Extracto
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen
2.1 Denkfalle
2.2 Kognitive Verzerrung
2.2.1 Beispiele für kognitive Verzerrungen
2.3 Klassische Entscheidungstheorie
2.4 Neue Erwartungstheorie
3 Beispiel für Denkfehler in komplexen Systemen
3.1 Die Tschernobyl Katastrophe
3.2 Analyse der einzelnen Denkfallen
3.3 Analyse mittels neuer Erwartungstheorie
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
bspw. - beispielsweise
DF (1-6) - Denkfalle (1-6)
engl. - englisch
i.d.R. - in der Regel
Kap. - Kapitel
MW - Mega Watt
RBMK - RBMK ist ein Russisches Akronym, zu Deutsch etwa: Hochleis- tungs-Reaktor mit Kanälen
u.a. - unter anderem
sog. - sogenannte
z.B. - zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Wert- (links) und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion (rechts) der Prospect Theory
Abb. 2: Schematische Darstellung des Primärkreislaufs eines RBMK Reaktors (ohne Sekundärkreislauf)
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Täglich treffen wir mehrere tausende Entscheidungen. Das fängt morgens bereits beim Aufstehen an, sobald der Wecker klingelt. Aufstehen oder noch fünf Minuten liegen bleiben? Viele Entscheidungen sind so trivial, dass wir gar nicht bewusst darüber nachdenken. Andere hingegen haben weitreichende Konsequenzen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen. Es gibt zahlreiche Modelle, wie z.B. die klassische Entscheidungstheorie oder die neue Erwartungstheorie, die die wesentlichen Elemente der Entscheidungsfindung beschreiben und dabei unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Die klassische Entscheidungstheorie geht dabei von einem stark rationalen Menschenbild aus. Die neue Erwartungstheorie beschreibt menschliche Entscheidungen unter Unsicherheit. Jedoch weicht das reale Verhalten von Entscheidungsträgern oft und systematisch von den Modellen ab. Eine Erklärung für diese Abweichungen sind kognitive Verzerrungen, umgangssprachlich auch Denkfallen genannt. Diese entstehen aus der Limitierung denen die Entscheidungsträger, auf Grund der hohen Komplexität und Unsicherheit, ausgesetzt sind. Kognitive Verzerrungen beschreiben unbewusstes und fehlerhaftes Verhalten beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken, sowie Urteilen und können mit dem richtigen Fachwissen rechtzeitig erkannt und verhindert werden.
Auch in der Unternehmensführung haben kognitive Verzerrungen einen weitreichenden Effekt. Deshalb ist es auch für Manager und Führungskräfte notwendig die gängigsten kognitiven Verzerrungen und die Mechanismen zur Vorbeugung zu kennen.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, Denkfallen sowie Entscheidungsanomalien in komplexen Systemen zu erläutern und die Zusammenhänge an einem Beispiel aufzuzeigen. Dabei werden im zweiten Kapitel die grundlegenden Begriffe Denkfalle, kognitive Verzerrung, klassische Entscheidungstheorie und neue Erwartungstheorie bzw. Prospect Theory erläutert. Im dritten Kapitel wird ein Beispiel herangezogen, welches verdeutlichen soll wie Denkfallen bzw. kognitive Verzerrungen in komplexen Systemen entstehen. Dabei werden zunächst die einzelnen Denkfallen analysiert und anschließend mit der neuen Erwartungstheorie abgeglichen. Das vierte Kapitel rundet diese Arbeit mit einer kritischen Auseinandersetzung innerhalb der Zusammenfassung ab.
2. Grundlagen
2.1 Denkfalle
Sobald Problemsituationen zu Irrtümern führen, weil die in Gang gesetzten Mechanismen mit der Situation nicht zurechtkommen, spricht man von sog. Denkfallen. Auf Grund dieser Denkfallen können Fehldiagnosen, Design-, Programmier-, Bedienfehler und riskante Manöver entstehen. Der Begriff des Denkfehlers lässt sich als „Teil der Demarkationslinie des falsch Gedachten zum richtig Gedachten, also Teil des Umrisses des Falschen nahe der Grenze zum Richtigen“1 definieren. Somit sind es falsche Annahmen bzw. falsche Gedankengänge, die jedoch so plausibel erscheinen, dass sie intuitiv als richtig empfunden werden und man fast schon zwangsläufig in die Denkfalle tappt. Ist der Verdacht aber erst einmal geweckt, lassen sie sich ebenso mittels Kreativitätstechniken, Mathematik und Logik vermeiden. So wie viele optische Täuschungen sich bspw. durch das auflegen einer geraden Linie erkennen lassen, können auch Denkfallen mit dem richtigen Fachwissen verhindert oder zumindest minimiert werden.2
2.2 Kognitive Verzerrung
Statt Denkfehler wird in der Psychologie der Fachbegriff kognitive Verzerrung oder kognitiver Bias verwendet. Diese Bezeichnung kommt ursprünglich aus dem Englischen (cognitive bias) und bildet einen Sammelbegriff für fehlerhaftes Verhalten beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Es handelt sich dabei i.d.R. um unbewusste Handlungen, die auf kognitiven Heuristiken beruhen. Die sich daraus ergebenden falsche bzw. schlechte Entscheidungen basieren dabei nicht auf zufälligen Fehlern, sondern auf unterschiedlich stark gewerteten Faktoren. Um einen solchen Fehler (bzw. die systematisch fehlerhafte kognitive Verzerrung) zu bestimmen, bedarf es bestimmter Regeln die abgeprüft werden müssen. Das erfolgt anhand von Modellen, wie z.B. der mathematischen Wahrscheinlichkeitsberechnung. Daraus ergeben sich die richtigen bzw. rationalen Standards für Denkansätze und Entscheidungen. Alles, was systematisch davon abweicht, wird als falsch bzw. irrational bezeichnet.3,4 Kognitive Verzerrungen lassen sich demnach als Fehler bei der Informationsverarbeitung zusammenfassen.
2.2.1 Beispiele für kognitive Verzerrungen
Die folgenden Beispiele sind für diese Arbeit relevant, bilden aber nur einen Bruchteil der gängigen kognitiven Verzerrungen ab und sollen den Einstieg in Kap. 3 erleichtern.
Bei der Selbstüberschätzung (engl. overconfidence bias) handelt es sich um keine persönliche Eigenschaft einer Person, sondern eine vom Kontext abhängige. Menschen neigen tendenziell zum Überschätzen ihrer Fähigkeiten.
Zeitdruck an sich ist keine kognitive Verzerrung, wirkt sich jedoch enorm auf den Entscheidungsprozess aus. So nimmt bei Entscheidungen unter Zeitdruck die Anzahl der berücksichtigten Faktoren signifikant ab. Dadurch werden nur noch wenige Faktoren, dafür aber mit einer höheren Priorisierung, gewertet.5
Exponentielle Entwicklungen können oft selbst von Mathematikern und Physikern nicht vorhergesagt bzw. berechnet werden. Daher sollten wichtige Größen und Parameter nicht von Menschen geschätzt werden, stattdessen sollten mathematisch korrekt arbeitende Systeme wie Computerprogramme dazu verwendet werden.
Die Kontrollillusion (engl. illusion of cotrol) ist die Tendenz bestimmte Vorgänge kontrollieren zu können, die jedoch nicht kontrollierbar sind. Der Mensch neigt von Natur aus alle Geschehnisse kausal zu interpretieren, nach dem Motto: Jede Wirkung hat schließlich ihre Ursache und lässt sich somit beeinflussen und kontrollieren. Dieser Einfluss wird jedoch meistens sehr stark überschätzt.6
Die illusorische Korrelation (engl. illusory correlation) beschreibt die fälschliche Wahrnehmung eines Kausalzusammenhangs von Ereignissen, obwohl keine Korrelation vorhanden ist. Ein typisches Beispiel dafür ist, dass Haupt- und Nebenwirkungen nicht richtig in Rechnung gestellt werden. Die illusorische Korrelation ist eng mit dem Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias) verknüpft. Das ist die Neigung von Menschen Informationen so zu filtern und zu interpretieren, dass die eigenen Erwartungen erfüllt werden.
Positive Verstärkung beschreibt ein wiederholtes Verhalten einer Person auf bestimmte Ereignisse, welche in der Vergangenheit zu positiven Konsequenzen geführt haben. Dieser Effekt kann auch bei negativen Angewohnheiten auftreten, wie z.B. beim Schwarzfahren, wenn man dabei nicht erwischt wurde. Auf das negative Verhalten folgt keine negative Konsequenz, sondern eine Belohnung in Form von Ersparnis oder weniger Aufwand. Die positive Verstärkung ist ebenfalls eng mit dem Bestätigungsfehler verwandt.7
2.3 Klassische Entscheidungstheorie
Die klassische Entscheidungstheorie soll den Menschen dabei helfen bessere Entscheidungen zu treffen. Dabei wird untersucht wie Entscheidungen überhaupt zustande kommen. Denn nahezu alles, was die Menschen machen, basiert letztendlich auf Entscheidungen. Die klassische Entscheidungstheorie befasst sich nicht nur mit dem Entscheidungsverhalten von einzelnen Individuen, sondern auch von Gruppen und Organisationen. Wissenschaftler aus verschiedenen Fachgebieten, wie z.B. Ökonomie, Mathematik, Statistik, Psychologie, Soziologie, Politologie, Philosophie und Jura beschäftigen sich mit entscheidungstheoretischen Fragen. Es wird zwischen präskriptiver (bzw. normativer) und deskriptiver (bzw. kognitiver) Entscheidungstheorie unterschieden.
Bei der präskriptiven Entscheidungstheorie steht nicht die Realität im Vordergrund, sondern die Empfehlungen, die in bestimmten Entscheidungssituationen getroffen werden sollen. Ein Beispiel dafür ist das Konzept des Homo Oeconomicus, dessen Entscheidungen auf Grundlage der vollständigen Informationen zweckmäßig auf die Nutzenmaximierung ausgerichtet sind. Die deskriptive Entscheidungstheorie hat hingegen zum Ziel reales Entscheidungsverhalten zu beschreiben, zu erklären und zu prognostizieren.8 Dabei spielen auch Informationsaufnahme, -verarbeitung und -weitergabe beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen eine entscheidende Rolle. Denn durch bestimmte Faktoren, wie z.B. Zeitdruck, beschränkte Rationalität und Heuristiken entstehen Denkfallen und kognitive Verzerrungen bei der Informationsverarbeitung.9
2.4 Neue Erwartungstheorie
Bis zu den späten 1970er Jahren ging man noch von einem stark rationalen Menschenbild in der Entscheidungstheorie aus. 1979 stellten Kahneman und Tversky eine realistischere alternative zur klassischen Entscheidungstheorie vor. Die neue Erwartungstheorie (bzw. „New“ Prospect Theory oder Prospect Theory) ist eine empirische Erweiterung der klassischen, deskriptiven Erwartungstheorie. Sie basiert jedoch im Gegensatz auf der Annahme, dass der Mensch Verluste stärker verabscheut, als er Gewinne liebt. Anwendung findet die Prospect Theory überwiegend in der Entscheidungstheorie als ökonomisches, betriebswirtschaftlichen oder auch verhaltensökonomisches Werkzeug. Die Grundlagen der Prospect Theory lassen sich mit Hilfe der Wert- und Wahrscheinlichkeitsgewichtsfunktion in Abb. 1 veranschaulichen, die auf den Ergebnissen von Kahneman und Tversky basieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Wert-10 (links) und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion11 (rechts) der Prospect Theory
Aus der Wertfunktion geht hervor, dass die subjektive Werteinschätzung z.B. bei 1.000€ Verlust höher empfunden wird, als bei 1.000€ Gewinn. Der Referenzpunkt wird von der Position bestimmt bei der weder ein Verlust noch ein Gewinn entsteht und stellt den unveränderten Zustand (Status quo) dar. Aus der Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion kann man ableiten, dass geringe subjektive Wahrscheinlichkeiten i.d.R. überbewertet und subjektive hohe Wahrscheinlichkeiten unterbewertet werden. An den Punkten null und eins kommt es zu Sprungstellen, an denen bereits auf minimale Veränderung der subjektiven Wahrscheinlichkeit extrem reagiert wird. An dem Wendepunkt stimmen objektives und subjektives Empfinden überein (liegt i.d.R. bei 0,3-0,4 p).12,13
[...]
1 Hesse, C. (2011), S. 20.
2 Vgl. Hesse, C. (2011), S. 20f.
3 Vgl. Pohl, R. (2004), S. 5ff.
4 Vgl. Gigerenzer, G. (1955), S. 85ff.
5 Vgl. Schönwandt, W. (1984), S. 86f.
6 Vgl. Stangl, W. (o.J.).
7 Vgl. Dörner, D. (2015), S. 53.
8 Vgl. Gillenkirch, R. (o.J.).
9 Vgl. Riesenhuber, M. (2006), S. 70.
10 Vgl. Tversky, A. / Kahneman, D. (1979), S. 279.
11 Vgl. Tversky, A. / Kahneman, D. (1992), S. 310f.
12 Vgl. Tversky, A. / Kahneman, D. (1979), S. 279ff.
13 Vgl. Tversky, A. / Kahneman, D. (1992), S. 309ff.
- Citar trabajo
- M.Sc. Artur Janke (Autor), 2018, Entscheidungsanomalien in komplexen Systemen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014917
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