Französische Jugendsprache und Zeitgeist im Wandel. Negative Beeinflussung durch soziale Medien?


Term Paper, 2021

12 Pages, Grade: 2,3

Anonymous


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Inhalt

1. Einleitung

2. Jugend
2.1. Definition
2.2. Bildung von Peergroups

3. Jugendsprache
3.1. Begriffserklärung
3.2. Geschichte
3.3. Sprachliche Besonderheiten der französischen Jugendsprache

4. Vielfalt der französischen Jugendsprache
4.1. Argot
4.2. Verlan

5. Entlehnungen
5.1. Anglizismen
5.2. Arabismen

6. Social Media und ihr Einfluss auf die jugendsprache
6.1. Definition Soziale Medien
6.2. Die Kommunikation der Jugendlichen auf den sozialen Medien
6.3. Besonderheiten der Online-Kommunikation unter Jugendlichen
6.4. Instagram
6.5. Werbung auf Social Media

7. Sprachverfall durch internetbasierte Kommunikation

8. Fazit

9. Bibliographie

1. Einleitung

Bei der Vorstellung ihres von Le Robert herausgegeben Wörterbuchs „Les mots du bitume“ im Jahr 2017 betonte die Linguistin und Autorin Aurore Vincenti mit großem Nachdruck, dass „la santé d’une langue repose avant tout dans sa capacité ä se renouveler“ (Vincenti 2017: sudoeust). Gegenüber dem Sender FranceInfo appelliert sie kurz nach der Veröffentlichung ihres Werkes an alle Kritiker der Jugendsprache, diese nicht als Verarmung der französischen Standardsprache zu verurteilen. Ihre Forderung signalisiert deutlich die aktuelle Notwendigkeit, sich mit dem Thema Jugendsprachen und ihrer Rolle in der heutigen französischen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Doch wie lässt sich ihr Aufruf zu Toleranz und Offenheit gegenüber der heutigen Jugendsprache, die den Zeitgeist der digitalen Medien widerspiegelt, mit der strengen Sprachpolitik Frankreichs vereinbaren? Im ersten Teil der Ausarbeitung wird der Begriff Jugend definiert und die Bildung von Peergroups erklärt. Der zweite Teil setzt sich mit dem Thema Jugendsprache auseinander. Nach der Erklärung des Begriffs Jugend werden die Geschichte und die sprachlichen Besonderheiten der französischen Jugendsprache erläutert. Anschließend wird die Vielfalt der französischen Jugendsprache am Beispiel des Verlan und des Argot behandelt. Im Anschluss werden Entlehnungen aus dem Englischen und Arabischen veranschaulicht. Der letzte Teil thematisiert die sozialen Medien und ihren Einfluss auf die französische Jugendsprache. Nach der Begriffserklärung für Social Media folgt eine Analyse der Kommunikation Jugendlicher im Netz. Sprachliche und stilistische Besonderheiten der Online-Kommunikation unter Adoleszenten insbesondere auf der Plattform Instagram sowie die Rolle der Online-Werbung werden erörtert. Abschließend wird untersucht, ob der Vorwurf berechtigt ist, dass die internetbasierte Kommunikation der Jugend die Sprachentwicklung des Französischen negativ beeinflusst.

2. Jugend

2.1. Definition

Den Begriff Jugend definiert der französische Soziologe Pierre Bourdieu als einen „statut temporaire, mi-enfant, mi-adulte“ (Métailié 1978: 145) und er versteht somit diese Lebensphase als Übergang zwischen Kindheit und Erwachsensein. Dabei werden drei Phasen unterschieden. Auf die pubertäre Phase eines Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren folgen die nachpubertäre Phase der Adoleszenten im Alter von 18 bis 20 Jahren und die Lebensphase als junger Erwachsener von 22 bis 25 Jahren (vgl. Schäfer 1980: 13f).

Mit dem Ziel, sich von der Erwachsenenwelt abzugrenzen, schließen sich gleichaltrige Jugendliche und Gleichgesinnte zu einer sogenannten Peergroup zusammen. Auf der Suche nach Orientierung dient die Peergroup als Bezugsgruppe, wobei man zwischen drei Bereichen distinguiert, was die Funktion einer Peergroup betrifft. In der Entwicklung eines jungen Menschen gibt es eine physische, psychische und soziale Komponente und somit ist er vielen unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Der Heranwachsende sucht neue Bindungen, die er in der Peergroup findet. Es ist erwähnenswert, dass eine Peergroup jedoch nicht nur als Quelle für den Erwerb wichtiger sozialer, sprachlicher und kultureller Kompetenzen dient, sondern auch Gefahren birgt, was das Risikoverhalten von Jugendlichen angeht. Insbesondere im Jugendalter spielt auch die digitale Kommunikation über soziale Online Netzwerke, die für die Peergroup-Aktivitäten genutzt werden, eine immer größere Rolle (vgl. Schäfer 1980: 25ff).

3. Jugendsprache

3.1. Begriffserklärung

Mit der Intention, sich vom Sprachstil der Erwachsenen zu distanzieren und das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu fördern, entwickelt die Gruppe eine eigene Sprache. Um ihre Gefühle, wie zum Beispiel Freude, Enttäuschung, Wut und Angst auszudrücken, kreieren sie neue Begriffe. Laut Definition ist die Jugendsprache ein „mündlich konstituiertes von Jugendlichen in bestimmten Situationen verwendetes Medium der Gruppenkommunikation“ (vgl. Neuland 2018: 90). Sie setzt zwar die Standardsprache voraus, zeichnet sich jedoch durch ihren innovativen, spielerischen und dynamischen Charakter aus (vgl. Zimmermann 1993: 122). Da die Jugendlichen hinsichtlich der Wortfindung und der Gestaltung ihrer Sprache äußerst einfallsreich sind, ist ihre Sprechweise für Außenstehende nur schwer oder gar nicht zu verstehen. Um jugendsprachliche Wendungen deuten zu können, muss man demnach über ein spezifisches kulturelles Wissen verfügen. Primär ist die Jugendsprache eine diastratische Varietät, kann aber nachrangig durchaus auch eine diaphasische bzw. eine situationsbezogene Varietät sein. Die Jugendsprache ist ein Soziolekt, heterogener Natur und kommt nur innerhalb der Peergroup zur Anwendung. Daraus resultiert, dass es nicht nur eine Jugendsprache gibt. Bei genauer Betrachtung sind es Jugendsprachen, die sich nicht nur regional, sondern auch von Peergroup zu Peergroup unterscheiden. Es gibt viele verschiedene Gründe, die zur Entstehung von Jugendsprachen führen. So können beispielsweise die Aspekte Coolness, Assimilation, Unsicherheit aber auch Kreativität eine wichtige Rolle spielen (vgl. Sinner 2014: 154). Den Begriff Jugendsprache zu erklären, fällt schwer, denn was zum jetzigen Zeitpunkt als Jugendsprache definiert wird, war vorher noch unbekannt und ist später bereits überholt (vgl. Bedjis 2015: 295ff).

Es ist eine sprachwissenschaftliche Erkenntnis, dass sich jede Sprache weiterentwickelt und von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. Auch Jugendsprachen unterliegen einem permanenten Wandel und folglich kreiert jede junge Generation ihre eigene Jugendsprache. Allerdings fehlen, was die Geschichte der französischen Jugendsprache betrifft, authentische Dokumente, weshalb sich ihre Anfänge sehr schwer nachvollziehen lassen. Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs hat sich die Jugendsprache auch außerhalb des Vokabulars entwickelt und somit wurde ein Grundstein für eine aktive Sprachfamilie der Jugend mit vielen Ebenen gelegt. Detaillierte und dynamische Entwicklungen der Jugendsprache sind seit den 80er Jahren feststellbar. Ab diesem Zeitpunkt war auch ein wachsendes Interesse an der Sprache der jungen Generation spürbar. Mit der Anpassung des Wirtschaftsmarktes an jugendliche Wünsche wurde der Bekanntheitsgrad der Jugendsprache gesteigert. Darüber hinaus bieten die neuen Medien und sozialen Netzwerke eine neue Zukunftsperspektive und beeinflussen zunehmend die Jugendsprachen. Junge Menschen äußern sich nun öffentlich und auch schriftlich auf den Online-Plattformen (vgl. Bedjis 2015: 295ff).

3.3. Sprachliche Besonderheiten der französischen Jugendsprache

Die französische Jugendsprache weist viele sprachliche Merkmale auf. Da komplexe Zeitformen, wie zum Beispiel das Subjonctif, bei den Jugendlichen äußerst unbeliebt sind, vermeiden sie diese gerne. Der Einfachheit halber lassen sie bei der Verneinung das ne weg. Eine grammatikalisch wichtige Methode der Jugendsprache ist die Konversion, d.h. die Wortveränderung von Wortklassen ohne morphologische Veränderung. Das Beispiel c’est un créatif verdeutlicht, dass das ursprüngliche Adjektiv créatif zu einem Substantiv wird. Ein weiteres morphologisches Merkmal ist die Vereinigung von Formen, wenn unter anderem Adjektive nicht an die Person und Zahl angeglichen werden, wie zum Beispiel un long journée. Außerdem zeichnet sich die französische Jugendsprache durch ihre sprachlichen Intensivierungen aus beispielsweise durch Präfixe (super beau), durch Intensivierungselemente (complètement belle) und durch bezeichnende Substantive (une bëte de fille) (vgl. Bedjis 2015: 302ff). Charakteristisch für die französische Jugendsprache sind geheimsprachliche Phänomene wie Silbentausch und Silbenredupklikation (vgl. Sinner 2014: 158). Ein häufig verwendetes Ausdrucksmittel der Jugend sind zudem Abkürzungen. Auch die Apokopierung einer bis mehrerer Silben ist bei den Jugendlichen sehr beliebt. Exemplarisch für Apokopen ist die Verwendung des Begriffs ciné anstatt cinéma. Metaphern sind auch ein bevorzugtes Stilmittel der Teenager. Man verwendet unter anderem die Redewendung allumer qqn, um auszudrücken, dass jemand mit einer anderen Person flirtet. Auf der Ebene der Phonologie und der Phonetik ist festzustellen, dass der Sprechakzent bei den Jugendlichen meist auf der vorletzten Silbe liegt. Generell haben Adoleszenten einen schnellen Redefluss. Sie verschlucken Laute und Silben oder lassen sie einfach weg. In der Praxis sind verbale und gestische Begrüßungsrituale unter jungen Leuten üblich. Dies führt zu einer Exklusion von nicht dazugehörigen Personen. Die Ausdrucksweise der Jugendlichen ist nur schwer mit der normalen Sprechweise vergleichbar, denn Sprachregister lassen sich hier nicht anwenden. Durchaus gebräuchlich sind in der Jugendsprache auch Vulgarismen. Eine derbe, obszöne Wortwahl und Schimpfwörter finden sich in der Jugendsprache. So kommen beispielsweise auch Beleidigungen als Begrüßungsform unter Heranwachsenden vor. Die Mitglieder der Peergroup sehen sich als eine Familie und verwenden entsprechende Bezeichnungen, wie Bruder oder Schwester. Teenager erfinden außerdem gerne Spitznamen (vgl. Bedjis 2015: 302ff). Auffallend ist darüber hinaus, dass Wörter und Ausdrücke aus der Drogenszene in der Jugendsprache verwendet werden (vgl. Zimmermann 1993: 124).

4. Vielfalt der französischen Jugendsprache

Wie viele andere Sprachen besteht auch die französische Sprache trotz der strengen französischen Sprachpolitik aus ganz verschiedenen Varietäten. Erwähnenswert sind dabei vor allem der Argot und der Verlan.

4.1. Argot

Der Argot ist ein historischer Soziolekt der französischen Sprache. Das Wörterbuch Le Grand Robert definiert den Argot als usage langagier propre ä un milieu de malfaiteurs, destiné ä l’origine ä garantir la discrétion des échanges, et comprenant, soit un lexique particulier, soit des procédés traitant les mots connus de tous (Skarlet Mark).

Um sich von den noblen Schichten abzuheben, wurde der Argot vom einfachen Volk erfunden. Im 17. Jahrhundert diente er als Geheimsprache von Bettlern und Banditen. Zu neuem Leben verhalf dem Argot die Generation neuer Zuwanderer in den 1980er Jahren. Die Argot-Lexik wird vor allem in den Pariser Banlieues gesprochen. Die Pariser Vororte sind bekannt als soziale Brennpunkte, gekennzeichnet von einer hohen Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Problemen wie Drogenkonsum. Infolgedessen bringen die Sprecher des Argots ihre Probleme und Ängste durch die erschwerten Lebensbedingungen zum Ausdruck. Die Vermischung der Kulturen hat auch eine Verschmelzung der Sprachen zur Folge und dementsprechend ist eine massive Ausbreitung des Argots in der Umgangssprache erkennbar. Im heutigen Französisch wird Argot als die sozial niedrigste Varietät im frangais populaire gesehen, da viele abwertende Ausdrücke und Schimpfwörter im Argot verwendet werden (vgl. Skarlet Mark).

4.2. Verlan

Der Verlan nahm seinen Ursprung im 19. Jahrhundert im Arbeitermilieu und Migrantenviertel der Pariser Vororte und diente dazu, die eigene Identität mit einer Gruppensprache zu stärken.

Außerdem war der Verlan die Sprache der Gauner und Diebe, um Polizisten irre zu führen. Im Laufe vieler Jahrzehnte hat sich der Verlan in nahezu allen Alters und Gesellschaftsgruppen etabliert. Der Verlan ist bis heute ein prominentes Symbol der Jugend und eine verbreitete Spielsprache, da Silben und Buchstaben innerhalb eines Wortes in ihrer Reihenfolge vertauscht werden. Schon der Begriff Verlan ist selbsterklärend und bedeutet sinngemäß (a) l’envers. Das wesentliche Merkmal dieser Sprache ist, dass man sie ursprünglich für die mündliche Kommunikation verwendete und sie nicht als Schriftsprache diente. Durch die Verwendung im Film und in der Musik wurde der Verlan ab den 1970ern immer populärer und ab den 1990ern nutzten Künstler der Hip-Hop-Szene und Rapper diese Jugendsprache für ihre Songs. Eine bestimmte Form des Verlan aus einem festen Vokal bestehend versteht inzwischen mehr oder weniger jeder in Frankreich, wie beispielsweise den Begriff meuf für Frau. Wie sich im Verlan das Wort arabe für Araber in beur verwandelt, zeigen diese Schritte der Wortbildung. Zunächst wird der letzte Vokal unterdrückt oder auch ein Vokal hinzugefügt, wenn es nötig ist. Aus arabe wird demnach arabeuh. Nun folgt eine Teilung des Wortes in Silben zu ara-beuh. Schließlich werden die Silben verdreht und es entsteht das Wort beuh- ara. Die letzte Silbe des neuen Wortes wird letztendlich verkürzt oder ganz weggelassen. Das Ergebnis ist beur (vgl. Stein 2014: 177f).

5. Entlehnungen

Um ihren Wortschatz zu bereichern, nutzen Jugendliche genau wie viele andere Sektoren der Gesellschaft die Methode der Entlehnung aus anderen Sprachen (vgl. Zimmermann 1993: 124).

5.1. Anglizismen

Während die Académie frangaise stets um die Reinheit des Französischen bemüht ist und versucht, die Auswirkungen der Globalisierung auf die Sprache einzudämmen, dringen immer mehr Anglizismen in die französische Sprache ein und dominieren den französischen Alltag, die Wirtschaft, Medienlandschaft und die moderne Kommunikation im Netz. Die allgegenwärtige Präsenz der englischen Sprache unter anderem auch in der Musik- und Filmszene führt dazu, dass das Englische einen immer größeren Einfluss auf die französischen Jugendlichen und ihre Sprache nimmt. Für die Übernahme von englischen Begriffen in französische Redewendungen ist der Ausdruck On y go anstelle von On y va exemplarisch (vgl. Berlitz).

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Details

Title
Französische Jugendsprache und Zeitgeist im Wandel. Negative Beeinflussung durch soziale Medien?
College
University of Mannheim
Grade
2,3
Year
2021
Pages
12
Catalog Number
V1020369
ISBN (eBook)
9783346413543
ISBN (Book)
9783346413550
Language
German
Keywords
französische, jugendsprache, zeitgeist, wandel, negative, beeinflussung, medien, Verlan
Quote paper
Anonymous, 2021, Französische Jugendsprache und Zeitgeist im Wandel. Negative Beeinflussung durch soziale Medien?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1020369

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