Trainingskonzept im Ausdauersport für eine Langstreckenläuferin. Trainingsplanung und Periodisierung


Studienarbeit, 2020

42 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anamnese
2.1 Aufgenommene Daten – Ist-Zustand
2.2 Bewertung der Anamnesedaten

3. Zielsetzung

4. Trainingsplanung und Periodisierung
4.1 Planung Makrozyklen
4.2 Planung Mesozyklen
4.2.1 Übergangsperiode
4.2.2 Allgemeine Vorbereitungsperiode
4.2.3 Spezielle Vorbereitungsperiode
4.2.4 Die Wettkampfperiode
4.3 Planung Mikrozyklen
4.3.1 Trainingsbereiche
4.3.2 Trainingsmethoden
4.3.3 Ergänzende Trainingsformen
4.3.4 Trainingsphasen und zugehörige Methoden
4.3.5 Beispielhafte Trainingswochen

5. Leistungsdiagnostiken
5.1 Sportpraktische Leistungsdiagnostiken
5.2 Sportmedizinische Leistungsdiagnostiken
5.3 Komplexe sportartspezifische Leistungsdiagnostik
5.4 Leistungsdiagnostiken im Fallbeispiel

6. Berücksichtigung der allgemeingültigen Trainingsprinzipien in der Trainingsplanung
6.1 Auslösung der Anpassung – Prinzip des wirksamen Belastungsreizes
6.2 Auslösung der Anpassung – Prinzip der progressiven Belastungssteuerung
6.3 Auslösung der Anpassung – Prinzip der Variation der Trainingsbelastung
6.4 Sicherung der Anpassung – Prinzip der optimalen Gestaltung von Belastung und Erholung
6.5 Sicherung der Anpassung – Prinzip der Wiederholung und Kontinuität
6.6 Sicherung der Anpassung – Prinzip der Periodisierung und Zyklisierung
6.7 Spezifische Steuerung der Anpassung – Prinzip der Individualität und Altersgemäßheit
6.8 Spezifische Steuerung der Anpassung – Prinzip der zunehmenden Spezialisierung
6.9 Spezifische Steuerung der Anpassung – Prinzip der regulierenden Wechselwirkung einzelner Trainingselemente

7. Durchführung
7.1 Allgemeines
7.2 Ernährung

8. Analyse/Evaluation

9. Fazit

Quellenverzeichnis I

Abbildungsverzeichnis I

Tabellenverzeichnis I

In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

1. Einleitung

Damit ein leistungsorientierter Ausdauersportler an seinem geplanten Wettkampftag sein maximales Leistungspotenzial abrufen kann, ist eine langfristige, auf mehrere Monate, unter Umständen auch Jahre, ausgerichtete Trainingsplanung im Vorfeld nötig. Nur mit dieser langfristig angesetzten Planung können im Körper all die Anpassungsreaktionen hervorgerufen werden, die die bestmögliche Leistung am Wettkampftag ermöglichen.

Im Rahmen dieser Arbeit nun soll ein Trainingskonzept entwickelt werden, das eine 25-jährige Langstreckenläuferin innerhalb von 12 Monaten zu persönlichen Bestzeiten über 10 Kilometer und Halbmarathon, sowie am Ende des Planungszeitraumes zu ihrem ersten Marathonfinish führen soll.

Zur Umsetzung dieser Aufgabe wurde das Fünf-Stufen-Modell der Trainingssteuerung angewendet, welches aus den Stufen bzw. Arbeitsschritten AnamneseZielsetzungTrainingsplanungDurchführungAnalyse/Evaluation besteht (vgl. Pabst, o. J.). Dementsprechend ist diese Arbeit aufgebaut: Kapitel 2 beginnt mit der Anamnese unserer Beispielathletin, ihre körperlichen und persönlichen Voraussetzungen werden anhand der gegebenen Daten analysiert und bezüglich möglicher läuferischer Entwicklungsmöglichkeiten bewertet. In Kapitel 3 erfolgt aus den Erkenntnissen aus Kapitel 2 eine konkrete Zieldefinition für das kommende Wettkampfjahr. Kapitel 4 beinhaltet die eigentliche Trainingsplanung und Trainingsplanerstellung, die dem Prinzip der Periodisierung folgt, also die Einteilung des Trainingsjahres in zeitliche Abschnitte, den Zyklen, in denen Phasen zunehmender Belastung mit Phasen deutlich weniger intensiven Belastungen (Regenerationsphasen) wechseln, um einen bestmöglichen Leistungszuwachs bis zum Wettkampf zu erzielen (sogenanntes Peaking). Diese Planung und Periodisierung bilden den Kern der Arbeit und liefert dem Leser weitreichende Hintergrundinformationen bezüglich für die Trainingsplanung wichtiger sportphysiologischer Vorgänge im menschlichen Körper. Trainingsbereiche, Trainingsmethoden und ihre zielgerichtete Anwendung werden ebenfalls ausführlich beschrieben. Für die DIN A4 Jahresübersicht wurde eine Vorlage verwendet, die in Anlehnung an die von der Academy of Sports bereitgestellte Vorlagendatei „Periodisierung“ und nach (Hottenrott & Zülch, 2001, S. 88) neu entworfen wurde.

Dem Bereich der Leistungsdiagnostik, anhand derer nicht nur der aktuelle Leistungsstand ermittelt wird, sondern auch die aus dem vorangegangenen Kapitel beschriebenen Trainingsbereiche individuell hergeleitet werden, ist Kapitel 5 gewidmet. In Kapitel 6 werden die für eine erfolgreiche Planung wichtigen Trainingsprinzipien beschrieben, und wie sie in unserer Konzeption konkret angewendet werden. Kapitel 7 beschreibt, was während der Trainingsdurchführung zu beachten ist, inklusive Ernährungsempfehlungen. Welche Dinge zur Analyse und zur Evaluation des Trainingsplans während seiner Durchführung gehören und wichtig sind, beschreibt Kapitel 8. Die Arbeit endet mit einem Fazit in Kapitel 9.

Für die Arbeit wurde das über den Fernlehrgang „Fachtrainer Ausdauersport“ der Academy of Sports angeeignete Wissen mit den zugehörigen Lehrskripten angewendet, so wie Internetrecherchen und Fachliteratur zum Langstreckenlauf, insbesondere (Steffny, 2017) und (Hottenrott & Zülch, 2001). Die eigene langjährige Erfahrung als Marathonläuferin und Triathletin ist ebenfalls mit in diese Arbeit eingeflossen.

2. Anamnese

2.1 Aufgenommene Daten – Ist-Zustand

Während der Anamnese, dem Eingangsgespräch, in dem der Ist-Zustand der Athletin bezüglich persönlicher, körperlicher und gesundheitlicher Voraussetzungen sowie sportlicher Historie aufgenommen werden, wurden folgende Daten festgehalten:

Allgemeine Daten:

- Geschlecht: weiblich
- Größe: 167 cm
- Gewicht: 58 Kilogramm
- Beruf: Studentin

Bisherige sportliche Tätigkeiten:

- Laufsport seit 5 Jahren
- Teilnahme an 10-Kilometer- und Halbmarathonwettkämpfen
- Persönliche Bestzeit 10 Kilometer: 42:30 min
- Persönliche Bestzeit Halbmarathon: 1:37:45 h
- Trainingsumfang bisher: 3 bis 4 Laufeinheiten pro Woche mit bis zu 8 Stunden

Ausgleichssportarten und Athletiktraining:

- Mögliche Ausgleichssportarten: Mountainbike/Rennradfahren, Klettern, Schwimmen, im Winter Skilanglauf
- Athletiktraining wurde bisher nicht durchgeführt

Gesundheitliche Faktoren:

- Immer wieder orthopädische Probleme der unteren Extremitäten bei einem Trainingsumfang von mehr als 60 Kilometern pro Woche

Persönliche Ziele:

- Im Frühjahr neue Bestzeit über 10 Kilometer (März) und Halbmarathon (April/Mai)
- Im Herbst erstes Marathonfinish

2.2 Bewertung der Anamnesedaten

Unsere Athletin bringt aus folgenden Gründen sehr gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches, leistungsverbesserndes Ausdauertraining mit:

Mit einem Body-Mass-Index (BMI = Körpergewicht in kg / Körpergröße in cm²) von 21 ist ihr Körperfettanteil mit „exzellent/gut“ zu beurteilen, das heißt, sie hat damit ihr Idealgewicht bei optimaler Körperkompensation (vgl. Pabst, o. J. Tabelle 11).

Ihr Leistungsstand ist aktuell bereits recht hoch, so wäre sie mit ihrer 10-Kilometerzeit von 42:30 min im Hauptfeld des Frankfurter Silvesterlaufs 2019 von 123 Teilnehmern unter den Top 10 gelandet, beim Frankfurter Halbmarathon im März 2020 hätte sie Platz 24 von 495 Teilnehmern erreicht.

Ihr Leistungspotenzial scheint aber noch nicht ausgereizt zu sein, da sie:

- bisher nur relativ unstrukturiert und ohne Trainer trainiert hat
- Athletiktraining bisher nicht ins Training einbezogen hat, somit bzgl. ihrer athletischen Voraussetzungen, und damit auch insgesamt für ihr Laufpotenzial, noch Entwicklungsmöglichkeiten bestehen
- sich im Alter von 28 Jahren und mit fünf Jahren Lauftraining noch in der Mitte im Entwicklungsprozess ihrer Ausdauerleistungsfähigkeit befindet, da zur vollkommenen Leistungsentwicklung zehn Jahre Training benötigt werden (vgl. Pabst & Richter, o. J., S. 17), und der Höhepunkt maximaler Leistungsbereitschaft erst zwischen 28 und 32 Jahren, und damit noch vor ihr, liegt (vgl. Pabst & Richter, o. J., Seite 16)

Mit strukturiertem, individuellem Training, besonders auch im Bereich der Athletik, wird das Ziel der Athletin, ihre Zeiten auf 10 Kilometer und Halbmarathon zu verbessern, sowie am Ende des betrachteten Zeitraumes einen Marathon zu finishen, als durchaus realistisch betrachtet. Die Ziele werden im folgenden Kapitel konkretisiert.

Hinweis:

Vor einem, insbesondere leistungsorientierten, Ausdauertraining sollte immer eine Sporttauglichkeitsprüfung durch einen Arzt durchgeführt werden, um Vorerkrankungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Bluthochdruck oder Herzkrankheiten, auszuschließen. Diese Sporttauglichkeit wird bei unserer Athletin als gegeben vorausgesetzt.

3. Zielsetzung

Die groben Ziele der Athletin, im kommenden Frühjahr eine neue persönliche Bestzeit sowohl über 10 Kilometer als auch über Halbmarathon zu erreichen und im Herbst ihren ersten Marathon zu finishen, werden wie folgt konkretisiert:

Unter der Annahme, dass grundsätzlich eine Leistungssteigerung um ca. fünf Prozent nach drei Monaten realistisch ist (vgl. Jorge Sports, 2020), werden zunächst folgende Zielzeiten festgelegt:

10-Kilometer-Zielzeit: 40:22 min (aktuell: 42:30 min)

Halbmarathon-Zielzeit: 1:29:14 h (aktuelle Zeit 01:37:45 h)

Das Ziel „erstes Marathonfinish“ wird zunächst mit der Formel aktuelle Halbmarathonzeit * 2,22 (siehe Tabelle 5) konkretisiert. Mit der noch aktuellen Halbmarathonzeit von 1:37:45 h ergibt sich eine vorläufige Marathonzielzeit von 3:37:00 h.

Als Wettkämpfe zur Erreichung dieser Ziele wurden ausgesucht:

07.03.2021: 10 Kilometer-Lauf in Ahnatal

03.04.2021: Halbmarathon in Berlin

26.09.2021: Marathon in Berlin

Die Auswahl erfolgte unter den Aspekten eines möglichst flachen Streckenprofils, und einer möglichst stressfreien Anreise, um so einzig auf den Wettkampf konzentriert starten, und damit die bestmögliche Leistung abrufen zu können. Zudem wurde zwischen dem 10-Kilometer- und dem Halbmarathon-Wettkampf ein Abstand gewählt, um vom 10-Kilometer-Wettkampf ausreichend regeneriert und noch auf dem Höhepunkt der Leistungsfähigkeit aus der vorangegangenen Trainingsphase zu sein, bzw. die leistungsfördernde Superkompensation (siehe Kapitel 6.4) einsetzen kann.

Die hier vorab definierten Zeitziele gilt es aus den innerhalb des Trainingsverlaufes gewonnenen Erkenntnissen, wie z.B. den Leistungsdiagnostiken (siehe Kapitel 5), und im Rahmen der Trainingsanalyse und Evaluation (Schritt 5 des Fünf-Stufenmodells der Trainingsplanung, siehe Kapitel 8) anzupassen.

4. Trainingsplanung und Periodisierung

Um die ausgewählten Hauptwettkämpfe herum wurde folgende Jahresplanung entwickelt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Periodisierung und Trainingsplanung am Fallbeispiel

Wie eingangs der Arbeit erwähnt, wurde zur Entwicklung dieses Plans das Prinzip der Periodisierung/Zyklisierung angewendet, in denen Phasen steigender Belastungen mit Phasen geringer Belastung periodisch wechseln, um so einen bestmöglichen Leistungszuwachs zu erzielen. Die hierfür notwendige Bildung von Makro-, Meso- und Mikrozyklen, wird im Folgenden ausführlich mit den jeweiligen Inhalten, Zielen und Hintergründen beschrieben.

4.1 Planung Makrozyklen

Zunächst wurden mit der Athletin als Hauptwettkämpfe der Halbmarathon am 03.04.2021 in Berlin (KW13) und der Marathon am 26.09.2021 (KW38), ebenfalls in Berlin, festgelegt und in die Vorlage eingetragen.

Durch die zwei Hauptwettkämpfe haben wir ein Jahr der Doppelperiodisierung mit zwei Makrozyklen, die sich um die beiden Hauptwettkämpfe herum ergeben: Makrozyklus 1 von KW 40 des aktuellen Jahres bis KW 13 des Folgejahres und Makrozyklus 2 von KW 14 des Folgejahres bis KW 38.

Die 10 Kilometer-Bestzeit kann im Trainingsverlauf „auf dem Weg zur Halbmarathon-Bestzeit“ sehr gut erreicht werden, auch im Rahmen eines sportpraktischen Leistungstests (siehe Kapitel 5.1). Der 10 Kilometer-Wettkampf wird folglich nicht als Hauptwettkampf definiert.

Innerhalb der beiden Makrozyklen wurden dann die Mesozyklen geplant, was im folgenden Kapitel beschrieben wird. .

4.2 Planung Mesozyklen

Jeder Makrozyklus besteht aus Mesozyklen, also Phasen (Perioden) mit steigender Belastung und unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Trainingszielen, und Phasen der Regeneration. Bei einem Trainingsjahr mit zwei Makrozyklen werden diese Phasen, die unterschiedlich lang sein können, sich von der Zielstellung her aber nicht unterscheiden, zwei Mal durchlaufen.

In der Fachwelt gibt es abweichende Bezeichnungen und Unterteilungen dieser Phasen innerhalb eines Makrozyklus, im Rahmen dieser Ausarbeitung werden die Bezeichnungen nach (Hottenrott & Zülch, 2001) verwendet:

- Übergangsperiode
- Vorbereitungsperiode bestehend aus der allgemeinen Vorbereitungsperiode und der speziellen Vorbereitungsperiode
- Wettkampfperiode

Ziele und daraus folgende Inhalte dieser Perioden sind im Detail folgende:

4.2.1 Übergangsperiode

Ziel der Übergangsperiode (auch „Off-Season“ genannt) ist einzig und allein die Regeneration. Es ist die Phase, in der eine komplette Erholung, sowohl körperlich als auch mental, nach einem Hauptwettkampf und den zuletzt hohen Trainingsbelastungen erfolgt. Erst nach kompletter Erholung wird man anschließend wieder motiviert, und den Belastungen einer neuen Vorbereitung gewachsen sein – sowohl physisch als auch psychisch.

Trainingsplanmäßig ist die Übergangsperiode die erste Phase eines Makrozyklus, sie dauert im Allgemeinen drei bis fünf Wochen, für unsere Athletin werden in beiden Übergangsphasen je vier Wochen angesetzt (Makrozyklus 1: KW 40 bis KW 43 des aktuellen Jahres, Makrozyklus 2: KW 14 bis KW 18 des Folgejahres).

4.2.2 Allgemeine Vorbereitungsperiode

Ziel dieser Phase ist eine Erhöhung der allgemeinen Leistungsgrundlagen, sprich, durch nun wieder steigende Belastung zum einen die Grundlagenausdauer zu verbessern bzw. zu stabilisieren, und zum anderen die Athletik des Sportlers zu verbessern, um die intensiveren Trainingsbelastungen der Folgephasen leistungsfördernd verarbeiten zu können.

Verbesserung der Grundlagenausdauer bedeutet hier eine Verbesserung der aeroben, also unter Zuhilfenahme von Sauerstoff, Leistungsfähigkeit durch Erhöhung der aeroben Kapazität. Folgende physiologischen Anpassungsvorgänge finden hierbei statt:

- Erhöhung Herzminutenvolumen (HMV):

Das HMV ist die Blutmenge, die pro Minute vom Herzen in den Blutkreislauf und damit in den Körper gepumpt wird, und wird auch definiert durch Schlagvolumen mal Herzfrequenz. Grundlagenausdauertraining stärkt das Herz physisch, wodurch es pro Schlag mehr Blut, und damit Sauerstoff, in den Blutkreislauf und die Peripherie pumpt.

- Absinken Ruhefrequenz:

Die Erhöhung des HMVs geht einher mit einem Absinken des Ruhepuls, also der Herzfrequenz (Herzschläge pro Minute) in absoluter Ruhe, denn es benötigt hier nun weniger Schläge, um die gleiche Menge an Blut in den Blutkreislauf zu pumpen. Andererseits ist das Herz nun in der Lage, unter Belastung, also wenn viel Sauerstoff in den Muskeln benötigt wird, mit hohem Puls mehr Blut in den Blutkreislauf zu pumpen und somit mehr Sauerstoff in die Muskulatur zu transportieren, wodurch diese leistungsfähiger wird.

- Kapillarisierung:

Erhöhung der aeroben Kapazität bedeutet zudem eine steigende Kapillarisierung in der Muskulatur, d.h. es kommt zur Neubildung von Haargefäßen (Kapillaren), über die der Gasaustausch - Sauerstoff in den Muskel hinein, Kohlendioxid aus dem Muskel heraus - stattfindet. Es wird also quasi zusätzliche „Infrastruktur“ geschaffen, die die Verarbeitung einer höheren Menge an Sauerstoff im Muskel ermöglicht.

- Mitochondrienbildung:

Mitochondrien kommen unter anderem in den Muskelzellen vor und gelten gemeinhin als „Kraftwerke der Zelle“, da in ihnen aus der zugeführten Nahrung Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) gebildet wird. Training gerade im unteren aeroben Bereich bewirkt nun einen Anstieg neu erzeugter Mitochondrien, es wird also mehr Energie zur Verfügung gestellt werden können. Dies trägt auch zu einer Erhöhung der aeroben Kapazität bei.

Diese Faktoren, Erhöhung HMV mit Absinken des Ruhepulses, Verbesserung Kapillarisierung sowie Erhöhung der Anzahl an Mitochondrien bewirken zusammen eine Erhöhung der aeroben Kapazität und damit eine Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit, was bedeutet, dass der Körper länger in der Lage ist, unter Zuhilfenahme von Sauerstoff (aerob) Leistung zu erbringen.

Ein weiterer, ganz entscheidender Effekt der Erhöhung der allgemeinen Grundlagenausdauer ist die

- Verbesserung der aeroben Stoffwechselvorgänge:

Die Verbesserung der aeroben Stoffwechselvorgänge bedeutet insbesondere auch eine Ökonomisierung im Stoffwechsel, d.h. der Körper lernt, im aeroben Bereich verstärkt Fette, die im Körper quasi unbegrenzt zur Verfügung stehen, zur Energieerzeugung zu nutzen, und Kohlenhydrate, die im Körper in Muskeln und Leber nur begrenzt zur Verfügung stehen, einzusparen. Der Fettstoffwechsel wird also verbessert, und der Körper bleibt somit länger leistungsfähig, was natürlich insbesondere für die Langzeitausdauer ganz entscheidend ist. Folgende Abbildung verbildlicht dies für einen Marathon:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - Marathon und Fettstoffwechsel (Quelle: Petersen, 1999)

Bei einem schlechten Fettstoffwechsel erfolgt die Energiebereitstellung nur zu einem geringen Teil aus Fetten, die Kohlenhydratspeicher sind bei Kilometer 35 etwa verbraucht – es kommt der „Mann mit dem Hammer“ (hier als „Problemzone“ betitelt). Durch die Umstellung auf die reine Fettverbrennung muss der Läufer nämlich langsamer laufen, er muss wortwörtlich „mehr Luft holen“, da Fette nur ausschließlich mit Sauerstoff verbrannt werden können. Bei einem guten Fettstoffwechsel hingegen werden von Anfang an mehr Fette zur Energiebereitstellung genutzt, Kohlenhydrate werden gespart und es kann so bis zum Ende eine Mischform der aeroben und anaeroben Energiebereitstellung erreicht werden, da Kohlenhydrate auch ohne Sauerstoff verstoffwechselt werden können (siehe hierzu auch Kapitel 4.3.1). Es kommt zu keinem stoffwechselbedingten Leistungseinbruch.

Verbesserung der Athletik in dieser Phase bedeutet, dass der Bewegungsapparat mit seinen Muskeln, Bändern, Sehnen, Knochen und Gelenken gestärkt, und die gesamten motorischen Fähigkeiten verbessert werden. Es wird vorwiegend die Kraftausdauer trainiert, also die für einen Ausdauersportler so wichtige Ermüdungswiderstandfähigkeit der Muskulatur.

Zu Beginn dieser allgemeinen Vorbereitungshase lohnt es sich auch, die Atmung zu beobachten und ggf. eine verstärkte Zwerchfellatmung einzuüben, um den Körper mit mehr Sauerstoff zu versorgen.

Die geschilderten Anpassungsvorgänge erstrecken sich insgesamt über einige Wochen bis Monate. Laut (Hottenrott & Zülch, 2001) sind für diesen Zeitraum 12-16 Wochen zu veranschlagen.

Daran anlehnend werden für unsere Athletin für die allgemeine Vorbereitungsphase 12 Wochen innerhalb des ersten, und 10 Wochen innerhalb des zweiten Makrozyklus angesetzt (KW 44 bis KW 2 bzw. KW 18 bis KW 27).

In der folgenden, speziellen Vorbereitungsphase, werden nun auch zunehmend die Prozesse, die anaerob ablaufen, also ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff zur Energiegewinnung, trainiert.

4.2.3 Spezielle Vorbereitungsperiode

Nachdem in der allgemeinen Vorbereitungsperiode also die aerobe Leistungsfähigkeit und die Athletik des Sportlers grundlegend allgemein verbessert wurden, hat die speziellen Vorbereitungsperiode nun verstärkt zum Ziel, die laufspezifische Leistungsfähigkeit zu erhöhen, die gekennzeichnet wird durch eine Erhöhung der aerob-anaeroben Leistungsfähigkeit, die besagt, dass ein Sportler eine Leistung im Bereich, in dem die Energiegewinnung nicht mehr nur mit, sondern auch ohne Sauerstoff unter Bildung von Laktat (anaerob-laktazid) erfolgt, länger aufrecht erhalten kann. Durch entsprechendes Training kann der Körper hierfür das entstehende Laktat besser abbauen, und die Laktattoleranz steigt. Diese Verbesserung bewirkt zusammen mit der Verbesserung der in Kapitel 4.2.2 beschriebenen aeroben Leistungsfähigkeit, eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max), also das Sauerstoffvolumen, das maximal vom Körper verarbeitet werden kann. Sie ist das entscheidende Maß der Ausdauerleistungsfähigkeit, kann aber nur schwer gemessen werden, da sie nur bei Ausbelastung auftritt, und daher auch als Bruttokriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit bezeichnet wird.

Die allgemeine Athletik wird in dieser Phase auch weiter trainiert, damit der Bewegungsapparat den steigenden Belastungsintensitäten weiter standhalten kann, bzw. durch verbesserte Ökonomisierung im Bewegungsablauf mit zur Verbesserung der spezifischen Leistungsfähigkeit beiträgt.

Die allgemeine aerobe Grundlagenausdauer wird in dieser Phase ebenfalls weiter trainiert, um das antrainierte Niveau nach der allgemeinen Vorbereitungsphase mindestens zu halten, bzw. auch noch weiter zu verbessern.

Zum Ende der spezifischen Vorbereitungsphase werden die höchsten Trainingsumfänge erreicht, der Sportler befindet sich nun auf seinem Leistungshöhepunkt.

Für diese Phase sind in der Regel sechs bis acht Wochen zu veranschlagen (Hottenrott & Zülch, 2001), für unsere Athletin werden hierfür im ersten Zyklus sechs, im zweiten Makrozyklus sieben Wochen angesetzt (KW 3 bis KW 8 bzw. KW 28 bis KW 34)

Hinweis:

Die spezielle Vorbereitungsphase ist in der Regel auch die Phase, in der ein Trainingslager angesetzt wird. Hierauf wird in unserem Fall aber verzichtet, da

ein Trainingslager, zum Beispiel als Höhentrainingslager zur Erhöhung der aeroben Kapazität, nicht zwangsläufig zum Erfolg führt und hierfür Zeit und, als Studentin Budget, für unsere Athletin zu knapp, und somit nicht in einem lohnenswerten Verhältnis Aufwand gegenüber Nutzen zu stehen scheinen.

4.2.4 Wettkampfperiode

Mit dem Ende der speziellen Vorbereitungsphase und dem nach optimalem Trainingsverlauf Erreichen des Leistungshöhepunktes folgt nun schließlich die Wettkampfperiode. Hier wird an der wettkampfspezifischen Ausdauer gefeilt und Wettkampfhärte hergestellt, um die in dieser Phase stattfindenden Wettkämpfe „stark“ sowohl physisch als auch psychisch absolvieren und die Höchstleistung tatsächlich abrufen zu können. Die physische Wettkampfhärte wird erhöht durch eine weitere Verbesserung der anaeroben Leistungsfähigkeit. Während die Intensitäten der Trainingseinheiten noch punktuell steigen, werden die Umfänge gegenüber den vorherigen Wochen der spezifischen Vorbereitungsphase verringert um Übertraining zu vermeiden.

Die Wettkampfperiode und somit dieser Makrozyklus enden mit seinem Hauptwettkampf.

Da die maximale Leistungsfähigkeit nicht sehr lange aufrecht gehalten, geschweige denn immer weiter gesteigert werden kann, ist die Wettkampfphase relativ kurz, nach (Hottenrott & Zülch, 2001) vier bis sieben Wochen.

Wir haben für unsere Athletin im ersten Makrozyklus fünf Wochen für die Wettkampfphase geplant, beginnend mit der Woche des 10 Kilometer-Wettkampfes (KW 9 bis KW 13). Im zweiten Makrozyklus sind vier Wochen geplant (KW 35 bis KW 38), inklusive einer Tapering-Phase innerhalb der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung, die im Folgenden beschrieben wird.

Die unmittelbare Wettkampfvorbereitung – das Tapering

Gerade in einer Marathonvorbereitung ist es für den Wettkampf besonders leistungsfördernd, die mindestens letzten 2 Wochen vor dem Wettkampf als Taperingphase zu nutzen (vgl. Richter & Pabst, o. J., S. 65). Dies bedeutet, dass hier die Trainingsumfänge stark reduziert werden, um eine komplette Regeneration und Wiederherstellung inkl. letzter Superkompensation (siehe Kapitel 6.4) zum Wettkampftag zu erreichen. Bei einem Marathon ist dies aufgrund seiner besonders hohen Anforderungen allein durch die Streckenlänge besonders erforderlich. Im Gegensatz zu den Trainingsumfängen wird die Trainingsintensität beibehalten, um nicht an Spritzigkeit zu verlieren. In der Praxis gibt es verschiedene Methoden dieses Taperings, an erster Stelle seien hier das lineare und das exponentielle Tapering genannt. Beim linearen erfolgt die Abnahme des Umfangs stufenweise, von Woche zu Woche um ca. 20%, beim exponentiellen wird der Umfang erst stark, und dann mäßig verringert. In unserem Fall wird im Makrozyklus 2, der den Marathon als Hauptwettkampf hat, das zweiwöchige, lineare Tapering angewendet (KW 37 bis KW 38). Im Makrozyklus 1 werden die Trainingsumfänge nicht so drastisch verringert, so dass diese Phase hier nicht explizit als Tapering definiert wird.

Die Wettkampfperiode schließt den Makrozyklus ab, es schließt sich zur Regeneration die Übergangsperiode des nächsten Makrozyklus an.

Das folgende Kapitel beschreibt, was bei der Planung der Mikrozyklen, hier gleichgesetzt mit Trainingswochen, zum Erreichen der Trainingsziele der jeweils übergeordneten Mesozyklen beachtet werden muss, und wie die Umsetzung konkret für unsere Athletin geplant wird.

4.3 Planung Mikrozyklen

Im vorangegangenen Kapitel wurden die verschiedenen Ziele der einzelnen Phasen mit den zugehörigen Trainingsschwerpunkten aus physiologischer Sicht erläutert, es wurde beschrieben, was ein Athlet in den unterschiedlichen Phasen bis zum Wettkampf trainieren sollte (bzw., dass er in der Übergangsperiode regenerieren muss). In diesem Kapitel nun wird beschrieben, wie ein Athlet innerhalb der Mikrozyklen konkret trainieren muss, um diese physiologischen Effekte zu erzielen und die jeweiligen Trainingsziele zu erreichen. Dieses W ie bestimmt sich durch die Trainingsbereiche und die darin angewendeten Trainingsmethoden, die im Folgenden zunächst allgemein beschrieben, und dann auf die Trainingsplanung für unsere Läuferin angewendet werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Trainingskonzept im Ausdauersport für eine Langstreckenläuferin. Trainingsplanung und Periodisierung
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
42
Katalognummer
V1000699
ISBN (eBook)
9783346398185
ISBN (Buch)
9783346398192
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fachtrainer Ausdauersport
Arbeit zitieren
Alisa Polak (Autor:in), 2020, Trainingskonzept im Ausdauersport für eine Langstreckenläuferin. Trainingsplanung und Periodisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1000699

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