Max Slevogts Tierbilder. Neues Motiv oder lange Tradition?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Einordnung in Slevogts Biographie

3. Skizzen aus dem Frankfurter Zoo

4. Bildbeschreibung Schreitende Löwin im Käfig, 1901
4.1. Analyse

5. Bildbeschreibung Zwei Leoparden im Käfig, 1901
5.1. Analyse

6. Tradition von Tierdarstellungen in der Kunst
6.1. Jean-Baptiste Oudry
6.2. Adolph Menzel

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsteil

1. Einleitung

In der nun folgenden Hausarbeit werde ich mich mit den Tierbildern Max Slevogts beschäftigen und untersuchen wie diese Reihe von Werken, die im Frühjahr 1901 im Frankfurter Zoo entstanden, in die Tradition der Tiermalerei hinein passt. Zunächst werde ich kurz die Biographie des Künstlers anreißen und einen kleinen Einblick in das Leben Slevogts zu der Entstehungszeit der Bilder geben. Anschließend möchte ich das Vorgehen Slevogts beschreiben und einen Einblick in seine Arbeitsweise speziell im Frankfurter Zoo geben. Dies möchte ich anhand seiner dort angefertigten Skizzen und Studien tun. Ich werde als nächstes exemplarisch das Gemälde Schreitende Löwin im Käfig genauer betrachten. Diesem werde ich anschließend das Gemälde Zwei Leoparden im Käfig gegenüber stellen. Ich werde mich im Rahmen meiner Hausarbeit auf die Darstellung der Raubtiere und die verschiedenen Betrachterperspektiven konzentrieren, die Slevogt für ihre Darstellung wählt. Slevogt malte allerdings während seinem Aufenthalt in Frankfurt auch andere Tiere, wie zum Beispiel Affen und Papageien. Außerdem möchte ich, nach der Vorstellung von Slevogts Tierbildern, die Tradition der Tierbildmalerei kurz erläutern. Anschließend werde ich Überlegungen anstellen, ob sich Slevogts Tierdarstellungen und Motive in diese Tradition einreihen lassen, oder ob sie doch etwas völlig neues in der Kunst darstellen.

2. Einordnung in Slevogts Biographie

Max Slevogt hält sich im Frühjahr 1901 in Frankfurt auf, bevor er endgültig von München weggeht und nach Berlin zieht. Der früheste Brief an seine Frau ist auf den 21. März 1901 datiert. Slevogts Aufenthalt dauerte demnach von März bis Ende Mai oder Anfang Juni. Imiela nannte eine mögliche Antwort auf die Frage nach dem Grund dieses Zwischenstopps in Frankfurt, der der letzte vor seiner Zeit in Berlin sein sollte: „Vielleicht scheut er den unmittelbaren Sprung nach Berlin. In Frankfurt weiß er sich in der Nähe der Pfalz und seiner Gattin […]“1.

Auch Wilhelm Trübner, den er zu dieser Zeit auch besucht haben wird, lebte in Frankfurt. Er war ein mit Slevogt befreundeter Maler und lehrte in Frankfurt am Städelschen Kunstinstitut. Während Slevogts Aufenthalt in Frankfurt feierte Trübner seinen 50. Geburtstag.

In erster Linie nutzte Max Slevogt seine Zeit in Frankfurt aber für Besuche im Zoologischen Garten und im Besonderen für das künstlerische Studium der Tiere. Bereits in Kindertagen war dort eine seiner frühesten Zeichnungen entstanden. Dieser Ort war an Erinnerungen seiner Kindheit geknüpft und dadurch also auch von emotionaler Bedeutung für ihn.

Max Slevogt pflegte zu dieser Zeit in Frankfurt engen Kontakt mit Dr. Viktor Goering. Er war Verwaltungsdirektor im Zoologischen Garten und Bruder von Theodor Goering, Musikdirektor und Kritiker, sowie Slevogts langjähriger Freund aus München. Viktor Goering ermöglichte Slevogt das Studium und Malen von Tieren in ihren Käfigen und innerhalb der Parkanlage. Durch diesen Kontakt erhielt Slevogt teilweise auch Zutritt an Orte, die für normale Zoobesucher nicht erreichbar waren. Er konnte beispielsweise die Tiere aus den Gängen zwischen den Käfigen beobachten. In einem Brief an seine Frau vom 24. März 1901 schrieb er dazu:

„Inzwischen habe ich auch vielzählige Visiten bei sämtlichen Viechern gemacht, ohne mich entschließen zu können, womit anfangen. Separierte Räume giebt es speciell im Raubtierhaus kaum, ich muß mich also wohl an öffentliches Auftreten gewöhnen, - obwohl mir alles zu Gefallen getan wird, was eben geht.“2

Slevogt schuf in dieser relativ kurzen Zeit in Frankfurt nach eigenen Angaben 29 Ölbilder, sowie zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen. Die Reihenfolge in der sie entstanden sind ist nicht bekannt. Nur über wenige Werke gibt er in seinen Briefen Auskunft darüber, zu welchem Zeitpunkt sie entstanden sind. Mit dem Sujet die Tiere innerhalb ihrer Gehege oder im Park mit ihren Wärtern darzustellen betritt er kein neues Arbeitsfeld. Er stellte vor allem Löwen, Tiger, Panther, Leoparden, sowie verschiedene Affenarten und Papageien mehrfach dar.

3. Skizzen aus dem Frankfurter Zoo

Max Slevogt war für sein schnelles Arbeiten und seine zum Teil unvollendet wirkenden Werke bekannt. Auch im Frühjahr 1901 fertigte er im Frankfurter Zoo viele Skizzen an. Er zeichnete mit Bleistift, Feder, Pinsel und Tusche. Die Zeichnungen wurden teilweise farbig laviert oder aquarelliert. Slevogt benutzte dazu ein kleines Taschenbuch mit karierten Blättern und einen etwas größeren Skizzenblock.

Max Slevogt zeigte die Tiere in Gefangenschaft. Dies drückt er durch ihr träges und behäbiges Verhalten aus, das er in seinem Skizzenblock einfängt. Er interessierte sich bei den Raubtieren vor allem für ihre Eleganz und die Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen. In seinen Skizzen führt er häufig den Kopf sehr detailliert aus und umreißt den restlichen Körper nur großzügig. Die Linien wirken sehr flüchtig und schnell gezogen. Die Extremitäten der Tiere stellt er in ihren Bewegungsphasen mehrfach nebeneinander dar. Slevogt erfasst mit wenigen, wie tastend wirkenden, Linien neben der Physiognomie auch und vor allem den Stolz und die Anmut der Tiere. Dies scheint zunächst nicht zu dem Motiv des wilden Tieres in Gefangenschaft zu passen, doch Slevogt vereint diese Attribute der Tiere im Zoo. Auf der einen Seite zeigt er sie hinter schnell gezogenen Gitterstäben und relativ träge und unbewegt, auf der anderen Seite zeigt er trotzdem die Eleganz und Anmut der Tiere, die sie selbst in Gefangenschaft nicht gänzlich verlieren. Dies lässt sich besonders bei den Darstellungen der Raubtiere erkennen. Er zeichnete unter anderem Mungos, Schakale, Löwen, Tiger und Leoparden. Die Konturen der Tiere und Gegenstände sind weitgehend aufgelöst. Karl Scheffler sagte zu Slevogts Werk: „Die Studie ist zum Bild geworden und das Bild bewahrt die Ursprünglichkeit der Studie.“3

Es war nicht das erste Mal, dass Max Slevogt Tierstudien anfertigte. Es gibt ein weiteres Skizzenbuch aus dem Jahr 1889, in dem er sich der Darstellung von Tieren widmet. Slevogt begann dieses Skizzenbuch am Ende seiner Studienzeit und benutzte es hauptsächlich während seines Aufenthaltes in Italien 1890. Er zeichnet hier vor allem Rinder, Vögel und Enten. Es handelt sich dabei weniger um Tiere aus dem Zoo. Slevogt kommt es dabei auf eine realistische Darstellungsweise und die genaue Physiognomie der Tiere an.

Auch nach Slevogts Zeit im Frankfurter Zoo fertigte er Tierzeichnungen an. So gibt es ein weiteres Skizzenbuch, das um 1907/1910 datiert ist. Max Slevogt zeichnete in dieses Skizzenbuch Trabrennszenen und Pferdestudien. Sie entstanden auf der Trabrennbahn Weißensee in Berlin. Einer der Gründe für dieses Motiv mag neben den Studien auch gewesen sein, dass Cassirer Rennstallbesitzer und Züchter von Traberpferden war. Slevogt kam es bei den Trabergespannen vor allem auf die Bewegung und die Schnelligkeit an. Neben den Pferdegespannen führte er auch Einzelstudien durch, die genauer und detaillierter waren.

Generell fällt bei Slevogt auf, dass seine Skizzen nicht nur den Stellenwert einer Studie haben, die nur für den Maler bestimmt ist, sondern als eigenständige Werke wahrgenommen wurden. Der Begriff „Skizze“ ist mit der Vorstellung verbunden die Vorbereitung oder die Vorstufe eines großen, besseren Werkes zu sein. Es schwingt die Bedeutung etwas unvollendeten, unfertigen mit. Somit klingt der Begriff im Vergleich zu einem Gemälde eher abwertend und minderwertig.

Bei Slevogt jedoch war dies anders. Einzelne Seiten aus seinen Skizzenbüchern, die meist bis zum Rand gefüllt waren, wurden sogar herausgenommen und als eigenständige Werke verkauft.

4. Bildbeschreibung Schreitende Löwin im Käfig, 1901

Das Gemälde Schreitende Löwin im Käfig (Abb. 1) aus dem Jahre 1901 wurde mit Öl auf Leinwand gemalt und besitzt die Maße 52,5 x 58,8 cm. Es ist links oben mit „Slevogt 1901“ signiert. Im Bildvordergrund wird der Blick des Betrachters zunächst auf die nach links schreitende Löwin gelenkt. Sie nimmt einen großen Teil des linken Bildbereichs ein und wirkt sehr prächtig. Links von ihr scheint der Weg von einem aufstrebenden Mauerzwickel versperrt zu sein. Der Schatten der Löwin wird auf dem Steinboden sichtbar. Auf ihrem muskulösen Körper zeigt sich das Spiel von Licht und Schatten. Max Slevogt trägt hier mit schnellen Pinselstrichen die verschiedenen Brauntöne auf, die das nuancenreiche Fell der Löwin bilden. Sie hält sich im einzigen Bereich des Käfigs auf, der nicht vom hellen Sonnenlicht durchflutet wird. Slevogt betont durch die starke Überschneidung des niedrigen Gewölbes die Enge des Raumes in dem sich die Löwin aufhält und stellt diese im Gegensatz zu dem sich hinter der Löwin öffnenden Großkäfig. Ein hohes, enges Gitter begrenzt im Hintergrund das Gehege. Die Gitterstäbe werden oben von einem schmiedeeisernen Rundbogen überfangen, der auf Säulen aufliegt. Dicht vor dem Gitter im Hintergrund steht ein Löwe, der sich vom Betrachter abwendet. Mit dem Löwen setzt Slevogt ein wichtiges kompositorisches Gegengewicht zu der Löwin im Vordergrund, die in Nahsicht gezeigt wird und sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Durch die kleine Gestalt des Löwen vor dem hoch aufstrebenden Gitter verdeutlicht Slevogt die räumliche Weite des Käfigs. Büsche, Bäume und Besucher sind im Hintergrund angedeutet, ihre Konturen sind aufgelöst. Sie bestehen nur aus Farbtupfen und sind nur zu erahnen. Im Hintergrund trägt er die Farbe sehr dünn auf. Die Leinwand lässt er dabei stellenweise sogar durchblitzen. Die Farbgebung wird dadurch sehr hell und transparent. In einigen Partien trägt Slevogt das Grün der Bäume pastos auf den Bildträger auf. Er malt die Farbe des Hintergrunds in schnellen Schwüngen und malt so sogar über die Gitterstäbe.

4.1. Analyse

Diese Darstellung nimmt unter den Werken Slevogts aus dem Frankfurter Zoo eine besondere Stellung ein. Die Raubtiere werden auf den andern Gemälden meist hinter den Gitterstäben des Käfigs gezeigt. Max Slevogt wählt hier die Betrachterperspektive der gefangenen Tiere. Diese Perspektive eröffnet den Blick an den Tieren vorbei aus dem Käfiginneren heraus, auf Freiheit und Natur und gleichzeitig auf das begrenzende Gitter. Durch diese Betrachterperspektive wird zum einen eine gewisse Nähe zu den Tieren erzeigt, als könne man seine Hand ausstrecken und sie berühren, zum anderen wenden sich die so nah wirkenden Tiere gleichzeitig vom Betrachter ab. Dadurch strahlt das Motiv eine gewisse Sicherheit und Ruhe aus. Slevogt wählte diese Perspektive nur selten. Dieser Standort des Künstlers ist jedoch keineswegs zufällig oder der Phantasie des Künstlers entsprungen. Slevogt gibt hier die tatsächliche bauliche Situation des Raubtiergeheges wieder. Er befand sich mit seiner Staffelei in einem Besucherraum im Inneren des Gebäudes. Dieser Raum war durch eine Glaswand von dem Großkäfig getrennt und erlaubte Slevogt in Ruhe und möglichst unbeobachtet zu arbeiten.

5. Bildbeschreibung Zwei Leoparden im Käfig, 1901

Das Gemälde Zwei Leoparden im Käfig (Abb. 2) von 1901 misst 49 x 34 cm und wurde mit Öl auf Leinwand gemalt und auf Pappe aufgezogen. Das Gemälde zeigt zwei Leoparden, die sich in ihrem Käfig befinden. Der Betrachter steht vor dem Käfig und sein Blick fällt als erstes auf die dominanten Gitterstäbe. Sie sind mit olivbrauner, beiger und blauer Farbe zügig aufgetragen. Die senkrechten Striche sind dicht gesetzt und überspannen die gesamte Fläche. Das goldbraune Fell der zwei Leoparden zwischen den Gitterstäben, fällt erst auf dem zweiten Blick auf. Es bildet einen Kontrast zu dem sehr dunklen Hintergrund. Die Tiere sind liegend dargestellt. Beide nehmen hier eine ähnliche Haltung ein. Ihr Haupt ist erhoben und geradezu wachsam wiedergegeben. Einer der beiden Leoparden liegt links unten auf dem Boden des Käfigs. Der andere liegt zentral auf einem schräg nach vorn ragenden Ast, der sich etwas oberhalb der Bildmitte befindet. Trotz der erhöhten Position liegt das Tier genau auf der Höhe des Betrachters. Durch die einzige, horizontal verlaufende Gitterstrebe verleiht Slevogt dem Tier einen zusätzlichen Akzent. Gleichzeitig wird durch die horizontale Gitterstrebe der strikte Rhythmus der senkrechten Stäbe beruhigt. Der zweite Leopard bildet das kompositorische Gegengeweicht zum ersten. Die Körper der Tiere sind stark verkürzt dargestellt. Dies ist ein bildnerisches Mittel um räumliche Tiefe zu veranschaulichen, ebenso wie Überschneidungen. Slevogt negiert dies jedoch sofort wieder durch den folienhaften, dunklen Hintergrund. Durch den sehr kleinen Bildausschnitt und eben diesem sehr dunklen Hintergrund macht Slevogt hier die Enge des Käfigs deutlich, in dem die Tiere leben müssen. Unten rechts wird durch eine helle Fläche eine kleine Öffnung wiedergegeben. Durch diese können die Tiere in den benachbarten Käfig ausweichen. Hier verwendet Slevogt wieder die Ocker- und Gelbtöne die er schon bei dem Fell der Tiere benutzte und greift den Graublauton der Gitterstäbe auf. Damit schafft Slevogt eine ausgewogene Farbharmonie im Bild und gibt ihm eine interessante Lichtgebung.

[...]


1 Hans-Jürgen Imiela, Max Slevogt. Eine Monographie, Karlsruhe 1968, S. 55.

2 Imiela 1968, S. 363.

3 Karl Scheffler, Max Slevogt, Berlin 1940, S. 44.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Max Slevogts Tierbilder. Neues Motiv oder lange Tradition?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Max Slevogt
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V1014899
ISBN (eBook)
9783346427182
ISBN (Buch)
9783346427199
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Max Slevogt, Tierdarstellungen
Arbeit zitieren
Victoria Diefenbach (Autor:in), 2014, Max Slevogts Tierbilder. Neues Motiv oder lange Tradition?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014899

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