Fiktion im Theater. Fiktivität und Realität von Theaterstücken


Trabajo Escrito, 2019

12 Páginas, Calificación: 2,3


Extracto


INHALTSVERZEICHNIS

1. Fiktion im Theater
1.1 Das Theater
1.2 Emotionen im Theater
1.3 Kunstgriffe im Theater

2. Die Natur des Theaters
2.1 Inhalt und Medium
2.2 Kriterien und Kunstgriffe

3. Fazit

1. FIKTION IM THEATER

1.1 DAS THEATER

Das Theater ist seit jeher eine beliebte Form der Kunst. Was in der heutigen Zeit oft an uns und auch an der philosophischen Debatte um Fiktion vorbei geht, ist, dass nicht nur Science-Fiction Filme, Videospiele oder Fantasy Romane Werke der Fiktion sein können, sondern auch Theaterstücke. Wie wenig Beachtung dieser Tatsache geschenkt wird, zeigt schon eine kleine Google-Suche. So führt beispielsweise Wikipedia nur die Unterpunkte „Literatur“ und „Film“ unter „Fiktion im Verhältnis zu Gattungen und Genres“ auf. In diesem Essay möchte ich daher die Fragen, die auftreten, wenn das Theater als fiktionale Kunstform wie ein Fantasy Roman angenommen wird, zu formulieren und wenn möglich auch beantworten.

Dafür werde ich erst einmal verdeutlichen, warum denn angenommen werden kann und sollte, dass Theater -beziehungsweise bestimmte Theaterstücke- fiktive Werke sein können. So schreibt Rühling:

„Fiktionalität und Poetizität verweisen jeweils auf Phänomene, die keineswegs ausschließlich auf die Literatur beschränkt sind. Darstellungen von erfundenen Figuren, Gegenständen, Ereignissen kommen auch in anderen Kunstgattungen vor, etwa im Film, auf der Bühne oder in der bildenden Kunst.“ (Lutz Rühling, Fiktionalität und Poetizität, 1969, S.26 zitiert nach Stephanie Metzger, Theater und Fiktion, 2009)

Als erstes kommt es da natürlich gelegen, dass der Großteil aller Theaterstücke nicht nur aufgeführt wird, sondern auch als Bücher veröffentlicht wurde. Die gängige Meinung der an dieser Debatte teilhabenden Philosophen ist, dass Bücher fiktiv sein können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, welche sich aber von Theorie zu Theorie unterscheiden. Nur warum sollte ein Theaterstück in Buchform fiktiv sein können, in aufgeführter Form aber nicht? Die einzige Antwort darauf ist, dass die Unterscheidung fiktiv/nicht fiktiv nicht allein vom Inhalt eines Werkes abhängt, sondern auch von der Schreibform beziehungsweise der Kunstgattung. Stacie Friend schreibt zwar in ihrem Text „Fiction as a Genre“ von 2012, dass Fiktion sehr wohl Genre-abhängig sein kann, damit ist aber nicht die Art der Darbietung (Film/Theater/Bild/Buch...) gemeint, sondern die einzelnen Genres in diesen Darbietungsformen, welche unterschiedliche Merkmale aufweisen. Für den Film wären verschiedene Genres zum Beispiel die Filmkomödie oder der Kriminalfilm, welche sich größtenteils mit den Genres der Literatur decken. Aber auch in der Malerei, der Fotografie und in Computerspielen gibt es Genreunterteilungen, wie beispielsweise den Ego- Shooter oder das Jump-and-Run Spiel.

Beim Theater, um das es hier ja vorrangig geht, wären beispielsweise einige Genres wie das Figurentheater, das Musical, das Straßentheater, das Varieté, die Farce oder das Guckkastentheater aufzuführen. Anders als bei anderen Kunstformen kommt das Genre einses Theaterstücks also nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf den Schauplatz und die Darbietungsform an.

Stacie Friend impliziert (Stacie Friend, Fiction as a Genre, 2012.), dass bestimmte Genres darauf hinweisen können, ob ein Werk fiktional ist oder nicht, nicht aber, dass die Kunstform entscheidend ist. Daraus abgeleitet müssten auch in der Kunstform des Theaters auch einige Genres in eine der beiden Richtungen weisen.

Erika Fischer-Lichte schreibt dazu:

„Aufgrund der kollektiven Rezeption und des Live-Charakters von Aufführungen (wegen des transitorischen Elements also) steht Theater in besonderer Nähe zur (realen) Gesellschaft: Es erzählt von Menschen und vom Leben.“ (Erika Fischer-Lichte, Semiotik des Theaters: Das System der theatralischen Zeichen, Band 1, S.65 f., 1983.).

Der Diskurs muss sich also auch damit beschäftigen, herauszufinden, ob eine besondere Nähe zur Gesellschaft das gesamte Theater als Nicht-Fiktion charakterisieren kann.

Eine gängige und intuitive Theorie zur Unterscheidung zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion ist die der Antirealisten: Laut ihnen gibt es -im Gegensatz zur Nicht-Fiktion- die Men- sehen, Orte oder Gegenstände der Fiktion nicht in unserer materiellen Welt so wie beschrieben gibt. Es ist zum Beispiel eindeutig, dass „Game of Thrones“ fiktional ist, da es in unserer realen Welt keine Drachen gibt.

Wenn man diese Unterscheidung auf das Theater anwendet, verhält es sich dort genauso wie mit anderen Medien. Auch Stacie Friends Theorie würde passen, da es durchaus auch im Theater Elemente (wie z.B. Drachen) geben kann, die auf eine der beiden Alternativen hinweisen. Unterstützend dazu gibt es zum Beispiel das Theater-Genre des dokumentarischen Theaters, welches -im Gegensatz zu den zuvor genannten Drachen- eindeutig in die Richtung nicht-fiktional deutet (Oft wird behauptet, das dokumentarische Theater sei eine fiktive Kunstform, der Begriff wird in diesen Fällen allerdings anders verwendet). Das einzige Problem an dieser Argumentation ist die Tatsache, dass die Menschen auf der Bühne tatsächlich existieren und tatsächlich die Aktionen ausüben, die das Werk von ihnen verlangt. Die Schauspielenden sind also als Medien des Theaters notwendigerweise real. Diesen Gedanken weitergedacht, wären allerdings sämtliche Theaterstücke zum Zeitpunkt ihrer Aufführung nicht-fiktional, da das, was auf der Bühne passiert, ja nicht nicht passieren kann.

1.2 EMOTIONEN IM THEATER

Nach dieser groben Einführung komme ich nun auf die Diskussion eines ganz bestimmten Problems zu sprechen. Dieses wird in einem Text von James Fieser und Bradley Dowden „paradox of emotional response to fiction“ (James Fieser und Bradley Dowden, The Paradox of Fiction, The Internet Encyclopedia of Philosophy.) genannt. Dort schreiben die beiden Autoren zum Thema, wie man von etwas, das nicht existiert (was nach ihrem Verständnis, das ist was Fiktion ausmacht), emotional bewegt werden kann. Die drei Prämissen und die Konklusion, welche grob zusammengefasst lautet, dass emotionale Reaktionen auf Fiktion irrational sind, möchte ich am bekannten Beispiel des Woyzeck aus dem gleichnamigen dramatischen Theaterstück von Georg Büchner aus 1913 darstellen.

Woyzeck, ein ehemaliger einfacher Soldat in Friedenszeiten, der eine Freundin und ein unehelichem Kind hat, lässt sich, um die beiden unterstützen zu können, von einem Arzt zu einem medizinischen Experiment gegen Geld überreden. Im weiteren Verlauf dieser Diät, in der er nur Erbsen essen darf, beginnt seine Freundin Marie eine Affäre mit dem Tambourmajor, der in der Gehaltsklasse des Militärs deutlich über Woyzeck steht, der Arzt nutzt ihn psychisch immer mehr aus und auch die Dorfgemeinschaft macht sich über ihn nur noch lustig, was Woyzeck am Ende dazu bringt, Marie zu ermorden.

Diese Achterbahn an Gefühlen ist es, die Fieser und Dowden im Paradox als höchst irrational aufzeigen. Wie kann man traurig sein, dass Marie sich mit dem Tambourmajor eingelassen hat? Und wie ist es möglich, über Woyzecks Mord zu erschrecken, obwohl dieser Mord ja nie stattgefunden hat, obwohl Franz Woyzeck und Marie ja gar nicht existieren? Zur methodischen Aufzeigung dieser Irrationalität stellen die beiden die erste Prämisse auf als: „existence beliefs concerning the objects of our emotions [...] are necessary for us to be moved by them“ (James Fieser und Bradley Dowden, The Paradox of Fiction, The Internet Encyclopedia of Philosophy.). Das bedeutet also, dass es einen Glauben an die Existenz von etwas braucht, um von diesem (hier also von Woyzeck) rational, emotional bewegt zu werden. Die zweite Prämisse lautet: „that such beliefs are lacking when we knowingly partake of works of fiction.“ (James Fieser und Bradley Dowden, The Paradox of Fiction, The Internet Encyclopedia of Philosophy.), also dass dieser existenzielle Glaube fehlt, wenn wir es wissentlich mit einem fiktiven Werk zu tun haben. Und die dritte Prämisse dann: „such works do in fact move us at times“ (James Fieser und Bradley Dowden, The Paradox of Fiction, The Internet Encyclopedia of Philosophy.), also dass das Schicksal von Woyzeck uns eben doch von Zeit zu Zeit emotional bewegt.

Im weiteren Verlauf beschreiben die Autoren, wie man, um die Rationalität des Bewegtwerdens wiederherzustellen, jede der Prämissen angreifen kann und wie man die Angriffe wiederum kritisieren kann.

Die erste Prämisse wird angegriffen durch die „Thought Theory“. Diese sagt, dass es auch reicht, sich die Existenz zu Unterhaltungszwecken nur vorzustellen, um emotional bewegt zu werden. Die „Illusion Theory“ setzt der zweite Prämisse entgegen, dass Menschen laut ihr willentlich ausblenden, dass sie es mit einem fiktiven Werk zu tun haben, um eben emotional in die Geschichte mit hinein gezogen zu werden. Als letztes wiederspricht die „Pretend Theory“ der dritten Prämisse mit der Aussage, dass die Emotionen, die wir bei fiktionalen Werken spüren, den normalen Emotionen zwar gleichen, es aber nur abgeschwächte Formen, sogenannte „Quasi-Emotionen“ (James Fieser und Bradley Dowden, The Paradox of Fiction, The Internet Encyclopedia of Philosophy.) sind. Auf die Relevanz dieser Theorie komme ich im weiteren Verlauf noch genauer zu sprechen.

1.3 KUNSTGRIFFE IM THEATER

Natürlich gibt es im Theater, wie in jeder anderen Kunstform, auch Kunstgriffe; einige die ihr eigen sind und andere, die es mit anderen teilt. Um nur einige zu nennen wäre da das Theater ohne Bühne, das Brechen der vierten Wand, das Bühnenbild, die Übertreibung, die Improvisation oder eine dramatische Pause. Der Unterschied, der für das Theater im Gegensatz zu anderen Kunstformen gilt, ist nun vor allem, dass es ein Publikum gibt, vor dem alles live aufgeführt wird. Wenn im Filmdreh ein Fehler passiert, wird die ganze Szene nochmal gedreht. Wenn im Theater ein Fehler passiert, dann ist dieser nicht rückgängig zu machen. Ebenso kann dagegen im Film nie improvisiert werden, da alles, was einmal aufgenommen wurde, auch unverändert und bei jeder Vorführung des Films so bleibt. Im Theater kann man an zwei Abenden zur selben Vorführung gehen und zum Beispiel verschiedene Sichtweisen der Protagonisten zu sehen bekommen, weil einer der Schauspielenden dominanter spielt als eine andere.

[...]

Final del extracto de 12 páginas

Detalles

Título
Fiktion im Theater. Fiktivität und Realität von Theaterstücken
Universidad
Ruhr-University of Bochum
Calificación
2,3
Autor
Año
2019
Páginas
12
No. de catálogo
V1005982
ISBN (Ebook)
9783346389435
Idioma
Alemán
Palabras clave
fiktion, theater, fiktivität, realität, theaterstücken
Citar trabajo
Jonathan Geisler (Autor), 2019, Fiktion im Theater. Fiktivität und Realität von Theaterstücken, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1005982

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