Eine sensorgestützte Bestandsaufnahme an einem Beispielgebäude mit der App RTAB-Map. Eine Untersuchung


Research Paper (undergraduate), 2019

107 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Immobilie und Immobilienlebenszyklus
2.2 Abfallrecht
2.2.1 KrWG
2.3 Beräumung
2.3.1 Entrümpelung
2.3.2 Entkernung
2.4 Abbruch

3 Bestandsaufnahme von Beräumungsobjekten
3.1 Vorgehensweisen zur Bestandsaufnahme
3.1.1 Sichtung vorhandener Unterlagen
3.1.2 Ortsbegehung
3.1.3 Bestandsaufnahme durch Abschätzung mit Hilfe von Erfahrungswerten
3.1.4 Vorgehensweisen der Bestandsaufnahme in der Praxis
3.2 Identifikation der für die Beräumungsprozesse wichtigen Gebäudedaten
3.2.1 Gebäudedaten für die Planung der Entrümpelung
3.2.2 Gebäudedaten für die Planung der Entkernung
3.2.3 Genauigkeit der Gebäudedaten

4 Fallstudie
4.1 Systemkonfiguration für eine sensorgestützte Bestandsaufnahme von Gebäuden
4.1.1 Smartphone mit speziellem Tiefensensor - Lenovo Phab 2 Pro
4.1.2 Plattform zur Verarbeitung von sensorischen Informationen: Google Tango
4.1.3 Punktwolkenaufnahme-Software: RTAB-Map
4.1.4 Software zur Weiterverarbeitung der Punktwolke
4.2 Durchführung der sensorgestützten Aufnahme
4.2.1 Beschreibung des aufzunehmenden Gebäudes und des Aufnahmebereichs
4.2.2 Vorbereitende Maßnahmen
4.2.3 Durchführung der Punktwolkenaufnahme
4.2.4 Ergebnis der Punktwolkenaufnahme
4.2.5 Probleme und Fehler bei der Punktwolkenaufnahme
4.3 Aggregation der Daten zu einem Bestandsmodell
4.3.1 Vorgehen
4.3.2 Ergebnis
4.4 Evaluation des sensorgestützten Systems zur Bestandsaufnahme
4.4.1 Vollständigkeit der Daten
4.4.2 Genauigkeit der Daten
4.4.3 Aufwand der Aufnahme und Modellierung
4.4.4 Abschließende Gesamtbewertung

5 Zusammenfassung und Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Immobilienlebenszyklus

Abbildung 2: Abfallhierarchie

Abbildung 3: Der Abbruchprozess und seine Bestandteile

Abbildung 4: Rückseite Lenovo Phab 2 Pro mit Beschriftung der Sensoren

Abbildung 5: Logo RTAB-Map

Abbildung 6: Prinzip des Graph basierten SLAM-Ansatzes

Abbildung 7: Erfolgreiche Loop-Closure durch RTAB-Map am Computer

Abbildung 8: Architektur Gebäude L3|01 der TU Darmstadt

Abbildung 9: Ostbereich Gebäude L3|01 der TU Darmstadt

Abbildung 10: Übersichtsplan EG (Flucht- und Rettungsplan) L3|01 Ostabschnitt

Abbildung 11: Gewählter Aufnahmebereich für die Bestandsaufnahme

Abbildung 12: RTAB-Map Hauptfenster

Abbildung 13: Menü RTAB-Map

Abbildung 14: Zentraler Ausgangspunkt aller Einzelaufnahmen

Abbildung 15: Einzelpunktwolken der verschiedenen Aufnahmen

Abbildung 16: Prozess des Zusammenfügens der einzelnen Punktwolken

Abbildung 17: Gesamtpunktwolke

Abbildung 18: Punktwolke des Seminarraums

Abbildung 19: Punktwolke des Konferenzraums

Abbildung 20: Punktwolke der Küche

Abbildung 21: Fehlermeldung über mangelhafte Bewegungserkennung des Fisheye-Sensors

Abbildung 22: Fehlerhafte Orientierung aufgrund fehlerhaften Bewegungserkennung

Abbildung 23: Auswirkungen des Orientierungsverlusts auf die Punktwolke

Abbildung 24: Drift in der Aufnahme im Bereich der Küche

Abbildung 25: Raumdefinition inkl. Maße des Seminarraums

Abbildung 26: Modellauschnitt Konferenzraum

Abbildung 27: Modellauschnitt Küche

Abbildung 28: Modellauschnitt Seminarraum

Abbildung 29: Raumliste aus dem Revit-Modell

Abbildung 30: Möbelliste des Seminarraums aus dem Revit-Modell

Abbildung 31: Lenovo Phab 2 Pro - Technische Spezifikationen

Abbildung 32: App-Einstellungen RTAB-Map (1)

Abbildung 33: App-Einstellungen RTAB-Map (2)

Abbildung 34: App-Einstellungen RTAB-Map (3)

Abbildung 35: App-Einstellungen RTAB-Map (4)

Abbildung 36: App-Einstellungen RTAB-Map (5)

Abbildung 37: App-Einstellungen RTAB-Map (6)

Abbildung 38: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (1)

Abbildung 39: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (2)

Abbildung 40: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (3)

Abbildung 41: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (4)

Abbildung 42: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (5)

Abbildung 43: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (6)

Abbildung 44: RTAB-Map PC Einstellungen für das Zusammenfügen von Punktwolken (7)

Abbildung 45: RTAB-Map Fehler bei der nachträglichen Loop-Closure-Detektion

Abbildung 46: Revit Modell Gesamt (1)

Abbildung 47: Revit Modell Gesamt (2)

Abbildung 48: Revit Modell Küche und Konferenzraum

Abbildung 49: Revit Modell Seminarraum

Abbildung 50: Revit Modell Grundriss Seminarraum

Abbildung 51: Revit Modell Grundriss Küche und Konferenzraum

Abbildung 52: Überlagerung Punktwolke und Modell Grundriss

Abbildung 53: Überlagerung Punktwolke und Modell 45° Ansicht

Abbildung 54: Messung der Punktwolke - Seminarraum - Länge

Abbildung 55: Messung der Punktwolke - Seminarraum - Breite

Abbildung 56: Messung der Punktwolke - Seminarraum – Höhe

Abbildung 57: Messung der Punktwolke - Schrank Seminarraum – Tiefe

Abbildung 58: Messung der Punktwolke - Schrank Seminarraum - Höhe

Abbildung 59: Messung der Punktwolke - Schrank Seminarraum - Breite

Abbildung 60: Messung der Punktwolke - Tür Seminarraum - Höhe und Breite

Abbildung 61: Messung der Punktwolke - Tisch Seminarraum – Länge

Abbildung 62: Messung der Punktwolke - Tisch Seminarraum – Breite

Abbildung 63: Messung der Punktwolke - Tisch Seminarraum - Höhe

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Besonderheiten und Charakteristika von Immobilien

Tabelle 2: Zusammenfassung der für die Beräumung notwendigen Daten

Tabelle 3: Bewertung der Vollständigkeit der Daten

Tabelle 4: Vergleich manuelle Messung / Punktwolkenmessung - Maße Seminarraum

Tabelle 5: Vergleich manuelle Messung / Punktwolkenmessung - Tür

Tabelle 6: Vergleich manuelle Messung / Punktwolkenmessung - Tisch

Tabelle 7: Vergleich manuelle Messung / Punktwolkenmessung - Maße Schrank

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der Bau- und Immobilienbranche geht es in Deutschland schon seit einigen Jahren sehr gut. Es boomt regelrecht. Ziemlich oft lassen sich in Zeitungen und Nachrichten Schlagzeilen wie „Der Immobilienboom hält an“1, „Baubranche erzielt bestes Neugeschäft im November seit 25 Jahren“2 oder „Der deutsche Bau boomt weiter“3 lesen. Diese fast schon von Euphorie getriebenen Sätze sind jedoch immer häufiger mit Schlagzeilen wie diesen hier vermengt: „Die Mieten explodieren: Wohnen ist in Rhein-Main nicht mehr zu bezahlen“ oder „Berlin im Konjunkturhoch - Gewerbeflächen werden knapp.“4

Tatsächlich ist ein Großteil der Flächen in Deutschlands Städten mittlerweile bebaut. Da die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimmobilen stetig steigt und ein Ende bisher noch nicht abzusehen ist, müssen Gegenmaßnahmen getroffen werden. Zum einen kann neues Bauland ausgewiesen werden. Zum anderen werden alte, nicht mehr nutzbare und trotz der Knappheit leerstehende Gebäude abgerissen oder kernsaniert. Es gibt noch viele weitere Gründe für einen Abbruch oder eine Kernsanierung. Da die Grundstückspreise mittlerweile sehr hoch sind, ist gerade der Neubau für manchen Bauherrn nur schwer zu bewerkstelligen. So kann selbst der Kauf einer gebrauchten Immobilie verbunden mit einem anschließenden Abbruch, Teilabbruch oder einer Kernsanierung an dieser Stelle zu einer echten wirtschaftlichen Alternative werden.

Durch tiefere Analyse der Abbruchprozesse stößt man recht schnell auf die sogenannte vorgelagerte Beräumung der Abbruchimmobilie. Die Beräumung besteht aus der Entrümpelung und der Entkernung. Im Hinblick auf die Beräumung bildet eine Bestandsaufnahme der örtlichen Situation das Fundament für die Arbeitsvorbereitung und Angebotskalkulation. Je nach Ausmaß kann eine Bestandsaufnahme sehr aufwendig werden. So ist es meist gängige Praxis den Umfang dieser Bestandsaufnahme recht klein zu halten. Meist erfolgt hierbei nur eine recht limitierte Inspektion der Begebenheiten oder es werden lediglich die zur Verfügung stehende Unterlagen untersucht. Häufig folgt darauf eine kennzahlenbasierte Abschätzung der im Rahmen der Beräumung auszuführenden Prozessmengen. Dieses Vorgehen birgt eine gewisse Ungenauigkeit. Darüber hinaus müssen Details womöglich erneut vor Ort in Augenschein genommen werden.

Die folgende Arbeit befasst sich mit der sensorgestützten Bestandsaufnahme von Gebäuden. Dazu wird ein modernes System bildgebender Sensoren verwendet. Das System besteht aus einem speziellen Smartphone mit Tiefensensor und einer diesen Sensor nutzenden Aufnahme-App. Ziel der Arbeit ist es, das System im Hinblick auf die Bestandsaufnahme potentieller Beräumungsobjekte zu untersuchen und eine abschließende Bewertung vorzunehmen.

Abschnitt 2 befasst sich zunächst mit wichtigen Grundlagen und Begriffen. Hierbei wird ein Überblick über den Immobilienbegriff und den Immobilienlebenszyklus gegeben und in der Folge das Thema Abfallrecht diskutiert. Abschließend erfolgt die Betrachtung der Beräumungsprozesse und des Abbruchs.

Abschnitt 3 behandelt das Thema Bestandsaufnahme von Beräumungsobjekten. Verschiedene Vorgehensweisen zur Bestandsaufnahme werden betrachtet. Des Weiteren folgt die Identifizierung der für die Beräumung wichtigen und bei der Bestandsaufnahme aufzunehmenden Gebäudedaten und deren notwendige Genauigkeit wird erörtert.

Abschnitt 4 stellt mit der Anwendung der sensorgestützten Bestandsaufnahme den Hauptteil dieser Arbeit dar. Zunächst wird die verwendete Systemkonfiguration näher beschrieben. Danach folgen die Durchführung der Aufnahme und die Weiterverarbeitung der gewonnenen Daten zu einem Bestandsmodell. Den Abschluss bildet eine detaillierte Evaluation.

Abschließend enthält Abschnitt 5 eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und gibt ein abschließendes Fazit.

2 Grundlagen

2.1 Immobilie und Immobilienlebenszyklus

Umgangssprachlich wird unter dem Begriff Immobilie meist ein Grundstück einschließlich des sich darauf befindenden Bauwerks verstanden. Recht einfach, jedoch passend ausgedrückt, ist ein Grundstück eine räumlich zusammenhängende Bodenoberfläche, die durch natürliche oder erschaffene Grenzen wie Mauern, Hecken, Zäune, Begrenzungssteine o. Ä. von angrenzenden Flächen/Grundstücken getrennt wird. Nichtdestotrotz ist dieser Grundstücksbegriff durch die sich jederzeit veränderbaren äußeren Gegebenheiten nicht sehr präzise.5

Präziser ist der Begriff des Grundstücks im Sachenrecht des BGB in §§ 93 ff. geregelt. Hier entspricht ein einheitlich selbständiges Grundstück einem oder mehreren räumlich abgegrenzten Teilen der Erdoberfläche, welches unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs eingetragen ist. Zu einen Grundstück gehören dessen wesentliche Bestandteile, welche mit Grund und Boden fest verbunden sind.6 Dies trifft somit auf das sich auf dem Grundstück befindende Gebäude zu und steht im Einklang mit der zuvor erwähnten umgangssprachlichen Auffassung. Wesentliche Bestandteilen eines Gebäudes sind die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen, aber auch die mit dem Eigentum eines Grundstücks verbundenen Rechte7, sowie Zubehör, welches eine bewegliche Sache darstellt, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt ist und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht.8

Zusätzlich zu den oben genannten Definitionen gilt es zu erwähnen, dass die Immobilie von vielen einzigartigen Charakteristika geprägt ist.

Folgende Tabelle gibt hierzu eine kurze Übersicht:

Tabelle 1: Besonderheiten und Charakteristika von Immobilien9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein wichtiger Aspekt, der als Verbindung zum eigentlichen Thema dieser Arbeit dient, ist der sogenannte Immobilienlebenszyklus. Angelehnt an Klingenberger (2007) lässt sich der Lebenszyklus in verschiedene Phasen unterteilen10:

1) Zu Beginn des Immobilienlebenszyklus steht die Planungsphase. Sie ist durch eine Analyse der Wirtschaftlichkeit und der technischen Realisierbarkeit gekennzeichnet. Hier wird nach der eigentlichen Ideenentwicklung zunächst auch die bau- und bauordnungsrechtliche Situation geprüft. Auch wird in dieser frühen Phase die Finanzierbarkeit überprüft bzw. die Finanzierung des Projekts entwickelt. Die Höhe der im gesamten Lebenszyklus einer Immobilie anfallenden Kosten wird weitestgehend bereits in der Planungsphase getroffen und ist in der Nutzungsphase kaum korrigierbar.11 Dies verdeutlicht die hohe ökonomische Relevanz dieser ersten Phase.
2) Nach der Planungsphase und der Baugenehmigung folgt die Realisierungsphase. Sie wird durch den Zeitraum der eigentlichen Bauleistungen begrenzt und erzeugt zusammen mit der Abbruchphase den zweitgrößten Anteil der gesamten Lebenszykluskosten.12
3) Die zeitlich längste Phase und dementsprechend die Hauptphase im Immobilienlebenszyklus ist die Nutzungsphase. Wie der Name bereits sagt, wird in dieser Phase der eigentliche Bestimmungszweck der Immobilie erfüllt. Im Laufe der Nutzung können aufgrund vieler unterschiedlicher Faktoren, Anforderungen und Einflüsse bauliche Veränderungen vorgenommen werden. Auch ist eine komplette Umnutzung der Immobilie nicht unüblich. Die Empirie zeigen, dass der Kostenhauptteil der Lebenszykluskosten in der Phase der Nutzung entsteht. Bei Bürogebäuden liegt die Summe der anfallenden Baunutzungskosten beispielsweise zwischen 680 und 960 % der Investitionsausgaben.13
4) Am Ende und als Abschluss des Zyklus steht die Abbruchphase oder Verwertungsphase, die in einem Abbruch oder einer Revitalisierung der Immobilie bestehen kann. Bei einem Abbruch tritt das nun wieder freie Grundstück daraufhin wieder in die Phase der Planung und der Lebenszyklus beginnt von neuem.

Die folgende Abbildung verdeutlicht den Lebenszyklus und den Zusammenhang der verschiedenen Phasen noch einmal grafisch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Immobilienlebenszyklus

2.2 Abfallrecht

In Deutschland zählt der Bausektor zu einem der ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren. Laut einem Bericht des Statistischen Bundesamts zu den umweltökonomischen Gesamtrechnungen wurden im Jahr 2015 über 517 Millionen Tonnen (2014: 543 Mil. t) an Baumineralien14 verwendet. Neuere Daten sind derzeit noch nicht verfügbar, aber es ist zu vermuten, dass sich die Zahlen auch in den Jahren nach 2015 nicht stark von den Vorjahren unterscheiden.15 Verbunden mit einem so hohen Ressourcenverbrauch liegt der Gesamtbestand an Gebäuden und Infrastrukturen bei ca. 28 Milliarden Tonnen (Stand 2010, Umweltbundesamt) und stellt eine beachtliche menschengemachte Rohstoffsammlung dar. Diese Rohstoffsammlung bzw. die Rohstoffe selbst werden nach Nutzungsende und Abbruch der Gebäude und Infrastrukturen in Form von Abfall frei.16 Da dieser „Abfall“ zu einem Großteil aus wertvollen Stoffen besteht und die Kapazitäten deutscher Mülldeponien bei weitem sprengen würde, können diese Stoffe zu einem sehr großen Anteil durch Sortierung und Trennung verwertet oder wiederverwendet werden.

Europa und insbesondere Deutschland befinden sich seit einigen Jahren im Wandel hin zu einer ressourcenschonenden und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Kreislaufwirtschaft. Zentraler Punkt der europäischen und deutschen Abfallpolitik ist es, natürliche Ressourcen durch die Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schützen. Hierbei gilt es als großes und lang- bis mittelfristiges Ziel, alle in der Bundesrepublik aufkommenden Abfälle umweltverträglich zu verwerten.

Im Allgemeinen wird das deutsche Abfallrecht durch eine Vielzahl europäischer Rechtsakte geformt. Maßgebend ist hier die europäische Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG). Sie legt unter anderem eine fünfstufige Abfallhierarchie fest. Nach der Hierarchie ist immer das Verfahren zur Abfallbehandlung zu wählen, welches im jeweiligen Fall der höchsten Hierarchiestufe zuzuordnen ist. Beispielsweise sollte Abfall nicht einfach auf einer Mülldeponie beseitigt werden, sondern wenn möglich zuvor zunächst einmal vermieden oder wenn dies nicht möglich ist zumindest wiederverwendet, recycelt oder anderweitig verwertet werden.17 Diese ist in folgender Abbildung grafisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Abfallhierarchie

2.2.1 KrWG

Im Gegensatz zu einer Verordnung ist eine europäische Richtlinie nicht unmittelbar gültig, sondern muss in nationales Recht eingebracht und durch Gesetze umgesetzt werden. Die Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) geschieht in Deutschland durch das Gesetzt zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen, dem sogenannten Kreislaufwirtschaftsgesetzt (kurz: KrWG). Dieses ist am 1. Juni 2012 in Kraft getreten und löst das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ab.18

Zweck des Gesetzes ist es, die Kreislaufwirtschaft noch stärker auf die Schonung der natürlichen Ressourcen und den Klima- und Umweltschutz auszurichten.19 In diesem Gesetz wird zunächst erst einmal bestimmt, wann es sich um Abfälle handelt. Demzufolge sind Abfälle alle Stoffe, derer sich ihr Besitzer entledigt oder entledigen will oder muss.20 Auch wird der Abfallbegriff durch § 5 „ Ende der Abfalleigenschaft“ noch etwas weiterführender und genauer präzisiert. Gemäß § 5 Abs. 1 KrWG ist ein Stoff nicht mehr als Abfall einzuordnen, wenn er die folgenden Kriterien erfüllt:

1. Das Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens.
2. Die Verwendung für bestimmte Zwecke.
3. Das Bestehen eines Marktes oder Nachfrage nach ihm.
4. Die für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen sind erfüllt.
5. Unschädlichkeit auf Mensch und Umwelt bei Verwendung.21

Auch die zuvor erwähnte bereits in der europäischen Abfallrichtlinie verankerte Abfallhierarchie findet sich in § 6 Abs. 1 KrWG in gleicher Form wieder. Hiervon ausgehend ist die Maßnahme zur Abfallbewirtschaftung auszuwählen, die den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistet.22

Das nicht nur in den privaten Haushalten angewandte Vorgehen des Getrennthaltens von Abfällen zur späteren Verwertung ist in § 9 KrWG geregelt23 (zusätzlich dazu: § 11 Getrennthaltungspflichten für Bioabfälle24, § 14 für Papier-, Metall, Kunststoff- und Glasabfälle25 ). Auch ist in § 9 KrWG das Verbot der Vermischung oder Verdünnung von gefährlichen Abfällen formuliert.26 So darf beispielsweise Asbestbelasteter Bauschutt nicht mit herkömmlichem Bauschutt entsorgt werden und muss gesondert behandelt werden. Dies macht Sinn, da ein Großteil des Bauschutts wiederverwendet werden kann, Asbest als gefährlicher Stoff jedoch von der Wiederverwendung ausgeschlossen ist.

Wie bereits vermuten lässt, hat das KrWG und die europäische Abfallrichtlinie somit auch umfassende Auswirkungen auf den Umgang mit Abfällen, welche beim Abbruch und auch beim Bau von Gebäuden und anderen Bauwerken anfallen. Auch hier gilt das Gebot natürliche Ressourcen und Deponieraum einzusparen.

Zusammenfassend müssen für den Bau- und Abbruchbereich die folgenden 3 Punkte beachtet werden:

1. Gemäß der Abfallhierarchie sollte die Entstehung von Bauabfälle möglichst vermieden werden. Dies kann beispielsweise durch die Erhaltung bestehender Bausubstanz und auf lange Nutzungsdauer ausgelegte Konstruktionen berücksichtigt werden.
2. Beibehaltung von nicht vermeidbaren Abfällen im Wirtschaftskreislauf. Dies wird durch recyclinggerechtes Konstruieren der Bauwerke, einem soweit wie möglich recyclingorientierten Baustellenbetrieb und einem recyclinggerechten Abbruch erreicht. Ein recyclinggerechter Abbruch beinhaltet ein Getrennthalten des Abbruchmaterials zur späteren Verwertung.
3. Die Beseitigung von Abbruch- und Bauabfällen sollte auf das geringste notwendige Maß beschränkt werden.27

2.3 Beräumung

Bei der Beräumung handelt es sich um eine vorbereitende Maßnahme im Zuge des Abbruchs eines Bauwerks. Die Beräumung stellt einen Überbegriff dar, welcher die Prozesse der Entrümpelung und der Entkernung zusammenfasst.28

In den folgenden zwei Abschnitten findet sich eine Beschreibung beider Prozesse. Eine Besonderheit der Entrümpelungs- und Entkernungsarbeiten stellt das hohe Maß an manueller Arbeit dar.29 Auch tragen diese Prozesse einen erheblichen Teil zur Trennung und Vermeidung von Abfällen bei. Grade hier werden die Weichen für einen gesetzeskonformen Abbruch gelegt.

2.3.1 Entrümpelung

Das Entrümpeln stellt heutzutage eine der ersten Arbeiten eines jeden Abbruchs dar. Dabei werden alle nicht befestigten und nicht fest mit dem Gebäude verbundenen Gegenstände aus dem Gebäude entfernt. Bei Bürogebäuden können dies beispielsweiße Schreibtische und andere Tische, Stühle, Schränke und Regale (bspw. mit und ohne Aktenordner), sowie anderes Büromobiliar, Teppiche, Gardinen und teilweise sogar technische Geräte, wie Computer, Monitore und Drucker sein. Mit der Entfernung dieser Gegenstände wird das Gebäude also - wie der Name schon sagt - entrümpelt.30

Da die Entrümpelung häufig nach Ende der aktiven Nutzungsphase des Gebäudes ausgeführt wird, muss damit gerechnet werden, dass möglicherweise kein elektrischer Strom (z.B. für die Nutzung von Lichtquellen und kleinen Arbeitsgeräten) und/oder kein fließendes Wasser mehr verfügbar ist. Dies muss bei der vorherigen Planung beachtet werden. Schwere Arbeitsgeräte, für welche Strom unabdingbar ist, kommen bei der Entrümpelung jedoch in der Regel nicht zum Einsatz.

Üblicherweise wird bei der Entrümpelung versucht, alle Gegenstände soweit wie möglich zerstörungsfrei aus dem Gebäude zu entfernen. So können die Gegenstände daraufhin erneut genutzt oder veräußert werden. Bei großen und nicht bereits durch den Nutzer leergeräumten Gebäuden kann der Verkauf dieser Gegenstände einen beachtlichen Geldbetrag ausmachen, welcher das Projektergebnis des Abbruchunternehmers steigern bzw. zuvor bei der Angebotskalkulation berücksichtigt werden kann. Zusätzlich dazu verbirgt sich bei der zerstörungsfreien Entfernung der bereits in Kapitel 2.2.1 erwähnte Grundsatz des Getrennthaltens von Abfällen. Dies ist bei der Zerstörung und Vermischung der Gegenstände nur mit erheblich höherem Aufwand im Nachhinein möglich. Eine Ausnahme bilden große und/oder schwere Gegenstände. Diese sollten im Grunde genommen ebenso nicht zerstört werden. Hier muss jedoch ein gesundes Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen bewahrt werden. Meistens werden große und unhandliche Gegenstände - soweit wie es für die einfache Handhabung vor Ort notwendig ist - demontiert und zurückgebaut.

2.3.2 Entkernung

Nachdem die Entrümpelung weitestgehend abgeschlossen ist, beginnt der Prozess der Entkernung des Gebäudes. Hierbei geht es im Grunde um die weitere Entfernung von Gegenständen und Anlagen aus dem Gebäude. Anders als bei der Entrümpelung werden hier alle tiefer mit dem Gebäude verwurzelten Strukturen entfernt. Die Entfernung hat jedoch keine Auswirkung oder Einfluss auf die Standsicherheit des Gebäudes. Die Entkernungsarbeiten erfolgen bis zur tragenden mineralischen Bausubstanz bzw. Stahlkonstruktion31 und somit bleiben die statisch relevanten Bauteile unangetastet.32

Bei Bürogebäuden sind die bei einer Entkernung üblicherweise zu entfernenden Gegenstände beispielsweiße Fenster, Türen, Böden, Unterdecken, Rohrleitungen, nicht tragende Wände wie Gipskartonwände o.Ä. und die Gebäudetechnik (Lüftung, Heizung, Sanitär und Elektro). Sind alle diese Gegenstände und Bauteile erfolgreich entfernt, ist nach Abschluss des Prozesses nur noch der „Kern“ des Gebäudes übrig und das Gebäude ist dementsprechend für den Abbruch und das Entfernen der tragenden Strukturen vorbereitet. Der Gebäudekern besteht annähernd nur noch aus mineralischen Stoffen wie z.B. Mauerwerk, Beton mit Zement, Naturstein, Keramik, Gips und Kalkmörtel oder Stahl.33

Im Grunde geht es bei der Entkernung darum, so viele Gegenstände und Material wie möglich zu entfernen, dabei aber den wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen im Auge zu behalten. Im Kontrast zu der Entrümpelung können bei der Entkernung die Bauteile meistens nicht mehr zerstörungsfrei entfernt werden, da sie zu stark mit dem Gebäudekern verbunden sind. Nichtdestotrotz ist es wichtig, das entfernte Material nach seinen Bestandteilen bzw. Abfallarten zu sortieren. Es können viele der anfallenden Materialien recycelt werden oder sind in der Einzelentsorgung weitaus preisgünstiger. So wird eine teure Entsorgung von Baumischstoffen vermieden. Besonders zu erwähnen gilt hier der gesonderte Umgang mit Gefahrenstoffen. Diese sind unvermeidlich mit einer teuren Sonderentsorgung verbunden und müssen vom Rest separat behandelt werden.34

Im Gegensatz zur Entrümpelung, welche hauptsächlich manuell und händisch ausgeführt wird, geht die Entwicklung bei der Entkernung tendenziell weg von der manuellen Ausführung hin zur maschinenunterstützten Bearbeitung. Meist werden kleine technisch Hilfsmittel und leistungsfähige Abbruchmaschinen verwendet.35 Manuelle Entkernungsarbeiten werden meist nur noch bei relativ geringem Arbeitsumfang, aufwendigem Materialtransport und zeitaufwendiger bzw. schrittweiser Dekontamination durchgeführt. Natürlich wird die manuelle Ausführung immer noch vorgezogen, wenn die Möglichkeit eines maschinellen Einsatzes aufgrund nicht erfüllter Grundvorrausetzungen (z.B. eine zu geringe Raumhöhe) wegfällt. Ferner müssen auch weitere baugerätespezifische Voraussetzungen erfüllt werden, wie z.B. eine ausreichende Deckenbelastungsmöglichkeit, ausreichende Raumhöhe, Abwurfmöglichkeiten, Fahrstuhlschächte u.a.36 Auch entsteht durch Kleinstmaschinen (ohne Arbeitskabine) teilweise eine hohe physische Belastung der Beschäftigten. Darüber hinaus gilt es zu erwähnen, dass eine maschinelle Bearbeitung zunächst mit hohen Investitionskosten verbunden ist.37

Da die Entkernungsarbeiten das Entfernen der bestehenden Elektrik und der Kabel beinhalten, muss für die Baugeräte anderweitig Strom bereitgestellt werden. Dies gilt es neben den anderen Voraussetzungen in der Planung zu beachten.

Zu den herkömmlichen und gängigen Abbruchmaschinen gehören Kompaktlader, Minibagger, mobile Arbeitsbühnen und diverse handgeführte Abbruch-, Bohr- und Schneidegeräte.38

2.4 Abbruch

Da diese Arbeit im Zusammenhang mit den vorgelagerten Beräumungsarbeiten und nur indirekt mit dem Abbruch eines Objekts an sich steht, wird dieser hier zwar der Übersicht halber erwähnt, aber nur kurz und relativ oberflächlich dargestellt.

Der eigentliche Abbruch stellt die Beseitigung von technischen und baulichen Anlagen dar und ist den Beräumungsprozessen nachgestellt, wobei die Beräumung an sich natürlich als vorbereitende Maßnahme bereits im weiteren Sinne zum Abbruch gehört.39

Die Beräumungsprozesse sind üblicherweise bereits abgeschlossen, wenn der Abbruch startet und alle Objekte und Gegenstände, die nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind, sind entfernt. Der eigentliche Abbruch besteht nur noch aus der Beseitigung der verbleibenden tragenden Gebäudeteile und der Gebäudehülle. Diese Elemente bestehen in der Regel nur noch aus mineralischen Bausubstanzen und/oder aus Stahlkonstruktionen, welche zu einem sehr großen Anteil recycelt werden können.

Im Gegensatz zu den Beräumungsprozessen, bei denen hauptsächlich manuell oder mit kleinen Maschinen gearbeitet wird, werden beim Abbruch der Gebäudestrukturen sehr viel stärkere und schwerere Abbruchgeräte verwendet. Mit Abstand am häufigsten wird der Abbruch mit Hydraulikbaggern und Anbaugeräten (83%) angewandt. Danach folgt mit Abstand das Sprengen (4%) und der Abbruch mit Seilbaggern, sonstigen Baumaschinen, Sägen/Hochdruckwasserstrahl/Fräsen und der Handabbruch (jeweils 3%).40

Beim eigentlichen Abbruch entstehen hohe Emissionen, die vor allem beim Vorhandensein von Nachbarbebauungen kleingehalten und eingedämmt werden müssen. Hier gilt es bspw. Staubfreisetzung, Splitter und Trümmer durch Schutzeinrichtungen und ggf. Wassereinsatz zu minimieren.

Abschließend zeigt Abbildung 3 noch einmal zusammenfassend den kompletten Abbruchprozess inkl. der Beräumungsprozesse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Der Abbruchprozess und seine Bestandteile41

3 Bestandsaufnahme von Beräumungsobjekten

Im Zuge von Beräumungs- und Abbrucharbeiten ist es von essenzieller Wichtigkeit, ausführliche Informationen über die zu beräumenden oder abzubrechenden Gebäude zu besitzen. Im besten Fall sind diese Informationen in Form von Plänen gebündelt. Hier handelt es sich bspw. um Grundrisse und Schnitte oder um ein Gebäudemodell. Das Problem, das es hierbei gibt, ist, oftmals gibt es solche Pläne nicht. Bei der Beräumung und beim Abbruch handelt es sich üblicherweise um relativ alte Bauwerke, bei denen keine, nicht mehr aktuelle bzw. unvollständige Pläne oder allgemein keine für das Vorhaben relevanten Informationen in anderer Form verfügbar sind. Dies liegt zum einen daran, dass es grundsätzlich keine Standards gibt, wie und wo existierende Pläne nach dem Neubau einer Immobilie gelagert oder gespeichert werden. Recht einfach ausgedrückt kann man sagen, dass nach einem Neubau erst einmal niemand an den Abbruch denkt.

Darüber hinaus werden grade Gewerbeimmobilien während ihres Immobilienlebenszyklus häufig einer Umnutzung unterzogen und umgebaut. Zu diesen Umbaumaßnahmen gibt teilweise keine vollständigen und ausführlichen Unterlagen. Folglich sind verfügbare Bestandspläne nicht mehr belastbar und für die Beräumung oder den Abbruch nur eingeschränkt nutzbar. Schwierig gestaltet es sich außerdem nutzbare Informationen für die Entrümpelung zu erhalten, da in vielen Fällen keine Pläne und Informationen zu den Möbeln und Gegenständen in der Immobilie existieren.

Um das Problem zu lösen und trotzdem die für die Beräumung und den Abbruch notwendigen Informationen zu erhalten, werden Bestandsaufnahmen durchgeführt. Die Art der Bestandsaufnahme unterscheidet sich häufig sehr und kann von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen.

Bestandsaufnahmen werden grundsätzlich in drei verschiedene Kategorien eingeteilt:

- Maßliche Bestandsaufnahme
- Technische Bestandsaufnahme
- Nutzungsbezogene Bestandsaufnahme

Bei der maßlichen Bestandsaufnahme werden alle notwendigen Gebäudemaße erfasst und mit vorhandenen Plänen abgeglichen. Das Ergebnis stellt eine quantitative Aufnahme und Dokumentation des geometrischen Bestands dar.

Im Rahmen der technischen Bestandsaufnahme werden zunächst die einzelnen Bauteile des Gebäudes und existierende Konstruktionen identifiziert. Daraufhin werden Bauart, Bauweise und Funktion bestimmt. Zuletzt wird der Zustand und die Funktionsfähigkeit überprüft und die Daten dokumentiert.

Die nutzungsbezogene Bestandsaufnahme beinhaltet eine Identifizierung und Analyse der historischen Gebäudenutzung und der Nutzer.42

Da es in dieser Arbeit um den Abbruch und speziell um die Beräumung geht, sind zwar alle drei Bestandsaufnahmekategorien in gewisser Weise relevant und nicht zu vernachlässigen, aber die wichtigste Kategorie stellt in diesem Zusammenhang die maßliche Bestandsaufnahme dar.

3.1 Vorgehensweisen zur Bestandsaufnahme

Um eine Bestandsaufnahme durchzuführen gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Die gängigsten Vorgehensweisen zur Bestandsaufnahme und Informationsgewinnung bei potentiellen Beräumungsobjekten werden im Folgenden aufgelistet:

Informations- und Datengewinnung durch

- Sichtung vorhandener Unterlagen,
- Ortsbegehung verbunden mit der Erstellung von Aufmaßen,
- Erfahrungswerte.

Häufig werden Kombinationen der obig genannten Punkte angewandt. Die einzelnen Vorgehensweisen werden in den folgenden Abschnitten näher beschrieben und bewertet.

3.1.1 Sichtung vorhandener Unterlagen

Eine der Vorgehensweisen zur Bestandsaufnahme ist die Sichtung und Analyse der vorhandenen Unterlagen und Pläne des Gebäudes. Hier spielen grade die Bauausführungspläne eine Rolle. Die Unterlagen sind jedoch nicht uneingeschränkt nutzbar und eine Bestandsaufnahme nur auf dieser Grundlage mit einigen Problemen verbunden. Dies wird im Folgenden näher erläutert.

Bauausführungspläne stellen die Grundlage eines jeden Bauprojekts dar. Dies sind bspw. Architektenpläne, Pläne der Tragwerksplanung, Pläne der Gebäudeausrüstung und Fundamentpläne. Auch für Umbau- und Renovierungsarbeiten werden oftmals Pläne und weitere Unterlagen erstellt. Sie sind für die Erstellung eines Bauwerks unabdingbar, denn sie enthalten verschiedenste für den Bau eines Gebäudes notwendige Informationen. Normalerweise beinhalten die Pläne Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Detailzeichnungen. Darüber hinaus werden u.a. Maße, Informationen zu Material sowie Qualität und Beschaffenheit angegeben. Verschiedene Hinweise und Anweisungen, oft in Tabellenform, können ebenso Teil der Ausführungspläne sein - bspw. Türlisten. Hier werden alle einzubauenden Türen beschrieben und aufgelistet. Da alle Informationen einen einzelnen Plan überladen würden, gibt es üblicherweise eine Vielzahl verschiedener Pläne. Diese sind meist nach den verschiedenen Gewerken unterteilt. Darüber hinaus gibt es noch andere Dokumentationsunterlagen, die für die Erstellung des Bauwerks benötigt werden. Grade im Zusammenhang mit der Beräumung und dem Abbruch eines Gebäudes sind an dieser Stelle die Materiallisten zu erwähnen. Hier sind die für den Bau des Gebäudes verwendeten bzw. vorgesehenen Materialen aufgeführt. Sie dienen als Basis für den Einkauf der Baumaterialien bei der Erstellung eines Bauwerks. Wie bereits aus den vorigen Abschnitten hervorgeht, ist das Wissen über die verbauten Materialien sehr wichtig. Die Materiallisten eigenen sich sehr gut, um einen Überblick über das anfallende Entkernungs- und Abbruchmaterial zu erlangen und dieses für die Entsorgung zu sortieren bzw. vorzubereiten.43

Da der Zweck der Pläne und der anderen Unterlagen in der Unterstützung bei der Erstellung des Bauwerks besteht, haben diese oft für die meisten bei der Erstellung beteiligten Personen nach Fertigstellung der Arbeiten keine Funktion und keinen Wert mehr. Dies ist jedoch nur vermeintlich richtig. Bspw. sind TGA Pläne für die regelmäßige Wartung der technischen Anlagen auch im Nachhinein notwendig. Aber auch andere Pläne und Unterlagen sind, spätestens wenn es um den Abbruch geht, sehr hilfreich. Trotzdem ist es leider häufig schwierig, diese nach vielen Jahren der Nutzung der Immobilie zu beschaffen. Das liegt einerseits daran, dass die Pläne nicht sorgfältig archiviert und aufbewahrt werden oder andererseits der Ort der Aufbewahrung schlichtweg nicht bekannt ist. Oft steht hier der Aufwand, der mit der Beschaffung der Pläne und Unterlagen verbunden ist, nicht im Verhältnis zum Nutzen für die Beräumung oder den Abbruch. Zusätzlich gilt es an dieser Stelle zu erwähnen, dass es teilweise für die Beräumung notwendige Informationen selten oder gar nicht auf Plänen oder sonstigen Unterlagen gibt. Grade grundlegende Informationen für die Entrümpelung z.B. Angaben über Möbel und anderes Inventar gibt es in den meisten Fällen nicht.

Nichtdestotrotz kann das Vorhandensein von Plänen und anderen Unterlagen natürlich einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert bringen. Hier kommt es jedoch zu einem weiteren Problem. Um einen Mehrwert zu bieten, müssen die Pläne und Unterlagen von ausreichender Qualität und vor allem Aktualität sein. Dies ist jedoch nach einer jahrelangen Nutzung (und Umnutzung) eines Gebäudes alles andere als selbstverständlich. Häufig entsprechen selbst die Ausführungspläne ganz am Anfang des Immobilienlebenszyklus nicht den ausgeführten Bauleistungen. Diese Abweichung ist oft nicht sehr groß, aber sie ist dennoch existent. In einem solchen Fall müssen im Nachhinein sogenannte As-built-Pläne (bzw. Abrechnungspläne/Aufmaßpläne) erstellt werden, um die Ist-Situation widerzuspiegeln. Gibt es die As-built-Pläne nicht, kann im Zweifel nicht vollends auf die Ausführungspläne vertraut werden. Darüber hinaus ist die Umnutzung und der Umbau bei Büroimmobilien eher die Regel als die Ausnahme. Häufig wird grade der Innenausbau und die Einrichtung der Immobilie den Bedürfnissen des jeweiligen Nutzers angepasst. Ändern sich die Bedürfnisse oder findet häufig ein Nutzerwechsel statt, weicht die Ist-Situation meist erheblich von der Situation auf den vorhandenen Ausführungs- und Bestandsplänen ab. Sind die Umbauten und Änderungen hier nicht ausführlich und vollständig dokumentiert, können die Plänen nur eingeschränkt verwendet werden. Dieses Problem kommt grade bei den Beräumungsprozessen zum Tragen. Für den eigentlichen Abbruch des Gebäudes bleibt das Problem überschaubar, da die Änderungen bei einem Großteil der Fälle nicht in die Tragstruktur und die Statik der Immobilie eingreifen.

Abschließend und zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vorhandensein von Bestands- und Ausführungsplänen sowie weiteren Unterlagen auf jeden Fall hilfreich sein kann. Jedoch stellt bereits das Vorhandensein an sich ein Problem dar. Darüber hinaus ist auch die Richtigkeit und Aktualität der Pläne oftmals nicht komplett gewährleistet. Somit sind die Pläne zwar teilweise immer noch in einer gewissen Weise hilfreich und können für eine Grobplanung der Beräumungsprozesse und des Abbruchs verwendet werden. Es sind jedoch weitere Maßnahmen notwendig, um eine fehlerfreie und aktuelle Ist-Situation der Immobilie darzustellen und als detaillierte Planungsgrundlage bzw. als Ersatz einer weiteren und vollständigen Bestandsaufnahme zu dienen.

3.1.2 Ortsbegehung

3.1.2.1 Ortsbegehung mit Mengeneinschätzung

Eine Begehung des Abbruchobjekts ist bei einem solchen Vorhaben eine sinnvolle Methode, um eine grobe Übersicht über das Objekt zu erhalten und bereits aufgetretene Fragestellungen vor Ort zu analysieren und zu klären. Auch können hier bereits vorhandene Pläne und Unterlagen zu einem gewissen Maße auf Richtigkeit überprüft und validiert werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, dass die Ortsbegehung relativ weit am Anfang eines jeden Projekts steht.

Die Ortsbegehung führt zu einem umfassenden Eindruck über die Gesamtsituation des Vorhabens und über die Immobilie an sich. Hierbei können viele Details wahrgenommen werden, die auf eventuell vorhandenen Plänen nicht sichtbar sind. Grade der Zustand und die Qualität des Gebäudes sowie des Inventars ist schnell erkennbar. Auch mögliche Kontaminationen der Abbruchsubstanz sowie schadstoffhaltige Bauteile können frühzeitig erkannt werden. Darüber hinaus ist die benachbarte Umgebung des Abbruchobjekts sichtbar. Hier können wichtige logistische Informationen für die spätere Durchführung des Abbruchs bzw. der Beräumung gesammelt werden. Auch können in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten, die sich bspw. aufgrund einer engen Nachbarbebauungen ergeben, für die Beräumungs- und Abbruchplanung frühzeitig erkannt werden.44

Eine Ortsbegehung reicht jedoch nur in sehr wenigen Fällen und bei relativ kleinen Abbruchvorhaben als vollständige und abschließende Bestandsaufnahme aus. Sie dient eher als Grundlage, wenn es lediglich um eine Einschätzung der Material- und Inventarmenge geht. In diesem Zusammenhang werden dabei Kennzahlen und Anhaltswerte verwendet und das Objekt muss bei der Begehung weniger aufwendig und genau inspiziert werden. Oftmals werden die Materialmengen durch auf m³ umbauten Raum oder auf Brutto-Rauminhalt (BRI) bezogene Faktoren ermittelt. Bei der Ermittlung des BRI und des umbauten Raums werden häufig nur die Außenmaße eines Gebäudes zugrunde gelegt. Somit sind die Mengen nur als Anhaltwert zu sehen und können bei speziellen Bauwerken stark von der Realität abweichen.45 Jedoch ist eine solche Mengeneinschätzung oftmals für die spätere Kostenschätzung und Grobkalkulationen sowie für die Entsorgungskonzepte und Kontrollen ausreichend genug und mitunter bei Zeitmangel oftmals gar nicht anders machbar.46 Steht jedoch etwas mehr Zeit zur Verfügung oder sind detailliertere Informationen über das Gebäude notwendig, finden von vornherein oder auch im weiteren Verlauf der Planung zusätzliche Begehungen statt. Dabei werden detailliertere Informationen gesammelt (bspw. mit Hilfe eines Aufmaßes – siehe nächster Abschnitt 3.1.2.2).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Ortsbegehung mit Mengeneinschätzung eine günstige und schnelle Lösung der Bestandsaufnahme darstellt, jedoch teilweise ungenaue Ergebnisse hervorbringen kann. Darüber hinaus werden wichtige Informationen für die Beräumung vernachlässigt und es wird hauptsächlich auf die Mengenermittlung im Hinblick auf den Abbruch an sich abgezielt.

3.1.2.2 Ortsbegehung mit Aufmaß

Im Bauwesen wird das detaillierte Ausmessen und Aufzeichnen eines bestehenden Bauwerks bzw. im hiesigen Fall eines Abbruchobjekts als Aufmaß bezeichnet. Eine Ortsbegehung inkl. der Durchführung eines Aufmaßes stellt eine unerlässliche Grundlage dar, wenn es um eine genaue Berechnung der Materialmengen bei einer Beräumung und einem Abbruch geht.47 Grade wenn Bestandspläne des Bauwerks nicht mehr vorhanden sind oder deren Richtigkeit nicht nachgewiesen werden kann, wird diese Informationslücke mit dem Aufmaß minimiert und so weit wie möglich geschlossen. Im Optimalfall besitzt man nach erfolgtem Aufmaß eine originalgetreue maßliche Darstellung des Bauwerks. Der Nachteil eines Aufmaßes ist jedoch ein hoher bis unvertretbar hoher Aufwand.48

In der Praxis gibt es zwei weit verbreitete Arten bei der Durchführung eines Aufmaßes:

1. Manuelles Aufmaß
2. Aufmaß mit Hilfe von 3D-Laserscanning

Beide Arten hab gewisse Vorzüge und Nachteile. Im Folgenden werden sie näher beschrieben.

Manuelles Aufmaß

Beim manuellen Aufmaß werden mit einfachen technischen Hilfsmitteln Eigenschaften im Gebäude gemessen. Dies beinhaltet vor allem Gebäude- und Raummaße wie Höhe, Breite und Länge, aber wenn möglich auch detailliertere Maße zu Wanddicken und Öffnungen sowie Winkel zwischen den Wandflächen untereinander und den Wand- und Deckenflächen. Nur indirekt als Aufmaß zu bezeichnen, aber im Hinblick der Entrümpelung ratsam, ist es zusätzliche detaillierte Aufzeichnungen zum Inventar des Gebäudes zu erstellen. Die gewonnenen Daten und Maße werden daraufhin bspw. in Form eines Grundrisses miteinander verknüpft.

Bei einem manuellen Aufmaß werden üblicherweise die folgenden technischen Hilfsmittel verwendet:

- Zollstock / Gliedermaßstab (Messen von kurzen Distanzen)
- Nivellierlatte (kurze Abstände und Höhen, Ablesen aus größerer Entfernung)
- Maßband (kurze bis weite Abstände)
- Laserdistanzmesser (je nach Genauigkeit kurze bis weite Abstände)
- Winkelprisma

Das manuelle Aufmaß zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Zudem ist das manuelle Verfahren sehr günstig. Die Ausführung ist jedoch mit viel händischem Aufwand verbunden. Auch die Nachbearbeitung erfordert eine gewisse Zeit und kann sich relativ aufwendig darstellen. Darüber hinaus können schnell menschliche Messfehler entstehen, die zu einem ungenauen Ergebnis führen. Jedoch ist im Zuge der Beräumungs- und Abbrucharbeiten ein nicht 100% genaues Ergebnis oftmals kein Problem. Die notwendige Genauigkeit wird in Kapitel 3.2.3 diskutiert.

Aufmaß mit Hilfe von 3D-Laserscanning

Beim Aufmaß mit Hilfe von 3D-Laserscanning wird zum Messen ein spezielles Gerät, der 3D-Laserscanner verwendet. Dieser wird meist zentral im jeweiligen Raum platziert und führt zwei verschiedene Messungen durch. Zunächst tastet der Laserscanner den Raum bzw. das Objekt in x, y und z-Richtung ab. Er misst dabei die Entfernung zum jeweiligen Objekt und stellt die Raumkoordinaten fest. Dabei werden Laserstrahlen ausgesendet, welche auf ein Objekt wie bspw. eine Wand treffen und davon wieder zurückreflektiert werden. Zwischen Aussendung des Strahls und Empfang der Reflektion besteht eine Zeitdifferenz, mit welcher die Entfernung berechnet werden kann. Das Gesamtergebnis besteht aus einer sogenannten Punktwolke, die aus einer sehr großen Anzahl von Einzelmessungen bzw. Punkten mit dreidimensionalen Koordinaten besteht. Zusätzlich dazu nimmt das Gerät Bilder auf, welche den Punkten der Punktwolke Farben geben und somit eine Farbdigitalisierung ermöglichen. Die Punktwolke zeigt nun eine räumliche fotorealistische Darstellung der Umgebung. Die Distanzgenauigkeit einer solchen Lasermessung ist sehr hoch und liegt bei modernen Geräten bei grade einmal ±1 mm auf 25 m.49

Im Nachgang kann die Punktwolke über spezielle Software dargestellt und analysiert werden. Dies verschiebt die Erstellung des Aufmaßes und die Ermittlung der Maße vor Ort zum Computer im Büro oder zu Hause. Dies ist weitaus weniger aufwendig als ein manuelles Aufmaß.

Im Gegensatz zu einem manuellen Aufmaß sind durch sehr genaue und automatische Durchführung menschliche Messfehler nahezu ausgeschlossen. Durch die Verknüpfung der Punktwolken verschiedener Räume sind virtuelle Begehungen eines Abbruchgebäudes möglich. Dies ist grade für die Prozesse der Entrümpelung und Entkernung ein sehr großer Vorteil, da bspw. aufkommende Fragen zum Inventar des Gebäudes schnell geklärt werden können.

Beim 3D-Laserscanning überwiegen die Vorteile. Jedoch gibt es auch einen Nachteil, der dieses Verfahren für viele Bauunternehmen trotz allem Nutzen unattraktiv macht. Dieser Punkt ist der hohe Preis des Geräts. Der Preis eines modernen 3D-Laserscanners reicht in den mittleren 5-stelligen Eurobereich. Je nach Messreichweite und Ausstattung kosten moderne Geräte 20.000 € bis 50.000 €.50 Aus diesem Grund ist das manuelle Aufmaß mit all seinen Schwächen noch immer ein häufig angewandtes Verfahren.

3.1.3 Bestandsaufnahme durch Abschätzung mit Hilfe von Erfahrungswerten

Bei einer Abschätzung mit Hilfe von Erfahrungswerten handelt es sich im Grund nicht um eine Vorgehensweise zur Bestandsaufnahme, da hierbei die eigentliche Bestandsaufnahme entfällt und lediglich das Resultat einer Bestandsaufnahme bzw. die für die Beräumung und den Abbruch benötigten Daten abgeschätzt werden. Der aktuelle Abschnitt 3.1 dient letztendlich der Beantwortung der Frage, wie die notwendigen Daten für die Beräumung und den Abbruch ausfindig gemacht werden. Aus diesem Grund und der Vollständigkeit halber wird diese Variante hier also trotzdem beschrieben.

Wie vermuten lässt, ist die Abschätzung mit Hilfe von Erfahrungswerten eine sehr schnelle und kostengünstige Methode der Bestandsaufnahme im Hinblick auf die Kostenkalkulation und Angebotserstellung eines Abbruchunternehmens. Hierbei werden die für das Angebot notwendigen Daten auf Grundlage persönlicher Bewertungen der Mitarbeiter und gesammelter Erfahrung durch bereits vollendete Abbruchprojekte geschätzt.

Ein darauf basierendes Angebot ist meist ein Pauschalangebot, da ein Kunde das Risiko, welches dieses Verfahren birgt, nicht selbst kontrollieren kann. Dadurch besteht das Risiko für das Abbruchunternehmen, dass die Abschätzungen ungenau bzw. stark von der Realität abweichen. Diese kann das Projektergebnis erheblich verschlechtern und das ganze Projekt am Ende unwirtschaftlich machen. Es besteht für das Abbruchunternehmen aber auch eine Chance. Die Abschätzungen können in eine für das Unternehmen günstige Richtung abweichen. Außerdem spart das Unternehmen durch den geringeren Aufwand des Verfahrens Kosten.

Ein negativer Punkt des Verfahrens ist die damit verbundene hohe Intransparenz. Grade für öffentliche Auftraggeber ist es schwierig, das Angebot sachgemäß zu prüfen und zu bewerten. Außerdem ist fraglich, ob das Verfahren die geforderten Normen der Angebotsabgabe gemäß Vergaberecht erfüllt.

3.1.4 Vorgehensweisen der Bestandsaufnahme in der Praxis

In der Praxis kommt meist eine Mischung der zuvor genannten Verfahren zum Einsatz. Es werden zunächst alle vorhanden Pläne und Unterlagen gesichtet und üblicherweise eine Mengeneinschätzung in Kombination mit einer Ortsbegehung durchgeführt. Im Idealfall erfolgt die Bestandsaufnahme letztendlich im Wechsel von Standortbegehung und der Auswertung der Unterlagen.51 In manchen eher seltenen Fällen wird ein manuelles Aufmaß erstellt. Die technischen Vorschriften des deutschen Abbruchverbands erfordern bei der Mengenermittlung keine hundertprozentige genaue Lösung. So sind „die üblichen Näherungsverfahren zulässig“.52 Beispielsweise können Aussparungen, Öffnungen und Nischen unter 0,1 m³ übermessen werden.53 Allgemein üblich ist meist die Abrechnung über das bereits in Kapitel 3.1.2.1 erwähnte Raummaß (m³ umbauter Raum, BRI). So entfällt in der Praxis ein aufwendiges Aufmaß. Dies gibt einen ersten Anhaltspunkt, dass die Genauigkeit der Datenerfassung letztendlich nicht sehr hoch sein muss. Nichtdestotrotz würde eine genauere Erfassung der Bestandssituation natürlich einige Vorteile mit sich bringen. Grade für die vorgelagerten Beräumungsprozesse kann hier ein nicht zu vernachlässigender Nutzen entstehen. Leider steht dieser Nutzen jedoch oft nicht im Verhältnis zu den Kosten einer sehr detaillierten Bestandsaufnahme. Moderne Technik wie das 3D-Laserscanning wird beim Abbruch aus Kostengründen meist nicht angewandt. Innovative Verfahren der Bestandsaufnahme, wie das im Verlauf dieser Arbeit diskutierte sensorgestützte Verfahren der Bestandsaufnahme könnten das Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen verringern. Dies gilt es im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu untersuchen.

3.2 Identifikation der für die Beräumungsprozesse wichtigen Gebäudedaten

Im Rahmen einer Bestandsaufnahme bei Bestandsobjekten kann eine sehr große Menge verschiedenster Daten aufgenommen und festgehalten werden. Hier ist es sehr wichtig, das übergeordnete Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Bei der Planung von Beräumungsarbeiten besteht dieses Ziel aus einer effizienten und kostengünstigen Ausführung eben jener Arbeiten und der Aufstellung einer möglichst exakten Aufwands- und Kostenkalkulation. Hieraus resultieren im Optimalfall zum einen möglichst niedrige Kosten und zum anderen ein möglichst genauer Überblick des Aufwands und dementsprechend der Gesamtdauer der Arbeiten. In diesem Kontext gilt es somit klar zu definieren, welche Daten überhaupt für die Planung der Entrümpelung relevant sind und bei einer Bestandsaufnahme aufgenommen werden müssen. Diese Herangehensweise garantiert einerseits, dass nur so viel Aufwand betrieben wird, wie auch wirklich notwendig ist und andererseits, dass auch alle benötigten Daten vollständig und in der notwendigen Ausführlichkeit bzw. Genauigkeit erfasst werden.

Aus diesem Grund werden im Folgenden die notwendigen Daten für die Planung der Beräumungsprozesse identifiziert und deren notwendige Genauigkeit ermittelt.

3.2.1 Gebäudedaten für die Planung der Entrümpelung

Zunächst werden an dieser Stelle die notwendigen Gebäudedaten im Hinblick auf die Planung der Entrümpelung dargestellt.

Grade bei der Planung von Entrümplungsarbeiten ist es wichtig, jederzeit den Faktor Mensch im Fokus seiner Überlegungen zu haben. Die Entrümpelung wird hauptsächlich manuell bzw. händisch mit nur sehr wenigen Hilfsgeräten von vor Ort eingesetzten Personen durchgeführt. Folglich sind an dieser Stelle die physischen Eigenschaften der entrümpelnden Personen die maßgebenden Größen. Hier spielt also hauptsächlich deren Belastbarkeit sowie an sich die physischen Einschränkungen des Menschen eine große Rolle. Demzufolge ist es im Hinblick dieser begrenzenden Faktoren wichtig, die hier ausschlaggebenden Daten bezüglich der zu entrümpelnden Gegenstände und des Gebäudes zu erfassen. Diese Daten werden im Folgenden stichpunktartig aufgezählt und im Anschluss erläutert:

- Art, Material sowie Anzahl der jeweiligen Gegenstände
- Maße und Gewicht der Gegenstände
- Eventuelle Befestigung der Gegenstände vor Ort
- Lage der Gegenstände im Gebäude
- Maße zu Gebäudeöffnungen sowie Größe möglicher Lauf- und Entsorgungswege

Die Art und Anzahl der zu entrümpelnden Gegenstände ist eine der wichtigsten Information. Zu einem sehr hohen Teil basiert die Aufwandskalkulation hierauf. Auch sind diese Informationen wichtig, um gegebenenfalls bereits vor der Entrümpelung eventuelle Käufer für die Gegenstände zu finden. Die Materialkenntnis kann der noch genaueren Beschreibung des Gegenstands dienen und zusammen mit den Maßen einen ersten Aufschluss über das Gewicht geben. Auch ist die Materialkenntnis wichtig, um eine eventuelle Entsorgung KrWG-konform vorzubereiten und durchzuführen. Dies trägt zu einer noch genaueren Kalkulation bei, da die Entsorgungskosten leichter quantifiziert werden können.

[...]


1 Vgl. Blechner (2019), Beruhigende Commerzbank-Studie - Der Immobilienboom hält an.

2 Vgl. WirtschaftsWoche (2019), Immobilienboom - Baubranche erzielt bestes Neugeschäft im November seit 25 Jahren.

3 Vgl. Luzerner Zeitung (2019), Der deutsche Bau boomt weiter.

4 Vgl. Fahrun (2018), Berlin im Konjunkturhoch - Gewerbeflächen werden knapp.

5 Vgl. Pfnür (2011), Modernes Immobilienmanagement, S. 5.

6 Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz & Bundesamt für Justiz (2002), Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002, das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Januar 2019 geändert worden ist, § 94 Abs. 1.

7 Vgl. a. a. O., § 96.

8 Vgl. a. a. O., § 97 Abs. 1.

9 Vgl. Brauer (2018), Grundlagen der Immobilienwirtschaft: Recht - Steuern - Marketing - Finanzierung - Bestandsmanagement - Projektentwicklung, S. 6-9.

10 Vgl. Klingenberger (2007), Ein Beitrag zur systematischen Instandhaltung von Gebäuden. Dissertation, S. 35.

11 Vgl. Pfnür (2011), Modernes Immobilienmanagement, S. 378.

12 Vgl. ebd.

13 Vgl. ebd.

14 Anmerkung: Baumineralien sind in diesem Zusammenhang die Folgenden: Naturstein, Kalkstein, Gipsstein, Anhydrit, Kreide, Dolomit, Schiefer, Bausande und andere natürliche Sande, Feldsteine, Kiese und gebrochene Natursteine.

15 Vgl. Statistisches Bundesamt (2017), Umweltnutzung und Wirtschaft - Tabellen zu den Umweltökonomischen Gesamtrechnungen Teil 4: Rohstoffe, Wassereinsatz, Abwasser, Abfall, Umweltschutzmaßnahmen, S. 24.

16 Vgl. Umweltbundesamt (2017), Bauabfälle.

17 Vgl. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union (2008), Amtsblatt der Europäischen Union - Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien.

18 Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz & Bundesamt für Justiz (2012), Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012, das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 geändert worden ist, S. 1.

19 Vgl. a. a. O., § 1.

20 Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz & Bundesamt für Justiz (2012), Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012, das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 geändert worden ist, § 3 Abs. 1.

21 Vgl. a. a. O., § 5 Abs. 1.

22 Vgl. a. a. O., § 6 Abs. 1.

23 Vgl. a. a. O., § 9.

24 Vgl. a. a. O., § 11.

25 Vgl. a. a. O., § 14.

26 Vgl. a. a. O., § 9 Abs. 2.

27 Umweltbundesamt (2017), Bauabfälle.

28 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 23.

29 Vgl. a. a. O., S. 74.

30 Vgl. a. a. O., S. 23.

31 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 164.

32 Vgl. a. a. O., S. 23.

33 Vgl. ebd.

34 Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz & Bundesamt für Justiz (2012), Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012, das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 geändert worden ist, § 9 Abs. 2.

35 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 164.

36 Vgl. a. a. O., S. 164.

37 Vgl. a. a. O., S. 170.

38 Vgl. a. a. O., S. 165.

39 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 22.

40 Vgl. a. a. O., S. 351.

41 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 23.

42 Vgl. Klingenberger (2007), Ein Beitrag zur systematischen Instandhaltung von Gebäuden. Dissertation, S. 92-93.

43 Vgl. Rommel, Katzer, Tauchert & Huang (1999), Leitfaden für die Erfassung und Bewertung der Materialien eines Abbruchobjektes, S. 9.

44 Vgl. Rommel et al. (1999), Leitfaden für die Erfassung und Bewertung der Materialien eines Abbruchobjektes, S. 11-12.

45 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 118.

46 Vgl. a. a. O., S. 117.

47 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 117.

48 Vgl. Lippok & Korth (2007), Abbrucharbeiten - Grundlagen, Vorbereitung, Durchführung, S. 117.

49 Vgl. FARO Europe GmbH & Co. KG (o.D.), Laserscanner für schnelle und exakte Messungen in Innen- und Außenbereichen in drei Dimensionen.

50 Vgl. 3D CAD GmbH (o.D.), 3D Laserscan System kaufen.

51 Vgl. Rommel et al. (1999), Leitfaden für die Erfassung und Bewertung der Materialien eines Abbruchobjektes, S. 9.

52 Vgl. Deutscher Abbruchverband E.V. (1999), TV-Abbrucharbeiten: Technische Vorschriften für Abbrucharbeiten, Abbrucharbeiten Bohren-Brennen-Sägen, Abbruchsprengungen, S. 21.

53 Vgl. a. a. O., S. 22.

Excerpt out of 107 pages

Details

Title
Eine sensorgestützte Bestandsaufnahme an einem Beispielgebäude mit der App RTAB-Map. Eine Untersuchung
College
Technical University of Darmstadt  (Baubetrieb)
Grade
1,0
Author
Year
2019
Pages
107
Catalog Number
V1002978
ISBN (eBook)
9783346380517
ISBN (Book)
9783346380524
Language
German
Keywords
eine, bestandsaufnahme, beispielgebäude, rtab-map, untersuchung
Quote paper
Mark Lach (Author), 2019, Eine sensorgestützte Bestandsaufnahme an einem Beispielgebäude mit der App RTAB-Map. Eine Untersuchung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1002978

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