Die österreichische Politik im Schatten des Nahostterrorismus und der OPEC-Geiselnahme 1975.

Welche Debatten ergaben sich, aufgrund der Handhabung Bruno Kreiskys mit dem Nahostterrorismus?


Akademische Arbeit, 2018

26 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Nahostterrorismus in Österreich- Anschlag auf den Grenzbahnhof Marchegg 1973

3. Das OPEC Geiseldrama 1975
3.1. Forderungen der Terroristen
3.2. Verhandlungen
3.3. Der weitere Verlauf

4. Die parlamentarischen Debatten nach dem OPEC-Überfall
4.1. Die innenpolitischen Debatten
4.2. Innerparlamentarische Debatte zu den Sicherheitsbestimmungen
4.2.1. Gegendarstellung der OPEC gegenüber den Sicherheitsvorkehrungen
4.3. Debatte über die Verhandlungsstrategie Bruno Kreiskys
4.4. Debatte über die Auslieferung der Terroristen
4.5. Debatte über den Verbleib der OPEC in Wien

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit beschäftige ich mich mit der österreichischen politischen Handhabung, unter der Führung Bruno Kreiskys, in Bezug auf den Nahostterrorismus. Sowohl als österreichischer Außenminister als auch als Bundeskanzler, bildete der Nahostkonflikt ein persönliches Anliegen Kreiskys. Seine Friedensbemühungen in diesem Bereich verhalfen ihm unter anderem zu internationaler Bekanntheit im weltpolitischen Geschehen.

Obwohl dieser eine Vermittlerrolle im Rahmen seiner Aktivität im Nahen Osten innehatte, bezog er gegenüber der westlichen Politik eine klare Position. Er pochte auf eine Aufwertung der PLO und sprach sich in diesem Zusammenhang klar gegen eine pro-israelische, pro-amerikanische Politik aus. Somit übernahm Kreisky eine Pionierrolle im Weltgeschehen und überwand gleichzeitig dazu den Eurozentrismus sowie den Transatlantismus.1

Trotz seiner liberalen Friedensarbeit, bei der Kreisky eine idealistische Vision verfolgte, die maßgeblich zu guten Beziehungen zwischen Österreich und der arabischen Welt führte, blieb Österreich in seiner Zeit als Kanzler, nicht vor Anschlägen des Nahostterrorismus verschont.

Anhand der zwei wohl „prominentesten“ Anschläge, nämlich dem Geiseldrama von Marchegg 1973 sowie insbesondere dem Attentat auf die OPEC in Wien 1975, werde ich veranschaulichen, wie die österreichische Politik dem, damals neuen Phänomen, des internationalen Nahostterrorismus begegnete. Vor allem die parlamentarischen Debatten, die sich als Reaktion auf den OPEC-Überfall ergaben, erörtere ich anhand des stenographischen Parlamentsprotokolls vom 27. Jänner 1976, das direkte Einblicke in die innenpolitischen Positionierungen gewährt.

Abschließend ziehe ich ein Fazit indem ich zusammenfasse welche oppositionellen Reaktionen die Vorfälle, um Schönau und die OPEC, mit sich zogen, bzw. gehe darauf ein, welche konkreten Konsequenzen aus den Angriffen erfolgten.

2. Nahostterrorismus in Österreich- Anschlag auf den Grenzbahnhof Marchegg 1973

Am 28. September 1973 kam es am Grenzbahnhof Marchegg zu einem Geiseldrama, das von Anhängern der Gruppierung, Adler der palästinensischen Organisation, verübt wurde.2 Als die Terroreinheit den Angriff verübte, zeigte sich die österreichische Regierung wenig überrascht.3 Der damalige SPÖ Innenminister, Erwin Lanc, betonte in einem Interview: „Aus dem einfachen Grund, weil für sie (die Palästinenser, Anm. des Verfassers) Österreich insofern ein rotes Tuch war, als über eine Viertelmillion sowjetischer Juden emigriert und der Großteil nach Israel gegangen ist. Daher wurde dieser Strom von jüdischen Sowjetemigranten über Österreich als Stärkung der Position Israels im Bereich der Bevölkerungszahl angesehen.“ 4 Durch die hohe Anzahl an Juden, die über Österreich nach Israel emigrierten, war das Lager seit einiger Zeit zum potentiellen Ziel palästinensischer Terroristen geworden. Mit der Zeit entwickelte sich Schönau zum Sinnbild der jüdischen Auswanderung, das auch hochrangige israelische Staatsleute zeitweise besuchten. Mit dem stetigen Anstieg des Bekanntheitsgrades, erhöhte sich gleichermaßen das Sicherheitsrisiko der Einrichtung.5

Allgemein ist zu erwähnen, dass im befindlichen Zeitraum des Geiseldramas, mehrere Schauplätze in Westeuropa ins Fadenkreuz des internationalen Terrors gerieten. Vor allem in Ländern wie Frankreich, der BRD, Italien oder Großbritannien kam es zu zahlreichen Anschlägen, meist richteten sich diese gegen jüdische Einrichtungen oder Personen.6

Am besagten Tag des Attentats überfielen arabische Terroristen am Grenzbahnhof von Marchegg einen Schnellzug der ÖBB, worin sich überwiegend jüdische Auswanderer aus der Sowjetunion befanden, die auf dem Weg ins Transitlager Schönau waren.7 Insgesamt nahmen die Attentäter, drei jüdische Emigranten sowie einen österreichischen Zöllner in Gewahrsam. Für deren Freilassung, forderten die Terroristen einerseits, die Schließung des Lagers Schönau, andererseits die sofortige Beendigung der Transitrolle Österreichs. Kreisky erreichte in direkten Verhandlungen mit den Tätern, die schlussendliche Freilassung der Geiseln, im Gegenzug dazu gab er den Terroristen die Zusicherung ihres freien Abfluges und der Schließung des, von der Jewish Agency geführten, Transitlagers Schönau.8 Der Bundeskanzler pochte darauf, die Geiseln noch auf österreichischem Boden freizulassen.

Im Vergleich zum Attentat auf die OPEC (1975), bei dem die Terroristen mit den Geiseln nach Algier ausgeflogen wurden, wirkte eine Äußerung, während der Parlamentsrede 1973, in jener Kreisky Stellung zu den Schönauer Vorfällen bezog, mehr als widersprüchlich. „Hätte also die österreichische Bundesregierung den Terroristen das Ausfliegen mit den Geiseln gestattet, dann hätte sie dadurch am Verbrechen des Menschenraubs mitgewirkt.“9

Jedenfalls begründete er seine offizielle Entscheidung, um Schönau, mit humanitären Motiven, in denen das Leben der Geiseln im Mittelpunkt stand.

Im Beschlussprotokoll verlautbarte die Bundesregierung: „Die Bundesregierung hat in einem am 28.September 1973 stattgefundenen außerordentlichen Ministerrat beschlossen, in Anbetracht des Umstandes, daß die Sicherheit der aus der Sowjetunion in Gruppen nach Israel auswandernden Sowjetbürger bei ihrer Durchreise durch Österreich gefährdet ist, in Zukunft die bisher gewährten Erleichterungen, wie die Unterbringung im Lager Schönau, einzustellen.“ 10 Mit der Schließung Schönaus beabsichtigte Kreisky keineswegs das Ende der Transitfunktion für ausreisewillige Juden, sondern lediglich eine Modifizierung. Ein neues Transitlager wurde in Wöllersdorf eröffnet, allerdings wurde es diesmal vom Roten Kreuz und nicht von der Jewish Agency betreut.11

Auf die Frage, weshalb er eine rasche Schließung des Lagers vorantrieb, meinte der Kanzler: „Wenn man Juden retten will, muss man bei denen anfangen, die aktuell bedroht sind!“12

Rückblickend geht aus seinen Memoiren erläuternd hervor, dass er die Tätigkeit der Jewish Agency als zionistisch ansah und ihr Auftreten als zunehmend bedrohlich empfand. Er hatte das Gefühl, die jüdische Organisation, würde exterritorialen Anspruch auf das Gebiet um Schönau erheben. Außerdem bekrittelte er, dass den jüdischen Emigranten kein alternatives Ausreiseziel, neben Israel, zur Verfügung stand.13

Kurz nach dem Geiseldrama entbrannten heftigste internationale sowie nationale Debatten. Ausgehend von der Grundfrage, ob eine westliche Regierung auf die Forderungen von Terroristen eingehen sollte bzw. ihnen gar nachgeben dürfe, gingen nicht nur in Israel die Wogen hoch.14

In der Knesseth wurden Stimmen laut, die sogar den Abbruch diplomatischer Beziehungen zu Österreich forderten.15 Auch die Vereinigten Staaten kritisierten das österreichische Vorgehen aufs Schärfste. Der damalige Präsident, Richard Nixon, versuchte vergeblich den Bundeskanzler an der Schließung des Lagers Schönau umzustimmen, doch seine Interventionen änderten nichts an Kreiskys Entscheidung.16

Bis in den November hinein blieb das Thema Gegenstand der internationalen Medien. Neben den schärfsten Kritikern aus den USA und Israel, erntete Kreisky herbe Kritik aus den Niederlanden, die pro-israelisch ausgerichtet waren, und die von nun an den Transit sowjetischer Juden, über die niederländische Botschaft, in Moskau organisierten. Befürworter fand Österreich bei den arabischen Staaten, sowie Schweden, unter der Führung des Sozialisten, Olof Palmes. Dieser war seit jeher Kreiskys enger Vertrauter und forcierte ebenso wie dieser einen palästinafreundlichen Kurs. Innenpolitisch erfuhr Kreisky vor allem von der Volkspartei starken Gegenwind. Seitens der bürgerlichen Presse wurde ihm der Vorwurf zuteil, er schade mit seinem Vorgehen dem Ruf Österreichs auf internationaler Ebene.17 ÖVP Politiker, Karl Schleinzer, sprach in diesem Zusammenhang von einem schweren Reputationsverlust für Österreich: „Zwei Terroristen als politische Vertragspartner einer Regierung- sowas hat es noch nicht gegeben. Ich weiß nicht, ob sich der Bundeskanzler der Tragweite der Entscheidung dieser Regierung bewußt ist, und ob er sich im klaren [sic!] ist, welcher Schaden uns außenpolitisch mit dieser Handlung der Regierung zugefügt wurde.“18

Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Bevölkerung mehrheitlich hinter Kreiskys Entscheidung stand. Umfragen haben ergeben, dass der überwiegende Teil der Österreicher, das Vorgehen der Regierung unterstützte. Besonders Organisationen der eigenen Partei stärkten ihm den Rücken.19

Mit der konsequenten Vorgehensweise, bei der die Regierung dem starken außenpolitischen Gegenwind trotzte, demonstrierte die Alpenrepublik ihre 1955 wiedergewonnene Souveränität.20

3. Das OPEC Geiseldrama 1975

Rund zwei Jahre nach dem Geiseldrama von Marchegg, ereignete sich 1975 ein weiteres folgenschweres Attentat. Am 21. Dezember 1975 stürmten Mitglieder eines sechsköpfigen Terror-Kommandos, kurz vor zwölf Uhr mittags, eine Konferenz, der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), in Wien, als gerade über die zukünftige Preisgestaltung des Öls debattiert wurde. Das Kommando unter der Führung des Venezolaners, Ilich Ramirez Sanchez, alias "Carlos" nahm über 60 Personen, darunter elf Minister, als Geiseln gefangen. Erstmals war es Geiselnehmern gelungen Minister in ihre Gewalt zu bringen.21 Die Konferenz entfachte ein großes Medieninteresse, rund 30 Journalisten befanden sich vor Ort. Jedoch waren die Sicherheitsvorkehrungen ausgesprochen lax, lediglich zwei Polizeibeamte sorgten bei der Konferenz für Sicherheit. Laut dem damaligen wiener Polizeichef, Ernst Wallaschek, hatte man schlicht nicht damit gerechnet, dass die Konferenz Ziel eines Überfalls werden könnte.22

Als die Terrorgruppe das Gebäude betrat, wurde diese vom zuständigen Polizisten weder kontrolliert noch fand eine Ausweisungsaufforderung statt. Der zuständige Beamte äußerte sich in einem Folgeinterview: „Die Herrschaften haben freundlich gegrüßt, ich glaube sie haben Grüß Gott gesagt […] ich hatte keinen Auftrag, die Leute zu kontrollieren.“23 Im Nachhinein bemängelten, sowohl die Medien, als auch Kreiskys politische Kontrahenten, die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen der abgehaltenen Konferenz. Vor allem die OPEC-Minister, waren zwischenzeitlich erpicht darauf, die Ministertreffen, nach dem Vorfall aus Österreich auszulagern.

Den Eindringlingen gelang es schließlich die Räumlichkeiten, innerhalb einer halben Stunde, unter ihre Kontrolle zu bringen und dabei 62 Personen, darunter elf Erdölminister, in Geiselhaft zu nehmen. Das Vorgehen der Terroristen hatte einen blutigen Ausgang. Ein österreichischer Staatspolizist, ein Leibwächter des irakischen Erdölministers, sowie ein libysches Delegationsmitglied kamen bei den Vorfällen ums Leben.24 Kurze Zeit später traf das Einsatzkommando der Bundespolizei unmittelbar vor dem Gebäude ein. Die Einheit war zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den genauen Tatbestand in Kenntnis gesetzt worden.25

Das Einsatzkommando -kurz EKO - setzte sich aus acht Beamten zusammen, die entsprechend mit Stahlhelmen, Maschinenpistolen und lediglich zwei schusssicheren Westen ausgestatten waren. Das EKO, war auf moderne Bedrohungen wie Geiselnahmen von Terroristen nicht vorbereitet. „Eine entsprechende Schulung […] hat es nicht gegeben“, erklärte der damalige Einsatzleiter Wallaschek rückblickend. Die Konfrontation mit einem paramilitärisch ausgebildeten und gut bewaffneten Gegner stellte sich für die Beamten als schwieriges Unterfangen heraus, da sie im Rahmen ihrer Ausbildung nicht ausreichend vorbereitet worden sind, auch die Ausrüstung bot ihnen wenig Schutz. „Die Alarmabteilung hat insgesamt acht Schutzwesten gehabt. […] Handfunkgeräte hat es nicht gegeben.“26

Als die Polizei das Gebäude stürmte, kam es zu einem Feuergefecht zwischen Terroristen und Beamten. Bei den jeweiligen Schusswechseln wurde, sowohl einer der Terroristen, namens, Klein, als auch ein Polizeibeamter schwer verletzt.27

3.1. Forderungen der Terroristen

Nachdem das Feuergefecht eingestellt war, entsandten die Terroristen einzelne Geiseln nach draußen, um den österreichischen Behörden ihre Forderungen zu übermitteln. Kreisky befand sich zur Zeit des Attentats in Vorarlberg auf Urlaub. Als dieser von den Geschehnissen erfuhr, machte er sich gleich auf den Weg zurück nach Wien, um vor Ort die Vermittlungen aufzunehmen.28

Die Terrorgruppe, Arm der arabischen Revolution, verlangte die Verlesung eines siebenseitigen Kommuniqués in französischer Sprache, im öffentlichen Rundfunk. Andernfalls drohte man als Konsequenz, die Geiseln im Viertelstundentakt zu ermorden.29 Im Text forderten die Attentäter, seitens der arabischen Welt keine Verhandlungen mit Israel zu führen. Sämtliche Kompromisse oder politischen Pläne für eine diplomatische Lösung wurden kategorisch abgelehnt.30 Des Weiteren ordneten sie die Bereitstellung eines Busses für den nächsten Morgen an, der die Terroristen, samt ihren Geiseln, sicher zum Flughafen bringen sollte. Im Anschluss erwarteten sie sich eine Maschine samt Crew vorzufinden, die sie in ein arabisches Land ausfliegen sollte.31

3.2. Verhandlungen

Bevor Kreisky in Wien eintraf, wurde ein außerordentlicher Ministerrat von der Bundesregierung einberufen.32 Nach seiner Ankunft übernahm er augenblicklich die Verhandlungsführung. Der Bundeskanzler, der seinen Flug vorab für strategische Überlegungen genutzt hatte, wies seinen Mitarbeiterstab auf die „exterritoriale Unverletzlichkeit“ der OPEC hin. Laut Bundesgesetz musste bei allen Maßnahmen Rücksicht auf die privilegierte Stellung der OPEC genommen werden. Die OPEC war eine exterritoriale Organisation, somit unterstand ihre Handhabung den obersten Organen. Dieser Umstand wurde während der Geiselnahme zum Hauptangelpunkt der gesamten Strategie des Bundeskanzlers.33 Durch die Einbeziehung der Botschafter, schaffte man es die Geiselkrise zu internationalisieren, um die Verantwortung für das Leben der Geiseln möglichst breit auszulagern. Österreich sollte der Druck für die Entscheidungsfindung abgenommen werden, es galt sich abzusichern.34 Kreisky betonte: „Ich möchte […] jetzt schon sagen, dass es für mich klar ist, dass morgen früh alle ausgeflogen werden. Eine andere Lösung hat überhaupt keinen Sinn. […] Das sind außergewöhnliche Umstände.“ 35 Auch die diplomatischen Vertreter zeigten sich einig darüber, den Forderungen der Terroristen nachzugeben.36 „Die Vertreter sämtlicher OPEC-Staaten ersuchten hierbei um eine Lösung, die weiteres Blutvergießen vermeidet.“37, fügte Kreisky hinzu. Am Abend des 21. Dezember informierte der Kanzler den ÖVP Bundesparteiobmann, Taus, und den stellvertretenden Parteiobmann der Freiheitlichen, Tassilo Broesigke, über die Veranlassungen der Bundesregierung. Auf Taus Provokation: „Also Sie geben den Forderungen der Terroristen nach“38 habe Kreisky nicht reagiert. Im Nachhinein erzählte Kreisky: „Natürlich verlange ich von keinem […] Opposition- auch von Dr. Broesigke nicht, der sich übrigens ganz anders verhalten hat- unsere Verantwortung zu übernehmen. Ich informiere sie lediglich. Ich kann mir ja ungefähr vorstellen, was der Tenor der morgigen Zeitungsberichte sein wird. Wer aber Schönau überstanden hat, der wird auch das überstehen.“39

3.3. Der weitere Verlauf

Kreisky verwies in einem Interview darauf „Wir müssen natürlich- wenn die Terroristen ausfliegen- sofort an den Staat ein Auslieferungsbegehren richten, der ihnen eine Landeerlaubnis erteilt. Wir können Leute, die in Österreich eine strafbare Handlung begangen haben, nicht unverfolgt lassen. Ich glaube, dass die Lösung dieser formalen Frage sehr wichtig ist.“ 40

Der algerische Außenminister, Bouteflieka, erklärte bereits zu einem frühen Zeitpunkt die grundsätzliche Bereitschaft, den Terroristen eine Landeerlaubnis zu erteilen, und diese aufzunehmen.41 Kreisky versprach sich womöglich durch die guten Kontakte mit Algeriens Außenminister, eine rasche Gefangennahme und Auslieferung der Terroristen an Österreich.42 Diese Annahme erwies sich später als Trugschluss, als wenige Tage darauf, das Ansuchen von algerischer Seite verweigert wurde, da es keinen bilateralen Auslieferungsvertrag zwischen den Ländern, Österreich und Algerien, gäbe.43 Dennoch bleibt anzumerken, dass die persönlichen Kontakte Kreiskys zur arabischen Welt prägend für den weiteren Verlauf der Verhandlungen waren. Der Kanzler spielte abermals eine zentrale Rolle für die Bewältigung der OPEC Geiselnahme. Das zeigte sich vor allem daran, dass einige Vertreter der Arabischen Liga auf eigene Initiative Interesse an einer Bereitschaft signalisierten, um aktiv bei der Lösung der Geiselkrise mitzuwirken.44

Im Unterschied zu Schönau erklärte sich die AUA bereit ein Flugzeug für die Terroristen bereitzustellen. Der verletzte Terrorist, Klein, wurde unter ärztlicher Betreuung mitgeflogen.45

Am Morgen des Abflugs wurden jene österreichischen und deutschen Geiseln, wie von der Regierung gefordert, freigelassen. Die verbliebenen fuhren mit den Terroristen zum Flughafen Wien Schwechat.46 Bei der ersten Zwischenlandung in Algier verließ der Verletzte Klein, gemeinsam mit anderen Geiseln, die Maschine. Am nächsten Zielort Tripolis, wurden weitere Minister entlassen. Erst am 23. Dezember, landete das Flugzeug schlussendlich erneut in Algier, wo auch die letzten beiden Delegationsmitglieder aus Saudi-Arabien und dem Iran, freikamen. Als letzten Schritt, gestattete die algerische Regierung den Terroristen ungehinderte Ausreise nach Libyen, das Land ihres mutmaßlichen Auftraggebers Muammar el Gaddafi.47

[...]


1 Vgl. Gehler, Michael, Österreichs Außenpolitik der Zweiten Republik (Von der alliierten Besatzung bis zum Europa des 21. Jahrhunderts 1), Innsbruck 2005, S.394.

2 Vgl. Ebd. S.403.

3 Vgl. Riegler, Thomas, Im Fadenkreuz. Österreich und der Nahostterrorismus 1973-1985 (Zeitgeschichte im Kontext 3), Wien 2011, S.113.

4 Vgl. Kriechbauer, Robert; Schausberger, Franz; Weinberger, Hubert (Hg.), Die Ära Kreisky. Österreich 1970-1983 in der historischen Analyse, im Urteil der politischen Kontrahenten und in Karikaturen von Ironismus (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr. Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg 22), Wien, Köln, Weimar 2004, S.269.

5 Vgl. Riegler, Im Fadenkreuz, S.114.

6 Vgl. Gehler, Österreichs Außenpolitik, S.406.

7 Vgl. Röhrlich, Elisabeth, Kreiskys Außenpolitik. Zwischen österreichischer Identität und internationalem Programm (Zeitgeschichte im Kontext 3), Wien 2009, S.303.

8 Vgl. Kriechbauer et.al. Die Ära Kreisky. S.270.

9 Gehler, Österreichs Außenpolitik, S.409.

10 Röhrlich, Kreiskys Außenpolitik, S.303.

11 Vgl. Ebd. S.305.

12 Petritsch, Wolfgang, Bruno Kreisky. Die Biographie, St.Pölten-Salzburg 2010, S.217.

13 Vgl. Kriechbaumer et. al. Die Ära Kreisky, S.270.

14 Vgl. Röhrlich, Kreiskys Außenpolitik, S.304.

15 Vgl. Kriechbaumer et. al. Die Ära Kreisky, S.270.

16 Vgl. Röhrlich, Kreiskys Außenpolitik, S.304.

17 Vgl. Ebd. S.305.

18 Gehler, Österreichs Außenpolitik, S.408.

19 Vgl. Röhrlich, Kreiskys Außenpolitik, S.306.

20 Vgl. Gehler, Österreichs Außenpolitik, S.410.

21 Vgl. Austria Presse Agentur, Online unter: http://www.historisch.apa.at/cms/apa-historisch/dossier.html?dossierID=AHD_19751221_AHD0001 [Zugriff am 04.09.2018].

22 Vgl. Riegler, Im Fadenkreuz, S. 185-186.

23 Ebd. S.186.

24 Vgl. Ebd. S.188.

25 Bruno Kreisky, 1. Punkt. Erklärung des Bundeskanzlers zu den Vorfällen am 21. und 22. Dezember, Nationalrat XIV.GP, 16.Sitzung, S.1377.

26 Riegler, Im Fadenkreuz, S.191.

27 Vgl. Ebd. S.194.

28 Vgl. Ebd. S.195.

29 Vgl. Ebd. S.197.

30 Vgl. Ebd. S.201.

31 Vgl. Seyyed-Hashemi, Setare, Propaganda der Tat auf der Insel der Seeligen. Zum Beziehungsdreieck zwischen Menschen, Staat und Medien, Wien 2009, S.80.

32 Vgl. Riegler, Im Fadenkreuz, S.196.

33 Vgl. Ebd. S.197.

34 Vgl. Ebd. S.200.

35 Ebd. S.201-202.

36 Vgl. Schröm, Oliver, Im Schatten des Schakals. Carlos und die Wegbereiter des internationalen Terrorismus, Berlin 2002, S. 89.

37 Riegler, Im Fadenkreuz, S.204.

38 Ebd. S.206.

39 Ebd. S. 206-207.

40 Vgl. Ebd. S. 202.

41 Vgl. Ebd. S.202.

42 Vgl. Dahlke, Matthias, Demokratischer Staat und transnationaler Terrorismus. Drei Wege zur Unnachgiebigkeit in Westeuropa 1972-1975, München 2011, S. 271.

43 Vgl. Kreisky, Nationalrat, 1. Punkt, S.1380.

44 Vgl. Dahlke, Transnationaler Terrorismus, S. 275.

45 Vgl. Riegler, Im Fadenkreuz, S. 204.

46 Vgl. Ebd. S.208.

47 Vgl. Austria Presse Agentur, Online unter: http://www.historisch.apa.at/cms/apa-historisch/dossier.html?dossierID=AHD_19751221_AHD0001 [Zugriff am 04.09.2018].

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die österreichische Politik im Schatten des Nahostterrorismus und der OPEC-Geiselnahme 1975.
Untertitel
Welche Debatten ergaben sich, aufgrund der Handhabung Bruno Kreiskys mit dem Nahostterrorismus?
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Note
2
Autor
Jahr
2018
Seiten
26
Katalognummer
V1009397
ISBN (eBook)
9783346387592
ISBN (Buch)
9783346387608
Sprache
Deutsch
Schlagworte
politik, schatten, nahostterrorismus, opec-geiselnahme, welche, debatten, handhabung, bruno, kreiskys
Arbeit zitieren
Lino Pschernig (Autor:in), 2018, Die österreichische Politik im Schatten des Nahostterrorismus und der OPEC-Geiselnahme 1975., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1009397

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