Issues of Environmental Justice in Los Angeles


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2001

12 Pages, Note: Sehr gut (


Extrait


Inhalt

I. Einführung

II. Environmental Justice
1. Begriff
2. Entwicklung

III. Environmental Justice in Los Angeles
1. Los Angeles
2. Environmental Justice Gruppen
a) Concerned Citizens of South Central Los Angeles (CCOSC)
b) Mothers of East Los Angeles (MELA)
3. Heterogenität der Bewegung

IV. Versuch einer Bewertung

Literatur

I. Einführung

Das Los Angeles Metropolitan Area (im folgenden Los Angeles) ist ein Gebiet extremer Gegensätze. Es gibt Gegenden mit einer äußerst wohlhabenden Bevölkerung, in weiten Teilen leben dort aber Menschen in sehr ärmlichen Verhältnissen1. Hierunter fallen große Teile der nicht-weißen Bevölkerung, die auch innerhalb armer Gegenden häufig in eige- nen Vierteln lebt. Angeblich leben etwa 50% der Latinos und 71% der Schwarzen dort in Gebieten, die als meist verschmutzte („most polluted“) Gegenden der Stadt eingestuft werden, wohingegen nur ein Drittel (34%) der weißen Bevölkerung dort wohnt2.

Diesen Zahlen zugrundeliegende Ursachen und Verhältnisse sind ein Anliegen der Envi- ronmental Justice (e.j.) Bewegung. Dieser Bewegung geht es darum, daß die Beeinträchti- gungen von Menschen durch Umweltverschmutzung im weitesten Sinne nicht durch ihre soziale Unterlegenheit befördert wird. Aufgrund der oben (lediglich) skizzierten Situation in Los Angeles ist zu erwarten, daß sich dort e.j. Bewegungen besonders engagieren. Dies anhand von prominenten Beispielen - hier: den beiden wichtigsten e.j. Organisationen - darzustellen, ist Ziel der Arbeit. Wichtigste Quelle wird hierbei das world wide web sein, die jüngere Fachliteratur ist von den Universitätsbibliotheken teils nicht erworben, teils dort noch nicht verfügbar. Die Qualität der unselbständigen Literatur - sofern in den Uni- versitäts- und Teilbibliotheken die spezielle n Zeitschriften (etwa das Fordham Journal on Urban Law der Fordham University School of Law) überhaupt gehalten werden - leidet wohl darunter, daß e.j. etwas zum „Modethema“ verkommt und Lehrkräften durch den „großen Aufsatz“ zur fully tenured professorship verhelfen soll: „Es ist zwar schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem“3. Die konkreten Projekte und Konflikte scheinen nicht ausreichend aufbereitet zu werden, jedenfalls konnte keine Fallstudie mit Los Angeles Bezug etwa vom Beginn eines Protests an und dessen Begleitung durch alle Verfahrens- stadien hin bis zu seinem Ende aufgetan werden. Vorangehen wird dem eine Einführung in die Grundlagen und die Entwicklung der e.j.

II. Environmental Justice

1. Begriff

E.J.4 ist die Abwehr von Benachteiligungen im Umweltschutz, die aus rassischen (envi- ronmental racism), ethnischen und materiellen Gründen (Armut5 ) auftreten. Es geht vor allem darum, besonders schädliche Einrichtungen (sog. locally undesirable land uses) wie Deponien oder Chemiegroßanlagen nicht in Gegenden mit entsprechend benachteiligter Bevölkerung (s.o.) anzusiedeln. Positiv geht es damit um ein „fair siting“ besonders schädlicher Vorhaben. Darüber hinaus soll eine ökologische Benachteiligung auch in der Behauptung zu sehen sein, daß in entsprechenden Minderheitengemeinden ein umwelt- rechtliches Vollzugsdefizit bestehe. Dieses Defizit soll u.a. auf die generelle Benachteili- gung von Minderheiten im Umweltverfahren und die mangelhafte juristische Vertretung entsprechender Gemeinden zurückzuführen sein. Dies führte beispielsweise 1984 dazu, daß die Lobby-Agentur Cerrell dem California Waste Management Board empfahl, Depo- nien für gefährliche Abfälle in „lower socio-economic“ Nachbarschaften anzulegen, da es dort weit weniger wahrscheinlich sei als anderswo, daß sich die Bevölkerung hiergegen zur Wehr setze6.

E.j. Gruppen geht es also gleichermaßen um Umweltschutz wie auch um Bürgerrechte. „Herkömmliche“ Umweltaktivisten stammten vor allem aus der Mittelschicht und küm- merten sich vorher weniger um die benachteiligte Bevölkerung, sondern um den Umwelt- schutz in (prestigeträchtigeren?) Zusammenhängen oberhalb der Gemeindeebene. Der Bezug der e.j. Gruppen ist gezwungenermaßen örtlich sehr begrenzt und läuft den Interes- sen weiter Teile der Arbeitnehmer zuwider. Deren Arbeitsplätze hängen häufig mit den bekämpften schädlichen Einrichtungen zusammen und werden von den e.j. Aktivitäten unmittelbar bedroht. Infolgedessen ist es schwierig für die e.j. Gruppen, Koalitionen zu bilden, die ihre Position materiell und ggf. physisch stärken7. Ein weiterer Nachteil ist, daß gut ausgebildete Naturwissenschaftler und Anwälte (auf deren Arbeit es in vielfältiger Weise bei der Abwehr schädlicher Anlagen ankommt), in der Regel in den betroffenen Gemeinden weder arbeiten noch leben. Da ein eigenes Interesse am Erfolg der jeweiligen e.j. Kampagne bei ihnen folglich regelmäßig fehlen wird, gilt es Geld für deren etwaige Honorare zu beschaffen8.

Der Unterschied zwischen e.j. und überregionalem Umweltschutz wird auch in der Definition von „environment“ durch Aktivisten des e.j. als „ the place you work, the place you live, the place you play “ deutlich9. Es gilt also nicht, umgehend die Weltmeere zu säubern, Walfängern das Handwerk zu legen oder den Regenwald zu schützen, sondern man sorgt sich zuvörderst um den eigenen Lebensraum.

Besonders dramatisch scheint die Situation im Süden der USA zu sein. 33 der 50 meist emittierenden Anlagen liegen in fünfzehn südlichen Staaten, das Gebiet zwischen Baton Rouge und New Orleans in Louisiana wird Cancer Alley genannt und fünf der zehn meist verschmutzten zip code areas liegen allein in Texas10. Der Staat Texas führt ferner die Statistik im Bezug auf Abgabe krebserregender Stoffe in Wasser, Boden und Luft an11. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Verkauf von Schadstoffen, bzw. der Verkauf von Lagerplätzen für Abfälle (u.a. sog. emissions -trading). Diese werden teilweise aus den gesamten USA in einzelne Orte geschafft, um dort gelagert zu werden. Für arme Gemein- den ist das eine attraktive Einnahmequelle, die aber häufig unmittelbar auf Kosten der Gesundheit der Einwohner gepflegt wird12.

2. Entwicklung

Nach Kloepfer 13 wurde die Forderung nach e.j. zum ersten Mal in Warren County, North Carolina erhoben. Dort bekämpfte 1982 die überwiegend schwarze Bevölkerung eine Mülldeponie, auf der vor allem PCB-haltige Abfälle gelagert wurden. Schon 1978 engagierte sich Lois Gibbs gegen den Love Canal in upstate New York, nachdem ihre Kinder durch dessen „toxic terror“ schwer erkrankt waren14. Lois Gibbs gründete schließlich die Citizen ’ s Clearinghouse for Hazardous Waste (nun Center for Health, Environment and Justice)15 Umfangreiche Proteste führten in beiden Fällen zu einer allgemeinen Debatte über Umweltgerechtigkeit, ein Veränderungsprozeß begann aber nur sehr schleppend. Es wurden offizielle Untersuchungen16 angestellt, die ergaben, daß Deponien mit gefährli- chem Abfall überproportional häufig in Gegenden mit benachteiligter Bevölkerung lagen. Ferner wurde ermittelt, daß Bußgelder für Verstöße gegen Umweltvorschriften in entspre- chenden Gemeinden etwa nur die Hälfte (Kloepfer) bis zu einem Sechstel (Faber 17 ) des- sen betrugen, was in nicht benachteiligten Gemeinden erhoben wurde. Allgemeine Auf- merksamkeit erregte aber erst eine Studie der Commission for Racial Justice der United Church of Christ im Jahre 1987, aus der hervorging, daß die Rasse der in der Umgebung lebenden Menschen Hauptgesichtspunkt („leading factor“) bei der Auswahl von Standor- ten für gefährliche Deponien sei18.

Im Jahre 1992 eröffnete die Environmental Protection Agency (EPA)19 - die „Bundesum- weltbehörde“ der Vereinigten Staaten - ein „Office of Environmental Justice“20. Die Clin- ton-Administration erließ im Jahre 1994 die Executive Order 12898 (Federal Actions to Address Environmental Justice in Minority Populations and Low-Income Populations)21, deren Umsetzung in weiteren Gesetzen des Bundes und der Staaten bisher wohl zu wün- schen übrig läßt22.

III. Environmental Justice in Los Angeles

1. Los Angeles

Der Großraum Los Angeles stellt mit seiner demographischen und seiner industriellen Situation für die e.j. eine geradezu prototypische Herausforderung dar. Die nicht-weiße

Bevölkerung macht einen großen Teil der armen Leute aus23, diese Menschen werden wiederum weit überproportional durch Schadstoffe benachteiligt, gefährliche Anlagen wurden häufig in deren Nachbarschaft errichtet24. Diese Anlagen gehören häufig genug zur Schwerindustrie oder zur Petrochemie, eine prominente Rolle spielen in diesem Zu- sammenhang allerdings auch Müllverbrennungsanlagen („incinerators„). Hinsichtlich der Abgase geht es nicht einmal um die „ohnehin vorhandene“ Luftverschmutzung, die in Los Angeles, bzw. Süd-Kalifornien sehr hoch ist und unter der mehr oder weniger die gesamte Bevölkerung zu leiden hat und die qua definitionem daher nicht unter die e.j. Problematik subsumiert werden kann. Einzelne Projekte und bestehende Anlagen vielmehr stellen für die in der unmittelbaren Umgebung lebenden Menschen eine ernstzunehmende Bedro- hung dar25, auf einige wenige soll im folgenden beispielhaft eingegangen werden.

Bemerkenswert ist allerdings, daß die Skizzen der Geschichte der e.j. Bewegung in Los Angeles um 1997 schließen, größere zu bekämpfende Projekte werden für die jüngste Vergangenheit nicht berichtet26. Es ist kaum zu hoffen, daß dies Ausdruck eines gesteiger- ten Bewußtseins der potentiellen Betreiber gefährlicher Anlagen für deren Wirkungen auf die Nachbarschaft ist.

2. Environmental Justice Gruppen

a) Concerned Citizens of South Central Los Angeles CCOSCLA

CCSCLA formierte sich, als eine Verbrennungsanlage für den alltäglichen Abfall, ein „waste-to-energy incinerator“, LANCER - Los Angeles City Energy Recovery Project / Plant- in South Central bekannt wurde. Dies geschah lediglich zufällig und spät im Ver- fahren („late in the game“, Pulido)27. Widerstand formierte sich, nachdem sich die Be- wohner der fast ausschließlich schwarzen Nachbarschaft über die Konsequenzen von LANCER informiert hatten. Es drohte ein hoher Ausstoß an Dioxin, Asche und Schwer- metallen. Die Aktivistinnen28 eigneten sich Kenntnisse über den Ablauf des Genehmigungsverfahrens an, erkundigten sich über Funktionsweisen von Verbrennungsanlagen und erreichten vor allem, daß von Lehrkräften und Studenten der University of California, Los Angeles ein neuer environmental impact report (EIR, wohl einer Umweltverträglic h- keitsprüfung vergleichbar) erstellt wurde. Die Rechtmäßigkeit der Anlage wurde hierin ernsthaft und nachhaltig in Frage gestellt. Mitglieder von CCOSCLA erkundigten sich bei den öffentlichen Anhörungen ausführlich nach den gesundheitliche n Risiken der Anlage und stellten detaillierte Fragen. Wichtig war ihnen vor allem, daß die Untersuchung der gesundheitlichen Risiken (health risk assessment) nicht auf den durchschnittlichen, ge- sunden 21-jährigen Weißen bezogen würden, sondern auf den durchschnittlichen Bewoh- ner der Umgebung. Die Jugendlichen dort haben angeblich das niedrigste Lungenvolumen der Vereinigten Staaten, die Bevölkerung dort leidet häufig unter zu hohem Blutdruck oder unter Herzkrankheiten. Daß sich Schadstoffe auf einen angegriffenen Organismus anders auswirken, als auf einen gesunden Körper, dürfte auf der Hand liegen. Diese kenntnisreichen Fragen brachten den Frauen in der Anhörung vom zuständigen Ausschuß (peer review council) u.a. die Frage ein, ob sie Ärzte wären29. Unterstützt wurde die Gruppe außerdem von „Anglo Westside Groups“ (Pulido) wie Not Yet New York und Greenpeace. LANCER konnte verhindert werden.

CCOSCLA beschränkt sich aber nicht auf Fragen der e.j., sondern sorgt sich - man wird dem eigenen Namen gerecht - um Wohnungsprojekte und greift Existenzgründern unter die Arme. Ein besonderes Anliegen ist aber die hohe Bleikonzentration im Blut der Kin- der der Umgebung.

b) Mothers of East Los Angeles (MELA)

Bekanntestes Projekt, gegen das sich MELA engagierte, war im Jahre 1985 wiederum eine Müllverbrennungsanlage, die in Vernon30 errichtet werden sollte. Vernon grenzt an East Los Angeles31 und die Windverhältnisse sorgen dafür, daß East Los Angeles - wo nahezu ausschließlich Latinos leben - unter den Industrieabgasen Vernons besonders lei- det. Die nunmehr geplante Verbrennungsanlage war für Giftmüll vorgesehen, ein EIR war aber nicht erstellt worden. MELA, die sich vornehmlich aus Latino-Müttern32 rekrutiert, verfolgte eine Doppelstrategie gegen dieses Projekt. Zum einen wurden wöchentliche

Demonstrationen abgehalten, darüber hinaus verklagte man den künftigen Betreiber. Unterstützt wurde MELA hier sowohl vom National Resources Defense Council als auch von der City of Los Angeles. Nachdem eine lange Kette von Verstößen gegen Umweltauflagen des Unternehmens aufgedeckt wurde, nahm der California Thermal Treatment Service Abstand von seinem Vorhaben.

Bemerkenswert war auch die Unterstützung, die MELA von CCOSCLA erhielt. Informa- tionen und Fähigkeiten, die man sich in South Central im Kampf gegen LANCER aneig- nete, wurden MELA nun zur Verfügung gestellt. Diese Zusammenarbeit wird als Beginn der multiracial33 interaction angesehen. Gegründet wurde MELA am 24. Mai 1984 r- sprünglich (u.a. von Juana Gutierrez), um den Bau eines Gefängnisses (State Prison) in Boyle Heights, einem Stadtteil von East Los Angeles, abzuwehren34. Nachklang dieses Engagements ist u.a., daß im Los Angeles County nunmehr aufgrund eines Gesetzes keine State Prisons mehr gebaut werden dürfen. Man wandte sich später auch erfolgreich gegen den Bau einer Pipeline, die etwa einen Meter unterhalb einer Junior High School verla u- fen sollte. und kümmert sich nun auch um die Ausbildung von Jugendlichen in East Los Angeles, indem u.a. deren College -Besuche durch Stipendien gefördert werden, es gibt self-esteem classes und Impfprojekte für Kinder und Jugendliche35.

3. Heterogenität der Bewegung

Ein großes Problem der e.j. Bewegungen in Los Angeles sind Vorbehalte der benachtei- ligten nicht-weißen Bevölkerungsgruppen untereinander36. So kommt es zu Eifersüchteleien von Schwarzen, die durch Übersetzungen für lediglich spanisch sprechende Latinos ge- fördert werden: Einer solchen Veranstaltung und der organisierenden Gruppe würde vor- geworfen, sich mehr um die Latinos als um die Schwarzen zu sorgen, was zu einem Rück- zug der Schwarzen aus dieser Gruppe führen könnte. Gleichzeitig hören die Immigranten aus Lateinamerika über Schwarze vor ihrer Ankunft, daß diese für den Großteil der Kri- minalität und der Probleme „auf der Straße“ verantwortlich seie n und bauen hierdurch große Vorbehalte auf. Schwarze gelten als gefährlich und ohne jede Moral. Hinzu kommt, daß die größtenteils armen Einwanderer in den seltensten Fällen von Hause aus zu den weltoffenen und gebildeteren Teilen der Bevölkerung zählen. Den jeweiligen Protagonisten der beteiligten Gruppen obliegt demnach die Aufgabe, den an sich interessierten und betroffenen Einwohnern diese Vorbehalte zu nehmen und sich den anderen zu öffnen. In diesem Zusammenhang ist fraglich, inwieweit es gelingt, sich von der eigenen Zugehörigkeit zu einer Ethnie als maßgebliches Identifikationsmerkmal für die eigene Persönlichkeit zu lösen. Das ist schwierig, wenn es sonst wenig Gelegenheit gibt, auf eigene Leistungen stolz zu sein und ein Selbstwertgefühl aufzubauen.

So gefährlich es auch klingen mag: Je „einfacher“ die Bevölkerung „gestrickt“ ist, desto wichtiger sind vernünftige, vertrauenswürdige und verantwortungsbewußte Führungsper- sönlichkeiten, denen die inhaltliche (Fein-)Arbeit überlassen werden kann - die breite Masse sollte möglichst aktiviert werden, wenn es auf physische Präsenz ankommt.

IV. Versuch einer Bewertung

Eigentlich dürfte eine Bewegung wie e.j. gar nicht erst nötig werden: Daß Anlagen wie die im Text beschriebenen nicht in Wohngebieten oder gegenüber von Schulen gebaut werden sollen und daß Vorkehrungen gegen die Konzentration von Schadstoffen aufgrund von Windverhältnissen getroffen werden müssen, liegt auf der Hand. Allerdings erfordert die Durchsetzung dieser „Selbstverständlichkeiten“ einen fähigen und willigen Verwal- tungsapparat, der aufgrund entsprechender Vorschriften tätig werden kann. In der Bundes- republik sind die Möglichkeiten der Menschen, sich in begründeten Fällen gegen ver- gleichbare Beeinträchtigungen zu wehren, recht erfolgversprechend. Es ist schwer vor- stellbar, daß es in South Central oder East Los Angeles geltendem Recht entsprochen hätte, wenn dort gegenüber von Schulen Anlagen zur Verbrennung von (Sonder-)Müll hätten gebaut werden dürfen. Das würde eine Pflicht der Bevölkerung voraussetzen, diese Beeinträchtigung (etwa die unmittelbare Belastung mit Dioxinen) zu dulden. Das wäre absurd. Es stellt sich also die Frage, ob die Anwohner und die e.j. Aktiven lediglich rechtswidrige Vorhaben verhindert oder aber einen gesetzlichen Spielraum zu ihren Guns- ten entschieden haben.

Weiter könnte eine Rolle spielen, ob es einen Katalog von Straftaten gegen die Umwelt gibt (vergleichbar etwa den §§ 324 - 330d des deutschen Strafgesetzbuchs), die auch von Amtsträgern begangen werden können.

Auf der Hand sollte jedenfalls liegen, daß unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer i.S. der e.j. benachteiligten Bevölkerungsgruppe kein Mensch diesen Anlagen „ausgesetzt“ sein sollte. Von den etwa von Faber beschriebenen Verhältnissen im sog. Sun-Belt ganz zu schweigen.

Die Situation der e.j. Gruppen in Los Angeles könnte jedenfalls im Vergleich zu anderen Gebieten der USA privilegiert sein: Es gibt dort zahlreiche Universitäten mit Angehörigen (Lehrkräfte, Studenten), die sozial engagiert sind und mit Expertisen Unterstützung leisten können. Studenten der diversen Law Schools könnten im Rahmen von pro-bono Aktiv itäten beratend zur Seite stehen, ebenso wie Anwälte, die ebenfalls häufig einen bestimmten Anteil der sog. abrechenbaren Stunden (billable hours) - also ihrer Arbeitszeit - gemeinnützigen Projekten kostenlos zur Verfügung stellen.

Wie das Dilemma, sich ggf. zwischen Arbeitsplätzen und einer weniger belasteten Um- welt entscheiden zu müssen, aufgelöst werden kann, vermag ich hier nicht zu sagen. Un- abdingbar scheint mir jedenfalls, eine zuverlässige Nutzen-Risiko Analyse in jedem Pla- nungsverfahren anzustellen. Die Bevölkerung muß in die Lage versetzt werden, sich ein eigenes Bild zu machen, um so die Entscheidungen einigermaßen frei treffen zu können.

Literatur

Di Chiro, Giovanna; Environmental Justice from the Grassroots: Reflections on History, Gender, and Expertise, in: Faber (Hrsg.); S. 104-136.

Faber, Daniel (Hrsg.); The Struggle for Ecological Democracy - Environmental Justice Movements in the United States; New York, London 1998.

ders.; The Struggle for Ecological Democracy, in: ders. (Hrsg.); S. 1-26.

ders.; The Political Ecology of American Capitalism: New Challenges for the Environmental Justice Movements, in: ders. (Hrsg.); S. 27-59.

Field, Roger C.; Risk and Justice: Capitalist Production and the Environment, in: Faber (Hrsg.); S. 81-103.

Gimple, Scott M. (Hrsg.); The Simpsons Forever! A Complete Guide To Our Favorite Family...Continued; New York 1999.

Hernandez, Sandra; Inside Agitators - The city’s most effective activists, in: L.A. Weekly Nr. 45 vom 2. Oktober 1998, http://www.laweekly.com/ink/98/45/politics-hernandez.shtml (22. Januar 2001).

Kloepfer, Michael; Environmental Justice und geographische Umweltgerechtigkeit, in: Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2000, S. 750-754.

Norman, Judith I.; Madres del Este Los Angeles Santa Isabel, http://www.sscnet.ucla.edu/aasc/classweb/fall98/M163/jn3wk7.html (22. Januar 2001).

Pulido, Laura; Multiracial Organizing Among Environmental Justice Activists in Los Angeles, in: Dear, Michael / Schockman, H. Eric (Hrsg.); Rethinking Los Angeles; Thousand Oaks et altera 1996, S. 171-189.

Weintraub, Irwin; Fighting Enviromental Racism: A Selected Annotated Bibliography; http://www.mapcruzin.com/EI/ejigc.html (22. Januar 2001).

[...]


1 Für die Darstellung kommt es auf eine Definition von Armut und ihr Vorkommen in Los Angeles nicht an.

2 Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 1 (5) mit Nachweisen in Fußnote 13.

3 Dieser Satz stammt nicht vom Verfasser, die Quelle des Zitats konnte aber nicht mehr ausfindig gemacht werden.

4 Vgl. zur Definition und im folgenden Kloepfer, DVBl. 2000, S. 750ff. Hier findet sich auch in Fußnote 1 eine eindrucksvolle Bibliographie amerikanischer Fachliteratur zu diesem Thema. Im übrigen bleibt Kloepfer Fundstellen leider schuldig. Zur Einführung von offizieller Seite vgl. die F.A.Q. der Environmental Protection Agency (EPA): http://es.epa.gov/oeca/main/ej/faq.html . Weitere Bibliographien finden sich unter:
- http://law.ubalt.edu/lawlib/bibs/envjustice.html (University of Baltimore School of Law);
- http://userpage.fu-berlin.de/~jdingler/en-ethic.html (Johannes Dingler, FU Berlin, zu Envi- ronmental Ethics);
- http://www.mapcruzin.com/EI/ejwww.html (sehr umfangreich zu Environmental Inequity);
- http://www. mapcruzin.com/EI/ejigc.html (Weintraub stellt hier eine einführend kommentierte
Bibliographie zur Verfügung).

5 Kloepfer, a.a.O. verwendet den Ausdruck „soziale Gründe“ und lehnt sich an den allgemeinen Sprachgebrauch an, der Armut mit „sozialer Schwäche“ bezeichnet (vielleicht sogar gleichsetzt). Verfasser ist der Ansicht, daß Armut beim Namen genannt werden soll. Zugespitzt kann man sa- gen, daß „sozial schwach“ auch derjenige ist, der (trotz) seines Vermögens niemanden kennt, der es mit ihm ausgeben möchte. „Sozial schwach“ wäre demnach an sich als Bezeichnung für „arm“ zu ungenau, also falsch. Auf S. 751 spricht Kloepfer dagegen zu Recht von „armer Bevölkerung“.

6 Vgl. Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 1 (4).

7 Zu dieser Problematik ausführlich: Field, in: Faber (Hrsg.), S. 81 (82f.).

8 Inwieweit sich die pro-bono Aktivitäten großer law firms auf e.j. Projekte beziehen und wie sich das zu Mandaten aus der Industrie verhält wäre ein interessanter Untersuchungsgegenstand.

9 zitiert nach: di Chiro, in: Faber (Hrsg.), 104 (105.).

10 Aufgegriffen wird diese Situation in den Südstaaten (hier: Louisiana) in dem sehr zu empfehlenden Film „Fletch lives“ aus dem Jahre 1989 mit Chevy Chase in der Hauptrolle.

11 Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 27 (47).

12 Beispiele u.a. für Dioxinhalden finden sich bei Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 27 (46ff.). Anschaulich wird das Prinzip in Verbindung mit Homer Simpson als korruptem (gewähltem) Sanitation Commissioner von Springfield in: The Simpsons, Trash of the Titans (Episode 5F09, Erstausstrahlung: 26. April 1998 dargestellt, vgl. Gimple, S. 38f. Die Stadt muß schließlich wegen des Abfalls um einige Kilometer verlegt werden.

13 a.a.O., S. 750 (751f.).

14 Zur Entstehung vgl. Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 1 (7ff.) und v.a. di Chiro, in: Faber (Hrsg.), S. 104 (108ff.).

15 di Chiro, in: Faber (Hrsg.), S. 104 (108).

16 Vgl. http://www.epa.gov/Region9/cross_pr/ej/assess.html . Ferner die Äußerungen von Wein- traub a.a.O.

17 Faber, in: ders. (Hrsg.), S. 1 (6) geht m.w.N. von einem Verhältnis durchschnittlicher Bußgelder „schwarz : weiß“ von $55.318 zu $335.566 aus.

18 Vgl. di Chiro, in: Faber (Hrsg.), 104 (108ff.).

19 http://www.epa.gov . Links zu „Environmental Justice at other Federal Agencies“ finden sich unter http://es.epa.gov/oeca/main/ej/otherfa.html .

20 http://es.epa.gov/oeca/main/ej/ .

21 Text verfügbar unter: http://www.epa.gov/docs/oejpubs/execordr.txt.html . Weitere Dokumente sind unter http://es.epa.gov/oeca/main/ej/strat.html zu finden.

22 Vgl. Kloepfer, a.a.O., S. 750 (751).

23 Vgl. Pulido, in: Dear/Schockman (Hrsg.), S. 171 (172, Endnote 3)

24 Pulido, in: Dear/Schockman (Hrsg.), S. 171 (172)

25 Karten zur Verteilung von hazardous waste und anderen Schadstoffen in Los Angeles finden sich unter: http://www.oxy.edu/departments/ess/ejmpst.htm. .

Unter http://www.bol.ucla.edu/~ajays/facts.htm findet sich eine recht ausführliche Statistik zum Verhältnis von hazardous waste zu Fabriken, Hautfarbe der Einwohner und einigen weiteren Parametern, aufgeschlüsselt nach einzelnen Nachbarschaften und Gemeinden.

26 Vgl. http://www.edf.org/programs/EJ/Timeline/ , bzw. http://www.cbela.org/history.htm .

27 Zu LANCER und CCOSCLA, sowie MELA: Pulido, in: Dear/Schockman (Hrsg.), S. 171 (174f.).

28 Die Mehrzahl der aktiven Mitglieder in e.j. sind regelmäßig Frauen, vgl. auch di Chiro, in: Faber (Hrsg.), S. 104ff, die auf S. 119 eine MELA Aktivistin erwähnt, die sagt, daß Mütter nun einmal zu Löwinnen würden, wenn es um die Gesundheit ihrer Kinder geht.

29 di Chiro, in: Faber (Hrsg.), S. 104 (126f.).

30 Angeblich Kaliforniens meist verschmutzter zip code, zitiert nach Pulido, in: Dear/Schockman (Hrsg.), S. 171 (175).

31 Sehenswert und informativ ist die South East Los Angeles Toxic Tour, http://www.cbela.org/selatt.htm .

32 Ob dieser Begriff statthaft ist, ist fraglich aber zu hoffen.

33 Da eine deutsche Übersetzung des Wortes den Kern nicht treffen würde, bleibt es hier beim englischen Begriff.

34 Norman, http://www.sscnet.ucla.edu/aasc/classweb/fall98/M163/jn3wk7.html .

35 Hernandez, L.A. Weekly Nr. 45 (2. 10. 1998), http://www.laweekly.com/ink/98/45/politics- hernandez.shtml ; Norman, a.a.O.

36 Vgl. hierzu vor allem und im folgenden: Pulido, in: Dear/Schockman (Hrsg.), S. 171 (177ff.).

Fin de l'extrait de 12 pages

Résumé des informations

Titre
Issues of Environmental Justice in Los Angeles
Université
Free University of Berlin
Cours
The Politics in and of Los Angeles
Note
Sehr gut (
Auteur
Année
2001
Pages
12
N° de catalogue
V100381
ISBN (ebook)
9783638988070
Taille d'un fichier
358 KB
Langue
allemand
Mots clés
Issues, Environmental, Justice, Angeles, Politics, Angeles
Citation du texte
Nikolas Eschen (Auteur), 2001, Issues of Environmental Justice in Los Angeles, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100381

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