Unterhaltungswirkung von zwei Kommentatoren bei Fußball TV-Übertragungen. Unterhaltung durch Medien aus der Rezeptionsperspektive


Hausarbeit, 2017

23 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Der Kommentar in der TV-Sportberichterstattung
2.2 Konsumkapital
2.3 Unterhaltung durch Medien aus der Rezeptionsperspektive
2.4 Flow-Theorie

3. Forschungsstand und Hypothesen

4. Methodisches Vorgehen

5. Weiterführende Forschungsmöglichkeiten

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AV abhängige Variable

MV Moderatorvariable

o. Jg. ohne Jahrgang

UV unabhängige Variable

WM Weltmeisterschaft

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Flow als mittleres Erregungsniveau zwischen Langeweile und Überforderung

Abbildung 2: Untersuchungsmodell

Abbildung 3: Flow-Modell, übertragen auf das Untersuchungsmodell

1. Einleitung

Fußballübertragungen, insbesondere solche von Welt- und Europameisterschaften, erreichen und bewegen weltweit Millionen von Menschen aus verschiedensten Altersgruppen und sozialen Schichten (Meier & Hagenah, 2016). Der Fußball spricht Fernsehsportkonsumenten in der Regel sehr gut an, da er dem Zuschauer unter anderem Identifikation, Emotionen, Gemeinschaftserleben und die Flucht aus dem Alltag bieten kann (Aimiller & Kretschmar, 1995). Zudem ist er in Deutschland ein „[...] regelmäßiger, fast ganzjähriger Programmschwerpunkt“ (Kühnert, 2004, S. 22). Dementsprechend lukrativ ist auch das Geschäft mit den Übertragungsrechten für Fußballübertragungen im TV. Alleine für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 wurden von den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF rund 210 Mio. Euro für die Rechte an den Live-Übertragungen gezahlt (Spielgel.de, 2015). Dass solche Summen sich für die Käufer der Rechte durchaus rentieren, lässt sich exemplarisch an den Zuschauerzahlen in Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2014 belegen. Hier lag der Zuschauerschnitt über sämtliche Spiele hinweg bei 12,33 Mio., der Marktanteil bewegte sich im Maximum bei 87,6% (32,4 Mio. Zuschauer) (Gerhard & Zubayr, 2014). Für 57% deutschen TV-Konsumenten ist Fußball die Sportart, die sie sich am liebsten im Fernsehen anschauen (statista.com, 2016). Sport im Allgemeinen und Fußball im Speziellen ist also in der deutschen Medienlandschaft optimal geeignet, um Reichweitensteigerungen zu generieren. Zudem haben Synergieeffekte wie z.B. Zuschauerbindung (bzw. Hörer- und Leserbindung bei Radio- und Printmedien) weitere positive Auswirkungen auf die ausstrahlende Medienanstalt (Schwier, 200). Es lässt sich also feststellen, dass Fußball TV-Übertragungen aufgrund ihrer Reichweite und ihrer finanziellen Bedeutung von großer gesellschaftlicher Relevanz sind. Eine wichtige Rolle während einer solchen Fußball TV-Übertragung nimmt der Kommentator ein, denn dieser gibt dem Rezipienten in Echtzeit akustische Informationen zum visuellen Geschehen (Vögele & Gölz, 2016) und beeinflusst so maßgeblich die Wahrnehmung der Übertragung (Bryant, Comisky & Zilmann, 1977; Danneboom, 1988; Klimmt, Bepler & Scherer, 2006; Schaffrath, 2003; Vögele & Gölz, 2016). Umso erstaunlicher ist es, dass in Deutschland in der Regel nur ein Kommentator von den Fernsehanstalten eingesetzt wird, während in den meisten anderen Ländern weltweit zumeist zwei Kommentatoren eingesetzt werden. In dieser Arbeit wird deshalb ein Versuchsdesign entworfen, welches untersuchen soll, wie sich das Unterhaltungserleben von Rezipienten mit verschiedenen fußballspezifischen Vorerfahrungen (Konsumkapital) bei Fußball TV-Übertragungen ändert, wenn statt einem Kommentator zwei Kommentatoren eingesetzt werden. Als Grundlage und zur Erklärung von möglichen unterschiedlichen Unterhaltungserlebnissen wird dabei auf die Flow-Theorie von Mihály Csíkszentmihályi (1975) zurückgegriffen. Im Idealfall kann nach der Durchführung des in dieser Arbeit dargestellten Versuchs eine klare Empfehlung für oder gegen zwei Kommentatoren bei Fußball TV-Übertragungen gegeben werden.

2. Theoretischer Hintergrund

2.1 Der Kommentar in der TV-Sportberichterstattung

Hackforth (1975) beschreibt den Kommentar in der TV-Berichterstattung als Kommentierung und Erläuterung des audiovisuellen Geschehens. Vor allem die optischen Eindrücke müssen durch den Kommentator durch zusätzliche verbale Informationen aufgewertet werden. Da das visuelle Element in der TV-Sportberichterstattung immer im Vordergrund stehen muss, sollte der Kommentator durch vollständige, grammatikalische sinnvolle und einfache Sätze das Ereignis mit seiner Stimme begleiten, es jedoch nicht überlagern (Hackforth, 1975). Der Kommentator kann als ein Zuschauer bezeichnet werden, der stellvertretend mit allen anderen Fernsehzuschauern das verbalisiert, was diese wahrscheinlich ebenfalls sagen würden. Er teilt mit diesen emotionale Zustände wie z.B. Hoffnungen, Ängste, Befürchtungen, Freude, Unverständnis oder Wut. Er kann, sofern er selbst vor Ort ist, die Stimmung in der Spielstätte wiedergeben und so die Stimmung und Reaktionen des Publikums im Stadion transportieren.

„Sie würden auch emotional mitgehen, wenn vor leeren Rängen gespielt würde, da es für Kommentatoren um nichts anderes geht, als die Hoffnungen und Befürchtungen, die mit dem Ausgang des Wettkampfes verknüpft sind, und die das Drama des Ereignisses ausmachen, durch Verbalisierung emotional zu spiegeln: Das ist vom Reporter einzubringende Resonanz, da ist er Verstärker und gelegentlich auch Dämpfer.“ (Hattig, 1994, S.284)

Als stellvertretender Zuschauer liefert der Kommentator damit sozusagen die emotionale Resonanz zu den Fernsehbildern, in welche der Zuschauer dann möglicherweise mit einstimmt und so ein positives Gefühl des „sich verstanden fühlen“ bekommt (Ebers, 2008). Neben der emotionalen Komponente muss der Kommentator zudem noch rein informative Passagen in seine Arbeit integrieren, um dem typischen Spielfluss, welcher in der Regel zwischen aufregenden Torraumszenen und normalem Spiel im Mittelfeld wechselt, gerecht zu werden. So möchte der Zuschauer z.B. wissen, welcher Spieler der ballführende Spieler ist, welcher Spieler den letzten Pass gespielt hat, welche taktische Ausrichtung eine Mannschaft gerade einnimmt, wer aus dem Gewühl heraus das Tor geschossen hat oder warum der Schiedsrichter in einer unübersichtlichen Situation gepfiffen hat. Das Offensichtliche sollte dabei nicht übermäßig betont werden, denn es besitzt für den Zuschauer keinen besonderen Mehrwert, da er es selbst beobachten kann. So möchte der Zuschauer zum Beispiel nicht hören, dass beide Mannschaften das Spiel gewinnen wollen, sondern er will eine Erklärung, warum gerade dieses Spiel für die Mannschaften von so großer Wichtigkeit ist (Booth, 2008). Ein guter (Fußball-)TV-Kommentator braucht also neben einer angenehmen und markanten Sprechstimme noch ein herausragenden Verständnis des Spiels und des Reglements, ein wachsames Auge, einen geschickten Umgang mit dem Einsatz von Emotionen und Informationen und, da die Kommentierung bei Live-Übertragungen quasi in Echtzeit geschieht, eine schnellen Verbindung zwischen Gehirn und Mund.

2.2 Konsumkapital

Die großen Diskrepanzen in einzelnen Sportarten bei der Nachfragen nach TV-Übertragungen lassen sich nicht alleine mit Einflussfaktoren wie Wettbewerb, Popularität, Spannungsgrad oder Relevanz der Sportart erklären. In Deutschland beispielsweise ist Fußball unangefochtener Spitzenreiter bei Einschaltquoten, nur die Formel 1 kann da noch ansatzweise mithalten. Andere Sportarten haben dabei fast keine Möglichkeiten, Sendeplätze zu bekommen (Woratschek & Schafmeister, 2006). Eine Erklärung für dieses Phänomen bietet die Theorie des Konsumkapitals, welches ursprünglich von Stigler und Becker (1977) für allgemeine Konsumobjekte modelliert wurde und später von Schellhaaß und Hafkemeyer (2002) auf den für diese Arbeit relevanten Bereich des Mediensports angewandt wurde. Demnach verfügen Konsumenten nicht über vollständige Informationen über das Konsumobjekt, der Nutzen von selbigem ist jedoch abhängig von der Kenntnis darüber. Das bedeutet also, dass der Nutzen einer Sportübertagung für den Zuschauer umso größer ist, je mehr er über diese Sportart weiß. Eine längerfristige Beschäftigung sowie erhöhter kommunikativer Austausch über die Sportart führen also dazu, dass das Wissen über die Sportart und damit das Konsumkapital und der Nutzen des Zuschauers an der Sportübertragung steigt. Woratschek & Schafmeister (2006, S. 74) stellen deshalb folgende Vermutung auf: „Fußball ist vermutlich deswegen so populär in Deutschland, weil viele Kinder selbst einmal Fußball gespielt haben und sei es nur auf einer Wiese oder einer Straße.“ Das Basiswissen über den Fußball, und damit ein gewisses Konsumkapital, ist so bei einem Großteil der Deutschen schon vorhanden. Sie müssen keine anderen Ressourcen wie Zeit und Energie dafür aufbringen, sich dieses Konsumkapital anzueignen, was das Konsumieren des Sports im TV für sie auf Anhieb leichter und attraktiver macht. Wie groß das Konsumkapital bei Zuschauern von Fußball TV-Übertragungen ist, hängt also maßgeblich vom Grad des Wissens und der Erfahrung über die Sportart Fußball an sich ab.

2.3 Unterhaltung durch Medien aus der Rezeptionsperspektive

Die Unterhaltung als Rezeptionsphänomen wird von der Rezeptionsforschung „[...] als eine spezifische Wirkung eines Programms bzw. eine spezifische Erlebensweise während der Medienrezeption verstanden“ (Bilandzic, Schramm & Matthes, 2015, S. 166). Nach Bosshart und Macconi (1998, S. 4) ist dieses Erleben bzw. diese Wirkung auf bestimmte Dimensionen zurückzuführen, welche sich bei Vorhandensein bzw. vermehrtem Auftreten positiv auf das Unterhaltungserleben auswirken. Deshalb haben Vorderer, Klimmt und Ritterfeld (2004, S. 388) auch das Rezeptionsvergnügen in den Mittelpunkt des Erlebensaspekts gestellt und Unterhaltung als „positive reaction towards the Media and its contents“ beschrieben. Zudem beeinflussen verschiedene Voraussetzungen der Medienangebote und -nutzer das Rezeptionsvergnügen und damit die Unterhaltung. Das Unterhaltungserleben durch Rezeption von Medien kann also erzeugt werden durch die Stimulation von „[...] Sinneskanälen und motorischen Handlungen, durch das Evozieren und Regulieren von Emotionen, durch das Mitfühlen mit Medienfiguren, aber auch durch kognitive und intellektuelle Herausforderungen [...] “ (Bilandzic et al., 2015, S. 168). In den letzten Jahren hat sich im Feld der Unterhaltungsforschung jedoch ein Paradigmenwechsel vollzogen. Während die klassischen Ansätze sich auf die Befriedigung hedonistischer Bedürfnisse als Erklärungsansatz beschränken, gehen die heutigen Ansätze zunehmend davon aus, dass Unterhaltung auch durch die Befriedigung nonhedonischer Bedürfnisse wie z.B. sinnstiftende oder bedeutsam empfundene Erlebensaspekte positiv beeinflusst werden kann (vgl. Hofer, 2013; Oliver & Bartsch, 2010; Oliver & Raney, 2011; Ryan & Deci, 2000,; Reinecke, Vorderer, & Knop, 2014; Tamborini et al., 2011; Vorderer, 2011). Trotz der Fülle an theoretischen Erklärungsansätzen kann also noch keine einheitliche und integrative Theorie für die Unterhaltung durch Medien präsentiert werden. Im folgenden Abschnitt wird deshalb nur die Flow-Theorie von Csíkszentmihályi (1975) genauer vorgestellt, da sich diese Arbeit und das Versuchsdesign auf diese stützen.

2.4 Flow-Theorie

Mihály Csíkszentmihályi begann die Entwicklung der Flow-Theorie, als er für seine Doktorarbeit Künstler untersuchte. Diese verbrachten mit höchster Konzentration und maximalem Enthusiasmus täglich viele Stunden mit der Arbeit an ihren Kunstwerken. Es stellte sich jedoch heraus, dass viele der Künstler das Interesse an ihren Werken komplett verloren, sobald sie die Arbeit an selbigen abgeschlossen hatten. Dazu ergab eine Befragung, dass die Mehrzahl der Künstler gar nicht primär darauf aus waren, Wohlstand oder Ruhm durch ihre Werke zu erlangen. Es spielten also weder Belohnungen wie Geld oder Anerkennung, noch das künstlerische Endprodukt eine entscheidende Rolle im Schaffensprozess (Getzels & Csíkszentmihályi, 1976). Die Belohnung musste also in der intrinsisch motivierten Tätigkeit selbst liegen. In Folgestudien wurden dann weitere Personen, die Tätigkeiten ohne materielle oder große soziale Anerkennung ausübten, zu ihrer Erlebensweise während der Ausübung der Tätigkeit befragt. Es kristallisierte sich eine Erlebensweise heraus, die als „Flow“ bezeichnet wurde, da das Handeln dabei oft als „fließend“ beschrieben wurde. Eine wichtige Bedingung für das Flow-Erlebnis ist dabei das Gleichgewicht von Fähigkeiten und Anforderungen:

„Die Leistungsfähigkeit des Handelnden und die Anforderungen einer Tätigkeit müssen einigermaßen im Gleichgewicht sein. Wenn eine Tätigkeit zu wenig Anforderungen an eine Person stellt, tritt eher Langeweile als Flow auf. Umgekehrt führen überhöhte Anforderungen zum Erleben von Angst. [...] Eine Passung zwischen Anforderung und Fähigkeit muß nur aus der subjektiven Sicht des Handelnden bestehen. Darüber hinaus sind die Begriffe Anforderungen und Fähigkeiten hier relativ weit gefaßt.“ (Csíkszentmihályi & Schiefele, 1993)

Die Flow-Theorie beschreibt also den optimalen Zustand, wenn eine Person eine Aktivität durchführt, die für ihre Fähigkeiten ausreichend fordernd ist, sodass weder Überforderung noch Langeweile entsteht (Csíkszentmihályi, 1975). Diese Balance aus Komplexität der Tätigkeiten und Fähigkeiten des Tätigen lässt sich sehr gut auf das Feld der Medienrezeption übertragen. Die Komplexität der Tätigkeit wird hierbei durch die Komplexität bzw. Schwierigkeit des Medienangebots ersetzt. Ist diese Komplexität im Vergleich zu den Wahrnehmungs- und Verarbeitungsfähigkeiten des Rezipienten zu hoch, entsteht für diesen ein Gefühl der Überforderung und Belastung. Dies schmälert für den Rezipienten den Unterhaltungswert des Medienangebots. Genauso hat eine zu geringe Komplexität (gemessen an den Fähigkeiten des Rezipienten) des Medienangebots eine negative Auswirkung auf das Unterhaltungserleben, denn der Rezipient fühlt sich nun unterfordert und gelangweilt (Bilandzic et al., 2015). Dieser Zusammenhang ist sehr gut in folgendem graphischen Modell veranschaulicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Flow als mittleres Erregungsniveau zwischen Langeweile und Überforderung (Sherry, 2004, S. 322).

Wenn davon ausgegangen wird, dass Flow-Erleben gleich Unterhaltungserleben ist, dann ist also nach der Flow-Theorie das Unterhaltungserleben eines Medienrezipienten maximiert, wenn die Informationsfülle und -komplexität des Medienangebots den Rezipienten weder überfordert noch unterfordert (Bilandzic et al., 2015).

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Unterhaltungswirkung von zwei Kommentatoren bei Fußball TV-Übertragungen. Unterhaltung durch Medien aus der Rezeptionsperspektive
Hochschule
Deutsche Sporthochschule Köln
Note
1,3
Jahr
2017
Seiten
23
Katalognummer
V1020421
ISBN (eBook)
9783346415240
ISBN (Buch)
9783346415257
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsumkapital, Medienwirkungsforschung, Sportmedien, Flow-Theorie, Flow, Mihaly Csikszentmihalyi, Kommentatoren, Fußball-Kommentatoren, TV-Kommentar, Kommentatoren im Sport, Sportjournalismus, Unterhaltungserleben, Medienrezeption
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Unterhaltungswirkung von zwei Kommentatoren bei Fußball TV-Übertragungen. Unterhaltung durch Medien aus der Rezeptionsperspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1020421

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