Methoden der Entwicklungspsychologie


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2000

12 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichniss

1. Entwicklungspsychologie , geschichtlicher Rückblick
1. 1. Die „vorwissenschaftliche Periode „
1. 2. Die „ wissenschaftliche Periode“
1. 3. Die klassische Kinder- und Jugendpsychologie und ihre Gruppierungen

2. Das Rüstzeug der modernen Entwicklungspsychologie

3. Die wissenschaftlichen Forschungsmethoden der modernen Entwicklungspsychologie
3. 1. Das Experiment und der Test

1. Entwicklungspsychologie, geschichtlicher Rückblick

Die Entwicklungspsychologie nimmt innerhalb der Wissenschaften vom Menschen, insbesondere in den Sozialwissenschaften eine wichtige und besondere Stellung ein. Laut einer Definition, bemüht sich eine moderne Entwicklungspsychologie um das Verständnis der Dynamik der Kräfte, welche die Erscheinungen der Entwicklung bewerten. Sie soll als Basiswissenschaft der Pädagogischen Psychologie dem pädagogischen Handeln, der Erforschung der Persönlichkeit, allen Störungsmöglichkeiten und dem psychotherapeuthischen Tun dienen (zum Beispiel der Bestimmung des besten Zeitpunktes um etwa Motorik, Wahrnehmung und Denken eines Menschen zu fördern). Dabei bedient sie sich verschiedener methologischer Ansätze, d.h. verschiedener Gangarten der Untersuchung aus den Bereichen der Humangenetik, der Psychoanalyse, der Sozialpsychologie, der Soziologie und den Lerntheorien, um oben genannte Dynamik der Entwicklungen besser erkennen zu können. Die Entwicklungspsychologie selbst ist von einer ziemlich lebhaften, durch verschiedene, unterschiedliche Strömungen durchzogenen Geschichte gekennzeichnet, die offensichtlich werden läßt, daß das Feld der Entwicklungspsychologie ziemlich komplex und somit um so schwerer von anderen, verwandten Wissenschaften abzugrenzen ist. Deshalb ist ein „Beleuchten“ ihrer Geschichte und Entwicklung unverzichtbar, um letztendlich ihre „Wurzeln“ und die daraus entwickelten Forschungsmethoden betrachten zu können:

Hierbei sind drei wichtige Einflüsse zu nennen, nämlich die Naturwissenschaft am Ende des 19. Jahrhunderts, die Geisteswissenschaft im Zeitraum des Jugendstils und des weiteren die sozioökonomischen Entwicklungen(Materialismus/Sozialismus). Sie haben das Wesen der Entwicklungspsychologie in den letzten Jahrhunderten stark geprägt, wobei die Anfänge der Entwicklungspsychologie natürlich weiter zurückreichen.

1. 2. Die „vorwissenschaftliche Periode“

Als „Vertreter“ der Antike sei an dieser Stelle Platon genannt, der davon ausgeht, daß dem Menschen die Fähigkeiten schon angeboren sind, d.h. das sich bei jedem Kind bereits charakteristische Eigenschaften und Fähigkeiten bemerkbar machen. Der griechische Philosoph vertritt in diesem Sinne die sogenannte „Präformationstheorie“-„Vorformung“(zusammen mit Goethe), die besagt, daß die Entwicklung ein Auseinanderfalten eines in der Vorform schon Gegebenen bedeutet. Ganz im Gegensatz dazu formuliert der Philosoph John Locke seine Vorstellungen vom Bild des neugeborenen Menschen. Er geht davon aus, daß jedes Kind eine „tabula rasa“, ein unbeschriebenes Blatt sei, für dessen Entwicklung ausschließlich Umwelt und Erziehung von Bedeutung sind. Fast im Gleichklang dazu stehen die unterschiedlichen Lerntheorien, die den Menschen als einen Lernenden darstellen, der mit wenigen Grundbedürfnissen ausgestattet, Fähig- und Fertigkeiten erst erlernen muß. In diesem Zusammenhang ist weiters auch der Begriff „Epigenese“zu nennen, der die Entwicklung als das Werden des Endgültigen aus einem völlig Ungegliederten, aus einer noch nicht dem Endgültigem vergleichbaren Form sieht. Auch der Franzose J. J. Rousseau liefert einen Beitrag zu den verschiedenen, oft gegensätzlichen Ansichten, durch die das Feld der Entwicklungspsychologie gekennzeichnet ist. Er bezeichnet das Neugeborene als einen „edlen Wilden“, der durch das Eingebettetsein in eine „erzieherische Gesellschaft“ verändert, ja verdorben wird. Als letztes Beispiel möchte ich eine These nennen, die in der Romantik durch Herder und Fröbel vertreten wurde. Sie besagt, daß die Phase der menschlichen Individualentwicklung der Entwicklung der gesamten Kultur und Menschheit entspricht. All diese genannten Punkte sind des weiteren auch unter dem Gesichtspunkt interessant, daß in der Entwicklungspsychologie zwischen einer „vorwissenschaftlichen“ und einer „wissenschaftlichen“ Periode unterschieden wird und oben erwähnte Theorien der „vorwissenschaftlichen“ Periode zugeschrieben werden, die im heutigen Verständnis der modernen Entwicklungspsychologie lediglich auf die „wissenschaftliche“ Periode einwirken, auf deren wichtigste Strömungen bzw. Charakteristika und Methoden ich jetzt kurz eingehen werde.

1. 3. „Die „wissenschaftliche Periode“

Die „wissenschaftliche“ Entwicklungspsychologie nimmt ihren Anfang mit Charles Darwin, dem Begründer der biologischen Evolutionstheorie. Diese regte nun auch das verstärkte Interesse für die seelische Entwicklung des Menschen an, Begriffe wie „Phylogenese“(Entwicklung der gesamten belebten Natur) und „Ontogenese“(Entwicklung des Individuums) wurden Bestandteil des „Biogenetischen Grundgesetzes“ von Haeckel. In dieser Zeit entstand auch der Ausdruck „Vergleichende Psychologie“, dieser Begriff beschreibt das Interesse, psychische Funktionen, Eigenschaften, Verhaltensweisen und Erlebniswelten in möglichst einfacher, ursprünglicher Form kennenzulernen(heute Gegenstand der Allgemeinen Psychologie). Wichtige Teildisziplinen der Vergleichenden Psychologie waren die Kinder-, Patho-, Tier- und Völkerpsychologie.

An der Wende des 20. Jahrhunderts kam es zu einer neuen Richtung, dem „Behaviourismus“, der Verhaltenspsychologie. Somit wurde der wichtigste Schritt von den (zu) subjektiven Aussagen der menschlichen Versuchspersonen über bewußtes Erleben, zu den „wissenschaftlich objektiven“ Verhaltensbeobachtungen vollzogen, welche zum größten Teil die Grundlage der heutigen Forschung darstellt.

1. 3. „Die klassische Kinder- und Jugendpsychologie“ und ihre Gruppierungen“

Da die von mir besuchte Lehrveranstaltung ausschließlich Hauptaugenmerk auf die Kinder- und Jugendpsychologie legte, möchte ich kurz auf die verschiedenen Gruppierungen der „klassischen Kinder- und Jugendpsychologie eingehen. Hier ist zum einen die „Wiener Schule“ zu nennen, die eine biologisch- experimentell orientierte Kinderpsychologie vertrat. Nachdem der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Untersuchungen anfangs auf sogenannte Kausalgesetze gelegt wurde, d.h. auf die endogenen (anlagemäßigen) Ursachen, kam es nun zu einer verstärkten Betrachtung der sozialen Einflüsse(Mutter-Kind-Beziehung). Dabei bediente sich die Wiener Schule in der kinderpsychologischen Forschung der „kontrollierten Beobachtung“ und des „Experimentes“, während einer ihrer Vertreter, Ch. Bühler, in seinen jugendpsychologischen Arbeiten vor allem auf Tagebücher, Briefe und Autobiographien von Jugendlichen zurückgriff. Doch schon damals wurden diese Methoden als wissenschaftlich zu wenig exakt angesehen. Doch kam es dabei in der Jugendpsychologie zu einem verstärkt „geisteswissenschaftlichen Einfluß“, d.h. es fand eine Begegnung zwischen Literatur und Psychologie statt. Der Wiener Schule und ihren Schülern hat die Entwicklungspsychologie jedoch eine Vielzahl von entwicklungspsychologischen Tests zu verdanken. Eine weitere Gruppierung in dieser „klassischen“ Phase bildet die von der Schulpädagogik angeregte Entwicklungspsychologie. Im Vordergrund ihrer Untersuchungen standen Probleme der Schulreife, der altersentsprechenden Eignung zu bestimmten Fächern und das „alterstypische Denken“. Ein bedeutender Vertreter (Kroh) stellte fest, daß die Kinderzeit psychisch nicht nur in allem eine Durchgangs-, Reifungs- und Lernzeit für das Erwachsenenalter ist, sondern daß es auch in Kindheit seelische Erscheinungen gibt, welche im Erwachsenenalter nicht mehr vorhanden sind. Dies begründete er auf seine wahrnehmungspsychologischen Experimente, er ging dabei „induktiv“(vom beobachteten Einzelvorgang) vor. Ein weiterer Verdienst dieser Richtung stellt der „Intelligenztest“ dar , der im Laufe der Zeit eine häufige Veränderung erfahren hat. Ursprünglich sollte er schwachbegabte Kinder in der Volksschule „auslesen“ und sie somit einer besonderen Beschulung zuzuführen.

Als letzte Gruppierung ist in diesem Zusammenhang die geisteswissenschaftliche Entwicklungspsychologie zu nennen. Hierbei zitiere ich einen bedeutender Satz des Philosophen und Psychologen Diltheys, der als Leitmotiv dieser Richtung verstanden wurde: „Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir“.

Der wichtigste Vertreter, Spranger stellte die These auf, daß Eros und Sexus(geistige und körperliche Liebe) zu trennen seien. Dies wurde als eine Art „Abstempeln“ der Sexualität zu einer menschlichen Äußerung niedrigerer Ordnung angesehen. Zweites Grundthema Sprangers bildet seine Ansicht, die Reifezeit als eine Zeit der „Ich -Findung zu beschreiben.

Auch weitere Vertreter der geisteswissenschaftlichen Entwicklungspsychologie haben durch ihre Betrachtungen dazu beigetragen, Querverbindungen zur Philosophie und Literatur zu schaffen.

2. „Das Rüstzeug der modernen Entwicklungspsychologie“

Als abschließenden Teil zur geschichtlichen Entwicklung der Entwicklungspsychologie“ möchte ich an dieser Stelle noch einzelne Disziplinen der Psychologie kurz erwähnen, die mit ihren Methoden und Ergebnissen sozusagen das „Rüstzeug“ der modernen Entwicklungspsychologie darstellen.

Im Bereich der Psychoanalyse, am bekanntesten vertreten durch ihren Begründer S. Freud , wirkte vor allem das Hervorheben der Wichtigkeit und Bedeutung der Erfahrungen aus der Kindheit für das Werden der Persönlichkeit auf die Entwicklungspsychologie und überzeugte dabei auch die Lerntheoretiker. Für die moderne entwicklungspsychologische Richtung in der Psychoanalyse sind vor allem Spitz und Erikson von Bedeutung. Ersterer hat klinische Erfahrungen der Psychoanalyse über die Entstehung der Sozialbeziehungen des Menschen und seiner Kommunikationsfähigkeit, seiner Beziehungsfähigkeit, vor allem der Sprache, mit den Methoden der Wiener Schule der Entwicklungspsychologie verbunden. Benutzt wurden dabei die in Wien entwickelten Baby- und Kleinkinder- Tests. Erikson brachte in seiner Eigenschaft als Kinderpsychotherapeut die biologische Entwicklung des Kindes in Zusammenhang mit den sozialen Einflüssen der Gesellschaft, repräsentiert durch die Mutter. Mögliche soziale Einflüsse werden ebenfalls durch die sozialwissenschaftliche Orientierung der Entwicklungspsychologie beleuchtet. Besonders Soziologen und Sozialpsychologen untersuchen hierbei die Einstellungen von Jugendlichen und das sozioökonomische Milieu und dessen Einwirkung auf die Entwicklung des Heranwachsenden. Eine weitere Disziplin, die Einfluß auf die Entwicklungspsychologie nimmt, wird in Form der lerntheoretischen Schulen dargestellt. Sie liefern Konzepte und Anregungen nicht nur für die Entwicklungspsychologie, sondern auch für die Pädagogische Psychologie und auch im Bereich der Didaktik. Als Errungenschaften dieser Disziplin sind die Sprachlabors, das programmierte Lernen und die Lernmaschinen erwähnenswert.

Der biologische Aspekt der E. psychologie wird durch die vergleichende Verhaltensforschung (Verhaltensphysiologie) und die Humangenetik bestimmt. Erstere untersucht das Verhalten verschiedener Tierarten auf seine Ähnlichkeiten und sucht nach angeborenen Verhaltensschema, die durch spezifische Situationen ausgelöst werden. Hier wird weiters erforscht, inwieweit angeborene Schemata und ihre Auslöser auch die Entwicklung des Menschen beeinflussen.

In Folge dieser sämtlichen Entwicklungen geht man davon aus, daß man die heutige Entwicklungspsychologie in mehrere Aspekte unterteilen kann:

Zum einen wäre hier der genetische(entwicklungsmäßige) Aspekt zu erwähnen, der die Entwicklung als das ganze Leben betreffende Erscheinung betrachtet. Weiters ist der persönlichkeitstheoretische Aspekt von großer Bedeutung, in diesem Falle wird die erwachsene Persönlichkeit als etwas Gewordenes gesehen, Charakter und Symptomatik eines Menschen sind nur aus seiner Entwicklung, aus seiner Biographie zu verstehen. Als letzter Punkt ist noch die soziale Komponente zu berücksichtigen. Unter diesem Aspekt versteht man die gegenseitige Beeinflussung der Gesellschaftswissenschaften (Soziologie und Sozialpsychologie) und der Entwicklungspsychologie. Ein Schlagwort hierfür ist der Begriff „Sozialisierung“, er meint die Einführung in den Sozialorganismus und die damit verbundene Einflußnahme der Kultur und Gesellschaft auf die Entwicklung des Kindes. In diesem Zusammenhang sind auch die Begriffe „endogen“ und „exogen“ zu erwähnen. In der Entwicklungspsychologie ist ihr Anteil an der menschlichen Entwicklung von sehr großer Bedeutung und teils auch umstritten. Endogene Steuerung meint dabei das vorgeburtliche Wachstum, das im Laufe der Entwicklung des Menschen von exogenen Faktoren(soziale Prägung) übertroffen oder wechselseitig beeinflußt wird.

3. „Die wissenschaftlichen Forschungsmethoden der Entwicklungspsychologie“

Nun möchte ich zum eigentlichen Inhaltsschwerpunkt meiner Arbeit übergehen, dem Betrachten der methologischen Forschungsmethoden, denen sich die Entwicklungspsychologie, in diesem speziellen Fall im Bereich der Kinder- und Jugendpsychologie, bedient, um ihre Untersuchungsergebnisse und somit gezogenen Schlußfolgerungen wissenschaftlich objektiv zu begründen. Der Großteil der Aussagen über menschliches Denken, Fühlen und Tun stützt sich auf die Ergebnisse psychologischer Forschung. Damit versucht die Psychologie im allgemeinen grundlegende Ursachen und Mechanismen des Denken und Handelns zu erklären. Oberstes Prinzip aller Forschungsmethoden und Voraussetzung für ihre wissenschaftliche Exaktheit bildet das Prinzip der Wiederholbarkeit, d.h. wenn sich eine Untersuchung wiederholen läßt und dabei die ursprünglichen Ergebnisse reproduziert werden können. Um jedoch die Richtigkeit der „Wissenschaftlichkeit“, der positivistischen Grundauffassung der Entwicklungspsychologie in Frage zu stellen, genügt es dies an einfachen Beispielen zu veranschaulichen: schon im Bereich der Psychoanalyse, in der Freud Grundlagen des menschlichen Verhaltens mit Hilfe von Trieben, die im Unbewußten angesiedelt sind( bzw. dorthin „abgeschoben“ werden) erklärt, müssen sich Psychologen und Psychologinnen mit einer „Wertung“ zurückhalten, oder sie lehnen Freuds Theorien ab, da man sie im wissenschaftlichen Sinne weder beweisen noch widerlegen kann. Durch ihre Konzentration auf den „unbewußten“ Bereich der Psyche und den Umstand, daß sich die Ideen Freuds auf klinisches Material stützen, werden laut der Entwicklungspsychologie eine Vielzahl von Interpretationen zugelassen, d. h. sie sind nicht „objektiv überprüfbar“. Jedoch gilt ja gerade die Überprüfbarkeit in der modernen Psychologie als unverzichtbar. Freuds Theorien werden letzten Endes nur eine Beeinflussung der Psychologie zugesprochen, spielen aber innerhalb dieser Wissenschaften keine zentrale Rolle. Freud geht nämlich weiters davon aus, daß die grundlegenden Triebe des Menschen schon angeboren sind, das Individuum ihnen also nicht entrinnen kann. Dieser Umstand paßt natürlich nicht in die Vorstellungen der Psychologie bzw. der Entwicklungspsychologie, die schon aufgrund ihres gesamten wissenschaftlichen „Forschungsapparates“ davon ausgehen „müssen“, daß die Psyche dem Menschen „zu eigen“ ist, er sie also im Griff hat und sie leicht veränderbar ist. Damit fällt es den Wissenschaften nämlich erheblich leichter, Aussagen darüber zu machen und ihren Anspruch auf Objektivität und Gesetzmäßigkeit aufrecht zu erhalten. Hier zeigt sich in vollendeter Weise die positivistische, willkürlich zurechtgerückte Wirklichkeit, die es der Wissenschaft zweifellos erleichtert, konstruierte, gesetzte Tatsachen unter Kontrolle zu halten.

Ganz in diesem Sinne verfährt und untersucht man mit der Forschungsmethode des „Behaviorismus“- der Verhaltensforschung. Diese Methode betrachtet den Organismus von außen, hier findet eine direkte Verbindung von Reiz und Reaktion statt, d.h. man beschäftigt sich mit Reizen, die auf den Organismus einwirken, sein Verhalten verändern oder formen, „offensichtlich erkennbare Tatsachen“. Die Ansichten des Behaviorismus sind in Folge dessen ziemlich optimistisch, d.h. positivistisch, da er davon ausgeht, daß alleine bestimmte Umweltbedingungen ein Kind total verändern könnten. Mit Hilfe von „Indikatoren“, dem dahinterliegenden Messen, wird das Verhalten betrachtet und als Ausgangspunkt genommen, um es anschließend messen zu können. In Wirklichkeit werden damit Aussagen über Dinge gemacht, die überhaupt nicht meßbar sind.

Wie „wackelig“ die „wissenschaftliche Gerüste“ mit all ihren sog. „wissenschaftlichen Forschungsmethoden“ in Wirklichkeit sind, und wie aus Folge daraus alle Ergebnisse und aufgestellten Behauptungen uns plötzlich nicht mehr so „exakt“ erscheinen müßten, zeigt auch der Umstand, daß bereits beim Erklären der verschiedensten methodischen Möglichkeiten von seiten der Entwicklungspsychologen selbst immer wieder neue Beschränkungen und „Hindernisse“ auftauchen, die dann in „gewisser Weise“, bei „speziellen Fällen „oder auch „umständehalber“ Untersuchungen beeinflussen „könnten“. Das demonstriert allein schon eine „Einteilung“ der Forschungsmethoden unter folgenden Gesichtspunkten: dabei kommt es auf die Persönlichkeit des Untersuchers(Ausbildung, Arbeitsmöglichkeiten, Interessen), auf die „Sicherung“ der Beobachtung(„Grad der Kontrollierbarkeit der Bedingungen), auf die Quellen und Materialien(die Forschung zugrunde liegen), auf die Art des Gegenstandes der Forschung und auf den Zeitraum, auf den sich Forschung erstreckt, an. Ziemlich viele Punkte, die man aber offensichtlich immer im Griff zu haben scheint, sonst ließen

sich ja nicht so viele, wissenschaftlich fundierte und überprüfbare Fakten veröffentlichen wobei die Entwicklungspsychologie jedoch selbst angibt, daß das richtige Auswählen einer für das Lebensalter, für soziale, ökonomische, ethnologische und für die jeweiligen Bildungsgruppen adäquaten, richtigen Methode ein großes Problem darstellt, oder besser gesagt: „dies eine besondere Kunst der Entwicklungspsychologie ist“. Und die Wissenschaft räumt noch ein weiteres Problem in ihrer allmächtigen Aussagekraft ein: es geht um die angestrebte, ideale Verknüpfung „methodischer Exaktheit“ und praxisorientierte Lebensnähe. Dies stellt offensichtlich eine große Schwierigkeit für die Entwicklungspsychologie dar, denn sie gilt es zu erreichen, um einen weiteren Garanten für maximale wissenschaftliche Exaktheit zu besitzen.

3. 1. „Das Experiment und der Test“

Bei der Fragestellung nach „Forschungsmethoden“ in der Entwicklungspsychologie fallen sofort Begriffe wie „Experiment“ oder „Test“. Auch hier gibt es klare Aussagen und Vorstellungen von seiten der Entwicklungspsychologen: es wird zum einen der Anspruch gestellt, daß Experimente die „größte wissenschaftliche Genauigkeit“ besitzen müssen. Dazu ist jedoch der „Idealfall“ Voraussetzung, daß ein wissenschaftlich geschulter Untersucher gleichzeitig in „natürlichem“Bezug zum Untersuchten steht. Unter der angesprochenen „methodischen Exaktheit“ versteht man dabei, daß eine Untersuchungssituation umso exakter ist, desto künstlicher, desto spezieller die jeweilige Situation für die Untersuchung geschaffen worden ist. Zu all diesen günstigen Voraussetzungen für eine „objektive“ Untersuchung muß jetzt natürlich der „subjektive“ Aspekt ausgeschlossen werden. Dazu ist eine Kontrolle, eine Sicherung der Beobachtungen erforderlich. Dies bedeutet ein „Auslöschen“ der sogenannten „persönlichen Konstante“, welche die mögliche Wahrnehmungstäuschung eines Menschen meint, d. h. er neigt dazu seine Beobachtungen zu verfälschen.

Auch gibt es zwei Arten der Beobachtung, die unkontrollierte (Interpretationen von Bildern) und die kontrollierte(Tests, Experimente) Beobachtung. Natürlich wird Hauptaugenmerk auf die kontrollierte Beobachtung gelegt, weil hier der das Verhalten formende oder auslösende Reiz bekannt ist. Kennzeichnendes Merkmal für den Test ist, daß er ausschließlich der Untersuchung des Individuums dient.

Der bekannteste seiner Art ist wohl der sog. „Intelligenztest“. Der Begriff „Intelligenz“ beschreibt hierbei laut Definition die „geistige Anpassungsfähigkeit an neuartige Anforderungen“, es wird von Leistungen auf Intelligenz geschlossen. Größtenteils hat sich jedoch eine falsche Vorstellung in den Köpfen der Menschen festgesetzt, die Intelligenz als “objektiv meßbare“ Größe ansehen, wobei selbst Entwicklungspsychologen einräumen, daß mit dieser Methode nur Leistungen gemessen werden können, die vom Autor des Tests zuvor selbst willkürlich bestimmt werden und somit die ganze „Angelegenheit“ wieder in ein völlig anderes Licht gestellt wird. Weitere Methoden stellen neben den verschiedenen Tests auch Umfragen in Form von Fragebögen oder Interviews dar, deren Ergebnisse dazu dienen sollen, herauszufinden, was Menschen über einen Bereich menschlichen Lebens denken und fühlen. In diesen Fällen muß natürlich sehr stark bezweifelt werden, inwiefern daraus gewonnene Ergebnisse als für die Gesellschaft repräsentative Werte dargestellt werden können. Allein schon das Problem, das insbesondere bei Fragebögen existiert, läßt klar erkennen, daß hier mehrere Faktoren der Beeinflussung von seiten der Fragestellung, des Fragestellers selbst, praktisch der Methode überhaupt, existieren. Es wird hier ja selbst von seiten der Entwicklungspsychologen eingeräumt, daß schriftlich erklärte Einstellung und das tatsächliche Verhalten unterschiedlich sein kann. Damit dürfte wohl das hochgesteckte Ziel der Objektivität im Sinne der Wissenschaft von vorne herein gescheitert sein. Trotzdem läßt es sich die gesamte Psychologie nicht nehmen, auf diese Weise gemachte Untersuchungsergebnisse als allgemeingültige Tatsachen hinzustellen.

Wie bereits erwähnt ist auch das Experiment ein wichtiges Hilfsmittel der Forschungsmethoden. Es meint die Untersuchung „allgemeiner Gesetzmäßigkeiten“, hier erfolgt eine Einteilung in „unabhängige“(künstliche Beobachtungssituation) und „abhängige Variable“(Verhalten des Untersuchten, das auf Reizkombination der Untersuchung eintritt). Beim Auswahlverfahren der Versuchspersonen wird unter anderem zwischen der Stichprobe(sample) und der Zufallsauswahl(random) unterschieden. Diese Verfahren werden angewendet, da die „wissenschaftliche Objektivität“ nur glaubwürdig hergestellt werden kann, wenn vermieden wird, daß Personen mit besonderen Vorbedingungen das Ergebnis einer Untersuchung auf spezifische Art verändern. Hierbei stellt sich als Konsequenz die Frage, ob schon nicht das grundlegende Auswahlverfahren, die Auswahlkriterien das „Kartenhaus der wissenschaftlichen Konstruktionen“ zum Einsturz bringen können.

Als letztes inhaltliches Beispiel zur Lehrveranstaltung möchte ich noch das Thema „Aggression“ und Aggressionsmotive bzw. -ursachen betrachten. Hier wird von der Entwicklungspsychologie die Auffassung vertreten, daß die Ursachen aggressiven Verhaltens durch den familiären und sozialen Kontext bestimmt und aufrechterhalten werden. Die Aggression selbst wird dabei als das„stabilste menschliche Sozialverhalten „ angesehen. Bei der sog. „Ursachenforschung“ wird auch die Bedeutung der prä- und perinatalen Faktoren untersucht, jedoch: eindeutiger fallen die Forschungsergebnisse zu den familiären Ursachen der Aggression aus(z. B. nörglerisches Erziehungsverhalten der Eltern, harte Strafen, soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit). Ganz deutlich erkennt man in diesem Falle, daß sich die Entwicklungspsychologie wiederum auf den sozialen Kontext des Menschen bezieht, sie das Verhältnis der Gesellschaft auf die Psyche und umgekehrt beleuchtet. Es ist dabei wie erwähnt wichtig aufzuzeigen, daß die Psyche des Menschen in einen „unbewußten“ und „bewußten“ Teil getrennt wird. Dies ist eben auch am Beispiel der Aggression zu erkennen, wo die moderne Entwicklungspsychologie z. B. Theorien Freuds, welcher Aggression als Folge einer Triebunterdrückung des Menschen von seiten der Gesellschaft sieht, aus schon genannten Gründen ablehnt.

Überhaupt läßt sich aus dieser Reihe von Beispielen und aus dem vorhergehenden geschichtlichen Rückblicken klar erkennen, daß die moderne Entwicklungspsychologie in ihrem Forschen den „wissenschaftlichen Schritt“ vollzogen hat, d. h. der Anspruch auf Objektivität, nach klarer, exakter Erkenntnis, hat zum Beispiel als Folge dazu geführt, daß es zu einer immer größer werdenden Distanzierung von der Psychoanalyse kam. Da es sich die heutige Entwicklungspsychologie nun einmal zur Aufgabe gemacht hat, die „Norm“, das durchschnittlich normale, in ihrer Forschung zu erfassen, werden natürlich Erkenntnisse Freuds stark bezweifelt, da dieser es ja mit „Kranken“ zu tun hatte. Sie hat es dadurch auch zweifellos geschafft, eine anerkannte „wissenschaftliche Disziplin“ zu werden, kennzeichnend dafür unter anderem das schizogene Denken(z. B. das Spalten von Psyche und Seele, das Trennen von „bewußt“ und „unbewußt“, das Abtrennen von ihren eigenen, geschichtlichen Anfängen), die Konzentration auf das „objektive“(Gegensatz dazu das „subjektive Empfinden“ des Menschen), das positivistisch motivierte Tatsachen- und Ergebnissetzen, das sie aus ihrer großen Anzahl von ziemlich dubiosen Forschungsmethoden gewinnen konnte, und nicht zu vergessen, ihre ganze Reihe von Begriffsdefinitionen, die helfen, das ganze erstellte Konstrukt aufrecht zu erhalten. Das Prinzip des Trennens und Herrschens hat auch der Entwicklungspsychologie auf den ersten Blick „wissenschaftliche Glaubhaftigkeit“ verschafft (obwohl der Begriff „Glauben“ nicht in ihren Wortschatz gehören darf), die wohl so logisch erscheint, daß man ihr nur schwer widerstehen kann.

Auf jeden Fall haben auch hier Empirismus und Rationalismus gesiegt, war letztendlich ja die „logische“ Konsequenz

Quellen: “Einführung in die moderne Entwicklungspsychologie“, Walter J. Schraml „Psychologie- eine Einführung“, Julia Berryman

„Entwicklungspsychologie“, Rolf Oerter/ Leo Montada

Fin de l'extrait de 12 pages

Résumé des informations

Titre
Methoden der Entwicklungspsychologie
Université
University of Innsbruck
Cours
Methodenlehre
Note
1
Auteur
Année
2000
Pages
12
N° de catalogue
V101902
ISBN (ebook)
9783640003105
Taille d'un fichier
351 KB
Langue
allemand
Mots clés
Methoden, Entwicklungspsychologie, Methodenlehre
Citation du texte
Gabriel Auer (Auteur), 2000, Methoden der Entwicklungspsychologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101902

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Titre: Methoden der Entwicklungspsychologie



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