Synopse der Bergpredigt in verschiedenen Evangelien


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2000

8 Pages, Note: 1,5


Extrait


Synopse der Bergpredigt in verschiedenen Evangelien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bergpredigt

Allgemein:

Die Bergpredigt ist eine im Matthäusevangelium (Kapitel 5-7) mitgeteilte und auf einen nicht näher bezeichneten Berg in Galiläa verlegte Rede Jesu.

Mt hat die Bergpredigt aus Sprüchen Jesu nach einer älteren Quelle zusammengestellt. Die Rahmenrede, eingeleitet durch die Seligpreisungen und beschlossen durch das Doppelgleichnis vom klugen und vom törichten Baumeister, findet in sich auch bei Lk (6,20- 49) als Feldrede, während Lk den übrigen Inhalt der Bergpredigt auf andere Zusammenhänge verteilt. An der Echtheit des Materials zu zweifeln, besteht um so weniger Anlass, als die meisten Logien jüdische Form und Klangfarbe, Bildhaftigkeit eines orginalen Lehrers, vor allem aber Geist und Glut einer einmaligen Persönlichkeit bewahrt haben.

Die katholische Theologie hält zum einen die Bergpredigt grundsätzlich als ethische Norm für verpflichtend, zum anderen geht sie davon aus, dass ihre vollständige Erfüllung nur Jesus gelang.

Seligpreisungen

Allgemein:

Seligpreisungen kennt man in der Antike in verschiedenen Kulturräumen, z.B. in Ägypten und in Griechenland. In Israel finden sie sich zuerst in der kultischen und weisheitlichen Literatur. Inhalt der Verheißung ist der irdische Wohlstand, später, besonders in der apokalyptischen Literatur, das eschatologische Heil, das den seelischen Zustand begründet. Jesus Seligpreisungen knüpfen also an diese Umwandlung einer ursprünglich weisheitlichen Gattung in der Apokalyptik an: es werden gerade nicht die selig gesprochen, von denen man es erwartet.

Bergpredigt (Matthäus 5-7)

Die Bergpredigt ist eine vom Evangelisten Matthäus gestaltete Komposition. Die Logienquelle Q liegt der Bergpredigt zugrunde. Mt folgt dem Aufbau der Feldrede (Lk 6,20- 49). Es gibt jedoch manche Varianten zwischen den Texten von „QMt“ und „QLk“. So hat Mt z.B. die Feldrede durch anderes Material aufgefüllt - es stammt zum einen aus anderen Abschnitten von Q, zum anderen aus Sondergut.

Sinn der Bergpredigt bei Mt:

- Die Bergpredigt ist die erste ausführliche Verkündigung Jesu im Mt-Evangelium. Sie ist die einzige Jesusrede, die fast ausschließlich Jesusgebote enthält. Sie ist zentraler Inhalt auch der christlichen Missionsverkündigung.
- Mt zielt auf eine christliche Praxis: Christ ist, wer entsprechend den Geboten Jesu handelt. Die Bergpredigt ist also nicht „Theologie“, sondern „Gebot“ Jesu.
- Die Bergpredigt ist Jesuspredigt, d.h. dass in ihr Jesus, der Gottessohn, spricht.
- Nicht nur die Jünger, sondern auch die Volksmassen sind Adressaten der Bergpredigt. In der Verkündigung durch Wort und Tat wird die ganze Welt mit ihr konfrontiert. Die Bergpredigt ist somit eine menschheitliche Zusage nicht nur für Christen gedacht, sondern für die ganze Menschheit.
- Die Bergpredigt formuliert die Einlassforderungen für das Himmelreich. Der Ausblick auf das Himmelreich legt sich wie eine Klammer um die Bergpredigt.

Besonderheiten bei Mt:

Die Seligpreisungen

Die erste und die achte Seligpreisung sind durch den gleichen Nachsatz („..denn ihnen gehört das Himmelreich“) gerahmt. Diese Rahmenkonstruktion zeigt, dass das Thema Himmelreich in der Bergpredigt wichtig bleibt. Der Text schließt unmittelbar an 4,25 an, ohne dass ein Neueinsatz sichtbar wird. Aus der Formulierung wird nicht klar, ob Jesus den Volksmengen entwich oder sie belehrte. Erst der Schluss der Bergpredigt macht klar, das letzteres gemeint ist.

Die Bergpredigt hat also 2 Hörerkreise: Jünger und Volk. Die Bergpredigt ist also Jüngerethik, aber diese gilt auch für das zuhörende Volk.

Der Berg ist bei Mt

- Ort des Gebetes
- Der Heilungen
- Der Offenbarung (Offenbarungen finden oft auf einem Berg statt, denn auf dem Berg kommen sich Himmel und Erde am Nächsten und somit der Mensch auch Gott)
- Und der Lehre.

Man geht davon aus, dass Mt Assoziationen an den Aufstieg des Mose auf den Sinai damit verbindet. Er sieht den Bergprediger als neuen Moses, der das vollkommene Gesetz der neuen Heilsordnung des Reichs Gottes verkündet und die wahre Gerechtigkeit lehrt. Die drei ersten, in Q überlieferten Seligpreisungen, dürften etwa in ihrer Lukanischen Textform auf Jesus zurück gehen. In Q wurde die ursprüngliche Dreierreihe um die in der Gemeinde entstandene vierte Seligpreisung Mt Vers11 erweitert. Zugleich wird der Heilszuspruch aller Seligpreisungen auf die christliche Gemeinde bezogen. Die Seligpreisungen (5, 3-12) sind nicht als Heilsruf an die in Armut, Notdurft, Trauer und Bedrückung lebenden Frommen, wie bei Lk, sondern als Codex sittlicher Bedingungen formuliert.

Zwischen der Logienquelle und der Matthäusredaktion erfolgte die Erweiterung der drei ursprünglichen Seligpreisungen um eine vierte (Vers 5) und des Zuwachs von Vers 7-9. Es ist auffällig, dass in den ersten vier Seligpreisungen Menschen selig gepriesen werden, die in einer bestimmten Situation sind (arm, traurig, bedürftig). Diese vier Seligpreisungen beziehen sich also auf Arme, Hungernde, Weinende und Geschmähte. Für sie wird in diesen Seligpreisungen ein Gnadenzuspruch ausgesprochen. Für Jesus ist dieser unbedingte, kategorische Heilszuspruch an Menschen, die in einem heillosen Zustand sind, das Entscheidende. Diese Seligpreisungen sind nicht vom weisheitlichen Tat-Ergehens- Zusammenhang her zu interpretieren, denn sie stellen weder ein menschliches Verhalten in den Vordergrund, noch ist die Verheißung an die Seliggesprochenen irgendeine Folge eines Verhaltens. Hintergrund dieser Seligpreisungen ist vielmehr die apokalyptische Hoffnung auf eine totale Umkehr der Verhältnisse. Dabei unterscheiden sich Jesu Seligpreisungen von apokalyptischer Zukunftserwartung durch seine Gottesverkündigung.

Die 5.-8. Seligpreisungen zielen auf das Leben. Die acht Seligpreisungen kann man also als Beschreibung des Weges derer verstehen, die „nach der Gnade hungern und dürsten“ und dann gerade von daher lernen, wie man mit Menschen handeln soll. Man kann die Seligpreisungen somit in zwei Teile gliedern:

Im einem ersten Teil geht es um die Wartenden/Haltungen, im zweiten Teil geht es um die Handelnden/Aktivitäten.

Verheißene herrliche Zukunft bricht in seinem Wirken schon an.

Doch wer ist nun mit „Arme“ gemeint. Darunter fallen nicht nur diejenigen, die kein Geld haben, sondern auch die Unterdrückten, Elenden Abhängigen, Erniedrigten, also nicht nur eine von den äußerlichen Verhältnissen gelöste Armut.

Weiterhin wird bei Mt den Demütigen das Himmelreich zugesprochen.

Die fünfte Seligpreisung bezieht sich auf die Barmherzigen, also auf diejenigen, die im Herzen rein sind oder ein reines Herz haben. Gemeint ist damit ein ungeteilter Gehorsam gegenüber Gott. „Herz“ bezeichnet nach jüdischem Sprachgebrauch nicht einen inneren Bereich des Menschen, sondern das Zentrum des menschlichen Wollens, Denkens und Fühlens.

Die Verheißung ist, wie in den übrigen Seligpreisungen, eschatologisch gemeint. Es handelt sich um eine präsentische Eschatologie, d.h. dass die Veränderungen nicht irgendwann, sonder jetzt beginnen sollen. Das Judentum wie das frühe Christentum hofft, dass Gott im Eschaton von Angesicht zu Angesicht geschaut werden kann.

Die sechste Seligpreisung steht in einem Kontext, der von zwischenmenschlichen Beziehungen spricht.

Die siebte Seligpreisung spricht die Friedfertigen an; damit ist nicht nur bloße Friedfertigkeit gemeint, sondern es meint etwas aktives. Man soll Frieden stiften; gemeint sind also jeweils konkrete Schritte in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Diese Seligpreisung findet sich nur bei Mt wieder; sie ist somit Sondergut. Bei Mt wird der Begriff „Söhne Gottes“ speziell angewendet. Bei ihm sind die Friedensstifter Söhne Gottes. Die letzte Seligpreisung redet die Jünger direkt an. Aber nicht jeder Verfolgung gilt eine Verheißung, sondern derer die um Christi Willen, d.h. der Gerechtigkeit Willen, erfolgt. Dann schreibt Mt, dass die Menschen jubeln sollen. Der Grund der Freude liegt in der Umkehr der Verhältnisse, die die Zukunft bringen wird: „Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ Lohn wird bei Mt immer jenseitig, im Letzten Gericht zugeteilt.

Feldrede (Lukas 6,20-49)

Die Feldrede findet man im Lukasevangelium im Kapitel 6,20-49. Vers 20-26 sind der erste Teil der Feldrede. Die Lukanische Feldrede verkündet das Evangelium der Liebe Gottes und seine Erwählung gerade der Armen und Bedrückten.

Auf Jesus selbst gehen vermutlich die als Einheit überlieferten drei ersten Lukanischen Seligpreisungen zurück, wohl aber auch die in einem anderen Stil gehaltene und längere vierte, die jedoch zunächst gesondert tradiert wurde. Diese vier Seligpreisungen stehen in der Logienquelle Q bereits nebeneinander.

Lk übernimmt Q, d.h. vier Seligpreisungen, aber er oder ein Zwischentradent erweitern sie durch vier Weherufe. Sie wurden wahrscheinlich von Lk nur wenig aktualisiert aus Ehrfurcht vor Jesus Worten. Einige Seligpreisungen geben eine Begründung an, andere nicht. Das Glück ist meistens, aber nicht immer futurisch und eschatologisch. Es kann von Gott abhängig sein oder von der menschlichen Tat. Es stellt sich nur die Frage, ob diese Weherufe Produkt der Tradition oder der Reaktion sind. Klar ist ihr sekundärer Charakter als negatives Abbild der Seligpreisungen. Folgende Argumente sprechen für eine Lukanische Bildung:

a) Lukas kennt die Gattung der Weherufe
b) Die Gegenüberstellung des Armen und des Reichen ist typisch lukanisch
c) Die zweite Person der Weherufe passt zu den Lukanischen Seligpreisungen

Beim Betrachten der Seligpreisungen von Mt und Lk kann man eine unterschiedliche Reihenfolge feststellen. Die Lukanische Reihenfolge (die Armen, die Hungrigen, die Trauernden) ist wahrscheinlich die Ursprünglichere. Lk deutet die Feldrede im Blick auf seine eigene Situation und Umwelt.

Überlieferung:

Von Markus stammt wahrscheinlich der Sammelbericht (bei Lk6,17-20), den Lk als Ortsangabe und Einführung benutzt. Die meisten Worte der Feldrede sind auch bei Mt in der Bergpredigt vorhanden.

Die Seligpreisungen bei Lukas

-Arm und Reich (V20 und V24)

Durch sein Evangelium hindurch zeichnet er ein Bild der Jünger als Arme, oder als arm gewordene Menschen. Für Jesus selbst waren Besitz und Reich Gottes völlig unvereinbar. Lukas verlangt nur die innere Bereitschaft, alles zu verlassen. Er zeichnet ein plastisches Bild Der armen Jünger, aber in seiner Zeit und in ihrer bürgerlichen Situation ist buchstäbliche Armut nicht sein literarisches Ziel. Ihr Bild soll nur zur Großzügigkeit anspornen. Bei Lukas ist die Beziehung des Menschen zum Besitz Test der Glaubensentscheidung. Die Armut - Reichtum - Frage ist also ein Testfall für das christliche Engagement. Die Armen sind konkret die Erben des Reiches, aber gleichzeitig Symbol für die, die wie Lukas ihnen gleichen.

Die Armen können glücklich sein, weil sie wissen, dass das Reich Gottes für sie da ist. Es ist also weder Zustand noch die Tugend der Armut der Grund ihres Glückes, sondern Gott, der den gerechten Zustand seines Bundes herstellen wird.

Die Reichen dagegen haben ihren Trost schon. Ihr Glück beschränkt sich auf deren Besitz. Sie wurden schon „ ausbezahlt“, sie haben ihren eschatologischen Lohn schon empfangen.

-Hunger und Sattheit (V21a und V25a)

Sattheit kann im alten Testament positiv die Fülle als Geschenk Gottes beschreiben (z.B. im Bild vom eschatologischen Gastmahl), negativ die sündige Erfüllung von Begierden (z.B. als Sehnsucht nach den ägyptischen Fleischtöpfen).

Grund des Glücks ist weder der Hunger noch die Tugend des religiösen Bedürfnisses, sondern einzig die kommende Intervention Gottes.

-Weinen und Lachen (V21b und V25b)

Weinen und Lachen bezeichnen nicht nur Gefühle, sondern auch ihren von außen wahrnehmbaren Ausdruck: Weinen und Lachen sind Botschaft für die Anderen: Man sieht und hört beides. „Weinen“ ist allgemeiner als das Matthäische „Trauern“ und schließt im Orient auch das schreien ein.

Hinter dieser dritten Seligpreisung steht die alttestamentliche Theologie des tröstenden Gottes.

-Die Verfolgung (V22 - 23 und V26)

In der Seligpreisung der Verachteten knüpfte Jesus an die alttestamentliche Tradition der verfolgten Propheten an.

Matthäus addiert beide /Mt 5, 10-12), Lukas benutzt nur die Q-Version. Es fällt dabei auf, dass Matthäus von Schimpfworten spricht und Lukas spricht davon, dass die Feinde den Namen der Christen verfluchen. Das könnte sich aus zwei versch. Übersetzungen erklären. Mt denkt an magische Verfluchung, Lukas an ebenso gefährliche Verleumdung, die vielleicht in seiner Zeit gerichtliche Folgen haben konnte.

Selig sind also leidende Christen. Ihr eschatologisches Glück gilt nicht mehr theozentrisch als Ausdruck der Gerechtigkeit Gottes, sondern anthropozentrisch als Lohn für ihr Leiden. Weder Jesus noch Q noch Lukas wollen einen Katalog des Elends aufstellen, aber an drei typischen Zuständen das jetzige und das endgültige Heilshandeln Gottes ankündigen. Seligpreisungen und Wehrufe ergeben die gleiche Botschaft:

a) das heutige Elend ist nicht aussichtslos
b) Gott will die Wiederherstellung seiner Bundesgerechtigkeit
c) Von materiellem oder geistigem Ausgleich zu sprechen genügt nicht, denn die Verheißung betrifft eine neue Beziehung zu Gott und seinem Volk.

Der Lukanische Jesus redet sowohl die Jünger wie die Welt an. Dass die Seligpreisungen formal nicht ein „Du“ anreden, sondern die Gesamtheit der Gemeinde („Ihr“), ist ein Zeichen für den engen Zusammenhalt der Glaubenden untereinander, für die Einheit der Kirche.

Synoptischer Vergleich zwischen Bergpredigt und Feldrede

- Untersuchung der Anfänge von Bergpredigt und Feldrede und Herausstellung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten
- Theologische Tendenzen bei Matthäus und Lukas

von: Ulrike Müller Christine Hofacker Nicole Mayer

Zum Seminar: Methoden zur Interpretation biblischer Texte

Fin de l'extrait de 8 pages

Résumé des informations

Titre
Synopse der Bergpredigt in verschiedenen Evangelien
Université
Karlsruhe University of Education
Note
1,5
Auteur
Année
2000
Pages
8
N° de catalogue
V102447
ISBN (ebook)
9783640008292
Taille d'un fichier
344 KB
Langue
allemand
Mots clés
Synopse, Bergpredigt, Evangelien
Citation du texte
Ulrike Müller (Auteur), 2000, Synopse der Bergpredigt in verschiedenen Evangelien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102447

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