völlig überstürzt. Im Zuge dessen erschienen 1985 revidierte Richtlinien für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen sowie neue Lehrpläne, u.a. auch für das Fach Sachunterricht. Wie eingangs bereits erwähnt vollzieht sich diese Entwicklung ungefähr zeitgleich in der gesamten Bundesrepublik, wobei Nordrhein-Westfalen, das einzige Bundesland ist, welches an ,,Sachunterricht" als ausschließlicher Bezeichnung für dieses Fach festhält, andere Bundesländer kehren zur Bezeichnung ,,Heimatkunde" zurück, oder verwenden beide Ausdrücke gleichzeitig zur Bezeichnung des Schulfachs.

Hauptanliegen des revidierten, immer noch aktuellen Lehrplan ist es, einer Fachorientierung besser gesagt einer Verfachlichung des Sachunterrichts vorzubeugen. ,,Das Muster eines auf die Fächer und deren Strukturen oder Methoden bezogenen Sachunterrichts wurde zugunsten eines lebensweltlich akzentuierten Ansatzes und einer offenen Unterrichtsplanung verlassen."42 Dementsprechend bietet der Lehrplan von 1985 auch kein nach Fächern gegliedertes Konzept wie sein Vorgänger. Es ist allgemeiner von natürlichen, technischen und sozialen Phänomenen die Rede, welche in den verbindlichen Aufgabenschwerpunkten für die Klassen 1 und 2 sowie 3 und 4 konkretisiert werden. Der Unterricht gemäß dieses Konzeptes soll Gelegenheiten bieten, Vorgehensweisen aufzugreifen, in denen Kinder erste Erfahrungen mit der wissenschaftlichen Form der Wirklichkeitserschließung machen.43 Die Aufgabenschwerpunkte lassen der Lehrerin bzw. dem Lehrer viel Spielraum für individuelle Unterrichtsgestaltung.

2.2 Didaktik des Sachunterrichts - Orientierungen im Sinne des aktuellen Lehrplans

Im folgenden sollen wichtige Elemente der Sachunterrichtsdidaktik, welche auch im aktuellen Lehrplan zu finden sind, erörtert werden. Auf Elemente einer allgemeinen Didaktik, welche für alle Unterrichtsfächer Gültigkeit beanspruchen, wie Zielgemäßheit des Unterrichts, Auswahl der Unterrichtsinhalte, Handlungsorientierung etc., wird an dieser Stelle nicht eingegangen.

2.2.1 Wissenschaftsorientierung

Wissenschaftsorientierung in der Grundschule darf nicht mit Fachorientierung gleichgesetzt werden, wie es die Fehlentwicklungen in der Vergangenheit gezeigt haben (s. 2.1.2). Der Versuch den Grundschulunterricht am Fächerkanon der Sekundarstufe zu orientieren, ist gescheitert. Trotzdem ist wissenschaftsorientierter Unterricht nicht mehr wegzudenken, wenn Grundschüler auf ihre Zukunft vorbereitet werden sollen, diese Wissenschaftsorientierung darf jedoch nicht eindimensional sein. Der Unterricht soll sich an den Wissenschaftsbereichen orientieren, nicht auf Einzeldisziplinen ausrichten, daher wird Sachunterricht auch als Lernbereich bezeichnet und deshalb ist im Lehrplan auch nur von natürlichen, technischen und sozialen Phänomenen die Rede, anstatt einer Aufzählung von Einzelfächern. Reichen spricht in diesem Zusammenhang von Wissenschaftspropädeutik, er geht dabei auch darauf ein, daß Wissenschaftsorientierung und Kindgemäßheit sich nicht notwendigerweise ausschließen. ,,>Propädeutik< bedeutet ursprünglich soviel wie Vorunterweisung. Wissenschaftspropädeutik kann also sinngemäß als Vorform von Wissenschaft verstanden werden. Demnach soll sich Sachunterricht zwar an der Wissenschaft orientieren, aber nicht in der Form von Wissenschaft durchgeführt werden, sondern in einer alters- und stufengemässen Vorform."44

Gemäß Lehrplan hat man unter Wissenschaftsorientierung einen fortschreitenden Prozeß zu verstehen, in dessen Verlauf Kinder von situativ bedingten und subjektiven Aussagen zu allgemeingültigen Aussagen gelangen. Die Art und Weise, wie Kinder mit ihrer Umwelt in Interaktion treten, verbiete die Zersplitterung in verschiedene, voneinander isolierte Fachaspekte. Nur unter bestimmten Bedingungen haben fachspezifische Sicht- und Vorgehensweisen im Sachunterricht ihre Berechtigung.45

2.2.2 Orientierung auf die Lebenswirklichkeit des Kindes

Das Paradigma der Fachorientierung wurde zugunsten einer Orientierung des Sachunterrichts an den Kindern in ihrer Lebenswirklichkeit aufgegeben, womit nicht gesagt ist, daß Sachunterricht auf die Vermittlung fachlicher Inhalte vollkommen verzichtet (s.o.). Lebenswirklichkeit ist der zentralste Begriff des aktuellen Lehrplans. Aber was genau ist darunter zu verstehen? Soostmeyer interpretiert sie als ,,Gesamtheit aller Personen und anderer Lebewesen, aller Sachen und Sachverhalte, zu denen das Kind Beziehungen aufgebaut hat und aufbaut. Dazu gehören auch Einflüsse, die aus Lebensumständen und - gewohnheiten unserer und aus Problemen anderer Gesellschaften stammen. Das Kind wirkt durch Handlungen in die Lebenswirklichkeit hinein oder reagiert durch sie auf Einflüsse."46 Aufgabe des Sachunterrichts ist dabei, Kindern Hilfestellungen zu geben, damit sie ihre Lebenswirklichkeit verstehen.

Der Lehrplan versucht die Lebenswirklichkeit in Ausschnitte zu gliedern, welche jedoch nicht als notwendig voneinander abgegrenzt zu verstehen sind. Diese Ausschnitte stellen Zugriffsweisen des Menschen auf die Realität dar. ,,In ihrer Lebenswirklichkeit gewinnen die Kinder Erfahrungen, indem sie:

- vertrauten und fremden Menschen begegnen,
- mit Medien umgehen,
- am Leben innerhalb und außerhalb der Schule teilhaben,
- am Verkehr teilnehmen,
- Veränderungen im Verlauf der Zeit wahrnehmen,
- Spielsachen, Werkzeuge, Materialien und Geräte benutzen,
- mit Gütern und Geld umgehen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen,
- mit der belebten Natur umgehen,
- sich mit Naturerscheinungen und der gestalteten Umwelt auseinandersetzen,
- über sich selbst nachdenken."47

Diese Erfahrungsbereiche sind sehr weit gefaßt, sie korrespondieren jedoch mit den Aufgabenschwerpunkten, welche demgegenüber enger gefaßt sind, trotzdem wird die Lehrerin bzw. der Lehrer zu keiner bestimmten Themenstellung verpflichtet, die von ihr/ihm gewählten Inhalte müssen lediglich mit den Vorgaben des Lehrplans konform sein. Interessant ist auch die Tatsache, daß es bereits früher Bemühungen gab, ein derartiges Konzept aufzustellen. Werner G. Mayer hat schon 1978 ,,Handlungsfelder statt Fächer" gefordert. Die Handlungsfelder seien als Ordnungsprinzip für den Sachunterricht zu wählen. Eng damit in Zusammenhang stünden die ,,Daseinsgrundfunktionen", welche er auch aufführt. Es handelt sich dabei um

- ernähren; kleiden; wohnen; versorgen/entsorgen;
- zusammenleben/fortpflanzen/informieren/kommunizieren;
- arbeiten; kaufen/tauschen/handeln; am Verkehr teilnehmen;
- feiern; Freizeit verbringen;
- forschen/lernen/sich bilden;
- verwalten/regieren;
- übernehmen/erhalten/verändern.48

Dabei fallen vielfältige Bezüge zu dem Konzept des aktuellen Lehrplan für das Fach Sachunterricht, mit den Ausschnitten aus der Lebenswirklichkeit sowie den Aufgabenschwerpunkten, auf.

3. Projektunterricht

3.1 Begriffsklärung

Projektunterricht ist eine besondere Lehrmethode, welche in den letzten Jahren Eingang in die Praxis vieler Grundschulen gefunden hat. Jedoch ist der Begriff des Projektes keineswegs ein Produkt der neueren sachunterrichtsdidaktischen Diskussion, schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat der amerikanische Pädagoge und Schulreformer John Dewey projektorientierten Unterricht erprobt. Sein Name wird stets mit dieser Unterrichtsmethode in Verbindung gebracht.

Dem Projektunterricht werden verschiedene Formen, Prinzipien und Kriterien zugeordnet, weshalb er sich auch schwer beschreiben läßt. Eine einheitliche Definition gibt es nicht.49 Auf den Ansatz Mayers aus dem Jahre 1978 soll im folgenden genauer eingegangen werden, interessanter Weise hat er wichtige Aspekte des Projektunterrichts schon beschrieben, einige Jahre bevor andere Pädagogen sich damit einen Namen gemacht haben. Mayer hat den Projektunterricht bereits zu einer Zeit gefordert, als diese Lehrmethode kaum in der Unterrichtspraxis zu finden war. Er listet die Prinzipien des Projektunterrichts gemäß seiner Auffassung dabei auf, welche sich streng genommen nur auf mehrperspektivischen Sachunterricht beziehen, jedoch auf Unterricht im Allgemeinen übertragbar sind. Vereinfacht dargestellt liege demnach jedem Projekt eine inhaltliche Einheit zugrunde, dieser Inhalt müsse alterstufenbezogen und kindgemäß sein, sowie wirklich bedeutsam für die Bewältigung der Alltagswirklichkeit. Projekte sollten dabei bereits in der Planung die Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schüler mitberücksichtigen. Im Rahmen eines Projektes werde arbeitsteilig und kooperativ gearbeitet, wobei prinzipiell alle Arbeitsergebnisse allen Kindern zugänglich sein sollten. Der Lehrer spiele nicht die Rolle eines ,,nur frontal agierenden Stofftransporteurs", er sei innovierend, koordinierend, kooperierend, informativ und informationsvermittelnd tätig. Mayer unterstreicht: ,,Ziel des Lernens im Rahmen von Projekten ist also nicht nur die Dazuaufnahme von Wissen, sondern die Entfaltung der Handlungskompetenz des Kindes "50

3.2 Fächerübergreifendes Arbeiten im Projektunterricht

,,Als fächerübergreifend wird ein Unterricht bezeichnet, der Inhalte aus verschiedenen Fächern aufgreift. Der Projektunterricht ist häufig ein fächerübergreifender Unterricht."51 Den Worten von Ingbert von Martial ist hinzuzufügen, daß bezogen auf den Sachunterricht, der Begriff des ,,Fachs" umstritten ist (s. 2.2.1), jedoch läßt er sich auf unser Thema, nämlich die Verbindung des Mathematik- und des Sachunterrichts ohne weiteres übertragen, da es sich dabei unumstritten um zwei ,,Fächer" des Grundschulunterrichts handelt. Inhalte dieser beiden Fächer lassen sich in einem Projekt verwirklichen, indem man ein sachunterrichtliches Thema mit sachrechnerischen Aspekten, die mit genau diesem Thema in Zusammenhang stehen, kombiniert. In der Einleitung wurde bereits auf den Lehrplan des Fachs Sachunterrichts eingegangen, wo explizit gesagt wird das Sach- und Mathematikunterricht besonders eng miteinander verbunden sind. Dergleichen wird im Lehrplan für das Fach Mathematik nicht gesagt, jedoch ergibt sich hier indirekt auch eine Verbindung zum Sachunterricht, denn der ,,Unterricht muß darauf ausgerichtet sein, mathematische Begriffsbildungen und Verfahren mit Situationen aus der Lebenswirklichkeit der Kinder in Zusammenhang zu bringen. Es gibt eine besondere Nähe zum Bereich der Grössen, aber auch arithmetische und geometrische Begriffe müssen wirklichkeitsgetreu entwickelt und durchgearbeitet werden."52

Den Schulbuchseiten bzw. dem Kommentar zum Lehrplan kann man Ideen für ein Unterrichtsprojekt zum Thema ,,Zeit" entnehmen, wobei Mathematik- und Sachunterricht miteinander verbunden werden.

4. Dokumentation durch Schulbuchseiten

Wir haben uns bei der Dokumentation der Überschaubarkeit halber auf ein einziges Thema beschränkt, und zwar auf das Thema ,,Zeit", dieses Thema hat einen festen Platz im Mathematikunterricht- als auch im Sachunterricht.

Im Lehrplan Mathematik taucht es im Bereich der Größen durchgängig, d.h. in allen vier Schuljahren, auf. Die Schüler sollen demnach ,,Erfahrungen mit Kalender und Uhr machen", ,,mit alltäglichen Zeitmaßen /Monat, Woche, Tag, Stunde, Minute) vertraut sein; mit Uhr und Kalender umgehen; Verständnis für Zeitpunkt und Zeitdauer gewinnen", ,,Kenntnisse über ... Zeitspannen anwenden; messen und schätzen", usw.. Im Lehrplan Sachunterricht gibt es einen eigenen Aufgabenschwerpunkt für die Klassen 1 und 2 zu diesem Thema, er lautet ,,Zeiteinteilungen und Zeitablauf", was u.a. bedeutet, daß die Schüler ,,mit Zeiteinteilungen (z.B. Tageszeiten, Wochentagen, Monatsnamen, Jahreszeiten) vertraut werden". Bei den Aufgabenschwerpunkten für die Klassen 3 und 4 taucht das Thema in untergeordneter Form mehrfach auf (,,Früher und heute", ,,Wetter und Jahreszeiten", ...).53

Darüber hinaus haben wir uns in einem weiteren Punkt beschränkt, wir haben nur drei Schulbücher ausgewählt, allesamt aus dem Bereich des Mathematik- bzw. Rechenunterrichts, wobei wir uns bei der Auswahl an der in bezug auf den Sachunterricht ausgeführte Phaseneinteilung (s. 2.1) orientiert und folgende Bücher ausgewählt: - ,,Zahl und Zeichen"; ein Schulbuch für den Rechenunterricht an Volksschulen, der erste Band (für Klasse 1) erschien 1962, die nachfolgenden Bände jeweils im Abstand von einem Jahr, wobei wir uns auf die ersten vier beschränkt haben.

- ,,Mathematik Grundschule NEU"; ein Schulbuch für den Mathematikunterricht an Grundschulen, der erste Band (für Klasse 1) erschien 1979, die anderen drei entsprechend später.
- ,,Das Zahlenbuch"; ein Schulbuch für den Mathematikunterricht an Grundschulen, der erste Band (für Klasse 1) erschien 1994, die anderen drei entsprechend später.

Im Lehrplan Sachunterricht wird betont, daß der Sachunterricht kein Buchunterricht ist54, dies ist der Grund weshalb wir bei der Dokumentation kein Schulbuch für dieses Fach ausgewählt haben, sondern die Unterrichtsvorschläge zu diesem Thema lediglich dem Kommentar des Lehrplans entnehmen (vgl. Anlage).

Zahl und Zeichen:

In nur zwei der ersten vier Bände dieses Schulbuches ist etwas zum Thema ,,Zeit" enthalten, und zwar in den Bänden 2 und 3 für das zweite bzw. dritte Schuljahr. Schulbuchseite 1: Diese Doppelseite stammt aus dem zweiten Band des Schulbuchs, die Zeitspannen ,,Minute", ,,Stunde" und ,,Tag" werden hier behandelt. Die Aufgaben 1-4 dienen als Einstieg in das Thema, es besteht noch keine Verbindung zur Mathematik bzw. zum Sachrechnen, obwohl das gebastelte Zifferblatt für die späteren Rechenaufgaben eine Hilfe ist. Die Aufgaben 5 und 6 sind leichte Rechenaufgaben, wo Zeitspannen und Zeitpunkte berechnet werden sollen. Während zuvor nur Zeitpunkte zwischen 1Uhr und 12Uhr (zwischen mehr Zeitpunkten kann man auf einen Zifferblatt nicht unterscheiden) auftauchten, werden in den Aufgaben 7-9 auch Zeitpunkte von 13Uhr bis 24Uhr eingeführt, welche jedoch für die folgenden Rechenaufgaben kaum relevant sind. Hintergrund dieser Aufteilung ist, daß man den Tag zum einen in zwei Hälften à 12 Stunden einteilen kann und beispielsweise zwischen 12Uhr mittags und 12Uhr nachts unterscheidet (Zifferblatt) oder zum anderen den Tag in 24 Stunden einteilen kann, wobei die eben genannte Unterscheidung hinfällig ist (digitale Zeitanzeige). Nachdem bisher nur auf die Zeitspanne ,,Stunde" eingegangen wurde, stellen die Aufgaben 10-13 Rechenaufgaben dar, wo Zeitspannen in Minuten bzw. Stunden und Minuten berechnet werden. In Aufgabe 14 wird zusätzlich noch ausgehend von der Zeitspanne ,,Tag" gerechnet. Die Aufgaben 15-18 sind leichte Sachaufgaben, eine Textaufgaben wird jeweils vorgegeben interessanter Weise ohne Fragestellung, wiederum geht es um die Berechnung von Zeitpunkten und Zeitspannen.

Schulbuchseite 2 und Schulbuchseite 3: Hierbei handelt es sich um drei aufeinanderfolgende Seiten aus dem dritten Band des Schulbuchs, diese kleine Unterrichtsreihe ist noch einmal inhaltlich unterteilt, bei der ersten Seite stehen die Zeitspanne ,,Jahr", ,,Monat" und ,,Tag" im Mittelpunkt, bei den anderen beiden die Zeitspannen ,,Tage", ,,Stunden" und ,,Minuten". Viele Aufgaben zielen dabei wieder lediglich darauf ab, Zeitspannen und Zeitpunkte zu errechnen, wobei es sich nicht um Textaufgaben handelt, auf diese wird im folgenden nicht mehr eingegangen. Aufgabe 4 der ersten Seite enthält eine ikonische Darstellung, der man die Monatsnamen entnehmen kann, sowie die Länge der einzelnen Monate gemessen in Tagen. In der nächsten Aufgaben wird dem Schüler eine sogenannte ,,Eselsbrücke" verraten, wie er sich merken kann welche Monate wie viele Tage haben (,,Wenn du eine Faust machst, ..."). Für die Rechnungen erfolgt eine wichtige Festlegung in Aufgabe 6, und zwar solle man beim Rechnen gewöhnlich davon ausgehen, daß ein Monat aus 30 Tagen besteht. Zwischen Sachrechnen und Aufgabe 1 von Schulbuchseite 2 rechts besteht kein Zusammenhang. Auf der Schulbuchseite 3 folgt noch eine komplexe Textaufgabe, die aus insgesamt vier Unteraufgaben besteht. Und ein ,,Spiel mit der Zahlenuhr" welches sich bei näherem Hinsehen jedoch als mit dem Thema nicht zusammenhängend entpuppt. Insgesamt läßt sich zu diesen Schulbüchern sagen, daß dem Schüler nur wenig Denkanstöße im Sinne des echten Sachrechnens gegeben werden. Die wenige Textaufgaben stellen keine hohen Ansprüche an das Denkvermögen der Schüler. Der Aufbau der Schulbuchseiten ist sehr unübersichtlich. Die einzelnen Seiten enthalten sehr viele Aufgaben, diese werden fast gar nicht von Arbeitsikonen begleitet. Der Schüler wird auch kaum handelnd tätig. In erster Linie geht es bei den Aufgaben um das Ausführen einfacher Rechenoperationen. Die Zeitspanne Sekunde wird überhaupt nicht thematisiert.

Mathematik Grundschule NEU:

Mit Ausnahme des ersten Bandes ist allen Bänden dieses Schulbuches etwas zum Thema ,,Zeit" enthalten.

Schulbuchseiten 4-7: Bei diesen vier aufeinanderfolgenden Seiten handelt es sich um eine Kapitel aus dem zweiten Band des Schulbuchs (für Klasse 2), dieses ist unterteilt in die zwei Abschnitte ,,Uhr" und ,,Kalender". In beiden Abschnitten kommt es darauf an, daß die Kinder zunächst den Zeitpunkt erkennen lernen: Die Uhrzeit, das Datum. Danach muß der Zeitraum als Abschnitt zwischen zwei Zeitpunkten verstanden werden. Der Abschnitt ,,Uhr" geht von konkreten Zeitpunkten, der Abschnitt ,,Kalender" vom Kalender des Jahres 1981.

,,Der Tag" (Schulbuchseite 4): Aufgabe 1 zeigt an vier Beispielen typische Verrichtungen, die die Kinder zu den angegebenen Uhrzeiten ausführen. In Aufgabe 2 wird gegenübergestellt, daß eine Zeigerstellung der Uhr zwei Uhrzeiten angibt, je nachdem ob es sich um eine Vormittags- oder Nachmittagszeit handelt. In Aufgabe 3 sollen Uhrzeiten auf dem Uhrenmodell, welches neben dem Kalender das einzige Arbeitsmittel dieser Unterrichtsreihe darstellt, richtig eingestellt und dann die Zeigerstellung in die Zifferblätter eingezeichnet werden. Dabei ist bei den letzten drei Uhren ein Teil der Ziffern weggelassen. In den Aufgaben 4-8 werden Zeitspannen und Zeitpunkte berechnet, Aufgabe 6 birgt eine besondere Schwierigkeit, und zwar ist dort die 24-Uhr-Schwelle zu beachten. Im Lehrerhandbuch werden zu dieser Seite mehrere Lernziele angegeben, u.a. soll die Uhrzeit (volle Stunden) aus der Zeigerstellung abgelesen und Uhrzeiten eingestellt werden können, die Stundenzählung beherrscht werden, eine Zeitspanne aus zwei Uhrzeiten (in Stunden) berechnet werden können, usw..

,,Die Uhrzeit" (Schulbuchseite 5): Aufgabe 1 dargestellte Zeigerstellung, wenn nach der vollen Stunde 15 Minuten vergangen sind, daneben wird die Minute als Untereinheit der Stunde erläutert. Die Aufgaben 2-5 entsprechen denen der Vorseite. Die Aufgabe 6-8 bestehen aus Ableseübungen für Zeitspannen in Sekunden. Die Kinder erfahren, daß sie nicht immer im Sekundenmaß zählen. In Aufgabe 9 und 10 sollen Zeitspanne verglichen werden. Wiederum werden im Lehrerhandbuch Lernziele angegeben, u.a. die genaue Uhrzeit aus der Stellung beider Zeiger ablesen und aufschreiben sowie Uhrzeiten einstellen können, Zeitspannen messen und vergleichen, eine Zeitspanne aus zwei Uhrzeiten genau berechnen können.

,,Das Jahr" (Schulbuchseite 6): Aufgabe 1 zeigt einen Kalender des Jahres 1981, wobei die Begriffe Halbjahr und Vierteljahr aus der zahl der Monate abgeleitet werden soll. Aufgabe 2 ist eine Schreibübung, wobei vom Kalender als Arbeitsikone Gebrauch gemacht werden kann. Bei Aufgabe 3 und 4 handelt es sich um eine Ankreuz- bzw. Eintragübung, wiederum dient der Kalender als Arbeitsmittel. Aufgabe 5 dient dazu, die Numerierung der Monate, die für die Datumsangabe wichtig ist, einzuprägen. Mit diesen Aufgaben sind die Lernziele ,,Den Kalender verstehen, die Monate, deren Stellung im Jahr und deren unterschiedlichen Längen kennenlernen" und ,,Teile des Jahres in Monate und umgekehrt umrechnen können" verbunden.

,,Das Datum" (Schulbuchseite 7): In Aufgabe 1 wird an einem Beispiel ein Datum eingeführt und anhand des Kalenders ein Zeitabschnitt berechnet. Aufgabe 2 erklärt die Ordnungszahl in der Datumsangabe. Aufgaben 3 ist wiederum eine Schreibaufgabe, es geht darum die Ordnungszahlen für die Monate durch ihre Eigennamen zu ersetzen. Aufgabe 4 ist eine Schreibübung, die Bezeichnung der Wochentage steht hierbei im Mittelpunkt. Die Aufgaben 5-8 werden mit Hilfe des Kalenders gelöst. Aufgabe 5 übt das Ablesen der Wochentage aus dem Kalender, Aufgabe 6 kehrt diese Aufgabenstellung um. In Aufgabe 7 soll die Anzahl bestimmter Tage innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne ermittelt werden. Bei Aufgabe 8 geht es wiederum um das Lesen des Kalenders. Aufgabe 9-11 verlangen das Umrechnen von Wochen in Tage. Mehrere Lernziele werden mit diesen Aufgaben verfolgt, z.B. die bedeutung des Datums erkennen und das Datum schreiben können, Zeitspannen aus zwei Daten berechnen könne, Tage in Wochen und umgekehrt umrechnen können.55 Schulbuchseite 8: Diese Seite stammt aus dem dritten Band des Schulbuchs, sie ist einen Sachrechnenkapitel entnommen. Dies ist die einzige Seite des gesamten Bandes, die das Thema ,,Zeit" bzw. ,,Zeitspanne" thematisiert. Fahrpläne stehen im Mittelpunkt, welche analysiert werden. In Aufgabe 1 werden Fahrzeiten von Zügen (Zeitspanne) mit Hilfe des Fahrplans berechnet, zuvor sollten Begriffe wie Abfahrt, Ankunft, Fahrzeit, Aufenthalt geklärt werden. Anschließend werden die Züge der Schnelligkeit nach geordnet. Aufgabe 2 besteht aus Orientierungsübungen verbunden mit Zeitspannenbestimmungen in diesem Fahrplan. In Aufgabe 4 soll ein unvollständiger Fahrplan durch logisches Denken vervollständigt werden. Aufgabe 5 bezieht sich auf den Fahrplan aus der vorherigen Aufgabe, dessen Daten nun noch einmal verwendet werden. Aufgabe 6 führt die Begriffe halbe Stunde und Viertelstunde ein und bringt dazu Übungen. Die letzten beiden Aufgaben sind typische Textaufgaben im Sinne des traditionellen Sachrechnens. Die Lernziele sehen folgendermaßen aus, Zeitspanne bzw. Zeitpunkte berechnen, Zeiteinheiten umrechnen und Fahrpläne lesen lernen.56

Schulbuchseite 9: Diese Seite stammt aus dem vierten Band des Schulbuchs, sie ist ebenfalls in einem Kapitel zum Thema Sachrechnen zu finden, dies ist die einzige Stelle an der sich in diesem Band mit dem Thema ,,Zeit" beschäftigt wird. Diesmal stehen Gedenktage im Mittelpunkt. Während im dritten Schuljahr Zeitspannen innerhalb eines Tages ermittelt wurden geht es jetzt um Monate und Jahre. Es sind wiederum zwei Aufgabentypen zu unterscheiden zum einen werden Zeitspannen ermittelt zum anderen Zeitpunkte. Beide Aufgabentypen sind bereits in Aufgabe 1 sowie in Aufgabe 2 zu finden. In Aufgabe 3 sollen zwei Zeitspanne verglichen werden, nachdem eine von beiden umgerechnet wurde. Aufgabe 5 und 6 sind wieder reine Rechenaufgaben. In Aufgabe 7 sollen zunächst das Alter verschiedener Kinder errechnet werden, um dann für Jungen und Mädchen getrennt das Durchschnittsalter zu ermitteln. In Aufgabe 8 und 9 soll überhaupt nicht gerechnet werden hier geht es um Relation ,,ist älter als" und deren Darstellung in einem Pfeildiagramm. Die Lernziele sind identisch mit denen der Schulbuchseite 8, hinzukommt lediglich das Ziel ordnen nach dem Alter lernen.57

Das Zahlenbuch

Im Zahlenbuch wird in allen Jahrgängen der Primarstufe der Bereich Zeit thematisiert. Im Sinne eines Spiralcurriculums wird dabei aufbauend vorgegangen, d.h. jedes mal wenn ein neuer Aspekt des Themas Zeit eingeführt wird, wird auf den vorangegangenen zurückgegriffen und auf ihm aufgebaut. Die Verbindung vom mathematischen Bereich der zeit (Stunde, Minute etc.) und den Phänomenen der Natur (Sonnenlauf, Jahreszeiten etc.) bietet gute Voraussetzungen für eine fächerübergreifende Behandlung des Themas, v.a. in Zusammenarbeit mit dem Sachunterricht, worauf auch im Lehrerhandbuch immer wieder hingewiesen wird.

Die Richtlinien Mathematik für die Grundschule NRW sehen für das 1. Schuljahr zum Themenbereich Zeit vor: "Erfahrungen mit Kalender und Uhr machen" 58.

Schulbuchseite10 + 11: Auf dieser Doppelseite, die sehr ansprechend gestaltet ist, wird den Kindern die Verbindung von Uhrzeit, wobei es zunächst auf die vollen Stunden begrenzt bleibt, dem Tagesablauf, der Natur und dem Sonnenlauf nahegebracht. Eine zuerst grobe und dann detaillierte Betrachtung der Illustration führt zu einer Beschreibung der Sonnenstände in Verbindung mit den Tageszeiten Morgen, Vormittag, Mittag, Nachmittag, Abend und Nacht. Eine weitere Verknüpfung findet zu den Zahl- und Uhrdarstellungen statt, wobei auch schon die verschiedenen Möglichkeiten für die Benennung der Uhrzeit nach 12 Uhr mittags erläutert werden. Anhand der Uhrdarstellung und möglichst mit einer eigenen Lernuhr lernen die Schüler den Aufbau einer Uhr (Zifferblatt, Ziffern Stunden- und Minutenzeiger) kennen sowie das Ablesen und Einstellen voller Stunden. Die Abbildungen eines typischen Tagesablaufs eines Schulkindes stellen den Zusammenhang zum Leben der Kinder her und setzen die Rhythmisierung des Tagesablauf in Beziehung zur Uhrzeit. Als Erweiterung zur reinen Arbeit mit dem Schulbuch wird das Beobachten der Sonne, ihres Verlaufs am Himmel, die grobe Zuordnung zu Himmelsrichtungen, ohne schon deren Namen einzuführen, und das handelnde Lernen mit einer eigenen Lernuhr empfohlen.59

Im 2. Schuljahr sollen die Schüler "mit den alltäglichen Zeitmaßen (Monat, Woche, Tag, Stunde, Minute) vertraut sein; mit Uhr und Kalender umgehen; Verständnis für Zeitpunkt und Zeitdauer gewinnen" 60. In diesem Schuljahr liegt der Schwerpunkt, was den Bereich der Zeit betrifft.

Schulbuchseite 12: Auf dieser Seite wird an die schon bekannte Darstellung der vollen Stunde angeknüpft und zusätzlich die in der Umwelt oft zu findende digitale Zeitangabe eingeführt. Die Schüler sollen erkennen, daß der Tag 24 Stunden hat, der kleine Zeiger die Stunden anzeigt, der große Zeiger bei der vollen Stunde auf der 12 steht und daß der kleine Zeiger jeden Tag zwei mal über das Zifferblatt wandert. Es werden verschiedene Uhren vorgestellt und die zwei Möglichkeiten der Benennung der Uhrzeit nach zwölf Uhr mittags nochmals geübt. In der Einstiegsdarstellung ist die Uhrzeit 8 Uhr morgens als übliche Schulanfangszeit und 8 Uhr abends bzw. 20 Uhr als häufige Schlafenszeit (Beginn der Nachrichten) gewählt worden. Zu Aufgabe 1 und 2 soll wieder die Übung an der eigenen Lernuhr kommen. Aufgabe 3 dient dazu, ein erstes Gefühl für Zeitdauer zu gewinnen und Zeitspannen zu berechnen, entweder durch Ergänzen ( 8 + _ = 11 ) oder Subtraktion ( 11 - 8 = _ )61.

Schulbuchseite 13: Auf dieser Seite die Viertelstunde, die halbe Stunde und die Dreiviertelstunde eingeführt. Dazu zählen auch die unterschiedlichen Sprechweisen, z.B. 8.15 = 8 Uhr 15 oder 8 Uhr und 15 Minuten oder viertel nach 8, eventuell auch regional übliche Bezeichnungen. Es wird deutlich gemacht, daß eine Stunde 60 Minuten hat und sich diese in vier mal 15 Minuten unterteilen lassen, was der Vierteilung des Zifferblattes entspricht. In Aufgabe 2 wird erneut die digitale Zeitdarstellung aufgegriffen und mit der analogen Lernuhr in Verbindung gebracht. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Seite liegt auf der Gewinnung von weiteren Erfahrungen zur Zeitdauer, die möglichst am eigenen Leibe erfahren werden sollen. Hierzu werden auch weitere Übungen (1 min ganz leise sein, 1 min Dauerlauf, wie oft atmet man in 1 Minute, etc.) im Lehrerhandbuch angegeben. Aufgabe 4 bietet wieder Möglichkeiten die Lernuhr einzusetzen, diesmal um Zeitspannen zu ermitteln. In Aufgabe 5 sollen die Schüler mit der nun bekannten Größe Zeit rechnen, indem sie auf die angegebene Minutenzahl ergänzen62.

Schulbuchseite 14: Hier wird erneut der Tagesablauf eines Schulkindes in Verbindung mit Uhrzeiten, diesmal nicht mehr auf die vollen Stunden beschränkt, dargestellt. Anschließend wird ein Stundenplan als eine Möglichkeit der Gliederung der Woche in Tage vorgestellt. So kann auch der Unterschied einer Zeit- und einer Schulstunde thematisiert werden. Außerdem bietet Lisas Stundenplan mit den Angaben zu Nachmittagsaktivitäten und der Vergleich zum eigenen Stundenplan viele Sprechanlässe. Die Aufgaben 4 und 5 fordern wieder das Rechnen mit der Größe Zeit (ergänzen), wobei hier nun keine Einschränkungen (nur volle, halbe Stunde etc.) mehr gegeben sind63.

Schulbuchseite 15: Auf dieser Seite wird ein weiterer Aspekt, der zum Themenbereich Zeit gehört, eingeführt, der Kalender und damit die Einteilung des Jahres in zwölf Monate. Die Monatsnamen werden erläutert, eventuell auch ihre Herkunft und Bedeutung (Verbindung zum Sachunterricht!). Es wird auf die unterschiedliche Länge der Monate hingewiesen und auf eine "Eselsbrücke", um sich die Anzahl der Tage eines Monats merken zu können. Ein weiteres Lernziel der Seite ist die Entwicklung und Einführung der korrekten Schreibweise des Datums mit Wochentag, Tag, Monat und Jahr, wobei der Monat ausgeschrieben oder als Zahl geschrieben werden kann (vgl. Aufgabe 4). Aufgabe 5 kann sowohl durch Ablesen am Kalender als auch durch Rechnen gelöst werden. Insgesamt ist es wichtig, vorher eine Standortbestimmung durchzuführen, indem z.B. die Kinder unterschiedliche Kalender mitbringen und darüber erzählen. Auch Orientierungsübungen am Kalender der Art "Tippe auf den 12.Mai, welcher Wochentag ist der 30.September? etc.) sind von Bedeutung. Als Anwendung im Alltag können die Schüler gemeinsam einen großen Geburtstagskalender der Klasse anlegen64.

Schulbuchseite 16: In Aufgabe 2 dieser Seite wird die Uhr wieder aufgegriffen, diesmal im Zusammenhang mit der Multiplikation. Den Schülern wird die Aufteilung des Zifferblattes in "Fünfer" vor Augen geführt. Hier steht die Einübung der 5er Reihe im Vordergrund, indem eine alltägliche Anwendung dieser Reihe aufgezeigt wird. In Aufgabe 3 taucht erstmals im Zahlenbuch eine "Kapitänsaufgabe" auf. Sie dient, wie unter 1. schon aufgeführt, als Gegensteuerung zum "heimlichen Lehrplan", in dem für viele Schüler steht, daß jede Aufgabe eine (eindeutige) Lösung haben muß. Sowohl Radatz / Schipper als auch Winter fordern den Einsatz von solchen unsinnigen, nicht lösbaren Aufgaben, um zu einem sinnvollen und das Verständnis und die Einsicht fördernden Umgang mit Textaufgaben anzuleiten65. Schulbuchseite 17: Auf dieser Seite wird der Themenbereich Zeit in diesem Schuljahr zum letzten Mal behandelt. Der Aspekt des Alters steht im Vordergrund. Die Schüler sollen arithmetische Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge erarbeiten, anwenden und veriefen. hinzu kommt die existentielle Erfahrung, daß der Altersunterschied zweier Personen immer gleich bleibt. Die erste Aufgabe dient der Herausarbeitung der drei Zeitstufen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie sie auch für den (geschichtlichen) Sachunterricht unerläßlich ist. Aufgabe 2 fordert wieder das Ergänzen bzw. Subtrahieren. Die Konstanz des Altersunterschiedes wird in den Aufgaben 2-4 deutlich. Aufgabe 6 fordert dagegen eine ganz andere Lösungsstrategie. Die Lösung ist nicht durch eine bestimmte Rechnung zu finden (auch die Lehrerin bzw. der Igel wissen die Anwort nicht sofort), sondern sie erfordert ein Ausprobieren, das allerdings möglichst systematisch verlaufen sollte. Dieses systematische Vorgehen, das gemeinsam mit der Lehrerin erarbeitet werden sollte, ist eine oft zu verwendende Lösungsstrategie, und sollte deshalböfters im Mathematikunterricht auftauchen. Die Aufgaben 7 und 8 sind wieder Kapitänsaufgaben66.

Im 3. Schuljahr sollen die Schüler "Kenntnisseüber _..._ Zeitspannen anwenden" 67.

Schulbuchseite 18: Im dritten Schuljahr liegt der Schwerpunkt zum Thema Zeit auf den Tageslängen. Die Schüler sollen erkennen, daß sich die Tageslänge, d.h. die Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, im Laufe des Jahres ändert. Eckdaten sind dabei der Winteranfang (21. Dezember) als kürzester Tag, der Sommeranfang (21. Juni) als längster Tag und Frühlings- bzw. Herbstanfang (21. März, 23. September) als Tag- und Nachtgleiche. Wichtig ist das Berechnen von Zeitspannen. Hier wird als Hilfsmittel der Rechenstrich als Zeitleiste angewandt. Zunächst werden noch mal die Aufgaben über Stunden und Minuten wiederholt und dabei auch die Abkürzung h für Stunde eingeführt. In Aufgabe 1 sollen dann Daten aus der Tabelle entnommen werden und die Tageslängen mit dem Rechenstrich errechnet werden (mehrere Strategien). In diesem Zusammenhang sollte auch auf die zwei Bedeutungen von Tag hingewiesen werden (ein Tag = 24 Stunden oder der helle Tag). Die 2. Aufgabe erfordert wieder das Rechnen mit dem Rechenstrich, diesmal auf kürzere Zeitspannen bezogen (unter einer Stunde). Auch hier gibt es verschiedene Berechnungsmöglichkeiten. Am Ende der Seite wird das Umwandeln von Minuten in Stunden und Minuten geübt. Der Lehrerband gibt v.a. bezüglich der "Vogeluhr" weiterführende Hinweise, wie das Thema auch im Sachkundeunterricht behandelt und vertieft werden kann. Außerdem wird darauf hingewiesen, auch Sommer- und Winterzeit und die Abhängigkeit der Tageslänge von der geographischen Lage des Ortes zu thematisieren68. Im 4. Schuljahr sollen die Schüler " in den Größ enbereichen die folgenden Einheiten verwenden:_..._ Zeitspannen: Jahr, Monat, Woche, Tag, Stunde, Minute, Sekunde" 69. Schulbuchseite 19: Als letzte gängige Zeiteinheit wird auf dieser Seite die Sekunde eingeführt. Neben dem Erlernen der Merksätze 1 h = 60 min und 1 min = 60 s sind besonders elementare Sinneserfahrungen zur Sekunde wichtig. Die neue Zeiteinheit soll zu den schon bekannten in Beziehung gesetzt werden. Das routinemäßige Umrechnen von einer Zeiteinheit in andere ist in Klasse 4 noch nicht das Ziel. Die erste Aufgabe dient der Einführung und sollte mit Beobachten an der eigenen Armbanduhr verbunden werden (eventuell in Gruppen). Eine Verstärkung des Gefühls für die Zeitdauer einer Sekunde wird durch das Beobachten und laute Mitsprechen verstärkt. Die Schüler erkennen, daß 1 Minute = 60 Sekunden, ebenso wie 1 Stunde = 60 Minuten. Als Weiterführung können die Schüler auch versuchen, die zweite Hälfte der Minute mit geschlossenen Augen mitzuzählen. Die 2. Aufgabe vertieft den Sachverhalt und übt vor allem den Übergang von einer Minute zur nächsten bzw. von einer Stunde zur nächsten und von einem Tag zum nächsten. Aufgabe 3 ermöglicht die wichtigen elementaren Körpererfahrungen zur Sekunde. In Gruppen wird ein Sekundenpendel mit einfachen Mitteln hergestellt. Die genaue Anleitung dazu findet man im Lehrerband. Auch hier ist eine Vertiefung im Sachkundeunterricht denkbar. Aufgabe 4 fordert die Anwendung eines Grundprinzips der Größenverwandlung, das Ermitteln der Lösung durch Beachten einer dazwischenliegenden Einheit (1 h hat 60 min, 1 min hat 60 s; 60 min haben 60 x 60 = 3600 s). Nach Möglichkeit sollten die Schüler diese Lösung selbständig ermitteln. Aufgabe 6 kann mit dem gesunden Menschenversand ausprobiert werden (Überschlagrechnung). In Aufgabe 7 muß das gleiche Prinzip wie in Aufgabe 4 angewendet werden. Die Schüler werden die Lösung zu diesem Zeitpunkt durch halbschriftliche Strategien ermitteln, da die schriftliche Multiplikation erst später eingeführt wird. In der letzten Aufgabe der Buchseite sollen die Zeitangaben in Minuten zur Übung in Sekunden angegeben werden70. Schulbuchseite 20: Bei dieser Schulbuchseite liegt der Schwerpunkt auf dem Lesen und Interpretieren der Daten. Als Oberthema ist Ostern angegeben. Es werden viele Sachinformationen zur Frühlingszeit gegeben, die im Sachkundeunterricht noch erweitert und vertieft werden können. Auch eine projektartige Bearbeitung des Themas Frühling wäre denkbar. Der Lehrerband empfiehlt eine selbständige Bearbeitung der Seite in Gruppen nach einem ersten Durchlesen der Seite mit Klärung von Verständigungsschwierigkeiten. Aufgabe

1 kann mit Hilfe eines aktuellen Jahreskalenders gelöst werden. Dabei werden nochmals die Kenntnisse über den Kalender aus dem 2. Schuljahr aufgegriffen. Auch Aufgabe 2 greift auf schon bekannte Zusammenhänge aus dem 3. Schuljahr zurück. Die 3. Aufgabe sollte auch mit Hilfe einer Karte bearbeitet werden, auf der der Weg der Apfelblüte verfolgt werden kann. Aufgabe 4 kann zum einen durch Rechnen gelöst werden. Wichtig ist aber auch das handelnde Entdecken, indem die Kinder selber Samen säen und die tatsächliche Keimdauer mit der angegebenen vergleichen können. Die 5. Aufgabe fordert wieder ein Rechnen mit der bekannten Größe Tag im Zusammenhang mit einem Datum. Die beiden letzten Aufgaben der Seite sind Aufgaben zur Kombinatorik imösterlichen Kontext. Sie haben nichts mehr mit der Thematik Zeit zu tun, doch erfordern wieder die Lösungsstrategie durch systematisches Probieren (vgl. Aufgabe 6, Zahlenbuch 2, S. 105; s.o.)71.

5. Literatur

- Das Zahlenbuch. Mathematik im 1. - 4. Schuljahr. Stuttgart 1994, Leipzig 1995-1997
- Das Zahlenbuch. Lehrerband NRW 1. - 4. Schuljahr. Stuttgart 1994, Leipzig 1995-1997 · Kaiser, A.: Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts. Hohengehren 1997. · Kopp, F.: Von der Heimatkunde zum Sachunterricht. Donauwörth 1972 · Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen 1985: Richtlinien und Lehrplan Mathematik - Grundschule. Köln 1985
- Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen 1985: Richtlinien und Lehrplan Sachunterricht - Grundschule. Düsseldorf 1985
- Kurowski, E. / Soostmeyer, M.: Kommentar zum Lehrplan Sachunterricht. Heinsberg 1986
- Martial, I. von / Bennack, J.: Einführung in die schulpraktischen Studien. Hohengehren 1996
- Mathematik Grundschule NEU. Band 2 - 4. Düsseldorf 1980-1982
- Mathematik Grundschule NEU. Lehrerhandbuch. Band 2 - 4. Düsseldorf 1980-1982 · Mayer, W. G.: Projektunterricht in der Primarstufe. Limburg 1978 · Radatz, H. / Schipper, W.: Handbuch für den Mathematikunterricht. Hannover 1983 · Reichen, J.: Sachunterricht und Sachbegegnung. Zürich 1991
- Strehl, R.: Grundprobleme des Sachrechnens. Freiburg im Breisgau 1979 · Winter, H.: Sachrechnen in der Grundschule. Berlin 1992
- Zahl und Zeichen. Rechenbuch für Volksschulen 2. und 3. Schuljahr. Münster 1963 und 1964

[...]


1 Vgl. Lehrplan Sachunterricht 1985, S. 25f..

2 H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 130

3 ebd., S. 137

4 vgl. R. Strehl, 1979, S. 10ff

5 vgl. ebd., S. 14ff

6 R. Strehl, 1979, S. 24

7 ebd., S. 26

8 H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 137

9 vgl. ebd., S. 137

10 vgl. H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 137f

11 vgl. H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 130

12 vgl. H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 131ff.

13 H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 134

14 H. Radatz / W. Schipper., S. 134

15 H. Radatz / W. Schipper, 1983, S. 136

16 H. Winter, 1992, S. 15

17 vgl. Richtlinien Mathematik, 1985, S. 30f

18 H. Winter, 1992, S. 15

19 H. Winter, 1992, S. 19

20 ebd., S. 19

21 H. Winter, 1992, S. 24

22 vgl. ebd., S. 26

23 ebd., S. 28

24 H. Winter, 1992, S. 30

25 ebd., S.31

26 vgl. H. Winter, 1992, S. 31

27 Müller / Wittmann, 1984, S. 253; zi. n. H. Winter, 1992, S. 32

28 H. Winter, 1992, S. 33

29 vgl. ebd. S. 33f

30 ebd. S. 34

31 H. Winter, 1992, S. 35

32 ebd., S. 35

33 vgl. R. Strehl, 1979, S. 245ff

34 vgl. Münzinger (hg.), Projektorientierter Mathematikunterricht, München-Wien-Baltimore 1977; zi.n.: R. Strehl, 1979, S 245

35 R. Strehl, 1979, S. 245f

36 R. Strehl, 1979, S. 248

37 R. Strehl, 1979, S. 249

38 Reichen 1991, S. 31f.

39 Kopp 1972, S. 15.

40 Vgl. Kopp 1972, S. 15ff..

41 Kurowski/Soostmeyer 1986, S. 19 u. 22.

42 Kurowski/Soostmeyer 1986, S. 24.

43 Lehrplan Sachunterricht 1985, S. 27-30.

44 Reichen 1991, S. 42.

45 Lehrplan Sachunterricht 1985, S. 23.

46 Soostmeyer 1986, S. 28.

47 Lehrplan Sachunterricht 1986, S. 21.

48 Vgl. Mayer 1978, S. 45f..

49 vgl. Kaiser 1997, S. 191-194, Reichen 1991, S. 89-99 und Mayer 1978, S. 38-41.

50 Mayer 1978, S. 41.

51 von Martial/Bennack 1996, S. 132.

52 Lehrplan Mathematik 1985, S. 25.

53 vgl. Lehrplan Mathematik 1985, S. 30f. und Lehrplan Sachunterricht 1985, S. 27-30.

54 Vgl. Lehrplan Sachunterricht 1985, S. 23.

55 Vgl. Lehrerhandbuch Mathematik Grundschule NEU 1980, S. 189-201.

56 Vgl. Lehrerhandbuch Mathematik Grundschule NEU 1981, S. 113f. und 123f..

57 vgl. Lehrerhandbuch Mathematik Grundschule NEU 1982, S. 95f. und 99f..

58 Richtlinien Mathematik, 1985, S. 30

59 vgl. Das Zahlenbuch 1.Lehrerband, 1994

60 Richtlinien Mathematik, 1985, S. 30

61 vgl. Das Zahlenbuch 2. Lehrerband, 1995

62 vgl. ebd.

63 vgl. Das Zahlenbuch 2. Lehrerband, 1995

64 vgl. ebd.

65 vgl. ebd.

66 vgl. Das Zahlenbuch 2. Lehrerband, 1995

67 Richtlinien Mathematik, 1985, S. 31

68 vgl. Das Zahlenbuch 3. Lehrerband, 1996

69 Richtlinien Mathematik, 1985, S. 31

70 vgl. Das Zahlenbuch 4. Lehrerband, 1997

71 vgl. Das Zahlenbuch 4. Lehrerband, 1997

Excerpt out of 41 pages

Details

Title
Sachrechnen und Sachunterricht
College
University of Cologne
Course
Didaktik der Geometrie in der Primarstufe
Grade
1,7
Author
Year
1999
Pages
41
Catalog Number
V100005
ISBN (eBook)
9783638984379
File size
576 KB
Language
German
Keywords
Sachrechnen, Sachunterricht, Didaktik, Geometrie, Primarstufe
Quote paper
Sandra Pohl (Author), 1999, Sachrechnen und Sachunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100005

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