Der deutsche Bund


Exposé / Rédaction (Scolaire), 2000

3 Pages, Note: 13 Punkte


Extrait


Der Deutsche Bund

Die durch Napoleon hervorgerufenen Veränderungen in Europa schlossen eine Rückkehr zum alten Reich der Zeit bis 1806 aus. Patriotische Führer wie die Publizisten Görres oder Arndt, und auch Politiker wie Stein und Humboldt erstrebten die Einheit Deutschlands. Die anderen europäischen Staaten fürchteten allerdings die Macht eines vereinigten Deutschlands. Auch die Eigeninteressen der einzelnen deutschen Staaten standen den Eini- gungsinteressen entgegen. Deshalb kam es auf dem Wiener Kongress am 10.6.1815 zu einer Kompromisslösung: der Gründung des Deutschen Bundes. Er diente laut Bundesakte zur „Erhaltung der äußeren und inneren Sicher- heit Deutschlands und (zur Gewährleistung der) Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der einzelnen deutschen Staaten“. Es wurden zunächst 35 Fürstenstaaten und die vier Freien Städte Hamburg, Lübeck, Frankfurt/Main und Bremen zusammengeschlossen. 1817 bestand er aus 39, zum Schluss nur noch aus 33 Mitgliedern. Der Deutsche Bund war Nachfolger des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, weshalb die Teile, die nicht zum Reichsgebiet gehört hatten - ein großer Teil Österreichs sowie Westpreußen, Ostpreußen und Posen - auch jetzt ausgeschlossen waren. Mitglieder waren allerdings der König Großbritanniens als Reichsfürst für Hanno- ver, der König Dänemarks als Reichsfürst für Holstein und Lauenburg und der König der Niederlande für Lu- xemburg und Limburg.

Die Bundesakte, die am 8.Juni 1815 auf dem Wiener Kongress angenommen worden war, beinhaltete die Ver- fassung des Deutschen Bundes. So legte sie auch die Rechte und Aufgaben des einzigen und zentralen Organs, der Bundesversammlung (auch Bundestag genannt), fest. Ihr Sitz war in Frankfurt. Die Bundesversammlung war kein gewähltes Parlament mit eigenem Entscheidungsrecht, sondern ihre Mitglieder waren nur weisungsgebun- dene Gesandte ihrer Regierungen. Eine eigene Volksvertretung gab es nicht. Den Vorsitz der Bundesversamm- lung hatte der österreichische Staatskanzler Metternich als Repräsentant Österreichs inne. Die eigentliche Füh- rung des Deutschen Bundes sollte von einem „Engeren Rat“ übernommen werden, in dem die elf größten Staaten je eine, die anderen zusammen sechs Stimmen besaßen. Entscheidungen über Bundeseinrichtungen, Krieg und Frieden mussten von der Bundesversammlung mit Zweidrittelmehrheit, Änderungen an der deutschen Bundesak- te einstimmig verabschiedet werden. Die einzelnen Mitgliedstaaten durften keine Bündnisse schließen, die sich gegen die Sicherheit des Deutschen Bundes oder gegen die Sicherheit einzelner Mitgliedsstaaten richteten. Im Kriegsfall durften keine Sonderverhandlungen geführt werden.

Die Bundesakte wurde weitgehend in die Wiener Kongressakte (vom 9. Juni 1815) aufgenommen. So wurde sie zu einem Teil internationaler Abmachungen, denn der Wiener Kongress war eine Versammlung fast aller euro- päischen Mächte. So wurde anderen europäischen Mächten die Möglichkeit gegeben, sich in deutsche Angele- genheiten einzumischen.

Ergänzt wurde die Bundesakte durch die Wiener Schlussakte, die auf den Wiener Ministerialkonferenzen 1819/20 erarbeitet worden war. Sie umfasste 65 Artikel und wurde am 20. Juli 1820 vom Bundestag als Verfas- sung des Deutschen Bundes angenommen. Sie enthält Erläuterungen und Ausführungen zur Deutschen Bundes- akte, Bestimmungen über die Erhaltungen der inneren Ruhe und Artikel über die Bundesexekution, einem Mittel v.a. zum Vollzug der Bundesakte und anderer Grundgesetze des Bundes, von Bundesbeschlüssen und Bundesga- rantien gegen „pflichtwidrige“ Bundesglieder. Der Artikel 57, der aussagt, dass die alleinige Staatsgewalt in der Hand des Monarchen liegt, schränkte die Kompetenz der landständischen Vertretungen, die laut Bundesakte erlaubt waren, stark ein. In der Wiener Schlussakte wird der Deutsche Bund definiert als „eine Gemeinschaft selbstständiger, unter sich unabhängiger Staaten“, die sich nach außen als eine „in politischer Einheit verbundene Gesamtmacht“ präsentieren sollten.

Hier wird deutlich, warum der Deutsche Bund in keiner Weise der Forderung nach einem deutschen National- staat gerecht wird: Das wichtigste Merkmal eines einigen, freien Reiches, wie es sich Patrioten erträumt hatten, fehlte: Es gab keine gemeinsame Regierung und auch kein Staatsoberhaupt. Im Deutschen Bund wurde die Nati- onalstaatsidee außerdem vollkommen niedergedrückt. Dies geschah durch die Durchsetzung der Restauration, deren wichtigstes Instrument der Bund geworden war. Die liberalen, nach Einheit strebenden Kräfte wurden unterdrückt, und so rückte auch ein Nationalstaat in weite Ferne. Dies geschah sehr im Interesse anderer europäi- scher Staaten, deren Einfluss durch eine neue Großmacht, die ja durch ein vereinigtes Deutschland entstanden wäre, wesentlich abgenommen hätte. Auch in das auf dem Wiener Kongress angestrebte Mächtegleichgewicht war ein deutscher Nationalstaat nicht eingerechnet worden. Die Mittel- und Kleinstaaten waren schließlich Spielbälle der Großmächte. Nicht auszudenken, welches Durcheinander es im Mächtegleichgewicht gegeben hätte, wenn sich diese Mittel- und Kleinstaaten gegen die Großmächte verbündet hätten. Ganz besonders Öster- reich bemühte sich, eine nationalstaatliche Einigung zu verhindern. Solch eine Einigung hätte Österreich nämlich ganz ausgeschlossen (kleindeutsche Lösung) oder gespalten (großdeutsche Lösung). In jedem Falle hätte Öster- reich aber einen großen Teil seines Einflusses auf Deutschland verloren.

Ein einziges Zugeständnis an freiheitliche Ideen gab es in der Bundesakte: „In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden,“ war dort geschrieben. Aber selbst diese bescheidene Zusicherung wurde nur in den süddeutschen Ländern Bayern, Baden, Württemberg , Hessen-Darmstadt und Sachsen-Weimar ver- wirklicht. Hier allerdings erhielten alle Verfassungen einen Katalog von Grundrechten. So entstand ein, wenn auch zunächst sehr bescheidenes, politisches Leben. Auch in diesen Verfassungen hatte der Monarch immer noch ein starkes Übergewicht in der Gesetzgebung, das durch sein Vetorecht entstand. Er war außerdem die ausführende Gewalt. Auch das Heer stand weiterhin unter seiner Kontrolle. Die vom Volk gewählten Kammern durften keine neuen Gesetze einbringen, sondern nur ja oder nein zu von der Regierung vorgelegten Gesetzen sagen. Trotzdem hatte das Prinzip der legitimierten Volksvertretung in Süddeutschland einen Eingang gefunden. Die Landtage wurden zum Forum öffentlicher Debatten und zu Adressaten von Bittschriften der Bevölkerung. Der gesamte Norden aber und auch Österreich, der weitaus größere Teil des Deutschen Bundes also, wurden weiterhin absolutistisch regiert -die Freiheitsforderungen wurden also nur in bescheidenem Rahmen umgesetzt.

Nach außen entwickelte der Deutsche Bund keine eigene Wirkung, da gemeinsame Steuer-, Verkehrs- und Wirtschaftseinrichtungen fehlten. Auch Entwicklungsmöglichkeiten waren kaum vorhanden, da Änderungen an der Bundesakte einstimmig beschlossen werden mussten. So konnte der deutsche Bund die deutschen Staaten nicht zu einer staatsrechtlichen Einheit verbinden.

Riskant war die Mitgliedschaft der zwei Großmächte Preußen und Österreich. Doch obwohl beide Staaten ver- suchten, ihre Interessen durchzusetzen, gelang eine Zusammenarbeit lange Zeit so gut wie konfliktlos: Bis 1848 war der Deutsche Bund unter der Führung Österreichs als Präsidialmacht und in Übereinstimmung mit Preußen das wichtigste Vollzugsorgan der Restauration. Diese Politik manifestierte sich unter anderem in den Karlsbader Beschlüssen und der Demagogenverfolgung. Jede liberale Opposition in Deutschland wurde unterdrückt. Diese Politik provozierte jedoch wesentlich den Ausbruch der Märzrevolution, die dem Deutschen Bund den Todes- stoß versetzen sollte. Das deutsche Volk verlangte nun eindeutig nach der deutschen Einheit und einer liberalen Verfassung. In Österreich und Deutschland herrschten teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände. Der Staatskanz- ler Metternich musste zurücktreten, und in vielen deutschen Klein- und Mittelstaaten wurden liberal-bürgerliche „Märzministerien“ eingesetzt. Eine Folge davon war auch die Auflösung des Deutschen Bundes, da die meisten Mitglieder der Bundesversammlung keine Macht mehr hatten. Allerdings währte dieser revolutionäre Zustand nicht lange, und Stück für Stück wurden die Aufstände von den alten Herrschern zum Scheitern gebracht: In Wien wurde 1849 der eingeführte Reichstag wieder aufgelöst und eine Verfassung, mit der ein zentralistischer Einheitsstaat geschaffen werden sollte, wurde oktroyiert. Die gewählte preußische Nationalversammlung wurde von konservativen Gegenkräften vertagt, nach Brandenburg verlegt und am 5. Dezember 1848 aufgelöst. Wieder wurde eine monarchische Verfassung eingeführt. Auch in Frankfurt konnte sich die Frankfurter Nationalver- sammlung, die am 18. Mai 1848 in der Paulskirche eröffnet worden war, nicht durchsetzen. Die am 28. März 1849 angenommene Verfassung blieb wirkungslos und das Parlament kam völlig unter radikalen Einfluss. Bald darauf wurde es aufgelöst, und der Bundestag wurde wiedereinberufen, was eine weitgehende Rückkehr zum vorrevolutionären System bedeutete.

Auf Initiative Österreichs wurde der Deutsche Bund 1850 wieder begründet. Nun gelang es den beiden Groß- mächten allerdings nicht mehr, friedlich zusammenzuleben, sondern die Politik des Deutschen Bundes wurde von Anfang an beherrscht von der Rivalität zwischen Österreich und Preußen. Preußen strebte unter Bismarck, der inzwischen an die Macht gekommen war, nach mehr Einfluss, Österreich verlor immer mehr Macht, da Met- ternich, der vor der Märzrevolution so souverän durch die restaurative Politik geführt hatte, nach der Märzrevo- lution nicht mehr in der Politik Fuß fassen konnte und am 11. Juni 1859 in Wien verstarb. Dieser Dualismus verschärfte sich immer mehr. Bismarck gelang es, Österreich Stück für Stück aus dem Deutschen Bund zu drän- gen. Zunächst hintertrieb er jede Annäherung Österreichs an den Deutschen Zollverein, einem handelspoliti- schen Zusammenschluss deutscher Bundesstaaten, um die Behinderung des wirtschaftlichen Aufschwungs durch die wirtschaftsräumliche Zersplitterung Deutschlands aufzuheben. Durch Konflikte über die Reform des Deut- schen Bundes kam es 1866 zum Deutschen Krieg. Schon nach circa zwei Monaten allerdings wurde auf Betrei- ben Bismarcks, der ein Eingreifen Frankreichs verhindern wollte, Frieden geschlossen - der Frieden von Prag (23.August 1866). Mit den Friedensverträgen erkannte Österreich die Auflösung des Deutschen Bundes an. Der Weg war nun frei für die von Preußen angestrebte Neuordnung Deutschlands. Bereits im August 1866 konstitu- ierte sich unter preußischer Führung der Norddeutsche Bund, ein dem Deutschen Bund ähnlicher lockerer Staa- tenbund aus 18 norddeutschen Staaten, der allerdings nur zu weiteren Neuordnungen überleitete.

Fin de l'extrait de 3 pages

Résumé des informations

Titre
Der deutsche Bund
Note
13 Punkte
Auteur
Année
2000
Pages
3
N° de catalogue
V101472
ISBN (ebook)
9783638998888
Taille d'un fichier
327 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bund
Citation du texte
Julia Dittler (Auteur), 2000, Der deutsche Bund, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101472

Commentaires

  • invité le 21/10/2002

    mein kommentar.

    hi
    ich fand deine ausführungen sehr ausführlich nur das was ich brauchte war leider nur teilweise vorhanden

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