Präventionspotenziale einer veganen Ernährung bei Alzheimer-Demenz. Alzheimer-relevante Nährstoffe in der veganen Ernährung


Thèse de Bachelor, 2021

86 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstract

Keywords

1. Einführung
1.1 Die Alzheimer-Demenz
1.1.1 Pathologie der Alzheimer-Erkrankung
1.1.1.1 Aβ-Pathologie
1.1.1.2 Tau-Pathologie
1.1.1.3 Neuroinflammation und Oxidativer Stress
1.1.2 Genetische Ursachen
1.1.3 Diagnostik
1.1.4 Risikofaktoren
1.2 Krankheitsprävention im Kontext einer gesunden veganen Ernährung
1.2.1 Bedeutung der Ernährungsprävention bei Alzheimer-Demenz
1.2.2 Gesunde, vegane Ernährung

2. Einflüsse und Wirkungen einer gesunden veganen Ernährung auf die Alzheimer-Demenz
2.1 Vegane Ernährung und Alzheimer-Demenz
2.2 Weitere pflanzenbasierte Ernährungsmuster
2.2.1 Mediterrane Ernährung
2.2.2 DASH
2.2.3 MIND
2.3 Alzheimer-relevante Nährstoffe in der veganen Ernährung
2.3.1 Sekundäre Pflanzenstoffe
2.3.1.1 Polyphenole
2.3.1.2 Carotinoide
2.3.2 Vitamin E und C
2.3.3 B-Vitamine und Homocystein
2.3.4 Vitamin D
2.3.5 Omega-3-Fettsäuren
2.3.6 Synergetische Wirkungen pflanzlicher Lebensmittel
2.4 Westliche Ernährungsweisen und Alzheimer-Demenz
2.4.1 Gesättigte- und Transfettsäuren
2.4.2 Cholesterin
2.4.3 Advanced Glycation End Products
2.4.4 Wirkungen auf das Intestinale Mikrobiom
2.5 Vegane Ernährung und Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz
2.5.1 Atherosklerose
2.5.2 Bluthochdruck, Schlaganfall und Vorhofflimmern
2.5.3 Typ-2-Diabetes
2.5.4 Übergewicht und Adipositas
2.5.5 Weitere Faktoren

3. Diskussion
3.1 Interpretation der Ergebnisse
3.2 Grenzen der Arbeit
3.3 Empfehlungen und Vorschläge

4. Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wege der APP-Hydrolyse

Abbildung 2: Mechanismen der Tau-Pathologie

Abbildung 3: Ansätze der Prävention in der Alzheimer-Demenz

Abbildung 4: Der vegane Teller

Abbildung 5: Spektrum der Ernährungsweisen

Abbildung 6: Normale Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms

Abbildung 7: Ansicht der Blutgefäße des Circle of Willis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gehalte von AGEs in Lebensmitteln

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Um das Präventionspotenzial einer gesunden, veganen Ernährung hinsichtlich der Alzheimer-Demenz zu untersuchen, wurde eine Literaturrecherche mithilfe der Datenbank „Pubmed“ durchgeführt. Hierbei wurden die Begriffe „vegan“ und „plant-based“ verwendet, wobei das Ernährungsmuster nochmals auf die Zusammensetzung überprüft wurde. Für die Alzheimer-Demenz wurden die Begriffe „alzheimer’s“, „alzheimer’s disease“ oder „dementia“ verwendet, wobei hierbei der Einschluss der Demenzform geprüft wurde. Es konnte keine abschließende Aussage zugunsten einer gesunden, veganen Ernährung getroffen werden, jedoch stehen Bestandteile westlicher Ernährungsweisen in Verbindung mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Ernährungsmuster mit einem hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel wie die MeDi, DASH oder MIND weisen hingegen positive Wirkungen auf. Trotzdem konnte keine Notwendigkeit für den gänzlichen Verzicht auf tierische Produkte erkannt werden. Darüber, ob ein gesteigerter Anteil pflanzlicher Lebensmittel durch eine vegane Ernährung zusätzliche positive Effekte haben könnte, kann bislang nur spekuliert werden. Fisch weist durch den Gehalt von Omega-3-Fettsäuren positive Eigenschaften, teilweise aber auch toxisch wirkende Substanzen wie Quecksilber auf. Die Gehalte sollten Gegenstand zukünftiger Beobachtungen bleiben. Gesunde, vegane Ernährungsweisen könnten sich besonders durch einen hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, antioxidativen Vitaminen, Folsäure und Ballaststoffen positiv auswirken. Zudem weisen sie das Potenzial auf, vaskuläre Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie, Bluthochdruck, Diabetes, Atherosklerose und Vorhofflimmern zu beeinflussen, die gleichzeitig Risikofaktoren für die Alzheimer-Demenz darstellen können. Hierbei sollten Nährstoffe wie Vitamin D, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren beachtet werden. Zukünftige Studien sollten sich intensiver mit dem präventiven Potenzial dieser Ernährungsweise befassen. Trotz bislang unzureichender Evidenz bezüglich der Wirkung auf die Alzheimer-Demenz, kann das Befolgen einer gesunden, pflanzenbasierten Ernährung zugunsten der allgemeinen Gesundheit empfohlen werden.

Keywords

healthy vegan diet – plant-based diet – alzheimer’s disease – dementia – prevention – modifiable risk factors

gesunde, vegane Ernährung – pflanzenbasierte Ernährung – Alzheimer-Demenz – Demenz – Prävention – modifizierbare Risikofaktoren

1. Einführung

Alzheimer-Demenz ist eine nicht heilbare Krankheit und mittlerweile die weltweit fünfthäufigste Todesursache (vgl. Cortes-Canteli und Iadecola 2020). Aktuell wird vermutet, dass 10 % der über 65-Jährigen und 40 % der über 80-Jährigen an dieser Demenzform leiden (vgl. DeTure und Dickson 2019) und insgesamt ca. 50 Millionen Menschen weltweit betroffen sind. Aufgrund einer immer älter werdenden Gesellschaft wird angenommen, dass die Zahl der Erkrankten zukünftig dramatisch steigen wird (vgl. Fan et al. 2019). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) priorisiert daher, ein besseres Verständnis demenzieller Erkrankungen hinsichtlich präventiver Maßnahmen zu entwickeln (vgl. Kornhuber 2018, S. 136). In dieser Arbeit wird die Wirksamkeit einer gesunden, veganen Ernährungsweise hinsichtlich des präventiven Potenzials auf die Alzheimer-Demenz untersucht, um die Fragen zu beantworten, ob sie diesbezüglich von Nutzen sein könnte. Zunächst wird hierzu ein Einblick in die Alzheimer-Demenz, insbesondere in die pathologischen Vorgänge gegeben. Hierbei wird die Bedeutung der Ernährungsprävention erläutert und eine Definition der genannten Ernährungsweise gegeben. Daraufhin wird die aktuelle Studienlage bezüglich der Fragestellung untersucht, ob und welche Einflüsse die Ernährungsweise auf die Alzheimer-Demenz haben kann. Im Anschluss werden die Ergebnisse bewertet und ein Fazit gegeben.

1.1 Die Alzheimer-Demenz

Alois Alzheimer beschrieb 1907 zum ersten Mal die Pathologie der Alzheimer-Demenz. Ausgehend von seiner Beschreibung sind die Kernmerkmale der Erkrankung bis heute das Vorhandensein von extrazellulären Ansammlungen, eines Proteins, das als Amyloid-β-Protein (Aβ) bekannt ist und intrazellulären fibrillären Aggregaten des Tau-Proteins, die abnorm phosphoryliert vorliegen. Diese werden als Neurofibrillenveränderungen (NFTs) bezeichnet (vgl. Thal 2018, S. 35). Derartige Veränderungen im Gehirn führen zu einem unumkehrbaren Verlust von Synapsen und Neuronen (vgl. Grøntvedt et al. 2018).

Die Alzheimer-Demenz ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung und ist mit 60 bis 80 % der Fälle die häufigste Form der Demenz (vgl. DeTure und Dickson 2019). Hinter dem Begriff Demenz verbirgt sich ein voranschreitender, chronischer Verlust der intellektuellen und mentalen Fähigkeiten einer Person, der diese so stark einschränkt, dass ein eigenständiges Leben unmöglich wird. Dies resultiert aus einem Rückgang von kognitiven Funktionen, wie dem Erwerb von neuem Wissen und praktischen Fähigkeiten, wie Sprache, Denken und Aufmerksamkeit (vgl. Grøntvedt et al. 2018). Andere Ursachen für eine demenzielle Erkrankung können die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körper-Demenz, eine Demenz im Rahmen einer Parkinson Erkrankung, die Frontotemporale Lobärdegeneration oder ein Normaldruckhydrozephalus sein. Diese Erkrankungen tragen mit einem Anteil von jeweils 5 bis 10 % zu den demenziellen Erkrankungen bei. Die Pathologie der vaskulären Demenz als auch der Lewy-Körper-Demenz treten häufig als Mischformen auf, die auch die Merkmale einer Alzheimer-Demenz aufweisen (vgl. DeTure und Dickson 2019).

Alzheimer-Demenz tritt in verschiedenen Formen auf: Die dominant vererbte familiäre Form, Familiar Alzheimer’s Disease (FAD) macht weniger als 1 % der Erkrankungsfälle aus. Sie beginnt durchschnittlich schon im Alter von 46 Jahren. Eine weitere Form stellt die früh einsetzende Form, die Early Onset Alzheimer’s Disease (EOAD) dar. Sie wird diagnostiziert, wenn die Erkrankung vor dem 65. Lebensjahr auftritt und macht mit 5 % der Fälle, einen im Vergleich zu der spät einsetzenden Form, der Late Onset Alzheimer’s Disease (LOAD), geringen Anteil der Erkrankungsfälle aus (vgl. DeTure und Dickson 2019). Letztere ist auch als sporadische Form geläufig, tritt ab dem 65. Lebensjahr auf und macht 95 % der Erkrankungen aus (vgl. Doblhammer et al. 2018, 19 f.).

Erste Symptome einer Alzheimer-Demenz können eine Veränderung des Gemütszustandes, aufkommende Angstzustände oder Schlafveränderungen sein. Im weiteren Verlauf, wenn die Alzheimer-Demenz ein präklinisches Stadium erreicht, zeigen sich häufig verstärkte Angstzustände, Depressionen, Apathie und ein Rückzugsverhalten. Im späteren Krankheitsverlauf kommt es zu Beeinträchtigungen des Urteilsvermögens, Orientierungslosigkeit, Verwirrung und schweren Verhaltensänderungen. Hierzu zählen Aggressivität, Unruhen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen (vgl. Atri 2019).

Eine leichte kognitive Beeinträchtigung, Mild Cognitive Impairment (MCI), bezeichnet einen Zustand, in dem die kognitiven Fähigkeiten verschlechtert sind, das alltägliche Leben jedoch noch weitestgehend aufrechterhalten werden kann. Diese tritt vor den klinischen Symptomen der Alzheimer-Demenz auf und stellt für betroffene Personen ein erhöhtes Risiko dar, später an dieser zu erkranken (vgl. Nagpal et al. 2020).

1.1.1 Pathologie der Alzheimer-Erkrankung

Das Krankheitsbild der Alzheimer-Demenz ist ein Ergebnis verschiedener Mechanismen, die drei Kategorien von Schäden im Gehirn auslösen: positive Schädigungen, negative Schädigungen und reaktive Prozesse. Bei positiven Schädigungen handelt es sich um die Akkumulation der Aβ-Peptide und abnorm phosphorylierten Tau-Proteinen. Negative Schädigungen beinhalten den Verlust von Neuronen und Synapsen. Als reaktiver Prozess ist unter anderem Neuroinflammation zu erkennen. Durch diese drei Schädigungsmechanismen kommt es zu den für die Alzheimer-Erkrankung typischen Veränderungen (vgl. Tacik 2018, 64 f.).

1.1.1.1 Aβ-Pathologie

Charakteristisch für die Alzheimer-Demenz ist, dass sich Aβ in extrazellulären Plaques ansammelt (vgl. Walter 2018, S. 51). Die aggregierten Aβ-Peptide sind der Hauptbestandteil dieser Plaques, die man auch Amyloid-Plaques oder senile Plaques nennt (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 188).

In der Alzheimer-Pathologie existieren verschiedene Plaque-Formen, die häufigsten sind dabei diffuse Plaques und Plaques mit dichtem Kern (dense cored plaques). Letztere können entzündliche Elemente aufweisen, in dieser Form werden sie als neuritische Plaques (NPs) bezeichnet. Sie weisen häufig auch pathologisch verändertes Tau-Protein auf und scheinen eng mit dem Untergang von Synapsen und Neuronen verbunden zu sein. Diffuse Plaques hingegen weisen meist keine neuritischen Elemente auf, werden aber in fortgeschrittenen Stadien der Alzheimer-Demenz beobachtet und könnten ein frühes Stadium im Reifungsprozess der NPs darstellen (vgl. DeTure und Dickson 2019).

Neben der Ablagerung von Aβ in Form von Plaques kann es sich in den Blutgefäßen des Gehirns ablagern. Hierbei spricht man von einer cerebralen Amyloid-Angiopathie (CAA). Sie trägt neben einer Beteiligung an der Alzheimer-Pathologie zu Schädigungen und Verengungen der Gefäßwände bei und kann so zu Durchblutungsstörungen, Blutungen und Infarkten führen (vgl. Thal 2018, S. 38–40). Bei 85 bis 95 % der Alzheimer-Fälle liegt auch eine CAA vor (vgl. DeTure und Dickson 2019).

Aβ ist ein Spaltprodukt des Amyloid-Vorläuferproteins (APP), aus dem es durch das Einwirken von bestimmten Sekretasen freigesetzt wird. Die entstehenden Aβ-Peptide weisen eine Länge von 39-43 Aminosäuren auf (vgl. Thal 2018, S. 35). APP ist ein Typ-1-Membranprotein, das aus drei Domänen besteht: einer großen N-terminalen Ektodomäne, einer Transmembrandomäne und einer kleinen zytoplasmatischen Domäne. Aufgrund seiner Struktur kann APP als Zelloberflächenrezeptor agieren, was die Vermutung nahelegt, dass es wichtig für die Interaktion und Signalübertragung von Zellen ist (vgl. Walter 2018, 52 f.). Durch die Spaltung des APPs durch das Einwirken von unterschiedlichen Sekretasen können verschiedene Fragmente entstehen. Die Wege der Prozessierung werden hierbei in einen nicht-amyloidogenen Weg, einen alternativen Weg oder einen amyloiden Weg eingeteilt (siehe Abb. 1). Letzterer ist für die Bildung von Aβ-Peptiden verantwortlich. Bei der nicht-amyloiden Prozessierung (A) wird das APP initial durch eine α-Sekretase und folgend durch eine γ-Sekretase zu CTF-α, sAPPα und weiteren kleinen Fragmenten gespalten (vgl. Fan et al. 2019). Unter normalen Bedingungen verläuft die Spaltung von APP zu 90 % auf diese Weise (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 189). Wie auch der alternative Weg (C), bei dem eine η-Sekretase das APP initial spaltet, ist diese Form der Spaltung physiologisch. Wird APP initial durch eine β-Sekretase gespalten (B), entsteht ein CTF-β Fragment, von dem folgend von einer γ-Sekretase ein Aβ-Peptid abgespalten wird (vgl. Fan et al. 2019). So entstehen Aβ-Peptide in verschiedener Länge, unter anderem mit einer Länge von 40 Aminosäuren (Aβ40) und einer Länge von 42 Aminosäuren (Aβ42). Unter physiologischen Bedingungen wird hauptsächlich Aβ40 gebildet, bei der Alzheimer-Demenz wird jedoch eine erhöhte Produktion des Aβ42 beobachtet (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 189). Aβ42-Peptide sind sehr aggregationsfreudig und in großer Zahl in den Amyloid-Plaques auffindbar (vgl. Karaca et al. 2018, S. 87).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wege der APP-Hydrolyse (Fan et al. 2019)

Nach ihrer Freisetzung in den extrazellulären Raum liegen Aβ-Peptide zunächst in Monomeren vor. Initiiert durch eine Fehlfaltung von Aβ40 und Aβ42 setzen sie sich mit anderen Monomeren zu Oligomeren zusammen. Diese bilden sich folgend zu Protofibrillen und schließlich zu Fibrillen aus, die unlöslich sind und nicht mehr proteolytisch abgebaut werden können. Ausgereifte Fibrillen akkumulieren und lagern sich als extrazelluläre Plaques ab (vgl. Reiss et al. 2018). Es wird angenommen, dass diese Aggregationsprozesse sowohl unter physiologischen, als auch unter pathologischen Bedingungen stattfinden (vgl. Walter 2018, S. 61).

Normalerweise kann extrazelluläres Aβ über verschiedene Wege abgebaut werden, jedoch scheinen diese Prozesse bei der Alzheimer-Demenz reduziert abzulaufen (vgl. Walter 2018, S. 59). Neben dieser unzureichenden Beseitigung, der Clearance, wird vermutet, dass eine gesteigerte Produktionsrate von Aβ die pathologische Ansammlung der Amyloid-Plaques befördert. Ob nur einer dieser Faktoren oder beide daran beteiligt sind, ist nicht abschließend erforscht (vgl. Reiss et al. 2018).

Man geht davon aus, dass die unterschiedlichen Formen von aggregiertem Aβ die Funktionen der Neuronen beeinträchtigen und so zu der Pathogenese beitragen (vgl. Walter 2018, S. 63). Eine neurotoxische Wirkung von Aβ scheint seine Interaktion mit der Zellmembran zu sein. Die Peptide wirken auf die Lipiddoppelschicht und bilden Poren in ihr aus. Durch diese kann Calcium (Ca2+) unkontrolliert in die Zelle einströmen, sodass der Konzentrationsgradient verloren geht. Dieser Verlust leitet eine Fehlfunktion der Mitochondrien ein. Weiterhin können Aβ-Peptide zu Veränderungen der Form, Funktion und Plastizität von Synapsen führen. Der Verlust von Synapsen spielt in der Alzheimer Pathologie eine bedeutende Rolle, da er das stärkste Korrelat für kognitiven Rückgang darstellt und dem Verlust von Neuronen vorangeht (vgl. Reiss et al. 2018).

1.1.1.2 Tau-Pathologie

Neurofibrillenbündel (NFTs) bestehen aus Aggregaten eines Proteins das als Tau-Protein bezeichnet wird (vgl. Walter 2018, 51 f.). Dieses liegt darin in phosphorylierter Form vor und stellt die Hauptkomponente der NFTs dar (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 193). Es wird angenommen, dass diese pathologische Veränderung des Tau-Proteins zu dem Tod von Neuronen und kognitiven Verfall führt (vgl. DeTure und Dickson 2019).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Mechanismen der Tau-Pathologie (Tacik 2018, S. 70)

Das Tau Protein ist ein physiologisches Protein (vgl. Thal 2018, S. 42), das hauptsächlich in den Axonen von Neuronen vorkommt. Neben seiner Mikrotubuli-stabilisierenden Funktion ist es bedeutend für den zytoplasmatischen Transport, die neuronale Signalübertragung sowie den Erhalt von Struktur und Funktion von Synapsen (vgl. Fan et al. 2019). In seiner physiologischen Funktion bindet eine positiv geladene Region des Tau-Proteins an die negativ geladene Oberfläche der Mikrotubuli (siehe Abb. 2a). Dies trägt zu einer Zellpolarität bei, die die Abstände der Mikrotubuli zueinander und so den Durchmesser des Axons bestimmt (vgl. Tacik 2018, S. 70).

Mikrotubuli bilden zusammen mit Aktinfilamenten und Intermediärfilamenten das Zytoskelett von Zentrosomen, Axonen, Dendriten und Zilien. Sie bestehen aus zusammengelagerten Tubulinen, die durch mikrotubuli-assoziierte Proteine stabilisiert werden. In ihrem Zusammenschluss als Mikrotubuli sind sie wichtig für Transportvorgänge in der Zelle sowie Zellteilung und Organellenpositionierung (vgl. Tacik 2018, S. 65).

Tau-Proteine können durch Kinasen phosphoryliert und durch Phosphatasen dephosphoryliert werden. Der Zustand des Proteins hängt dabei von einem Gleichgewicht der Aktivität dieser Enzyme ab. Unter physiologischen Bedingungen weist das Tau nur eine geringe Phosphorylierung auf, unter den pathologischen Bedingungen der Alzheimer-Demenz liegt es jedoch in höherem Maße phosphoryliert vor (vgl. Fan et al. 2019). Das Vorhandensein von Aβ-Peptiden kann die Aktivität der Kinasen, von denen die Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK3β) einen Vertreter darstellt, befördern. Ein weiterer Mechanismus, der zu einer Erhöhung des phosphorylierten Tau-Proteins führen kann, ist eine reduzierte Aktivität von Phosphatasen. Hierdurch wird weniger Tau dephosphoryliert. In der Alzheimer-Demenz ist beispielsweise die Aktivität der Proteinphosphatase 2 um 20 bis 40 % herabgesetzt (vgl. Tacik 2018, 72 f.).

Als Folge der abnormalen Phosphorylierung, auch als Hyperphosphorylierung bezeichnet, verliert das Tau-Protein seine Fähigkeit an Mikrotubuli zu binden und somit seine stabilisierende Funktion (siehe Abb. 2b). Durch eine abnormale Faltung bildet es zudem die Eigenschaft aus zu aggregieren, wodurch es zusätzlich eine toxische Funktion erhält (vgl. DeTure und Dickson 2019). Die gelösten Tau-Filamente lagern sich im Neuron an (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 193). Durch erhöhte Level von Tau im Zellinneren beginnen diese zu interagieren (vgl. Fan et al. 2019): Die Tau-Monomere lagern sich zunächst zu Dimeren zusammen, folgend entstehen Oligomere und sogenannte gepaarte helikale Filamente (PHFs). Diese aggregieren weiter zu den NFTs (vgl. Tacik 2018, S. 71). Zudem können sich Tau-Aggregate in Dendriten oder Neuriten der Nervenzellen ablagern, diese werden dann als Neuropilfäden (neuropil threads) bezeichnet (vgl. Thal 2018, S. 41). Die Ausbildung der NFTs erfolgt in drei Stadien: Zunächst bilden sich im Zellkörper und den Dendriten der Neuronen die Pretangles aus, die bereits pathologisches Tau enthalten, aber noch nicht weiter aggregiert vorliegen. Sie reifen zu aggregierten Filamenten aus, die sich als flammenförmige (flame-shaped tangles) oder globose Bündel (globose tangles) zeigen; abhängig davon, in welcher Art von Neuron sie sich ausbilden. Diese ausgereiften NFTs verdrängen den Zellkern und weitere Zellkomponenten (vgl. DeTure und Dickson 2019). Bedingt durch die Ablösung des Tau-Proteins von den Mikrotubuli und der Ablagerung von NFTs folgt der Zusammenbruch des Zytoskeletts: die Zelle stirbt ab (vgl. Tacik 2018, S. 71). Nach dem Zelltod verbleiben die aggregierten Tau-Filamente als Ghost tangles im Extrazellulärraum. Hier interagieren sie unter anderem mit Mikroglia, Astrozyten und Aβ-Peptiden. Die gepaarten helikalen Filamente können nicht nur mit pathologischem, sondern auch mit gesundem Tau aggregieren. Es wird vermutet, dass dessen Einnehmen die Verbreitung der Tau-Pathologie im Gehirn befördert (vgl. DeTure und Dickson 2019).

Ausgehend von einer sogenannten Amyloid-Hypothese bildet die Ansammlung von Aβ den Grundstein für die Tau-Pathologie (vgl. Fliessbach und Schneider 2018). Es wird beispielsweise angenommen, dass durch die von Aβ ausgehende erhöhte Kalziumkonzentration im Neuron zu der Phosphorylierung von Tau führt (vgl. Tacik 2018, S. 71). Beobachtet wird zudem, dass sich die Ablagerung von Aβ bereits bis zu 20 Jahre vor den ersten klinischen Merkmalen ausbildet, die Bildung der NFTs jedoch erst später aufkommt. Die Konzentration des Tau-Proteins korreliert dabei mit Schweregrad der Alzheimer-Demenz (vgl. Tacik 2018, S. 76). Studien zeigen aber auch, dass Aβ zwar für das Voranschreiten der Alzheimer-Demenz notwendig ist, jedoch allein nicht für den Verlust von Synapsen und Neuronen ausreicht. Angenommen wird insofern, dass für das Voranschreiten der Alzheimer-Demenz eine Kombination aus Amyloid- und Tau-Pathologie vorliegen muss (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 191–194). Neuritische Plaques stellen hierbei eine direkte Kombination der Pathologien dar (vgl. Thal 2018, S. 41). Weiterhin bedingt die Tau-Pathologie eine erhöhte Expression des APPs, was zu einer gesteigerten Produktion des Aβ führt (vgl. Tacik 2018, S. 71).

1.1.1.3 Neuroinflammation und Oxidativer Stress

Zusätzlich zu den pathologischen Vorgängen von Aβ und Tau-Protein tragen inflammatorische Prozesse zu dem Voranschreiten der Alzheimer-Demenz bei. Gehirne von Alzheimer-Patienten weisen gegenüber denen gesunder Personen erhöhte Mengen aktivierter Mikrogliazellen und Zytokine auf (vgl. McGrattan et al. 2019). Inflammation ist ein wichtiger Prozess innerhalb des angeborenen Immunsystems. Dieses dient unter anderem zum Schutz vor Krankheitserregern und hält die Immunität aufrecht. Besonders auf Gewebsschäden und Infektionen reagiert das Immunsystem mit inflammatorischen Prozessen, wie dem Aussenden von Immunzellen und Zytokinen. Akute Entzündungen dienen der schnellen Beseitigung von Erregern, chronische Entzündungsvorgänge können jedoch zu Gewebsschäden führen (vgl. Castro-Gomez et al. 2019). Finden solche entzündlichen Reaktionen innerhalb des zentralen Nervensystems statt, spricht man von Neuroinflammation. Mikrogliazellen und Astrozyten sind hierbei die Hauptakteure der inflammatorischen Antwort (vgl. Calsolaro und Edison 2016).

Mikrogliazellen sind die Hauptvertreter des angeborenen Immunsystems im zentralen Nervensystem. Ausgehend von ihrem Soma besitzen sie verzweigte Fortsätze, die unter physiologischen Bedingungen Kontakte zu Neuronen, Astrozyten und Blutgefäßen herstellen (vgl. Heneka 2018, S. 80). Sie kontrollieren ihre Umgebung nach pathogenen Strukturen und defekten Neuronen: Sobald sie eine solche Struktur erkennen, wandern sie dorthin und werden aktiv (vgl. DeTure und Dickson 2019). Astrozyten spielen unter anderem eine wichtige Rolle bei dem Erhalt der Blut-Hirn-Schranke und sind an der Aβ-Clearance beteiligt (vgl. Calsolaro und Edison 2016). Sie verbinden Neuronen und Synapsen mit dem Blut, so sind sie für die Nährstoffversorgung dieser verantwortlich. Als Reaktive Astrozyten sind sie Teil der inflammatorischen Antwort und scheinen beschädigte Neuronen zu schützen. In der Umgebung seniler Plaques zeigen sich aktivierte Mikrogliazellen und Astrozyten (vgl. DeTure und Dickson 2019): Durch die Ansammlung von Aβ-Peptiden werden die Mikrogliazellen aktiviert, woraufhin diese pro-inflammatorische Zytokine, beispielsweise IFN-γ, IL-1β oder TNF-α freisetzen und Astrozyten rekrutiert werden. Diese Reaktion ist ein akuter Schutzmechanismus und wird durch sogenannte Specialized Pro-resolving Mediators wieder aufgelöst. Versagt diese Funktion jedoch – was in der Alzheimer-Demenz der Fall ist – und werden die entzündlichen Prozesse chronisch, führen sie zu Schädigungen der Neuronen. Zudem wird hierdurch die Produktion von Aβ gefördert, was in einem Teufelskreis von Aktivierung von Mikroglia und Aβ-Produktion resultiert (vgl. Szczechowiak et al. 2019).

Weiterhin häufen sich Beweise dafür, dass auch periphere Inflammationen zu Inflammationen des zentralen Nervensystems beitragen können (vgl. McGrattan et al. 2019). Folgend auf eine frühere Annahme, dass das Gehirn über die Blut-Hirn-Schranke von der Peripherie getrennt ist, wird mittlerweile angenommen, dass die zwei Systeme sich gegenseitig beeinflussen. Angenommen wird somit, dass auch Inflammationsmarker der Periphere die Aktivierung der Mikroglia und Astrozyten auslösen und so zu neuroinflammatorischen Prozessen führen können. Zudem scheinen Ablagerungen des Aβ in den Blutgefäßen die Integrität der Blut-Hirn-Schranke zu beeinträchtigen, wodurch einige Zytokine direkt ins Gehirn gelangen und dort zu den pathogenen Prozessen beitragen können (vgl. Vasefi et al. 2019). Neben dem Einfluss inflammatorischer Prozesse wird angenommen, dass auch das Vorhandensein von oxidativem Stress für das Voranschreiten der Alzheimer-Demenz verantwortlich ist (vgl. Cremonini et al. 2019). Dieser entsteht, wenn ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und schützenden Substanzen – den Antioxidantien – vorliegt, was dauerhaft zu inflammatorischen Prozessen führen kann. Freie Radikale sind sehr instabile Moleküle, die aufgrund einer hohen Reaktionsfreudigkeit zu Schädigungen der Körperzellen führen können (vgl. Tigges 2020, 120 f.). Durch die Aβ-induzierte Fehlfunktion der Mitochondrien bilden die Hauptakteure des Sauerstoffmetabolismus vermehrt reaktive Sauerstoffverbindungen. In Gehirnen von Alzheimer-Patienten wurden erhöhte Level an oxidativem Stress festgestellt (vgl. Reiss et al. 2018). Dieses Ungleichgewicht schädigt DNA, Proteine und die Neuronen, sodass die Aktivität der Synapsen beeinträchtigt wird und die Zelle abstirbt (vgl. Cremonini et al. 2019).

1.1.2 Genetische Ursachen

Die Pathogenese der Alzheimer-Demenz wird von genetischen Einflüssen angetrieben (vgl. Karaca et al. 2018, S. 86). Hierbei spielen unter anderem die Gene für das APP, die für die Preseniline 1 (PSEN1) und 2 (PSEN2), und die des Apolipoprotein-E (ApoE) eine Rolle (vgl. Bellenguez et al. 2020).

Die Gene für PSEN1 und 2 kodieren für ein Protein, das Teil der γ-Sekretase ist. Eine Mutation in ihnen führt zu einem veränderten Verhältnis der Produktion von Aβ42 und Aβ40 zugunsten des Aβ42 (vgl. Gallardo und Holtzman 2019, S. 190). Auch Mutationen des APPs in der Nähe der Stelle, an der die γ-Sekretase das Vorläuferprotein spaltet, erhöhen das Verhältnis der Aβ42 zu Aβ40 Produktion (vgl. Walter 2018, S. 57). Mutationen dieser drei Gene sind jedoch sehr selten: Ihre Prävalenz wird auf unter 1 % geschätzt. Zudem finden sich diese Mutationen nur in ca. 5 % der EOAD. Patienten mit der LOAD weisen diese Mutationen meist nicht auf (vgl. Karaca et al. 2018, S. 87).

Das ApoE-Gen ist bedeutsam in der Entwicklung der LOAD. Von ihm existieren drei Formen: ApoE-ε2, ApoE-ε3, und ApoE-ε4. Mithilfe von Rezeptoren befördert das Transportprotein Cholesterin von und zu den Neuronen, weiterhin ist es an der Clearance von Aβ beteiligt (vgl. Grøntvedt et al. 2018). Über eine Bindungsfähigkeit an Aβ kann es dazu beitragen, dieses aus dem Gehirn zu beseitigen. Dabei scheint das ApoE-ε4 weniger wirksam zu sein als die Isoformen ε3 und ε2. ApoE-ε3 hat keinen Einfluss auf die Alzheimer-Demenz, ApoE-ε2 weist eine schützende Wirkung diesbezüglich auf (vgl. Karaca et al. 2018, S. 88). Als der größte genetische Risikofaktor für das Aufkommen der LOAD, erhöht das Vorhandensein eines ApoE-ε4-Allels das Risiko zu erkranken um das Dreifache, zwei Allele um ein Acht- bis Zwölffaches (vgl. Grøntvedt et al. 2018). Zusätzlich scheint das Geschlecht eine Rolle zu spielen: Frauen mit ApoE-ε4 zwischen 55 und 70 Jahren zeigen gegenüber Männern ein erhöhtes Risiko für MCI und die Alzheimer-Demenz. Dies könnte mit Veränderungen in der Menopause zusammenhängen (vgl. Pontifex et al. 2018).

1.1.3 Diagnostik

Die Diagnostik der Alzheimer-Demenz hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Ausgehend von einer rein klinischen Diagnose, wurden im Rahmen neuer Forschungskriterien Biomarker als Stütze der Diagnose vorgestellt (vgl. Oedekoven und Dodel 2019). Anhand der Diagnosekriterien des DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders ) und des ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems), kann die Alzheimer-Demenz nur in klinischer Form gestellt werden. Patienten müssen hierzu kognitive Beeinträchtigungen, Defizite in Alltagsaktivitäten und sozialen Funktionen aufweisen. Von dem National Institute in Aging und Alzheimer‘s Association (NIA-AA) und der International Work-Group wurden Forschungskriterien vorgestellt, die durch den Einsatz von Biomarkern eine Frühdiagnostik ermöglichen. Für die Identifizierung von Amyloid- und Tau-Pathologie, als auch für die Erkennung von Neurodegenerationen werden verschiedene Marker eingesetzt (vgl. Fliessbach und Schneider 2018), die sich in zwei Arten unterscheiden: Zum einen können bestimmte Proteine im Liquor bestimmt werden, zum anderen werden Bildgebungstechniken eingesetzt (vgl. Grøntvedt et al. 2018). Mithilfe Letzterer, wie der Magnetresonanztomographie oder der Positronen-Emissions-Tomographie, kann das Vorliegen der Amyloid- und Tau-Pathologien oder einer möglichen Atrophie des Gehirns erkannt werden. Biomarker-gestützte Untersuchungen der Gehirnflüssigkeit können Aufschluss über das Vorhandensein von Aβ und phosphoryliertem Tau-Protein geben (vgl. Fliessbach und Schneider 2018). Von der NIA-AA werden die Amyloid-Plaques, NFTs und neuritische Plaques als relevante Parameter für die Diagnose angesehen. Diese können anhand eines speziellen Scoring-Systems erfasst werden, auf dessen Grundlage der Schweregrad der Alzheimer-Demenz feststellbar ist (vgl. Thal 2018, S. 45). Mithilfe dieser Diagnosemethoden kann eine Alzheimer-Erkrankung bereits in frühen, noch asymptomatischen Stadien erkannt werden (vgl. Fliessbach und Schneider 2018).

1.1.4 Risikofaktoren

Es ist wahrscheinlich, dass zu der Entstehung der Alzheimer-Demenz verschiedene Faktoren der Umwelt, des Lebensstils und der Genetik beitragen. Diese können in nicht-modifizierbare, wie Alter und genetische Disposition, sowie modifizierbare Risikofaktoren unterteilt werden (vgl. Grøntvedt et al. 2018). Neben dem Einfluss des ApoE-ε4-Gens ist zunehmendes Alter der stärkste Risikofaktor für die Alzheimer-Demenz (vgl. Winblad et al. 2016).

Modifizierbare Faktoren des Lebensstils, die mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer in Verbindung stehen sind beispielsweise Rauchen, Depressionen, Bewegungsmangel, ein geringer Bildungsstand und das Fehlen von mentalen und sozialen Aktivitäten (vgl. Rasmussen und Langerman 2019).

Da das derzeitige Wissen über die Alzheimer-Demenz, insbesondere der spät einsetzenden Form, hinsichtlich der Krankheitsentstehung noch immer Mängel aufweist, ist es schwierig Risikofaktoren zu identifizieren (vgl. Edwards Iii et al. 2019). Zwischen demenziellen und vaskulären Erkrankungen sind häufig ähnliche pathologische Mechanismen, oder auch Komorbiditäten zu erkennen (vgl. Gonder et al. 2019). Im World Alzheimer Report von 2014 wurden Einflussfaktoren auf die Alzheimer-Demenz daraufhin beurteilt, ob eine ausreichende Studienlage sowie konsistente Ergebnisse im Zusammenhang mit der Alzheimer-Demenz vorliegen und die Stärke ihrer Evidenz bewertet. Bluthochdruck im mittleren, und Diabetes mellitus im späteren Lebensalter wurden hierbei als starke Risikofaktoren eingestuft (vgl. Luck et al. 2018, S. 129). Auch weitere vaskuläre Risikofaktoren wie Atherosklerose, kardiovaskuläre Erkrankungen und vaskuläre Läsionen, Übergewicht und erhöhte Cholesterinwerte im mittleren Erwachsenenalter gelten als Risikofaktoren für die Alzheimer-Demenz. Zudem stellen ernährungsbedingte Faktoren wie der Verzehr gesättigter Fette, Mängel der Vitamine B6, B12, B9 (Folsäure) und ein erhöhter Homocysteinspiegel Risikofaktoren dar. Ernährungsmuster, die reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, den genannten B-Vitaminen und Antioxidantien sind, stellen hingegen einen Schutzfaktor dar (vgl. Winblad et al. 2016). Weiterhin deuten einige Studien auf erniedrigte Vitamin-D-Spiegel und dem Risiko für die Alzheimer-Demenz hin (vgl. Silva et al. 2019).

Die S3-Leitlinie zu Demenzen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Leitlinie des National Institute for Health and Clinical Exellence, empfehlen das Modifizieren der Risikofaktoren als präventive Maßnahmen (vgl. Kornhuber 2018, 146 f.).

1.2 Krankheitsprävention im Kontext einer gesunden veganen Ernährung

Bei dem Einsatz von Prävention wird angestrebt, die Belastung durch Krankheit in einer Bevölkerung zu reduzieren. So wird versucht, Erkrankungen zu vermeiden, zu verzögern oder die Wahrscheinlichkeit ihres Aufkommens zu verringern (vgl. Robert Koch Institut o. J.). Die Ansätze der Prävention der Alzheimer-Demenz können abhängig von der Erkrankungsphase in drei Stufen unterteilt werden: primäre, sekundäre und tertiäre Prävention (vgl. Kornhuber 2018, S. 139). Solomon et al. (2014) schreiben, dass die primäre Prävention darauf abzielt, Neuerkrankungen zu verhindern, also der Krankheitsentstehung über Maßnahmen vorzubeugen, die die Gesundheit erhalten oder mögliche Krankheitsursachen beheben. Mit der Sekundärprävention wird das Ziel verfolgt, eine aufkommende Erkrankung in einer frühen oder präklinischen Phase aufzuhalten, sodass sich diese nicht manifestiert. Innerhalb der Tertiärprävention versucht man, eine manifestierte Erkrankung so zu modifizieren, dass Komplikationen minimiert, und die Lebensqualität verbessert werden.

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Abbildung 3: Ansätze der Prävention in der Alzheimer-Demenz (Solomon et al. 2014)

Innerhalb der Alzheimer-Demenz gibt es verschiedene Definitionen der Präventionsansätze. Das NIA-AA setzt die Primärprävention hierbei bereits im mittleren Lebensalter, vor ersten Veränderungen im Gehirn an (siehe Abb. 3). Ab dem Vorhandensein pathologischer Veränderungen im Gehirn werden Maßnahmen als sekundärpräventiv definiert und ab dem Einsetzen kognitiver Symptome, noch vor der Diagnose der Demenz, werden Präventionsmaßnahmen als tertiär definiert (vgl. Solomon et al. 2014).

1.2.1 Bedeutung der Ernährungsprävention bei Alzheimer-Demenz

Derzeit werden in der Behandlung der Alzheimer-Demenz vier Wirkstoffe verwendet, deren Einnahme lediglich Symptome unterdrücken können. Das Voranschreiten der Erkrankung können sie jedoch nicht aufhalten. Weiterhin können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, schwere Hypotonie oder Ohnmacht auftreten (vgl. Fan et al. 2019). Anders als die medikamentöse Therapie können andere, nicht-medikamentöse Interventionen, die Krankheitsentstehung potenziell verhindern oder ihren Verlauf verzögern. Ernährung könnte in diesem Zusammenhang eine wichtige präventive Wirkung ausüben (vgl. Muñoz Fernández und Lima Ribeiro 2018). Interventionen, die auf die Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz abzielen, haben nur einen schwachen Effekt auf Menschen, die bereits eine ausgebildete Demenz aufweisen. Positive Wirkungen entfalten sich stärker bei Personen, die kognitiv noch unauffällig sind. Durch den Einsatz der erwähnten Biomarker in der Diagnose besteht die Möglichkeit, Patienten bereits in dieser Phase zu identifizieren (vgl. Serrano-Pozo und Growdon 2019). Da sich durch die Alzheimer-Demenz bedingte Veränderungen im Gehirn bereits bis zu 30 Jahre vor den ersten klinischen Symptomen ausbilden können, bietet diese präsymptomatische Phase Möglichkeiten für den Einsatz präventiver Maßnahmen (vgl. Kornhuber 2018, 136 f.). Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass Menschen mit dem ApoE-ε4-Gen besonders anfällig gegenüber Einflüssen von Risikofaktoren – auch die Ernährung betreffend – sind und präventive Maßnahmen sich auch hier positiv auswirken können (vgl. Luck et al. 2018, S. 135).

1.2.2 Gesunde, vegane Ernährung

Nach Cena und Calder (2020) basieren als gesund geltende Ernährungsformen auf einem hohen Gehalt pflanzlicher Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkorngetreide, Nüssen, Samen und Hülsenfrüchten. Sie weisen einen geringen Anteil tierischer Produkte auf und vermeiden insbesondere fettige und verarbeitete Fleischprodukte. Eine gesunde Ernährung deckt weiterhin den Energiebedarf in Abhängigkeit zu benötigten Makronährstoffen eines Menschen, ohne dabei ein Übermaß an Energie bereitzustellen. Zudem liefert sie ein ausreichendes Maß an Mikronährstoffen und Wasser. Gesunde Ernährungsweisen bevorzugen aufgrund eines höheren Gehaltes an Ballast- und Mikronährstoffen, Vollkorngetreide gegenüber raffiniertem. Sie weisen aufgrund der Zusammensetzung einerseits einen hohen Anteil an Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren, andererseits einen geringen Anteil an gesättigten und trans-Fetten, tierischen Proteinen und raffiniertem Zucker auf (vgl. Cena und Calder 2020). Eine vegane Ernährung beinhaltet dabei ausschließlich pflanzliche und andere Lebensmittel, die nicht tierischen Ursprungs sind. Verzehrt werden weder das Fleisch noch andere tierische Produkte wie Milch, Milchprodukte oder Eier. Weiterhin schließt eine konsequent vegane Ernährung den Verzehr von Honig aus (vgl. Englert und Tölke 2020, S. 15). Der vegane Teller (siehe Abb. 4) zeigt den empfohlenen Anteil der Lebensmittelgruppen am täglichen Gesamtverzehr, von dem Getreideprodukte, Kartoffeln, Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte den größten Anteil ausmachen. Zusätzlich werden geringere Mengen Nüsse und pflanzliche Öle empfohlen. Süßigkeiten und Snacks sollten in sehr geringem Maße verzehrt werden. Zudem sollte Flüssigkeit über energiearme, alkoholfreie Getränke zugeführt und eine ausreichende Versorgung mit B12, Jod, Calcium, und Vitamin D beachtet werden. Dies kann beispielsweise über angereicherte Lebensmittel oder Supplemente erfolgen (vgl. Siebert und Schoppe 2020, 234 f.).

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Abbildung 4: Der vegane Teller (Siebert und Schoppe 2020, S. 234)

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Abbildung 5: Spektrum der Ernährungsweisen (Medawar et al. 2019)

Wie auch eine gesunde vegane Ernährung, beinhalten pflanzenbasierte Ernährungsweisen einen hohen Anteil an pflanzlichen und nicht-tierischen Lebensmitteln. Die Definition pflanzenbasierter Ernährungsmuster variiert jedoch: Sie kann gänzlich vegan sein, schließt aber tierische Lebensmittel nicht unbedingt aus (vgl. Williams und Patel 2017). Eine rein pflanzenbasierte Ernährung kann hierbei als das Ende eines Spektrums gesehen werden, an dessen anderen Ende eine omnivore Ernährung steht, die keine Art tierischer Produkte ausschließt (siehe Abb. 5). Von omnivor zu einer veganen Ernährung liegen vegetarische Ernährungsweisen, die Fisch (pesco-vegetarisch), Eier, Milch- und Milchprodukte (ovo-lacto-vegetarisch) beinhalten können. Je stärker pflanzenbasiert eine Ernährung ist, desto weiter nähert sie sich somit einer veganen (vgl. Medawar et al. 2019). In den meisten Studien wird jegliche Art pflanzlicher Lebensmittel gleichwertig behandelt, daher wurden pflanzliche Lebensmittel in einer Studie von Satija et al. anhand eines Plant-based Index gesunden und ungesunden Indexen zugeordnet. Verarbeitete Lebensmittel wie Säfte, gesüßte Getränke, raffiniertes Getreide, frittierte Kartoffeln und Süßigkeiten wurden hierbei als weniger gesund eingestuft (vgl. Satija et al. 2017). Eine Form der pflanzenbasierten Ernährung, die Whole Foods Plant-based Diet (WFPBD), schließt, nach Karlsen et al. (2019), wie auch eine vegane Ernährung, tierische Produkte aus. Dabei liegt bei der WFPBD ein stärkerer Fokus auf dem Minimieren oder Vermeiden derartig verarbeiteter Lebensmittel als auch Zucker, Ölen und Salz. Der theoretische Vergleich der WFPBD mit den Empfehlungen für eine gesunde Ernährung des U.S. Department of Agriculture (USDA) zeigt, dass eine WFBPD eine höhere Aufnahme von Gemüse, insbesondere grünem Blattgemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Vollkorngetreide und damit einhergehend weniger raffiniertem Getreide beinhaltet. Unter anderem die angenommene Aufnahme von Vitamin E, C, Folat und Ballaststoffen liegt im Rahmen oder über den Empfehlungen. Die WFBPD beinhaltet demnach 70 g Ballaststoffe pro Tag, die Ernährungsempfehlungen des USDA 28 g pro Tag. Hierbei übersteigt eine WFPBD die Empfehlungen für Ballaststoffe bei Männern um 84 % und die für Frauen um 180 %. Die Empfehlungen für Vitamin D und B12 werden ohne Supplemente nicht erreicht (vgl. Karlsen et al. 2019).

2. Einflüsse und Wirkungen einer gesunden veganen Ernährung auf die Alzheimer-Demenz

Anhand der Literaturrecherche in der Datenbank „Pubmed“ konnten drei Studien identifiziert werden, die die Wirkung einer veganen oder pflanzenbasierten Ernährung auf die Alzheimer-Demenz untersucht haben.

2.1 Vegane Ernährung und Alzheimer-Demenz

Innerhalb der Adventist Health Study, einer prospektiven Beobachtungsstudie von Giem et. al (1993), wurde das Risiko von Fleischessern, Vegetariern und Veganern innerhalb der Glaubensgemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten für das Erkranken an einer Demenz untersucht. Hierbei wurde Demenz anhand der zwei häufigsten Formen der Demenz, der Alzheimer-Demenz und der vaskulären Demenz definiert. Im Jahr 1976 erhielten die Probanden einen Fragebogen über ihren Lebensstil, der unter anderem Informationen über aktuelle und frühere Ernährungsgewohnheiten beinhaltete. Von den respondierenden Personen waren 55 % Ovo-Lacto-Vegetarier und 5 % Veganer. Dabei wurden Veganer auch als reine Vegetarier betitelt, wobei für diese Zuordnung bei einem Lebensalter von 65 bis 69 Jahren seit dem Alter von 40 Jahren keine tierischen Produkte mehr verzehrt wurden. Bei Personen in einem Alter von 70 Jahren oder älter, wenn seit dem Alter von 50 Jahren kein solcher Verzehr mehr stattgefunden hat. Gleiche Kriterien galten bei Ovo-Lacto-Vegetariern für den Verzehr von Fleisch, wobei Eier und Milchprodukte Bestandteil der Ernährung blieben. Fleischesser gaben an, Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel, Fisch als auch Meeresfrüchte zu konsumieren. Die Probanden der prospektiven Studie aus dem Bundesstaat Kalifornien wurden in zwei Kohorten aufgeteilt und folgend zwei Substudien durchgeführt. Eine Kohorte bestand aus 272 Probanden mit einem Wohnsitz in Kalifornien, die 68 Quartetten zugeordnet und innerhalb dieser miteinander verglichen wurden. Dabei bestand jedes Quartett aus zwei „heavy meat eaters“ (Fleischesser mit hohem Fleischkonsum), die angaben, mindestens fünfmal in der Woche Fleisch zu konsumierten, einem Vegetarier und einem Veganer. Aufgrund der wenigen reinen Vegetarier in Loma Lindia wurden alle Teilnehmenden in Kalifornien ausgewählt, die 65 Jahre oder älter waren und den Vegetariern und Fleischessern zugeordnet, die in Alter, Geschlecht und Postleitzahl weitestgehend übereinstimmten. Die zweite Kohorte setzte sich aus allen Probanden der Umgebung von Loma Lindia zusammen, die den Fragebogen beantwortet hatten. Diese 2984 Personen wurden jedoch nicht zugeordnet. Zwischen 1977 und 1982 sollten die Probanden alle Krankenhausaufenthalte melden, sodass Mitarbeiter der Studie die Krankenakte auf neurologische und psychiatrische Befunde überprüfen konnten. Dabei wurden Probanden ohne das Vorliegen einer solchen Diagnose als nicht dement eingestuft. Bei Probanden mit einer Diagnose wurde die Krankenhausakte überprüft und eine Einstufung der Person anhand definierter Kriterien in diese Kategorien vorgenommen:

- Keine Demenz erkannt (no dementia noted)
- Mentaler Status unbekannt (mental status unknown)
- Wahrscheinliche Demenz (probable dementia)
- Schwere Demenz (severe dementia)

Als dement eingestufte Probanden wurden anhand definierter Kriterien weiter klassifiziert in:

- Wahrscheinliche senile Demenz des Alzheimer-Typs (probable SDAT)
- Mögliche senile Demenz des Alzheimer-Typs (possible SDAT)
- Wahrscheinliche Multi-Infarkt-Demenz, auch vaskuläre Demenz (probable MDI)
- Demenz aus anderen Gründen (dementia due to other causes)
- Ursache der Demenz unklar (dementia etiology unclear)

Die senile Demenz des Alzheimer-Typs wurde hierbei als identisch zu der Alzheimer-Demenz definiert. Als Auswertungskriterien galten Orientierungslosigkeit und die Diagnose einer Demenz. Probanden, die schon vor 1977 eine „wahrscheinliche Demenz“ aufwiesen, wurden von der Studie ausgeschlossen. Die Ergebnisse der zugeordneten Substudie zeigten keine signifikanten Unterschiede der Inzidenz einer „wahrscheinlichen Demenz“ bei Vegetariern und Veganern, woraufhin diese aus Analyse-Zwecken zusammengelegt wurden. Zwischen Vegetariern und „heavy meat eaters“ konnte ein Unterschied festgestellt werden: „heavy meat eaters“ wiesen ein mehr als zweifach erhöhtes Risiko für eine „wahrscheinliche Demenz“ auf. Zudem konnte festgestellt werden, dass das Risiko hierfür mit steigendem Fleischkonsum anstieg. Gegenüber Probanden die angaben, seit 30 Jahren kein Fleisch mehr gegessen zu haben, wiesen die „heavy meat eaters“ ein 2,99-Faches Risiko auf. In der zweiten, nicht zugeordneten Substudie konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen erkannt werden. Trotzdem zeigte sich in beiden Studien der Trend, dass fleischessende Probanden früher an einer Demenz erkrankten als Vegetarier und Veganer. Als ein Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse wurde herangezogen, dass in der kleineren Substudie nur „heavy meat eaters“, jedoch keine gelegentlichen Fleischesser vertreten waren. In der größeren Substudie könnten demnach Unterschiede der Ernährung zwischen gelegentlichen Fleischessern und Vegetariern geringer ausgefallen sein als zwischen Vegetariern und den „heavy meat eaters“ der zugeordneten Substudie (vgl. Giem et al. 1993).

In einer Studie aus dem Jahr 2020 von Forschern des Department of Psychology and Center for Neuroscience und des Center for Mind and Brain der University of California wurden die Bestandteile einer pflanzenbasierten Ernährung auf die Funktionsfähigkeit der Kognition hin untersucht. Ausgegangen wurde von der Studienlage, dass eine pflanzenbasierte Ernährung durch eine höhere Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren und Ballaststoffe sowie geringeren Mengen gesättigter Fettsäuren und Proteinen ist. Innerhalb der Querschnittstudie wurden Daten der National Health and Nutrition Examination Surveys des National Center for Health Statistics des Center for Disease Control and Prevention verwendet, in denen Querschnittsinformationen über Ernährung und Gesundheit der Bevölkerung gesammelt werden. 2655 Teilnehmer wurden an zwei verschiedenen Tagen zu ihrer Ernährung der letzten 24 Stunden befragt. Anhand dreier kognitiver Tests wurde ihre Leistungsfähigkeit gemessen. In den Ernährungsinterviews wurden hierbei nicht Lebensmittelkomponenten, sondern einzelne Makronährstoffe betrachtet: gesättigte Fettsäuren, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe, Proteine und die Gesamtkalorien. Für jeden Teilnehmer wurde anhand seiner durchschnittlichen Aufnahme dieser Makronährstoffe ein Plant-Based-Score (PBS) berechnet, wobei ein höherer PBS eine stärker pflanzenbasierte Ernährung anzeigte. Anhand linearer Regressionen wurde der Zusammenhang der Testergebnisse mit dem PBS ermittelt. Zudem wurden folgende demographische Variablen, die im Zusammenhang mit Ernährungsfaktoren und kognitiver Funktion stehen, als Kovariablen einbezogen: Alter, Geschlecht, Bildung und Body-Mass-Index (BMI). Hiermit sollte ausgeschlossen werden, dass die Effekte der Ernährung nicht durch andere gesunde oder ungesunde Faktoren verfälscht wurden. Ein höherer PBS konnte mit einer besseren kognitiven Leistung in Verbindung gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der Kovariablen hing ein höherer PBS mit besseren Leistungen in allen drei Tests zusammen. Auch nach Betrachtung zusätzlicher Faktoren wie Rauchen, der Einfluss von Sport und starkem Alkoholkonsum blieben die Effekte bestehen. Es konnte geschlussfolgert werden, dass die Stärke der Befolgung einer pflanzenbasierten Ernährung mit besserer kognitiver Funktion verbunden ist. Weiterhin wurden bei Probanden mit einem höheren PBS verringerte Werte des C-reaktiven Proteins beobachtet. Dieses in der Leber gebildete Akut-Phasen-Protein ist ein Indikator für entzündliche Prozesse im gesamten Körper. Anhand dieses Ergebnisses wurde geschlussfolgert, dass die Stärke des Befolgens einer pflanzenbasierten Ernährung auch mit der Verringerung systemischer Inflammation verbunden ist (vgl. Ramey et al. 2020).

In einer 2016 veröffentlichten Gruppenstudie von Forschern der Fairleigh Dickinson University und der Mount Sinai School of Medicine wurde untersucht, welche Einflüsse Veränderungen der Ernährung und des Lebensstils auf verschiedene neurologische Störungen haben können. Ziel dieser Interventionen war es, den Körper durch verschiedene Maßnahmen zu „entgiften“. Die insgesamt 27 Probanden litten an verschiedenen neurologischen Störungen, einige von ihnen an Gedächtnisproblemen, Demenz oder Alzheimer-Demenz. Über einen Zeitraum von drei Monaten wurden die Teilnehmer wöchentlich über die Interventionen informiert, die sie umsetzen sollten. Insgesamt wurde ein gesunder Lebensstil vorgegeben, der aus einer gesunden Ernährung, dem Verzehr von Säften, Supplementen, Entgiftungsmaßnahmen, Bewegung, Stressreduzierung, Hygiene und Veränderung von Glaubenssätzen bestand. Die Ernährungsintervention bestand hierbei aus einer zu 75 % rohen und zu 25 % gekochten veganen Ernährung, die als „alkalisch“ und „anti-inflammatorisch“ betitelt wurde. Dabei sollten täglich neun bis zwölf Portionen Obst und Gemüse sowie Säfte verzehrt werden. Neben allen tierischen Lebensmitteln wurden auch raffinierte und hochverarbeitete Lebensmittel eliminiert. Weiterhin war unter anderem der Verzehr von Frittiertem und Getoastetem, Koffein, Alkohol und Tafelsalz untersagt. In die Ernährung integriert wurden pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Naturreis, Hirse, Amaranth, Buchweizen, Quinoa und Brot aus gekeimtem Getreide. Zusätzlich zu der Ernährung wurde den Teilnehmern eine Vielzahl an Supplementen empfohlen. Nach Beendigung der Studie erfolgte eine Auswertung von Erfahrungsberichten der Teilnehmer oder deren Angehörigen, in denen über die Veränderungen der Symptome über den Zeitraum der Intervention berichtet wurde. Es lagen zwei Berichte von demenziellen Personen und ein Bericht einer Alzheimer-Patientin vor, in denen jeweils Angehörige über Veränderungen der betroffenen Personen berichteten. In denen der Patienten mit Demenz wurde berichtet, dass Verbesserungen im Kurzzeitgedächtnis und im Sprachfluss zu erkennen waren. Es wurde erwähnt, dass eine Person in frühem Demenzstadium wieder aufmerksamer wurde, ihre Medikamente reduzieren konnte und eine insgesamte Veränderung in der Persönlichkeit aufwies. Weiterhin, dass eine Art Plateau erreicht und gehalten werden konnte. Die an der Alzheimer-Demenz erkrankte Person war eine vor sieben Jahren diagnostizierte, 86-jährige Frau, die laut Angaben der Angehörigen ein sehr schlechtes Kurzzeitgedächtnis aufwies und die meiste Zeit schlief. Es wurde berichtet, dass sie durch die Interventionen wieder sehr agil und lebendig wurde und an Gewicht verlor (vgl. Null et al. 2017).

2.2 Weitere pflanzenbasierte Ernährungsmuster

Weitere Ernährungsweisen, die in Verbindung zur Prävention der Alzheimer-Demenz gebracht werden, sind die Mediterranean Diet (MeDi), die Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) und die Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay (MIND) (vgl. Cremonini et al. 2019). Diese drei Ernährungsformen sind zwar nicht vegan, basieren aber auf einem hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel und weisen aufgrund ihrer Zusammensetzung hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen auf. Dabei scheinen solche Ernährungsmuster das Gehirn zu schützen, indem sie metabolische Risikofaktoren beeinflussen, sich aber auch positiv auf inflammatorische Prozesse und oxidativen Stress auswirken (vgl. Rajaram et al. 2019).

[...]

Fin de l'extrait de 86 pages

Résumé des informations

Titre
Präventionspotenziale einer veganen Ernährung bei Alzheimer-Demenz. Alzheimer-relevante Nährstoffe in der veganen Ernährung
Université
University of Applied Sciences Münster
Note
1,0
Auteur
Année
2021
Pages
86
N° de catalogue
V1008415
ISBN (ebook)
9783346396655
ISBN (Livre)
9783346396662
Langue
allemand
Mots clés
vegane Ernährung, pflanzenbasierte Ernährung, Alzheimer-Demenz, Demenz, Prävention, modifizierbare Risikofaktoren
Citation du texte
Marie Lindebaum (Auteur), 2021, Präventionspotenziale einer veganen Ernährung bei Alzheimer-Demenz. Alzheimer-relevante Nährstoffe in der veganen Ernährung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1008415

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