Entstehung der Gentrifizierung. Verschiedene Quantifizerungskonzepte zur Erkennung am Beispiel Berlin


Hausarbeit, 2020

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung: Kontroverse und emotionale gesellschaftliche Diskussion um den Begriff „Gentrifizierung“

2 Definitionsansätze, Dimensionen und theoretische Modellbetrachtungen des Gentrification-Prozess

3 Gentrifizierung in Berlin
3.1 Urbane Entwicklungen und Darstellung des Monitoring-Konzepts des Berliner Senats..
3.2 Herausarbeitung gentrifizierter innerstädtischer Prognoseräume und Zuordnung dieser zu denjeweiligen Gentrifizierungsphasen
3.3 Auswirkungen und Folgen der Gentrifizierung in Berlin sowie Strategien der kommunalen Raumplanung für den Umgang mit Veränderungsprozessen

4 Fazit: Gentrifizierung als sozioökonomische Herausforderung für die Stadtplanung

5 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modell der Dimensionen von Gentrification

Abbildung 2: Doppelter Invasions-Sukzessions-Zyklus

Abbildung 3: Unterschiedliche Verlaufsformen der Gentrifizierung: Supergentrifizierung

Abbildung 4: Einwohnerentwicklung 2000-2030 in drei Varianten für Berlin: Realentwicklung bis 2018, ab 2019 Prognose

Abbildung 5: Wanderungssaldo in Berlin nach Außentypen von 2010 bis 2016

Abbildung 6: Graphische Darstellung der Auswertung zum IM

Abbildung 7: Graphische Darstellung der Auswertung zum IB

Abbildung 8: Graphische Darstellung zur Auswertung des IW

Abbildung 9: Berliner Aufwertungszyklus beginnend 1987 in Kreuzberg und Erfassung aller innerstädtischer Bezirke bis 2007

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Akteure der Gentrification: Pionier und Gentrifier

Tabelle 2: Zuordnung der innerstädtischen Prognoseräume (Prognoseräume innerhalb des Berliner S-Bahn Rings) zu denjeweiligen Phasen der Gentrifizierung

1 Einleitung: Kontroverse und emotionale gesellschaftliche Diskussion um den Begriff „Gentrifizierung“

„Die Künstler bringen Szene, die Szene sorgtfür Veränderung und die Veränderung führt zu Verdrängung“. So beschreibt der Tagesspiegel knapp, aber dennoch treffend das Phänomen der Gentrifizierung. Seit einigen Jahren ist sie aufgrund des immer knapper und teurer werdenden Angebots an Wohnraum in zentralen Lagen deutscher, aber auch internationaler Großstädte, ein häufig diskutiertes Thema in der Politik und den Medien. Emotional aufgeladene Debatten und Befragungen von aus ihren Wohnungen verdrängten Bevölkerungsgruppen, sowie Begriffe wie „Yuppisierung“ führen zu einer zusätzlichen negativen Konnotierung des Begriffs und zu starken Polarisierungen, die im Extremfall in vandalistischen Protestaktionen und Häuserbesetzungen enden, (vgl. Bröcker 2013: 9ff.) Doch obwohl die Thematik im gesellschaftlichen Kontext häufig diskutiert wird, stößt die wissenschaftliche Untersuchung dieses urbanen Prozesses auf ihre Grenzen: Gentrifizierung ist ein empirisch sehr schwer fassbarer Begriff, was vor allem daran liegt, dass die Datengrundlage nicht ausreichend ist. Wegzüge aus oder Umzüge in gentrifizierten Vierteln müssen nicht zwangsweise durch Verdrängung bedingt sein und falls dies doch zutreffen sollte, kann es - außer durch direkte Bewohnerbefragungen - kaum quantifiziert werden. Viele Städte, unter anderem auch Berlin, haben bereits sogenannte „Monitoring-Konzepte“ erstellt, die Aufschluss über künftige Gentrifizierungsprozesse bringen sollen, jedoch sind auch sie meist nur dazu geeignet, bereits stattfindende Prozesse sichtbar zu machen, (vgl. Franke et al. 2017: 25)

In dieser Arbeit soll zuerst auf die theoretischen Grundlagen, also die Definitionsklärung und die wissenschaftliche Beschreibung von Gentrificationprozessen eingegangen werden, um im Anschluss anhand der Stadt Berlin die Entstehung der Gentrifizierung und verschiedene Quantifizerungskonzepte zur Erkennung dieser zu beschreiben. Schlussendlich werden die von Gentrifizierung betroffenen Prognoseräume der Stadt herausgearbeitet, sowie die Auswirkungen und Steuerungsmöglichkeiten auf stadtplanerischer Ebene beleuchtet.

2 Definitionsansätze, Dimensionen und theoretische Modellbetrachtungen des Gentrification-Prozess

Erstmals verwendet wurde der Begriff der „Gentrifizierung“ (von dem englischen Wort „gentry“ = niederer Adel) bzw. „Gentrification“ von der britischen Soziologin Ruth Glass im Jahr 1963, die damit die Wanderungsbewegungen der Mittelschicht zurück in innerstädtische, einst von der Arbeiterklasse geprägte Gebiete, insbesondere in den Londoner Stadtteil Islington beschrieb. Ein weiterer, im deutschsprachigen Raum bedeutender Definitionsversuch beschreibt die Gentrifizierung als „physische Wiederherstellung verfallener Gebäude in innerstädtischen Wohnlagen ... [und],..Verdrängung sozialer Schichten durch mittlere und obere soziale Schichten... durch Modernisierungen und Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen...[und] durch demographische Veränderungen“ (Dangschat 1988, zit. n. Franke et al. 2017: 19). Andere Publizisten wie Marcuse setzen auf eine Simplifizierung der ausführlichen Definitionsansätze und beschreiben den Prozess der Gentrifizierung vereinfacht als einen „...mit Hilfe von Marktmechanismen stattfindenden Bewohnerwechsel eines Wohnviertels von Arbeitern und Armen zu Besserverdienenden, [wobei Verdrängung] das Wesen der Gentrification [ist], ihr Ziel, nicht ein unerwünschter Nebeneffekt“ (Marcuse 1992, zit. n. Bröcker2013: 19). Dem gegenüber beschreibt die „rent gap“-Theorie von Smith (1979) als Ausgangslage für Gentrificationprozesse einen durch fehlende Investitionen in älteren, zentralen und ökonomisch schwachen Arbeitervierteln sinkenden Immobilienwert, der durch Modernisierung der Bausubstanz und der Infrastruktur in diesen Gebieten erheblich gesteigert werden kann. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Gentrifizierungsprozesse heute nicht mehr nur auf einzelne Stadtviertel beschränkt sind, sondern weltweit „flächendeckende Züge im Innenstadtbereich [einiger Großstädte, Anm. d. Verf] annehmen können“ (FRANKE ET AL. 2017: 21) und somit als „global urban strategy“ (Smith 2002: zit. n. Bröcker2013: 23) bezeichnet werden können (vgl. Frankeet al. 2017: 19ff; vgl. Aus Politik- und Zeitgeschichte 2010: 27; vgl. Bröcker 2013: 16ff.; vgl. Freytagetal.2016: 125f.;vgl. Schulz2016: 1).

Eine konkrete, mehrdimensionale Beschreibung innerstädtischer Aufwertungsprozesse stammt von Krajewski (vgl. Abb 1): Hierbei bilden die bauliche (Gebäudesanierungen durch öffentliche und private Investoren, Neubauten, Infrastrukturmaßnahmen), soziale (Austausch von Bewohnem innen, Zuzug von einkommenshöheren, nicht einheimischen Gruppen) und funktionale Aufwertung (Etablierung und Inszenierung neuer Nutzungen und kultureller Einrichtungen, Ansiedelung neuer, hochwertiger Dienstleistungsanbieter) bestimmter Stadtgebiete die essentiellen Grundlagen der Gentrifizierung. Hinzu kommt noch eine symbolische Dimension, d.h. eine „Image-Aufwertung“ eines bestimmten Stadtgebietes, die aus den vorangegangenen Gentrifizierungsprozessen resultiert und gleichzeitig dafür sorgt, dass „die Herausbildung sogenannter „Orte der Szene“ deutlich beschleunigt wird“ (Glatter 2007: 34, zit. n. Bröcker 2013: 21)(vgl. Brücker 2013: 21f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Modell der Dimensionen von Gentrification (Krajewski C.: Urbane Transformationsprozesse in zentrumsnahen Stadtquartieren - Gentrifizierung und innere Differenzierung am Beispiel der Spandauer Vorstadt und der Rosenthaler Vorstadt in Berlin. 2006:62, Münster. URL:https://www.uni- muenster.de/imperia/md/content/geographiedidaktik2/materialfuerschulen/berlin/berlin_gentri fication_am_prenzlauer_berg_band_4_mit_material.pdf, letztes Abrufdatum: 13.06.2020)

Zur Beschreibung des Gentrification-Verlaufs hat sich das Modell des Invasions-SukzessionsZyklus etabliert, welches ursprünglich aus den Forschungen der Chicagoer Schule stammt und mit zusätzlichen Aktualisierung bis heute von großer Bedeutung ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Doppelter Invasions-Sukzessions-Zyklus (Dangschat J.: Der Wandel innenstadtnaher Wohnviertel. In: Friedhelm Neidhardt, M. Rainer Lepsius und Hartmut Esser (Hrsg.): Soziologische Stadtforschung, Sonderheft29 derKölner Zeitschriftfür Soziologie und Sozialpsychologie 1988: 281. URL: https://stadtsoziologie.ch/gentrifizierung-dangschat/. letztesAbrufdatum: 15.06.2020)

Zuerst findet in einem sogenannten ersten Invasionszyklus ein Zuzug „sehr gut gebildeter oder noch in der Ausbildung befindlicher, meist kinderloser, alternativer“ (Häussermann/Siebel 1987: 14, zit. n. Bröcker 2013: 31) Menschen statt, die auch „Pioniere“ genannt werden, da sie diejenigen sind, die ursächlich für die folgende Gentrifizierung sind. Meist handelt es sich hierbei um junge Akademiker lnnen oder Studierende, für die eine zentrale Wohnlage aufgrund verschiedener privater und beruflicher Interessen entscheidend ist. Sie sind bereit, in neue Stadtgebiete zu ziehen und verdrängen durch ihren Zuzug die dort lebenden Bewohner innen bis sie in etwa zwei Fünftel der dort lebenden Bevölkerung ausmachen (erste Sukzession) und werden selbst wiederum teilweise verdrängt durch die zweite Invasions-Phase der Pioniere, in welcher etwas ältere, zahlungskräftigere, ebenfalls gut ausgebildete Menschen in die an Bedeutung gewonnenen Stadtgebiete ziehen. Auch hierbei kommt es zu einer Sukzession, wenn der Anteil der Pioniere in etwa 60% erreicht. Im Anschluss zieht eine neue Akteursgruppe des Gentrification-Prozess in diese Stadtgebiete und es kommt zu einer Vermischung von den sogenannten „Gentrifiern“ und den Pionieren, wobei die Gentrifier wiederum über mehr Kapital verfügen als die sekundären Pioniere und daran interessiert sind, durch große bauliche Maßnahmen signifikante Veränderungen eines Stadtgebietes in Richtung Aufwertung vorzunehmen. Meist handelt es sich hierbei um Singlehaushalte oder gutverdienende Paare ohne Kinder, (vgl. Bröcker2013: 30ff.; vgl. Freytagetal. 2016: 126)

Tab. 1: Akteure der Gentrification: Pionierund Gentrifier

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(eigene Darstellung nach Bröcker 2013:34)

Darüber hinaus kann es in einigen Städten zu einer sogenannten „Supergentrifizierung“ (siehe Abb. 3) kommen, also einem erneuten Aufwertungsprozess bereits gentrifizierter Gebiete, wobei eine Verdrängung der eigentlichen Gentrifier durch eine neue Gruppe der Supergentrifizierer erfolgt, die über weitaus mehr Kapital verfügen und sich den sehr knappen und teuren Wohnraum leisten können (vgl. Freytag et al. 2016: 127; vgl. Bröcker 2013: 24).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Unterschiedliche Verlaufsformen der Gentrifizierung: Supergentrifizierung; die x- Achse steht für den Anteil derjeweiligen Akteursgruppen (verändert nach Dangschat 1988, S. 281) (Freytagetal. 2016: 126)

3 Gentrifizierung in Berlin

3.1 Urbane Entwicklungen und Darstellung des Monitoring-Konzepts des Berliner Senat

Um die Gentrifizierung in Berlin eindeutig beschreiben zu können, müssen zuerst die urbanen Entwicklungen der Hauptstadt näher betrachtet werden, die bereits eine mögliche Gentrifizierung indiziieren.

1. Entwicklung der Einwohnerzahl

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Einwohnerentwicklung 2000-2030 in drei Varianten für Berlin: Realentwicklung bis 2018, ab 2019 Prognose (Prognosebasis: Melderegister). (Senatsverwaltung FÜR Stadtentwicklung und Wohnen in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik-BerlinBrandenburg: Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2018 - 2030: 8, 2019. URL: https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/bevoelkerungsprognose/download/2018- 2030/Bericht_Bevprog2018-2030.pdf)

Seit einem Einwohnerminimum im Jahr 2000 (siehe Abb. 5), nahm die Bevölkerung nachfolgend ab 2004jährlich zu, wobei eine deutliche Steigerung des Zuwachses von 2010 (3,388 mio. Einwohner) bis zum Jahr 2018, in dem bereits 3,748 mio. Menschen in der Hauptstadt wohnen, zu erkennen ist. Hierbei ist vor allem das positive Wanderungssaldo aus dem Ausland, aber auch aus den anderen deutschen Bundesländern (siehe Abb. 6) von großer Bedeutung, welches in dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt begründet ist. Zusätzlich ist das natürliche Saldo (Geburtenrate abzüglich der Sterberate) der Stadt seit 2007 ebenfalls positiv (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik-Berlin-Brandenburg 2019: 7ff; vgl. Franke et al 2017.: 29f.).

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Details

Titel
Entstehung der Gentrifizierung. Verschiedene Quantifizerungskonzepte zur Erkennung am Beispiel Berlin
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V1009717
ISBN (eBook)
9783346400178
ISBN (Buch)
9783346400185
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entstehung, gentrifizierung, verschiedene, quantifizerungskonzepte, erkennung, beispiel, berlin
Arbeit zitieren
Christina Krause (Autor:in), 2020, Entstehung der Gentrifizierung. Verschiedene Quantifizerungskonzepte zur Erkennung am Beispiel Berlin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1009717

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