Der Diskurs um den Strukturalismus


Term Paper, 2000

7 Pages, Grade: 1


Excerpt


Der Diskurs um den Strukturalismus

Der Text soll eine Hilfe sein, die Gesellschaft aus einem konstitutiven Blickwinkel zu verstehen. Ich will in diesem Zusammenhang nicht die Reproduktion des Systems, sondern das Phänomen der Ausgrenzung in den Mittelpunkt stellen. Der Strukturalismus dient hierbei als Methode der Soziologie.

Ich werde hier einen Überblick über die drei Entwicklungsstufen des Strukturalis- mus geben, aber nicht die Breite der Ansätze auf jeder Stufe Diskutieren. Der Artikel ist als Einleitungskapitel für einen Überblick der Entwicklung des Diskurses um den Feminismus entstanden. Daher ergibt sich die Kürze und Kompaktheit des Aufsatzes. Das heißt tapfer lesen.

1.1 DER STRUKTURALISMUS

Der Strukturalismus löst in der Zeit nach 1950 den Existenzialismus in Frankreich ab. Auch wenn er aus der Mode gekommen ist, ist der Strukturalismus über alle Wissenschaften hinweg eine wichtige Theorie geblieben.

Der Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass die Beziehungen in einem System wichtiger sind als deren Einzelteile. Der Strukturalismus wird erst in der Linguistik angewendet, um dort Sprache als System zu erfassen. Man kann das Sprachsystem von der aktuellen Parole, und so das Soziale vom individuellen unterscheiden.

Levi-Strauss überträgt den Strukturalismus auf das Phänomen der Verwandtschaft. Willkürliche Fakten sind eine Folge einer inneren Ordnung und diese Ordnung muss entdeckt werden.

Bei den invarianten Universalerscheinungen geht es darum, bestimmte Phänomene an beliebigen Objekten aufzuzeigen, die über Ort und Zeit hinweg unveränderlich bleiben. Levi-Strauss geht davon aus, dass der Geist die soziale Welt in binäre Gegensätze aufteilt. Eine zentrale Frage war, wie der menschliche Geist arbeitet. In den Zusammenhang wurden verschiedene Kulturen verglichen.

In der Literatur werden 2 westentliche Aspekte des Strukturalismus angeführt.

- Beim Antihumanismus wird der Mensch als Marionette und als strukturiert ge- sehen und nicht mehr als Zentrum des Geschehens. Das individuelle wird ne- giert und passiv integriert. Der Strukturalismus setzt keine vorherige Strategie des Individuums voraus. Eine Reflexion wird nur in einem Zusammenhang der Einordnung genutzt. Das bedeutet, dass dem Individuum eine objektive Struktur gegenübersteht. Der Mensch kann nur bestehende Strukturen nutzen und das kreative Denken wird daher nicht als grundlegend verstanden. Der Mensch wird vielmehr in dieser Hinsicht als Objekt gesehen. Somit wird verständlich, dass der historische Gesamtzusammenhang ausgeklammert wird. Das Synchrone steht im Mittelpunkt und das invariante wird betont bzw. die historische Situation gilt nur als Ausschmückung. Während die diachrone Sprachwissenschaft sich mit der zeit- lichen Veränderung, bzw. der historischen Entwicklung, der Sprache beschäftigt, wird bei der synchronen Sprachwissenschaft die Sprache als System betrachtet.

- Beim Antiempirismus wird davon ausgegangen, dass latente Strukturen die em- pirische Ebene steuert. Daraus ergibt sich, dass der Empirismus als Induktion ge- nauso wie der Formalismus, bei dem alle abstrakten Kategorien auf empirische Elemente bezogen werden müssen, abgelehnt wird. Vielmehr wird davon ausge- gangen, dass die Verbindung zwischen der Tiefenstruktur und Empirie nur über eine Transformationsregel besteht. Das bedeutet aber, dass die Variablen - Empi- rie auf eine feste Struktur zurückgeführt werden soll und dementsprechend geht es darum, eine wahre Struktur zu erkennen. Daraus ergibt sich, dass es sich um ein objektives Theorieprogramm handelt, bei dem nicht interpretiert, sondern re- konstruiert werden soll. Als praktische Konsequenz muss die Realität somit mora- lisch bewertet werden.

Hinsichtlich der Methode kann festgehalten werden, dass die Versuchseinheit in kleine Einheiten zerlegt und neu arrangiert werden, um so die Regelstrukturen zu er- kennen. Soziale Tatsachen werden als Dinge betrachtet und die Kultur sowie das So- ziale, werden von den Individuen abgetrennt und als unabhängige Variable definiert und von außen betrachtet.

Die positiven Aspekte des Strukturalismus bestehen zum einen darin, Sprache als Zeichensystem zu begreifen und zum anderen in der Suche nach exakten Methoden und theoretischen Grundlagen. Beim Strukturalismus treten jedoch zwei Kritikpunkte in den Vordergrund. Zum einen ist es der Positivismus als Ausgangspunkt und zum anderen die negativen Folgen des Strukturalismus.

Aus dieser Sicht des Strukturalismus, kann der Neokantilismus kritisiert werden. Die undialektische Einengung auf ein metaphysisches Sprachsystem führt dazu, dass die positivistische Sichtweise den Erkenntnisfortschritt in der Grundlagenfor- schung behindert. Zum anderen neigt der Strukturalismus dazu, Entwicklung zu konservieren:1

- Aus der soziologischen Sicht, ist es der Positivismus, der weiterschwingt. Im Sin- ne der Überhöhung der Gesellschaft und der Anpassung der Individuen an eine vorgängige Gesellschaft zum Zwecke der Stabilisierung eines konservativen Zu- standes. Er wird nicht benutzt, um einen umfassenderen Zusammenhang zu er- schließen. Die Ungleichzeitigkeit geht in einem Querschnitt verloren. Eine ge- schichtliche Situation wird ohne die eigene Vorgängigkeit, als Basis der Ungleich- heit, betrachtet.

- Es wird die Dialektik von Invarianz und Varianz durch die Überbetonung des Strukturalistisch - objektiven Elements verdeckt und der Akteur, mit seiner exis- tentiellen Initiative, aus der Situation Ausgeschlossen und die Vermittlung der beiden Seiten verdeckt. Diese Trennung und die einseitig metaphysische Beto- nung verhindert die Sicht auf den Prozess der Veränderung, der zum einen die Beschreibung des Systemzustandes zu einem Zeitpunkt und zum anderen daraus- folgend, die Veränderung dieses Zustandes. Der Blick sollte in beide Richtungen gerichtet sein.

Insgesamt bleibt die Frage offen, wie sinnvoll die Annahme von Strukturen hinter dem Rücken der Individuen ist. Beziehungsweise wie dies sinnvoll gedacht werden kann.2

1.2 DER POSTSTRUKTURALISMUS

Der Ausgangspunkt des Poststrukturalismus besteht in der Kritik des Existenzia- lismus 3 und des Strukturalismus und es handelt sich um einen Diskurs, dessen Beginn in den sechziger Jahren liegt und 20 Jahre andauern sollte. Dieser Diskurs wird von einem Diskurs über die Ethik abgelöst.

Die Relation zwischen dem Poststrukturalismus und dem Strukturalismus kann als Differenz und Verbindung verstanden werden. Damit ist der Poststrukturalismus kein Antistrukturalismus.

Der Poststrukturalismus stimmt mit dem Strukturalismus in einigen Punkten überein. Die Struktur der Sprache liegt allem Denken und Handeln zugrunde. Damit ist der Sinn ein Produkt der Sprachstruktur und diese nicht hintergehbar. Der Sinn ist ein Effekt der strukturellen Relation. Damit ist keine Überbetonung des Beziehungsaspektes gemeint, sondern vielmehr der Gedanke, dass die Elemente nur in ihren Relationen und nicht in ihre Absolutheit zu denken sind. Der Poststrukturalismus richtet sich gegen einen Totalitarismus und gegen eine Metaphysik.

- Die Kritik am Totalitarismus entzündet sich an dem abgeschlossenen Modell von Hegel und dessen spekulativen Dialektik von seiner Hoffnung alles rationali- sieren zu können. Damit ist eine Totalität und ein Wahrheitsanspruch verbunden.

- Sowohl der Poststrukturalismus als auch der Strukturalismus setzt sich von der Bewusstseinsphilosophie und deren Metaphysik ab. Mit der Metaphysik ist der Gedanke verbunden, dass eine absolute Ordnung existiert und die Entwicklung in deren Entfaltung besteht. Dies würde einen absoluten Ausgangspunkt voraus- setzen.

Die Unterschiede zwischen den beiden Richtungen bestehen darin, dass der Post- strukturalismus von einem offenen System ausgeht, bei dem es weder Grenzen noch Zentren gibt. Es wird vielmehr von einem dezentralen Einflussnetz ausgegangen.

Die Sprache ist weder ein endlich kombinierbares, noch ein abschließbares System. Das Ziel des Strukturalismus besteht in der Suche nach einer wahren Erkenntnis. Die Existenz einer solchen Wahrheit wird vom Poststrukturalismus kategorisch abgelehnt. Dies ergibt sich aus dem Konzept des offenen Systems.

Die zentralen Themen des Poststrukturalismus sind das Subjekt, die Historie, das Phänomen der Macht und das des Begehrens. Der zentrale Gedanke des Poststruktu- ralismus besteht darin, dass der Sinn nicht hintergehbar ist. Der Sinn ist immer Vorgängig und nie voll erfassbar. Dies ergibt sich aus der Dezentralität der Struktur. Im Mittelpunkt steht die selbstreflexive Modernität. Damit ist eine Kulturkritik ver- bunden, sowie eine Konzeption von Subjekt und Macht. Es stellt sich die Frage nach der Herkunft der Macht und nach der Konstitution von Sinn. Der Post- strukturalismus will die Erfassung des anderem realisieren und damit den anderen Teil eines Phänomens beleuchten. Der Sinn als eine eingefrorene Momentaufnah- me, ist nur ein Moment ohne Realität. Der Sinn kann nur Prozesshaft und An- schlussfähig gedacht werden. Bedeutungszuschreibungen geschehen immer ohne eine Relation zu einem zentralen Punkt. Es besteht somit ein unkontrollierbares Mo- ment endloser Wiederholungen. Dies richtet sich gegen die Idee einer restlosen Bere- chenbarkeit des Geschehens.4

1.3 DER POSTMODERNISMUS

Der Postmodernismus5 wird in der Philosophie in zweifacher Weise verstanden. Zum einen stellt der Postmodernismus die Frage nach den eigenen Voraussetzungen in den Mittelpunkt. Das heißt es kommt zur Reflexion über die Voraussetzungen der eigenen Existenz und Disposition. Dies bezieht sich zum einen sowohl auf den fragmentarischen Charakter der menschlichen Existenz als auch auf die Gesellschaft. Zum anderem bezieht sie sich auf die Kritik des Versuchs, Phänomene zu scheinbaren Einheiten zusammen zu binden. Insgesamt steht damit die Differenz zwischen System und Umwelt im Mittelpunkt, so dass auch hier, wie im Poststrukturalismus das verges- sene beleuchtet wird. Es bedeutet aber auch die Grenzen der Philosophie aufzuzeigen.

Der Postmodernismus kann auch als eine Kompositionsform verstanden werden. In diesem Zusammenhang geht er glaube an Sinnstiftung und Originalität der Dinge Verloren und der fröhliche Subjektivismus tritt hervor. Insofern stellt der Postmo- dernismus das Gegenteil des Dekonstruktionismus dar, der seine Aufgaben in der Freilegung der Logik eines historischen Prozesses sah. Im Mittelpunkt des Post- modernismus steht vielmehr die Frage nach der Selbstgestaltung und Selbstorganisati- on. Damit werden die Prinzipien der Stilvermischung und die Willkür des Indivi- duums in ihrer Bedeutung aufgewertet. Beim Poststrukturalismus geht es also um Ausschluss und im Postmodernismus um die Mittäterschaft bei der Reproduktion des systems.

Der Vergleich zwischen dem Modernismus und dem Postmodernismus kann auch als ein Vergleich zwischen zwei Zeitaltern verstanden werden. Im Mittelpunkt des Modernismus steht der Formalismus, die Analytik und die Funktionalität. Man könnte es in dem Satz zusammenfassen, dass die Form der Funktionalität folgt. Es besteht ein Glaube an die Rationalität und an die Möglichkeit zur durchsichtigen Einricht- barkeit von Dingen, woraus sich ein Fortschrittsglaube sowie ein Glaube an Objekti- vität und eine Emanzipationsbewegung ergibt. Die Philosophie des Modernismus stellt für sich Gesamtkonzeptionen für alle Bereiche in den Mittelpunkt.

Der Gedanke, dass die Form der Funktion folgt, kann als utopische Philosophie der idealen und transparenten Einrichtungen und Nutzung kritisiert werden. Dem Glaube an die Rationalität zusammen mit dem Anspruch Gesamtkonzeptionen zu konzipieren wird die legitimierende Wirkung dieser Philosophie kritisch entgegen gehalten.

Dieser Position des Modernismus kann der Postmodernismus gegenübergestellt werden. Der Postmodernismus verzichtet auf das Ideal der Kontrollierbarkeit und damit beginnt der Postmodernismus mit dem Zerfall der Utopie des Modernismus. Daraus folgt die Entlarvung der Rationalität als Ideologie und eine Kritik einer klassi- schen Philosophie, die am Ideal der objektiven Rationalität festhält. Aus der Kritik an der Rationalität ergibt sich eine Ablehnung gegenüber dem Fortschrittsglauben. Den Gesamtkonzeptionen wird die Vielfältigkeit der Entwicklungen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht gegenübergestellt. Somit steht die Vielfalt der Konstruierten Identitäten in Abgrenzung zu anderem als aktive Verwirklichung der Selbstbindung im Mittelpunkt der Analysen.

Bezogen auf das Thema des Wandels kann festgehalten werden, dass die objektive Struktur der Moderne und der Prozess der Autopoiesis, als autonomer Prozess der Reproduktion der objektiven Struktur, durch die Betonung des Individuums die Objektivität verliert und vom Entscheidungsprozess abhängig wird. Der Bestand der Struktur wird durch Entscheidungen und Legitimationen gestützt oder verändert.6

[...]


1 Helbig (1986) S. 60 ff.

2 Französische Philosophie

3 Im Grunde basiert die Kritik des psychologischen Reduktionismus darauf.

4 Französische Philosophie

5 Der Postmodernismus entstand am Ende des Strukturalismus, zum einem, weil die Theoretiker des Strukturalismus starben und zum anderen aus der Kritik am Strukturalismus selbst. Der Postmodernis- mus entstand Anfang der achtziger Jahre, als Baudrillard einer kritischen Strömung dem Namen Postmo-Obdernismus gab. Die Kritik und der Abbau der Ideologie des Modernismus und der Emanzipationsbewegung war lange Zeit das Thema von Loytard.

6 Konopka (1998): S.75.

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Details

Title
Der Diskurs um den Strukturalismus
Grade
1
Author
Year
2000
Pages
7
Catalog Number
V100630
ISBN (eBook)
9783638990554
File size
397 KB
Language
German
Keywords
Diskurs, Strukturalismus
Quote paper
Axel Viertmann (Author), 2000, Der Diskurs um den Strukturalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100630

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