Interkultureller Literaturunterricht in der Grundschule. Cornelia Funkes "Fabers Schatz"


Dossier / Travail de Séminaire, 2021

27 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Literaturunterricht in der Grundschule
2.1. Literaturdidaktische Kompetenzen
2.2. Aufgaben und Ziele des Literaturunterrichts
2.3. Methoden des Literaturunterrichts

3. Interkultureller Literaturunterricht in der Grundschule
3.1. Interkulturelles Lernen in der Grundschule
3.2. Ziele des interkulturellen Lernens
3.3. Methoden des interkulturellen Lernens
3.4. Vermittlung von interkulturellem Lernen
3.5. Möglichkeiten und Schwierigkeiten interkulturellen Literaturunterrichts ..

4. Cornelia Funkes „Fabers Schatz"
4.1. Interkulturalität im Buch
4.2. Umsetzungsmöglichkeit im interkulturellen Literaturunterricht
4.3. Chancen für den interkulturellen Literaturunterricht
4.4. Stärken und Schwächen des Kinderbuches

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als Einwanderungsgesellschaft herausgestellt (vgl. Schultze 2009, S. 3). In einem Land voll kultureller Vielfalt und sprachlicher Heterogenität wird es immer wichtiger, eine interkulturelle Bildung zu ermöglichen, um die Menschen einander näher zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Kulturen kennenzulernen. Dazu kann der Literaturunterricht im Fach Deutsch als Anhaltspunkt dienen. Hier können Sprache und Kultur literarisch aufgegriffen und mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet werden.

Interkulturelles Lernen soll in der Arbeit unter literaturdidaktischen Konzeptionen betrachtet werden, weshalb der Literaturunterricht in der Grundschule in einem separaten Kapitel dargestellt wird. Anschließend wird der interkulturelle Literaturunterricht als spezifische Form erläutert. Um ein konkretes Beispiel für einen interkulturellen Literaturunterricht in der Grundschule zu geben, wird das Buch „Fabers Schatz" von der Autorin Cornelia Funke aufgegriffen. Hierbei geht es um einen Jungen, der von seinem Großvater einen Teppich geschenkt bekommt, der angeblich fliegen kann. Der Junge weiß allerdings nicht, wie das funktionieren soll. Auf dem Teppich befinden sich Schriftzeichen, die er selbst nicht lesen kann. Er lernt ein Mädchen aus Damaskus kennen, die die Schriftzeichen lesen und den Teppich damit zum Fliegen bringen kann. In dem Kinderbuch werden Themen wie kulturelle Vielfalt, Mehrsprachigkeit und Neugier auf die Vielfalt der Menschen angesprochen, welche eine Möglichkeit für interkulturellen Literaturunterricht bieten.

In der Arbeit soll demnach unter Berücksichtigung der Aufgaben, Ziele und Methoden des (interkulturellen) Literaturunterrichts der Grundschule die Interkulturalität des Buches herausgearbeitet werden, um schließlich dessen Eignung für den interkulturellen Literaturunterricht feststellen zu können.

2. Literaturunterricht in der Grundschule

2.1. Literaturdidaktische Kompetenzen

In diesem Kapitel werden Kompetenzen vorgestellt, die für ein grundlegendes Verständnis im Handlungsfeld Literatur nötig sind. Dazu werden verschiedene Autoren hinzugezogen, um einen Überblick zu erhalten.

Abraham und Kepser unterscheiden zwischen der literarischen Produktionskompetenz, die das Schreiben, Lesen und Spielen beschreibt, und der literästhetischen Rezeptionskompetenz, bei der es um Erfahrung, Reflektion und Interpretation von Literatur geht. Während die literarische Produktionskompetenz im Literaturunterricht von früher vernachlässigt wurde, ist es heute von großer Bedeutung, um die Kinder in ihrer Handlungskompetenz zu fördern (vgl. Kepser/ Abraham 2016, S. 77).

Für die literästhetische Rezeptionskompetenz wurden von verschiedenen Autoren Teilkompetenzen definiert. So ist für Willenberg das genaue analytische Lesen ein wichtiger Bereich. Ebenso das Bebildern und das Imaginieren einzelner Textpassagen. Außerdem legt er Wert auf das Erkennen sprachlicher Signale, so wie die emotionale Wahrnehmung der Literatur. Eine Verknüpfung der divergenten Aspekte und der Bildung einer Synthese stellen für ihn die letzten Teilkompetenzen der literästhetischen Rezeptionskompetenz dar, um ein Verständnis für Literatur zu erlangen (vgl. Willenberg 2013, S. 127).

Haas teilte teilweise in ähnliche Teilkompetenzen ein. Auch für ihn war die emotive Kompetenz ein wichtiger Teilbereich, der verinnerlicht werden sollte. Nur wenn in Zusammenhang mit Literatur Gefühle gezeigt und die Gefühle der handelnden Figuren nachvollzogen werden können, kann Literatur verstanden werden. Ein weiterer Teilbereich von Haas ist die kreative Kompetenz, die sich dadurch auszeichnet, dass aktiv handelnd auf Literatur geantwortet werden kann. Dieser Bereich kann daher auch der literarischen Produktionskompetenz zugeordnet werden. Um eine eigene Position zur Literatur zu entwickeln, bedarf es laut Haas die emanzipatorische Kompetenz. Des Weiteren stellen für ihn die Projektionskompetenz, also die Fähigkeit, sich in fantastische Literatur zu versetzen, und die ästhetische Kompetenz, die das Erkennen von Strukturen und Formen beschreibt, wichtige Voraussetzung für den Literaturunterricht dar. Letztlich ist ihm wichtig, dass der/die LeserIn eines literarischen Werkes prüfen und erkennen kann, welche politische oder soziale Aspekte im Text auftauchen, um sich damit anschließend kritisch auseinanderzusetzen (vgl. Kepser/ Abraham 2016, S. 83).

Während Willenberg und Haas viele unterschiedliche Kompetenzen definiert haben, fasste Frederking seine Teilkompetenzen knapp zusammen. Für ihn sind die Interpretations-, die Symbolverstehens- sowie die Urteilskompetenz entscheidend. Dabei stellt die Interpretationskompetenz für ihn das erklärende und erörternde Interpretieren eines Textes dar. Die Symbolverstehenskompetenz enthält einerseits allgemeine Standardkompetenzen, wie der reflektierte Gebrauch von Fachbegriffen, andererseits werden darunter die Erfassung der Bildlichkeit in der Literatur und die Deutungsfähigkeit verstanden. Für Frederking allerdings am wichtigsten ist die Urteilskompetenz. Diese wird von ihm in drei Urteilsformen unterteilt: Zum einen nennt er die Fähigkeit, einen Text zu erschließen und die wichtigsten Inhalte kognitiv zu verarbeiten, was er als semantische literästhetisches Urteilen definiert. Zum anderen stellt für ihn das idiolektale literästhetische Urteilen ein wichtiger Faktor dar, der den Umgang mit formalen Besonderheiten eines Textes beschreibt. Das kontextuelle literästhetische Urteilen, also das Verknüpfen von textinternen und textexternen Informationen definiert abschließend seine letzte Urteilsform (vgl. Kepser 2016, S.86).

2.2. Aufgaben und Ziele des Literaturunterrichts

Spinner formulierte 1999 in seinem Handbuch „Lesen" Ziele für den Literaturunterricht. Das Hauptziel stellt für ihn die Lesekompetenz dar - ohne diese können weitere Ziele nicht erreicht werden.

Für Spinner ist die Förderung der Lesemotivation bzw. der Lesefreude ein entscheidendes Ziel. Hierfür bedarf es einer pädagogischen Grundeinstellung gegenüber dem Lesen sowie einer ansprechenden Textauswahl, sodass die Kinder motiviert sind und gerne lesen. Sie sollen Texte als etwas Bedeutungsvolles wahrnehmen und ihnen mit einer positiven Einstellung gegenübertreten (vgl. Spinner 1999, S. 168). Daran anknüpfend nennt Spinner die Texterschließungskompetenz, welche das Verstehen von und die Sinnentnahme aus Texten einschließt. Hierbei geht es jedoch nicht darum, spezifisch nach Textzeilen zu suchen, vielmehr sollen in literarischen Gesprächen einzelne Szenen analysiert und interpretiert werden (ebd., S. 169). Ein weiteres Ziel ist die literarische Bildung. Spinner erwähnt dabei, dass es sich nicht um eine reine Vermittlung von literarischen Klassikern handelt. Um Kinder mit Literatur abzuholen, bedarf es alters- und schulartenspezifischer Literatur, über die gemeinsam reflektiert werden kann. Zusätzlich sollen die Kinder kreativ tätig werden und beispielsweise Texte weiterschreiben oder sich über mögliche unterschiedliche Versionen austauschen können, was Spinner unter dem Ziel der Förderung der Imagination zusammenfasst (ebd., S. 170). Wichtig ist ihm dabei auch die Identitätsfindung der Kinder und deren Verstehen von Fremdem. Sie sollen also Fremdes verstehen und sich darin selbst wiederfinden. Dazu gehört auch das Herausbilden einer Empathie für Fremde, indem die Sicht-, Denk- und Verhaltensweisen der Figuren erfasst und verstanden werden. Abschließend stellt die Auseinandersetzung anthropologischer Grundfragen ein wichtiges Ziel des Literaturunterrichts dar. Im Unterricht sollten Themen wie Freundschaft, Liebe und Tod behandelt werden, um so ein Sinnpotential zu eröffnen und die Kinder darauf zu sensibilisieren (ebd., S. 171).

Weitere Literaturwissenschaftler beschäftigten sich mit den Zielen des Literaturunterrichts. Unter anderem Petra Büker, die den Zielvorgaben Spinners grundsätzlich zustimmt. Auch sie nennt die Förderung der Lesemotivation und die Texterschließungskompetenz. Lediglich den Begriff der literarischen Bildung ersetzt sie durch den Ausdruck „ästhetische Sensibilisierung". Damit integriert sie eine geeignete Textauswahl, die Methoden und Rahmenbedingungen für eine Klasse (vgl. Büker 2012, S. 130).

2.3. Methoden des Literaturunterrichts

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Methoden, die im Literaturunterricht eingesetzt werden. Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten ein reichliches Angebot entwickelt, dessen ausführliche Darstellung das Ausmaß dieser Arbeit übersteigen würde. Daher werden die Methoden nur kurz vorgestellt und mit einem Beispiel untermauert, um einen aufschlussreichen Überblick für die weiteren Kapitel zu ermöglichen:

Als erstes wird die literaturbezogene Leseanimation als Methode genannt. Spinner versteht darunter die Vorgehensweise, mit der den Kindern Lust am Lesen vermittelt werden soll. Ziel ist es, eine Lesekultur zu etablieren, die dazu führt, dass Kinder nicht nur den Lern- und Übungscharakter in Texten sehen, sondern über das Umfeld Schule hinaus Gefallen am Lesen finden. Um die Kinder zum Lesen zu animieren, kann beispielsweise die Durchführung einer Lesenacht oder der Besuch von AutorInnen an der Schule hilfreich sein (vgl. Spinner 2016, S. 191). Die zweite Methode nach Spinner stellt das Führen eines Lesetagebuchs bzw. einer Lesemappe dar. Dies stellt eine Unterstützung in der Leseerziehung dar, bei der die Kinder ihren Leseprozess begleiten und reflektieren. Beim Schreiben eines Lesetagebuches sind die Kinder frei. Neben dem Titel des Buches/ Textes und dessen AutorIn können die Kinder ihre Eindrücke, Gedanken und Gefühle notieren. Auch Fragen können festgehalten werden (ebd., S. 192). Abgrenzend vom Lesetagebuch kann hier auch das Lesebegleitheft genannt werden. Dieses besteht aus vorgefertigten Arbeitsblättern, die sich um das zu lesende Material drehen. Das kann zur Unterstützung dienen, wenn Kinder mit der „freien" Arbeit des Lesetagebuchs überfordert sind (ebd., S. 195).

Das Vorlesen durch die Lehrkraft ist eine weitere Methode, um Kindern die Literatur näher zu bringen. Das kann hauptsächlich auf drei Weisen geschehen: Einerseits kann das Vorlesen als eigenständiges Element im Unterricht stehen, ohne einen weiteren Zusammenhang im Unterricht herzustellen (ebd., S. 195). Andererseits kann das Vorlesen als Einstieg in die weitere Arbeit mit dem Text fungieren, sodass die Kinder Unterstützung beim Textverstehen erfahren. Die dritte Möglichkeit besteht im Vorlesen am Ende einer Unterrichtsreihe, die sich mit dem Text befasst hat, um damit einen Abschluss zu finden. Spinner erwähnt dazu als weitere Methoden das gestaltende laute Lesen sowie das szenische Lesen, wodurch den Kindern Emotionen der Literatur übermittelt werden (ebd., S. 196). Ein gängiges Verfahren im Literaturunterricht der unteren Klassen ist die Buchpräsentation. Diese Methode kann der Leseanimation zugeordnet werden (ebd., S. 201).

Das Literarische Gespräch ist eine offene Methode. Hier werden Erfahrungen und Deutungsmöglichkeiten zu einem bestimmten Text gesammelt und besprochen. Dabei werden andere subjektive Meinungen akzeptiert und zur eigenen Meinung in Beziehung gesetzt (ebd., S. 202).

Daran anknüpfend ist das fragend-entwickelnde Interpretieren eine gängige Methode im Literaturunterricht. Eine Methode, die stark von der Lehrkraft geleitet werden kann, da sie die Kinder durch bestimmte Fragen gezielt zu einem anvisierten Ergebnis führen kann. Die Fragen können sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen (ebd., S. 204).

In den oberen Klassen ist die Methode der Textanalyse weit verbreitet. Die Analyse kann dabei auf unterschiedliche Dinge eingehen. Als Beispiel dienen die Stilanalyse oder die Analyse von Leitmotiven und Dingsymbolen. Hierbei kann auch das Hinzuziehen von Kontexten eine hilfreiche Methode sein. Die Biografie des Autors/ der Autorin oder die gesellschaftshistorischen Kontexte können für eine Textanalyse von grundlegender Bedeutung sein (ebd., S. 207 ff.).

Ebenso hilfreich können Text- und/oder Text-Bild-Vergleiche sein. Beim Textvergleich werden Texte bzw. Textausschnitte analytisch miteinander verglichen. Ein Beispiel dafür wäre der Stilvergleich, bei dem vielen Schülerinnen und Schülern erst durch den Kontrast ein Unterschied auffällt. Der Text-Bild­Vergleich beschäftigt sich dem Verhältnis von Texten und Bildern, die sich beide gegenseitig interpretieren. Hier können Bilderbücher, Illustrationen oder auch Literaturverfilmungen nützlich sein. Andersherum ist das bildnerische und musikalische Gestalten zu Texten ein produktives Verfahren im Literaturunterricht.

Hier können die Kinder visuelle und akustische Beiträge zu einem Text kreativ ausarbeiten (ebd., S. 219-220).

Zu weiteren Methoden zählt Spinner operative Verfahren, bei denen Schülerinnen und Schüler beispielsweise eine geeignete Reihenfolge von Textausschnitten herstellen müssen, oder textproduktive Verfahren, zu denen zum Beispiel das Schreiben einer Fortsetzung zählt (ebd., S. 220 ff.).

Die Methode des darstellenden Spiels kann durch das Drehen einer Videoszene erfolgen. Die szenische Interpretation dagegen erfolgt durch das Bauen eines Standbildes ebd., S. 230).

Abschließend nennt Spinner das projektorientierte Arbeiten als nachhaltige Methode des Literaturunterrichts. Dabei wird gemeinsam ein Projekt ausgearbeitet, wie zum Beispiel das Erarbeiten und Aufführen eines Theaterstückes (ebd., S. 236).

Um diese methodischen Verfahren aktiv im Unterricht einzubringen gibt es fachspezifische Phasenmodelle. Sie dienen zur Unterstützung bei der Strukturierung des Unterrichts.

Jürgen Kreft (1977) unterscheidet dabei vier Phasen:

1. Phase der bornierten Subjektivität (textimmanent)
2. Phase der ,Objektivierung‘ (wahrheitsbezogen, textbezogen)
3. Phase der Aneignung
4. Phase der Applikation.

Joachim Fritzsche (1994) formulierte dies folgendermaßen um:

1. Verhakung im Text Was löst der Text in mir aus?
2. Rückfrage an den Text Was steht da?
3. Aneignung Was folgt aus dem verstandenen Text für mich?
4. Applikation Was folgt aus dem verstandenen Text für uns?

Zu beachten ist, dass Phasenmodelle flexibel einzusetzen sind und keine feste Richtlinie darstellen. Vielmehr können sie sogar vernachlässigt werden, wenn Unterrichtsmethoden klar durchdacht sind und angemessen angewendet werden (ebd., S. 237).

[...]

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Interkultureller Literaturunterricht in der Grundschule. Cornelia Funkes "Fabers Schatz"
Université
University of Education Ludwigsburg
Note
1,3
Auteur
Année
2021
Pages
27
N° de catalogue
V1023401
ISBN (ebook)
9783346420251
ISBN (Livre)
9783346420268
Langue
allemand
Mots clés
interkultureller, literaturunterricht, grundschule, cornelia, funkes, fabers, schatz
Citation du texte
Jelena Hummel (Auteur), 2021, Interkultureller Literaturunterricht in der Grundschule. Cornelia Funkes "Fabers Schatz", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1023401

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