Spezifikation


Term Paper, 2001

16 Pages


Excerpt


Spezifikation

A. Der zwischen den Sabinianern und den Prokulianern vermittelnde Kompromiss der media sententia

I. Die Schulkontroverse

1. Rechtsschulen im Vergleich

a. Kurze Gegenüberstellung beider Ansichten

In der prokulianischen Rechtsschule wird derjenige Eigentümer des verarbeiteten Produktes, der aus fremden Material eine Sache für sich hergestellt hat. Die Form wird dabei als entscheidend angesehen, was unter anderem auf aristotelisch - peripatische Einflüsse zurückzuführen ist.

Durch Verarbeitung des Produktes entsteht eine neue Sache (quod factum est, antea nullius fuerat), die der Produzent kraft naturalis ratio okkupieren darf, dass heißt wer sich einer herrenlosen Sache aneignet, erhält auch das Recht an der Sache.

Die Sabinianer hingegen begründen ihre Ansichten nach stoischen Vorstellungen, in denen der Stoff als wesentliches Element der Sachindividualität (quia sine materia nulla species effici potest) aufgeführt ist. Es ist die Ableitung der Sachidentität aus der Unmöglichkeit, ohne Stoff eine Form zu schaffen1.

Die Sache wechselt zwar ihr äußeres Erscheinungsbild, bleibt aber trotz Verarbeitung im Grund dieselbe, sie kann deshalb vom Stoffeigentümer vindiziert werden.

b. Die vermittelnde Ansicht der media sententia

Nach der im Digestenfragment D. 41,1,7,7 aufgeführten media sententia soll keine Eigentumsänderung eintreten, wenn die bearbeitete Sache wieder in ihren ursprünglichen Rohzustand zurückgeführt werden kann. Ansonsten wird zugunsten des Stoffeigentümers entschieden.

Dies trifft laut Digestenfragment auf die Metallverarbeitung zu (ein Gefäß, dass aus fremden Material besteht kann wieder eingeschmolzen werden).

In den übrig erwähnten Verarbeitungsgruppen (Landwirtschaft, Getreide und Apotheke) ist jedoch keine Rückführung möglich. In diesem Fall berief sich die media sententia auf die prokulianische Ansicht, nach der eine neu hergestellte Sache wegen ihrer proparia qualitas als eine von einem Menschen neu erschaffene und deshalb als ihm, dem ersten Besitzer, zustehende betrachtet wurde2.

Dieser Auffassung wurde auch in der Regel gefolgt.

bb. Kritische Stellungnahme zur media sententia

Obwohl der Kompromiss der media sententia ein klares Bewusstsein über die Ansichten beider Positionen offerierte, so stellte sie jedoch ein sehr engen Rahmen der Auslegung dar. Da sie sich nur auf die Leitbegriffe der Prokulianer und der Sabinianer konzentriert, also nur zwischen Soff und Form der Sache unterschied, reduziert sie sich lediglich auf die Formel der Verarbeitungsfrage, nicht jedoch auf die Lösung des Spezifikationsproblems nach anderen Vorstellungen, wie das naturphilosophischer oder metaphysischer Art. Es ist also nur eine populärphilosophische Vorstellung im Digestenfragment des Gaius zu finden, die das Problem der Parallelität zwischen Verarbeitung und Metaphysik nicht behandelt3.

Bei der Verarbeitungsfrage der media sententia handelt es sich des weiteren um originären (ursprünglichen) Eigentumserwerb4, das heißt der unabhängig vom allfälligen Recht eines Vordermanns erfolgende Erwerb5,.

Es wird also jemand ohne rechtsgeschäftliche Vereinbarung für sich (suo nomine) tätig.

Dabei bedarf es nun keiner Geschäftsfähigkeit und keines guten Glaubens. So kann beispielsweise ein Minderjähriger, der eine Sache stiehlt, durch specificatio Eigentum an dieser erwerben.

Ich denke an diesem Beispiel wird das praktische Versagen der Meinung gut veranschaulicht.

Auch bezogen auf die Rückführbarkeit der Sache versagt die media sententia in ihren praktischen Zügen. Zwar erwähnt sie die Metallverarbeitung (siehe Digestenfragment Einschmelzung des Gefäßes) in ihrer Rückführbarkeit und sowie die landwirtschaftliche als auch die Apothekenarbeit in ihrem Ausschluss6 ; doch dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wichtigsten Fälle der Verarbeitung, nämlich die der Holz- und Wollverarbeitung gar nicht berücksichtigt werden.

Des weiteren ist die Lösung der römischen Juristen als rechtspolitisch unbefriedigend anzusehen, da der Gedanke des Produktionsfaktors Arbeit und seiner Bewertung keine Anwendung findet. So ist eine durch einen immensen Arbeitsaufwand wertgesteigerte Sache unberücksichtigt7.

Da sich die media sententia ausschließlich mit den beiden Schulmeinungen befasste, kann man davon ausgehen, dass dieser ein klares Bewusstsein beider Positionen beschaffen war8.

Positiv ist dabei der praktische Gesichtspunkt der Vorweisbarkeit (actio ad exhibendum 9 ) und Vindizierbarkeit (vindicatio s.[9] ) der Sache zu bewerten.

Abschließend ist meine Stellungnahme gegenüber der media sententia anhand der quantitativen Überlegenheit der negativen Aspekte auch als eher kritisch zu bewerten.

B. Voraussetzungen und Folgerungen der Ansicht des Gaius vor dem Hintergrund des Normmaßstabes media sententia

I. Gaius` Stellungnahme im Digestenfragment

2. Sabinianisches Gedankengut?

a. Erste Überlegungen

Nach objektiven Gesichtspunkten könnte es sich bei der Ansicht des Gaius um eine Ausnahmeregelung der media sententia handeln, da nach dieser in den landwirtschaftlichen Verarbeitungsgruppen die prokulianische Ansicht vertreten wird; dem Spezifikanten steht Eigentum zu.

Die Aussage des Gaius, dass das aus fremden Ähren gedroschene Getreide dem Eigentümer der Ähren gehören soll, widerspricht der prokulianischen Theorie und schließt sich eher der der sabinianischen an. Wie anfangs erwähnt bestreiten die Sabinianer die Spezifikation und demzufolge auch die

Eigentumsübergabe auf den Spezifikanten. Damit könnte eine Distanzierung des Gaius von der media sententia vorliegen.

b. Folgerungen und Konkretisierung

Nach anfänglichen Überlegungen ist die Ansicht des Gaius jedoch eine andere, viel weitreichendere.

Aufbauend auf dem Ausdruck des Veroneser Urgaius „ materiam et substantiam spectandam esse “ 10 , in dem die Sabinianer nichts anderes als Fortbestand der alten Sache und somit auch Sacheigentum an dieser angenommen hatten, entwickelte sich weiterführend erstmals aus den res cottidianae des Gaius eine allgemeine Fassung der media sententia: „ media sententia recte existimantium “ . In den folgenden Zeilen seines Digestenfragments (D. 41,1,7,7) wird die erstmals zugrundeliegende Schulkontroverse der Lehrtraditionen deutlich und endet in einem „Stilbruch“.

Die Einschränkung, dass das aus fremden Ähren gedroschene Getreide dem Eigentümer der Ähren gehören solle, widerspricht der media sententia (s. auch 1a. „Erste Überlegungen“). Ich würde jedoch diesen „Stilbruch“ als gewollt bewerten, da Gaius die media sententia als noch nicht herrschend ansah und deshalb noch hinsichtlich der Spezifikation weitreichendere Ausweitungsmöglichkeiten hatte.

Die media sententia berief sich nämlich ausschließlich auf den Eigentumserwerb durch Spezifikation.

Ich denke Gaius wollte mit diesem Ährenfall eine Erweiterung dieser Mittelmeinung mit Hilfe von propria qualitas, als den Eigentumserwerb ohne Spezifikation aufgrund von Einverleibung, erweitern. Hiernach verschwinden die Ähren zunächst als einverleibte Sache im Getreide und werden dann kraft Herauslösung dem Verkehr zurückgegeben11. Bei der Einverleibung begegnen sich zwei bereits fertige Gegenstände, die als solche auf gleicher Stufe stehen und auf Grundlage dieser Ebenbürtigkeit nun zueinander in das Verhältnis von bergender und einverleibter Sache treten, um nach Herauslösung wieder in den vorherigen Zustand zurückzukehren.

Das Ausdreschen des Getreides wurde also als das Herausholen der Körner, die schon in der Ähre als Sachen mit einer perfecta species 12 enthalten waren, angesehen.

Folglich fehlt es an einem Verarbeitungstatbestand13.

Es gilt also nun zwischen den Fällen, in denen spezifiziert und in denen lediglich herausgelöst wird, zu unterscheiden; für mich eine sehr adäquate Erweiterung.

Das hier tendenziell sabinianisches Gedankengut vorhanden ist, erklärt dagegen nur die Position des Gaius als Schüler des Capito hinsichtlich der Rechtsschulen, als das er die Sabinianer als die nostri praeceptores und die Prokulianer als diversae scholae auctores ansah 14 .

Weiterführend könnte Gaius These, den Drescher vom Eigentumserwerb auszuschließen, bewusst gewählt sein, da es gerade in der landwirtschaftlichen Verarbeitung hinsichtlich der Spezifikation oftmals zu Problemen gekommen sein könnte. Gaius wollte komplizierte Miteigentumsverhältnisse kraft Akzessionsrecht umgehen15, und eines der für Gaius wichtigsten Güter dieser Zeit16, die Landwirtschaft, dem Römer als Eigentümer zusprechen.

Das sich dieser Erweiterungsfall in der media sententia nicht durchsetzten konnte, spricht meiner Meinung nach nicht gegen die Ansicht des Gaius, sondern beweist eher die klare Linie und das Bewusstsein über die Sache ohne Ausweitungs- oder Interpretationsmöglichkeiten.

C. Lösungsversuch des Institutionenfragmentes hinsichtlich des vom Hersteller eingesetzten Materials und Arbeit

I. Justinians Institutionenfragment

1. Prokulianisches Gedankengut

a. Grundvorstellungen

Das Problem des Eigentumserwerbes war stets die Frage, ob durch Verarbeitung eine andere Sache als die alte entstanden ist und wer Eigentümer der neuen Sache wird17.

In der Spezifikation geht es nicht um die Arbeit, sondern um die Neuheit der vom Menschen geschaffenen Sache18.

aa. Justinians Institutionenfragment

Justinians Institutionen betonen, wenn der Hersteller teilweise eigenen Stoff verwende, sei „kein Zweifel“ an seinem Eigentumserwerb. Dabei beruft sich Justinian als Beleg auf geläufige Schulbeispiele, nämlich auf die Vermengung von Heilmitteln zur Salbe(„ collyrium “) und die Vermischung von Honig und Wein zu Honigwein („ mulsum “).

Da sich die Bestandteile beider Stoffe geradezu auflösen19, erlischt das bisherige Eigentum und eine Neuregelung der Verhältnisse scheint als geboten.

b. Klärung des Spezifikationstatbestandes

Aufbauend auf der propria qualitas darf freilich Spezifikation angenommen werden, da eine neue Sache überhaupt erst aus dem Material entsteht und die materialliefernde Sache nicht in der Weise gedacht werden kann, in ihre alte Beschaffenheit zurücktransformiert zu werden20.

Wie schon erwähnt verlieren die verbundnen Stoffe ihre pristina species und verschwinden als Bestandteile in der neu entstandenen.

bb. Welche Ansicht liegt nun dem Institutionenfragment zugrunde?

Nach ersten objektiven Überlegungen könnte sich aus dem geschilderten Komplex eine prokulianische Ansicht ergeben haben. Der Verarbeiter wird kraft specificatio Eigentümer der verarbeiteten Sache. Doch spricht gegen diese peripatische Theorie eindeutig, dass in dem erwähnten Fall keine Gestaltung der wesenlosen Materie in Frage kommt, sondern eine bestimmte und konkret gefasste Substanz als Substrat vorhanden war. Honig und Wein werden beispielsweise zu Honigwein.

Ich denke Justianian wollte sich auch gar nicht auf die Schulgegensätze festlegen, sondern darüber hinaus eine unabhängige Überlegung der media sententia anstellen. Die gängigen Schulbeispiele waren dabei einfach gewählt und für jeden Schüler auch verständlich sein.

Doch darüber hinaus beschränkt er sich bei der Vermischung und der Vermengung ausschließlich auf die Spezifikation und schließt folglich, wahrscheinlich gegründet auf dem Vertreter der Mittelmeinung Pomponius21, jedwede Miteigentumsverhältnisse aus. Dieser begründete auch mit Ulpian in D. 6,1,5 § 1 genau das Spezifikationsprinzip:

Quoniam suam speciem pristinam non continet 22 , welches Justinian zur Verdeutlichung seiner Ansicht zu vermitteln versuchte.

Im Ergebnis scheint nun die Ansicht des Justinian mit der der media sententia konform zu laufen, die keine Vorreiterfunktion hatte, sondern eher aufbauend auf den Hoch- und Spätklassikern eine unabhängige Erweiterung des Spezifikationstatbestandes zur Folge hatte.

D. Der Wert der vom Hersteller geleisteten Arbeit in seiner historischen Entwicklung

I. Herausbildung eines produktiven Arbeitsbegriffes

1. Historisches Gedankengut

a. Einführung

Wie bisher schon mehrfach erwähnt, so findet sich auch in dem Wert der vom Hersteller geleisteten Arbeit die Schulkontroverse der Sabinianer und der Prokulianer wieder. Im Folgenden soll nun die ursprüngliche und ältere sabinianische Ansicht, die vorklassischen, stoischen Charakter besaß, mit der prokulianischen, klassischen Ansicht, die erstmals Innovationen bezüglich der produktiven Kraft des Herstellers zeigte, gegenübergestellt werden.

b. Vorklassische Entwicklung

Die vorklassischen Juristen waren grundlegend der Meinung, dass die Arbeit nicht mit der Freiheit des Menschen vereinbar sei. Die abhängige, um Geld erfolgende Arbeit sei eines freien Mannes unwürdig23.

Hier ist deutlich das stoische Ideal eines Lebens „in Übereinstimmung mit der Natur“ zu erkennen, das meint den Einklang mit der höheren, geistigen Natur des Menschen, der sich wesentlich in der Gesinnung vollzieht24. Entscheidend für die Wahrung der Freiheit war nun, dass die Arbeit in freiem Gehorsam gegenüber der Pflicht geschah.

Diese spirituelle Ansicht, die für den Schulgründer Cassius und Sabinus bezeugt ist, lässt die Sachidentität von der Natur selbst eine Art Leben gebende Körperlichkeit schaffen25. In Folge dessen konnte kein Eigentumserwerb durch Spezifikation stattfinden und deshalb der Wert der vom Hersteller geleisteten Arbeit noch gar keine Berücksichtigung finden.

Auch im ganzen Bericht des Gaius, der, wie erwähnt, sich zu den Sabinianern zählte, fehlt ein Hinweis auf die species oder forma des Verarbeitungsgegenstandes26.

c. Klassische Entwicklung

Ganz im Gegensatz zur vorklassischen Jurisprudenz steht nun die klassisch-institutionelle mit ihrem analytisch-formalen Stil27. Dieser manifestierte sich in dem bewussten Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft28.

Die klassische Spezifikationslehre fordert lediglich, dass eine Gestaltänderung nach der Verkehrsanschauung einen neuen Namen zeitigt (s. auch Ansicht Labeo)[25]).

Den Prokulianern weist man im Nachhinein reformatorische Bedeutung bezüglich der Achtung des kulturellen Wertes der Arbeit bei. Dabei ist jedoch nicht auf das Produktionsprinzip, sondern nur auf die Person des Spezifikanten „ dominum esse, qui fecerit “ 29 abzuzielen. Dieser widmete sich schon der geistige Vater der Prokulianer30 in einer klaren Weise: Es kommt nach Labeo nämlich nicht auf die Arbeit oder Kunstfertigkeit des Spezifikanten an, sondern nur, ob die neu entstandene Sache der Vindikationsformel, welche dem Stoffeigentümer zustand, unterliegt und ob eine rei vindicatio noch zulässig sei, wonach keine Rechtsveränderung eintreten würde und der Spezifikant keine Eigentumsrechte erheben dürfte31.

Diese Lehre übernahmen auch die beiden römischen Juristen Nerva und Proculus in ihrer prokulianischen Rechtsschule.

II. Geltendes Recht

1. Innovationen?

a. Lösung des Gesetzgebers in § 950 BGB
aa. Entwicklung

In der sich aus den klassischen Lehren entwickelnden Wissenschaft und Gesetzgebung fand, in der Auffassung von der Spezifikation, immer mehr die prokulianische Theorie Anerkennung.

Es bildete sich die Ansicht, dass neben dem Eigentum auch die Tätigkeit des Spezifikanten als selbständiges wirtschaftliches Gut Berücksichtigung und Schutz verdiene. Damit richtungweisende, vor allem innovative, Tendenzen dieser Rechtsschule aufgezeigt32.

Heutzutage wird jedoch nicht mehr die Frage von der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die nova species zu ihrer ursprünglichen Form zurückzubilden, gestellt, da die Arbeit unter keinen Umständen ignoriert werden dürfe; vorausgesetzt sie stellt ein wirtschaftliches Gut dar.

Begründet ist der § 950 des Bürgerlichen Gesetzbuches nun auf den beiden Lesungen zu den Art. 893 und 865 des Deutschen Reiches33. Ohne jede Veränderung fand der Art. 865 die Aufnahme als § 950 in das BGB. Dieser löst nun den Konflikt zwischen Rohstoffeigentümer und Hersteller zugunsten des Herstellers.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde dann endgültig eine bewusste menschliche oder menschlich gesteuerte Arbeitsleistung als Mindestwert der Verarbeitung oder Umbildung vorausgesetzt34.

bb. Beurteilung

Wie auch bei der media sententia bin ich bezüglich des § 950 BGB gespaltener Ansicht.

Positiv ist auf jeden Fall der prokulianische Grundgedanke und darüber hinaus das Bestreben, die produktive Kraft zu schützen und dem Handwerker und Industriellen35 nicht unüberwindliche Schwierigkeiten beim Erwerb der nötigen Rohprodukte in den Weg zu legen. Ein Verarbeitungstatbestand als solcher ist gewollt.

Auch die Erweiterung des Spezifikationstatbestandes36 hinsichtlich der Bearbeitung der Oberfläche und der Kunstfertigkeit des Spezifikanten findet gewiss Anerkennung.

Dennoch sind meiner Meinung nach in dem heute geltendem Recht immer noch einige Strukturfehler zu erkennen, die ich im Folgenden versuchen möchte anzudeuten.

Aufbauend auf Jherings Arbeitswertlehre, die den Wert der Arbeit auf das Stoffeigentum als wirtschaftlichen Faktor unter Berücksichtigung stellen wollte37, wird heutzutage durch die Bezeichnung „erheblich“ in § 950 Abs. I 1 Halbsatz 3 eine Gleichstellung der Faktoren Arbeit und Stoffeigentum vermieden, ja sogar zu ungunsten des Stoffeigentümers gewollt38.

Überdies fragt das Bürgerliche Gesetzbuch nicht einmal nach dem bösen oder guten Glauben desjenigen, der wider Wissen und Willen des Eigentümers die Umarbeitung einer fremden Sache vornahm39. Dabei bleibt diesbezüglich eine Rechts- verletzung bei gestohlenen Produkten unbeachtet.

cc. Abschlussbetrachtung

Entgegen der klassischen Zeit ist heutzutage auf eine Unterscheidung zwischen Arbeiter und Unternehmer abzustellen. Der Spezifikant ist nicht mehr der direkt verarbeitende Arbeiter sondern der Unternehmer40, der auch Eigentum an der nova species erlangt.

Diese moderne Entwicklung zeigt mir, dass in dem § 950 BGB zwar tendenziell prokulianische Überlegungen vorhanden sind, doch darüber hinaus sich bis zur heutigen Zeit in der Entwicklung, besonders wirtschaftlicher Natur, einiges getan hat.

Abschließend bleibt noch zu sagen, dass, ersichtlich aus meinen negativ angeführten Argumenten, die heutige Entwicklung noch lange nicht am Ziel zu einer sowohl für den Verarbeiter als auch für den Stoffeigentümer gerechten und rechtspolitisch gerechtfertigten Lösung gekommen ist.

[...]


1 Mayer-Maly Spezifikation S.137

2 Behrends Die Spezifikationslehre S. 234

3 Schermaier Materia S. 233

4 Behrends Die Spezifikationslehre S. 217

5 Hausmaninger/Selb Römisches Privatrecht S. 201

6 Mayer-Maly Spezifikation S.139

7 Kaser Römisches Privatrecht S.124

8 Behrends Die Spezifikationslehre S. 234

9 Wieacker Spezifikation S.290

10 Wieacker Spezifikation S. 266

11 Behrends Die Spezifikationslehre S. 227

12 Behrends Die Spezifikationslehre S. 227

13 begründet auch von Mayer-Maly Die Spezifikation S.140

14 Hausmaninger/Selb Römisches Privatrecht S. 70

15 Kreller Römisches Recht II S.192

16 Nicht umsonst wird bei Gaius die landwirtschaftliche Verarbeitung als Leitfall angesehen. Vgl. dazu Mayer-Maly Die Spezifikation S.154

17 Wieacker Spezifikation S.264

18 Behrends Die Spezifikationslehre S.216

19 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 106

20 Behrends Die Spezifikationslehre S. 228

21 Mayer-Maly Spezifikation S. 149

22 Wieacker Spezifikation S. 274

23 Schermaier Materia S. 227 in Verbindung mit Behrends Die Arbeit im Römischen Recht S. 157

24 Behrends Die Arbeit im Römischen Recht S. 159

25 Behrends Die Spezifikationslehre S. 221

26 Schermaier Materia S. 231

27 Behrends Die Spezifikationslehre S. 208

28 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 71

29 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 72

30 Behrends Die Spezifikationslehre S. 229

31 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 82

32 s. dazu auch Schermaier Materia S. 227

33 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 191

34 Palandt Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch S.1212

35 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 192

36 Mayer-Maly Spezifikation S. 129

37 Behrends Jherings Rechtsdenken S. 248

38 Sokolowski Die Philosophie im Privatrecht S. 194

39 Palandt Kommentar zum BGB S.1212 Abschnitt 3

40 Sokolwski Die Philosophie im Privatrecht S. 198

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Spezifikation
Author
Year
2001
Pages
16
Catalog Number
V101374
ISBN (eBook)
9783638997911
File size
353 KB
Language
German
Keywords
Spezifikation
Quote paper
Niels Gercke (Author), 2001, Spezifikation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101374

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