Die Rektion der Präposition "trotz" ohne Artikel/Pronomen und mit einem adjektivischen/partizipialen Attribut

Eine empirische Untersuchung


Dossier / Travail, 2018

13 Pages, Note: 1,7


Extrait


INHALTVERZEICHNIS

Inhalt

1. Einleitung

2. Die Verwendung der Präposition trotz nach Duden (2012) und Bastian Sick (2004)

3. Mittels neuen Kleinbusses oder Mittels neuem Kleinbus? Eine Zusammenfassung der Untersuchung von Wolfgang Müller

4. Korpusrecherche
4.1 Dativ Singular
4.2 Genitiv Singular
4.3 Dativ Plural
4.4 Genitiv Plural

5. Fragebögen: Beschreibung der Teilnehmer und ihrer Aufgaben
5.1 Aufgabe 1.
5.2 Aufgabe 2.
5.3 Aufgabe 3.
5.4 Aufgabe 4

6. Zusammenfassung

Literatur

Internetquellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die deutsche Sprache verfügt insgesamt über vier Kasus: Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ. Die Rolle der vier Fälle ist besonders relevant für die Syntax und Morphologie, denn dadurch ist es möglich, dass Satzglieder nicht unbedingt immer an der gleichen Position stehen müssen. Das Subjekt und Objekt können im Deutschen ihre Plätze tauschen, ohne dass Missverständnisse entstehen.1 Sprachen, in denen Substantive bzw. ihre Artikel in ihrer Schreibweise anzeigen, welche Rolle sie im Satz übernehmen, werden synthetische Sprachen genannt, zu denenauch das Deutsche gehört. Der Kasus kann durch verschiedene Wortarten regiert werden, z. B. durch Verben, Adjektive und auch Präpositionen. Wenn man die letzte Gruppe näher betrachtet, lässt sich feststellen, dass die Präpositionen im Deutschen einen oder auch mehrere Kasus fordern können. So ist es offensichtlich, dass die Präposition bei immer mit dem Dativ steht, z. B.: Ich bin bei meinen Brüdern oder Ich bin mit meinem Freund verabredet. Es ist auch unbestritten, dass gegen immer mit dem Akkusativ verbunden ist, dennman sagt: Ich bin gegen dich, nicht dir. Letztendlich gibt es auch Präpositionen, die ursprünglich den Genitiv fordern, beispielsweise trotz in trotz schlechten Wetters. Heutzutage hört man oder liest man häufig Sätze, in denen diese Präposition nicht nur den Genitiv, sondern auch den Dativ regiert. So bevorzugten viele deutsche Muttersprachler die Variante trotz schlechtem Wetter. Dieses Phänomen ist keine neue sprachliche Entwicklung, denn sie wurde schon im Jahre 1990 in dem Text „Mittels neuen Kleinbusses oder mittels neuem Kleinbus?“ von Wolfgang Müller erforscht. Dennoch ist sie immer noch aktuell.

Das Ziel der vorliegenden Hausarbeit ist es, eine empirische Forschung anzustellen,ob die singularischen und pluralischen Substantive ohne Artikel und Pronomen, aber mit einem adjektivischen oder partizipialen Attribut von deutschen Muttersprachlern häufiger mit dem Dativ oder mit dem Genitiv gebraucht werden. Die vorliegende Arbeit basiert auf der Korpusrecherche im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache und auf dem Text „Mittels neuen Kleinbusses oder mittels neuem Kleinbus“ von Wolfgang Müller (1990), der die Präposition mittels ebenfallsuntersucht.

In der Zusammenfassung werden die Ergebnisse der gesamten Hausarbeit gesammelt und mit den Ergebnissen der Korpusrecherche und denen Wolfgang Müllers verglichen, um feststellen zu können, ob die Adjektive und Substantive nach den Präpositionen trotz und mittels gleichermaßen vondeutschen Muttersprachlern dekliniert werden.

2. Die Verwendung der Präposition trotz nach Duden (2012) und Bastian Sick (2004)

Laut Duden (2012) soll trotz standardsprachlich mit dem Genitiv stehen, während diese Präposition in Süddeutschland, in Österreich und in der Schweiz eher mit dem Dativ zu finden ist. Im Duden (2012) steht, dass der Dativ nach trotz häufiger zu treffen ist: „Wenn Artikel oder Pronomen fehlen, und immer, wenn der Genitiv im Plural nicht erkennbar ist oder wenn ein Genitivattribut zwischen >>trotz<< und das davon abhängende Substantiv tritt“. Als Beispiele nennt der Duden „trotz heftigem Regen“, „trotz nassem Asphalt“ usw. Darüber hinaus findet man im Duden Informationen, dass stark gebeugte Substantive im Singular ohne Artikel und Attribut oft ungebeugt bleiben, z. B. „trotz Regen“. Imoben genannten Zitat aus dem Duden (2012) steht Folgendes: „Allgemein häufiger mit Dativ, wenn Artikel oder Pronomen fehlen […].“Dies bezeichnetnur die Häufigkeit des Gebrauchs. Dieses Zitat lässt sich eher als Hinweis interpretieren, der den Lesern zeigen soll, dass in manchen Fällen auch der Dativ erlaubt ist, was ein Zeichen dafür sein kann, dass sich jeder Sprecher2 zwischen dem Dativ oder dem Genitiv entscheidenkann, da die seltenere Variante, also der Genitiv, hier nicht als falsch genannt wird. So dürfte „trotz heftigem Regen“ auch „trotz heftigen Regens“ heißen.

Nach Bastian Sick (2004) regiert die Präposition trotz vor bekleidetem Hauptwort, also vor einem Substantiv mit Artikel und/oder mit Attribut, den Genitiv, z. B. „trotz des schlechten Wetters“. Wenn das Substantiv unbekleidet ist, kann der Sprecherzwischen dem Dativ und Genitiv entscheiden. Außerdem geht er davon aus, dass das Verwenden des 3. Falls der deutschen Sprache in Verbindung mit der Präposition trotz vor allem davon abhängig ist, in welcher Region der deutschsprachigen Länder man sich befindet: „In Süddeutschland, Österreich und der Schweiz wird >trotz< weiterhin mit dem Dativ verbunden“ (Sick, 2004: 17).

Sowohl der Duden (2012) als auch Bastian Sick (2004) sind damit einverstanden, dass trotz, gefolgt vom Substantiv mit einem Artikel, mit dem Genitiv verbunden sein soll. Dennoch lassen sich auch Unstimmigkeiten bei den beiden Autoren erkennen. Laut dem Dudenist der Dativ die häufigere Variante als der Genitiv, wenn die Präposition trotz nur ein Adjektiv mit sich führt. Das bedeutet, dass „trotz nassem Asphalt“ von deutschen Muttersprachlern eher akzeptabel wäre als „trotz nassen Asphaltes“. Es wird aber betont, dass beide Optionen möglich und erlaubt sind. Bastian Sickhingegen gibt an, dass in einer solchen Konstruktion der Genitiv eine bessere Variante sei. Demnachmüsste es „trotz nassen Asphaltes“ heißen (Sick 2004: 16).In den beiden bedeutsamen Quellen der deutschen Sprachwissenschaft erhält man jedochkeine eindeutige Antwort auf die Frage, welchen Kasus die Präposition trotz fordert.

3. Mittels neuen Kleinbusses oder Mittels neuem Kleinbus? Eine Zusammenfassung der Untersuchung von Wolfgang Müller

„Wenn ich meinem Sprachgefühl folge, würde ich mittels neuem Kleinbus schreiben […] denn mittels neuen Kleinbusses klänge mir geziert.“ (Müller, 1990: 53). So beginnt Müllers Aufsatz. In seiner Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass die Präposition mittels, laut der grammatischen Regeln, mit dem Genitiv verbunden werden soll, was der Autor als unnatürlich bezeichnet. Mithilfe der Dampfkartei und der linguistischen Datenbank des Instituts für deutsche Sprache (IDS) sammelte Müller Belege für die Verwendung des Dativs bzw. des Genitivs nach der Präposition mittels, die von einem singularischen Maskulinum oder Neutrum ohne Artikel oder Pronomen, aber mit einem adjektivischen oder partizipialen Attribut gefolgt wurde. Anhand der Untersuchung ergab sich, dass die Dative im Singular mit 8:3 überwogen.3 Als Nächstes wurde die gleiche Präposition mit den gleichen Bedingungen, allerdings im Plural, betrachtet . Von den 36 Belegen im IDS standen 34 im Genitiv und zwei im Dativ. In der Dampfkartei wurden fünf von elf als Dativ identifiziert, der Rest als Genitiv. Laut der Forschung tritt mittels im Singular häufiger mit dem Dativ auf, während im Plural der Genitiv steht.

4. Korpusrecherche

Zur Untersuchung der Auftretenshäufigkeit des Dativs und Genitivs nach der Präposition trotz wurde das Korpus ZEIT (2011-2016) im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache (DWDS) ausgewählt.

4.1 Dativ Singular

Im Korpus wurden insgesamt 146 gültige Beispiele4 für die Verwendung des Dativs im Singular gefunden, z. B.:

(1) Trotz weiterem Regen
(2) Trotz ärztlichem Attest
(3) Trotz wachsendem Druck

4.2 Genitiv Singular

Unter 869 Belegen befanden sich 722 gültige Belege mit dem Genitiv Singular, z. B.:

(4) Trotz schlechten Wetters
(5) Trotz versagenden Herzens

Sieben waren nicht identifizierbar, z. B.

(6) Trotz drückenden Überlegenheit
(7) Trotz großen Rückstand
(8) Trotz harten Training

4.3 Dativ Plural

Da die Adjektive im Dativ Plural und im Genitiv Singular die gleiche Endung haben, betrug der Ausganspunkt ebenfalls 869 Belege, von denen nur 17 als Dativ Plural zu erkennen waren, z. B.

(9) Trotz leichten Knieproblemen
(10) Trotz besseren Wissens
(11) Trotz großen Ankündigungen

4.4 Genitiv Plural

Im Korpus wurden insgesamt 8240 Belege gefunden, denn die Adjektivendung er ist nicht nur typisch für den Genitiv Plural, sondern auch für den Dativ und Genitiv Singular Femininum. Unter der großen Zahl an Belegen wurden 3690 gültige Belege gefunden, z. B.

(12) Trotz schwerer Folgen
(13) Trotz fehlerhafter Produkte
(14) Trotz massiver Drohungen

5. Fragebögen: Beschreibung der Teilnehmer und ihrer Aufgaben

An der Untersuchung nahmen insgesamt 62 Personen aus Nordrhein-Westfalen teil, deren Deutsch Muttersprache war. Die Teilnehmer studierten weder Germanistik noch ein ähnliches Fach. Außerdem nahmen sie nie an einem sprachwissenschaftlichen Seminar teil, auch nicht kurzfristig. Die Aufgabe der Teilnehmer war es, einen Fragebogen schriftlich auszufüllen, der die Verwendung des Dativs und Genitivs nach der Präposition trotz, gefolgt von einem adjektivischen oder partizipialen Attribut im Plural und Singular, testete. Den Teilnehmern wurde erst nach dem vollständigen Ausfüllen des Fragebogens erklärt, was der Gegenstand der Untersuchung war, sodass sie ihre Antworten spontan und ohne nachzudenken aufschrieben. Dies war ein sehr relevanter Punkt der Untersuchung, da man dadurch authentische Antworten der deutschen Muttersprachler bekam, die höchstwahrscheinlich auch in einer alltäglichen Situation vorkämen. Das Alter und das Geschlecht der teilnehmenden Personen wurden bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Die letzte Aufgabe des Fragebogens, die hier nicht präsentiert wird,wurde zusätzlich erstellt und bei der Auswertung nicht berücksichtigt.

5.1 Aufgabe 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abbildung 1. Aufgabe 1 aus dem Fragebogen)

In der ersten Aufgabe wurden die Probanden gebeten, die Lücken mit einer richtigen Adjektiv- und Substantivform auszufüllen, wobei kein Artikel vor dem Adjektiv stehen durfte. Da an der Umfrage keine Linguisten teilnahmen, wurde in Klammern verdeutlicht, was genau unter dem Begriff Artikel gemeint war. Aus diesem Grund wurden in der Aufgabe auch Begriffe wie Mehrzahl oder Einzahl verwendet und nicht Singular und Plural. Die gesamte Aufgabe besteht aus fünf Sätzen, die ergänzt werden mussten, wobei nur zwei beim Auswerten berücksichtigt wurden, und zwar b. und e., denn der Gegenstand der Untersuchung ist die Präposition trotz. Alle weiteren Beispiele wurden erstellt, damit die Teilnehmer nicht merken, dass es sich um die Rektion dieser Präposition handelte. Die Antworten der Versuchspersonen stellen sich wie folgt dar:

- Dativ Singular (Trotz schlechtem Wetter): 27 Personen
- Genitiv Singular (Trotz schlechten Wetters): 35 Personen
- Dativ Plural (Trotz lebhaften Bemühungen): 15 Personen
- Genitiv Plural (Trotz lebhafter Bemühungen): 47 Personen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung des Dativs und Genitivs im Singular sehr ähnlich ist. Einen großen Unterschied beim Verwenden der beiden Fälle merkt man jedoch erst im Plural, wo der Genitiv deutlich überwiegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5.2 Aufgabe 2.

(Abbildung 2. Aufgabe 2 aus dem Fragebogen)

Das Ziel der zweiten Aufgabe war es, die Sätze auf einer 4-stufigen Skala zu bewerten. Die Probanden mussten entscheiden, ob die Sätze ihrer Meinung nach GUT, EHER GUT, EHER SCHLECHT oder SCHLECHT klingen. Bewertet wurden nur die Sätze C) und D), weil sie die Kasuswahl nach der Präposition trotz präsentieren, die aber nur im Singular stehen. Die zusätzlichen Sätze A) und B) wurden aus dem gleichen Grund erstellt, wie die in der ersten Aufgabe. Aus der zweiten Aufgabe ergaben sich folgende Ergebnisse:

- Der Satz C), in dem der Genitiv auftaucht, wurde
- von 31 Probanden als GUT bewertet,
- von 12 Probanden als EHER GUT bewertet,
- von 9 Probanden als EHER SCHLECHT bewertet,
- von 10 Probanden als SCHLECHT bewertet.

- Der Satz D), in dem der Dativ auftaucht, wurde
- von 26 Probanden als GUT bewertet,
- von 17 Probanden als EHER GUT bewertet,
- von 10 Probanden als EHER SCHLECHT bewertet,
- von 9 Probanden als SCHLECHT bewertet.

Anhand dieser Aufgabe ließ sich feststellen , dass nach der Präposition trotz beide Kasus abwechselnd benutzt werden. Die Antworten der Probanden zeigen, dass die Kasuswahl im Singular sehr frei ist, d. h. der Dativ und der Genitiv werden verhältnismäßig ähnlich verwendet . Außerdem wurden die beiden Sätze viel häufiger als GUT oder EHER GUT bewertet, während nur wenige feststellten, dass sie SCHLECHT oder EHER SCHLECHT sind, was bedeutet, dass sie praktisch fast gleich akzeptabel sind.

[...]


1 Ausgenommen sind hier Akkusativ feminin, neutral und Plural, weil diese gleich dem Nominativ (dem Subjekt) sind.

2 Weibliche Personen sind mitgemeint.

3 Es wurden nur Belege von der Dampfkartei angegeben, da es keine gültigen Belege im IDS gab.

4 Sätze, die mehrmals auftauchten und die 1:1 gleich waren, wurden als ein Satz gezählt.

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Die Rektion der Präposition "trotz" ohne Artikel/Pronomen und mit einem adjektivischen/partizipialen Attribut
Sous-titre
Eine empirische Untersuchung
Université
Ruhr-University of Bochum
Note
1,7
Auteur
Année
2018
Pages
13
N° de catalogue
V1006431
ISBN (ebook)
9783346390387
ISBN (Livre)
9783346390394
Langue
allemand
Mots clés
rektion, präposition, artikel/pronomen, attribut, eine, untersuchung
Citation du texte
Kacper Matkowski (Auteur), 2018, Die Rektion der Präposition "trotz" ohne Artikel/Pronomen und mit einem adjektivischen/partizipialen Attribut, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006431

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