Peter Bichsel - Holzwolle: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist das zentrale Thema von Peter Bichsels "Holzwolle"?
Die Kurzgeschichte "Holzwolle" von Peter Bichsel behandelt den Kontrast zwischen der kindlichen Fantasie und der oberflächlichen Realität des Erwachsenenlebens. Der Verlust der kindlichen Unschuld und der damit verbundene Bruch mit der Vergangenheit werden anhand der Erinnerung an einen aufgeschnittenen Teddybären und den damit verbundenen Assoziationen veranschaulicht.
Wie ist die Geschichte strukturiert?
Die Geschichte gliedert sich in zwei Hauptteile: den ersten Teil, der den langweiligen Ablauf eines Diavortrags beschreibt, und den zweiten Teil, der die Kindheitserinnerungen des Erzählers an seinen Teddybären und die Entdeckung der Holzwolle in dessen Innerem präsentiert. Der Wechsel der Erzählperspektive (vom auktorialen zum personalen Erzähler) unterstreicht diesen Strukturwechsel.
Welche Rolle spielt die Holzwolle in der Geschichte?
Die Holzwolle symbolisiert den Bruch zwischen der kindlichen Phantasie und der erwachsenen Realität. Die Entdeckung der Holzwolle im Teddybären markiert den Moment der Desillusionierung und des Verlustes der kindlichen Zauberwelt. Die Assoziation von Holzwolle mit Glaswaren unterstreicht die Zerbrechlichkeit der kindlichen Fantasie.
Wie wird die Sprache in der Geschichte eingesetzt?
Die Sprache spiegelt die Thematik wider. Die monotone und wiederholende Sprache im ersten Teil (Diavortrag) steht im Kontrast zu den lebendigeren und emotionaleren Beschreibungen der Kindheitserinnerungen. Die Verwendung des unpersönlichen Pronomens "man" im zweiten Teil deutet auf eine Distanz des Erzählers zu seinen eigenen Erinnerungen hin. Der Kontrast zwischen Präsens und Imperfekt betont den Unterschied zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart.
Welche Bedeutung haben die verschiedenen Erzählperspektiven?
Der Wechsel zwischen der auktorialen Erzählperspektive im ersten Teil (Beschreibung des Diavortrags) und der personalen Erzählperspektive im zweiten Teil (Kindheitserinnerungen) unterstreicht den Unterschied zwischen der objektiven Beobachtung der Erwachsenenwelt und der subjektiven Erfahrung der Kindheit. Die Distanzierung durch die Verwendung von "man" im zweiten Teil verstärkt die Reflexion über die verlorene Kindheit.
Wie wird der Gegensatz zwischen Kindheit und Erwachsensein dargestellt?
Der Gegensatz wird durch den Vergleich zwischen dem lebendigen und fantasievollen Umgang mit dem Teddybären in der Kindheit und der Langeweile und Oberflächlichkeit des Diavortrags im Erwachsenenleben verdeutlicht. Die Detailliertheit der Beschreibung der Kindheitserinnerungen steht im Kontrast zur oberflächlichen Darstellung des Erwachsenenlebens. Der materielle Wert der Gegenstände (Teddybär vs. Kamera und Projektor) unterstreicht diesen Unterschied ebenfalls.
Welche Schlussfolgerung zieht der Erzähler?
Der Erzähler erkennt den endgültigen Verlust seiner kindlichen Phantasie und die Unmöglichkeit, diese Erfahrung zukünftigen Generationen zu vermitteln. Die Veränderung der Teddybärenproduktion (ohne Holzwolle) symbolisiert den irreversiblen Verlust der kindlichen Welt und die damit einhergehende Einsamkeit und Desillusionierung des Erzählers.
Welche Rolle spielt die Überschrift "Holzwolle"?
Die Überschrift "Holzwolle" ist vielsagend, da sie nicht den offensichtlicheren Aspekt (Teddybär oder Diavortrag) aufgreift, sondern das symbolische Element, welches den zentralen Konflikt der Geschichte repräsentiert: den Verlust der kindlichen Phantasie und den Bruch mit der Vergangenheit, der durch die Entdeckung der Holzwolle im Teddybären ausgelöst wird.
Peter Bichsel - Holzwolle
Die Geschichte Holzwolle von Peter Bichsel erzählt von einer Person die bei einem Diavortrag in Kindheitserinnerungen versinkt.
Während Bekannte von ihr Bilder aus ihren Urlauben präsentieren, erinnert sie sich an ihren Teddybär, den sie einmal aufgeschnitten und dabei festgestellt hat, dass in ihm nur Holzwolle ist.
Im eigentlichen Sinn thematisiert die Kurzgeschichte die langweilige Welt der Erwachsenen und kehrt zu dem Zeitpunkt zurück, der den Bruch mit der Kindheit und „Erwachsen sein“ verursachte.
Die Kurzgeschichte läßt sich im wesentlichen in zwei Teile unterteilen.
Der erste beschäftigt sich mit der Vorbereitung des Diavortrags und dessen Ablauf(Z.1 - 29), und der zweite präsentiert die Erinnerungen an die Kindheit. (Z.30 - 60)
Die Kindheitserinnerungen setzten ein mit einem Wechsel der Erzählperspektive. Während die Beschreibung des Diavortrags von einem auktorialen Standpunkt aus gehalten wird, wird im zweite Teil der personale Erzähler, der Erinnerungen aus seiner Kindheit preisgibt, verwendet. Auffällig ist, dass, obwohl es sich offensichtlich um Aussagen über die eigene Kindheit handelt, kein persönlicher hergestellt, sondern durchweg das unpersönliche Pronomen „man“ verwendet wird. (Z. 33 - 34, „Als man ihm den Bauch aufschnitt...“) Dies läßt auf eine Distanz zwischen Erzähler und Geschehenem schließen.
Im Kontrast dazu steht ein kurzer Abschnitt mit wörtlicher Rede, dem jedoch nur ein eindeutiger Sprecher zugeordnet ist. Bei genauerem Lesen zeigt sich, dass es sich um ein Gespräch zwischen Mutter und dem Erzähler als kleines Kind handelt, die im Bewußtsein des Erzählers auftaucht. (Z. 34 - 36 „... sagte die Mutter: ,Jetzt ist er kaputt.‘ ,Es ist etwas darin.‘ ,Das ist nur Holzwolle.‘ “) Dieser Gesprächsausschnitt ist der Ausgangspunkt für den weiteren Verlauf der Erinnerung. Nachdem die Hauptperson, „man“ (Z.33), ihrem Teddybär den Bauch aufgeschnitten hat, erklärt die Mutter ihr den Inhalt; die Holzwolle. Im Kopf des unverständigen kleinen Kindes entsteht folgendes Bild: „Holzwolle entsteht in den Bären, in geschlachtete Bären verpackt man Glaswaren.“ (Z.36 /37) dieses Unverständnis führt zur heutigen Assoziation des Protagonisten von Teddybären mit Glaswaren. (Z. 39/40 „erst Jahre später..., und oft in Glaswarenhandlungen bereut man den Mord.“) was er als kleines Kind nicht verstand, ist ihm heute klar: die Desillusionierung des Teddys führt zu einem entscheidenden Einschnitt in sein Leben: Der Teddy hat für ihn an Wert verloren(Z.42 „heute sind die Teddybären viel kleiner.“) wogegen er früher etwas Wertvolles, Geheimnisvolles besaß.(Z.42 - 44; „Sie waren groß und gelb, und sie hatten etwas, das man in der Holzwolle suchte.“)
Dieser unterschied wird betont durch den direkten Gegensatz zwischen Präsens und Imperfekt. Die positive Erinnerung an die unabänderliche Vergangenheit wird eingerahmt durch das ernüchternde Präsens. (Z.45 ; „Jetzt ist er kaputt.")Trotz dieses Einschnitts ist dem Protagonisten ein Stück seiner kindlichen Phantasie geblieben. Er sieht die Wertähnlichkeit zwischen Teddybär und Schneemann. (Z.46, „in Schneemännern muß es auch etwas haben.“) er zeigt jedoch mit der Erkenntnis eines Erwachsenen deutlich, dass die Suche danach vergeblich ist, da sonst der „Schneemann keiner mehr [ist]“ und seinen Zauber verloren hat. (z. 46 - 48)
Die Auswahl des Wortes „Schnee“ unterstützt hierbei den Gedanken der Vergänglichkeit.
Die Schlusserkenntnis über die andere Herstellung von Teddybären symbolisiert den entgültigen Abschluß mit seiner Vergangenheit. (Z. 56 - 58; „Heute machen sie Teddybären ohne Holzwolle. Bald werden die Glaswaren in Besseres verpackt.") Durch die Neuerung in der Herstellung und dem Verpacken von Glaswaren wird ihm bald die Assoziationsmöglichkeit zu seiner Kindheit fehlen. Das Wort „Glaswaren“ hat eine doppelte Bedeutung: neben der Assoziation zu den Teddybären symbolisiert es gleichzeitig die zerbrechlichen und schutzbedürftigen Kinderphantasien.
Nach der ernüchternden Feststellung, dass keine weiteren Kindergenerationen diese Erfahrungen und Assoziation mehr mit ihm teilen werden, was sprachlich von einem eindeutigen „niemand“ bestärkt wird (Z. 59 - 61; „niemand wird dann Teddybären sezieren, in der Holzwolle wühlen und die Finger in ihre Wärme tauchen, niemand:“) kehren seine Gedanken zurück in die Realität. (Z. 62; „und jetzt noch einige Bilder von Madelaine.“)
Auffällig ist der Realitätsbschnitt von Anfang an durch eine Art Aufzählungscharakter gekennzeichnet ist. (Z. 1, „Nun zeigte er...“, Z.7, „dann holte er...“, Z.10 „Dann schob er...“, Z.17/18, „Dann stellte man...“) Dies symbolisiert die Langeweile der Situation. Man erkennt, dass die Gäste keine Begeisterung entwickeln, sondern den Mann nur gewähren lassen. („die Gäste schienen damit einverstanden.“,Z.1/2) Im Kontrast hierzu steht das Ehepaar, welches von der Idee des Vortrags sichtlich begeistert zu sein scheint. („...er [erklärte] den Herrn die Vorzüge seiner Kamera und sie schwärmte vom Meer.“,Z.5 - 7) Sprachlich manifestiert sich dies durch die Tatsache, dass rund um dieses Zitat mit dem Passiv ( „Während die Polstergruppe umgeordnet wurde“, Z. 4/5) oder dem unpersönlichen Pronomen „man“( „...dann suchte man noch“, Z.15) gearbeitet wird, was das Ehepaar in seiner Aktivität aus der Menge herausstechen läßt.
Mit dem Übergang zum eigentlichen Vortrag tritt jedoch wider erwarten keine Handlung ein. Die Monotonie wird durch gleichbleibend kurze Satzkonstruktionen erhalten. (Z.22 - 25, „Madelaine lacht und behauptet, sie sehe schrecklich aus auf den Bildern. Dann stellt man fest, daß die da romanisch und die vordere gotisch sei.“) Anstelle von wörtlicher Rede ist hier indirekte Rede gesetzt die ihrerseits die Eintönigkeit unterstützt.
Hinzu treten eindeutige Äußerungen, wie „Dann sind es immer dieselben Bilder“ (Z.18) und „...alle Lichtbilder sehen gleich aus“ (Z.25/26), die auf eine häufige Wiederholung dieser Vorträge schließen läßt. Entscheidend ist aber der Tempuswechsel, mit dem der Vortrag einsetzt.(Z.18) Der Autor wechselt ins Präsens, was hier für eine Allgemeingültigkeit und Zeitlosigkeit des Geschehens steht. (Z.18 - 20, „Sehr blauer Himmel, Wolken wie Wattebäusche und hier noch einige Aufnahmen mit Madelaine.) Der „Zuschauer“, auf der Suche nach einer Beschäftigung, beginnt wie typisch für Erwachsene, das Gesehene zu deuten und zu analysieren, (Z.23 - 25 „Dann stellt man fest, dass die eine romanisch die vordere gotisch sei.“) hofft aber dennoch auf ein baldiges Ende. (Z. 27/28, „Nach der Vorführung wird einen das Licht blenden.“)
Auffällig ist, dass es sich bei diesem Beisammensein ebenfalls um Erinnerungen handelt (“Immer eine schöne Erinnerung“, Z.3/4) jedoch mit wesentlich weniger Ausdruck beschrieben werden als die Kindheitserinnerungen der personalen Erzählers. (vgl. Z.42 - 44, „Sie waren groß und gelb, und hatten etwas, das man in der Holzwolle suchte.“) Der Aufwand mit dem sie betrieben werden ist dagegen jedoch wesentlich höher. (Z.4 - 17, „... die Polstergruppe umgeordnet, ein Verlängerungskabel war notwendig,...“) Hinzu tritt der unterschiedliche materielle wert eines Teddybären und einer Kamera samt Projektor. Im Kontrast dazu steht der unterschiedliche Umgang mit den Erinnerungen: wo auf der einen Seite mit Wehmut der Veränderung gedacht wird (Z. 45, „Jetzt ist er kaputt.“), erwecken die Bilder nur bloße Gleichgültigkeit bis hin zur Langeweile. (Z.18, „Dann immer wieder dieselben Bilder.“) Hinzu tritt die Tatsache, dass diese Erinnerung nicht ihrem eigenen Zweck der Erinnerung, sondern zur Belustigung anderer auf einer größeren Veranstaltung dienen. Sie sind bloße Bestätigung für das Ehepaar.
Dies zeigt den Unterschied zwischen Kindheit und Erwachsensein und die Intention des Autors: der Enthusiasmus, die Phantasie und die Freude der Kinder an einfachen Dingen ist mit der Erkenntnis der Wirklichkeit, dem Erforschen des Inneren des Teddys, verlorengegangen und hinterläßt eine oberflächliche, desillusionierte Erwachsenenwelt, die trotz bzw. gerade wegen ihrer vielen „Forschungsarbeiten“ unglücklich und unzufrieden ist. In diesem Zusammenhang läßt sich auch die Überschrift deuten. Bichsel wählt hier nicht den Teddybären und auch nicht den Diavortrag, sondern die Holzwolle als den entscheidenden Bruch zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt.
- Arbeit zitieren
- Maike H. (Autor:in), 2001, Bichsel, Peter - Holzwolle #, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100844