Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
1 Entwicklungen der empirischen Sozialforschung und damit verbunden Methoden
1.1 Anlass und Problemhintergrund
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretischen Grundlagen Wissenschaftstheorie
2.1 Grundlagen der empirischen Sozialforschung
2.2 Grundlagen des Agent Based Modeling
3 Agent Based Modeling als Methode der empirischen Sozialforschung
3.1 Merkmale des Agent Based Modeling
3.2 Populare Anwendungsfelder des Agent Based Modeling
3.3 Typische Problembereiche des Agent Based Modeling
3.4 Praktisches Beispiel des Agent Based Modeling
4 Kritische Reflexion
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung von Agent-Based Modeling
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Phasen des Agent Based Modeling Prozesses
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Entwicklungen der empirischen Sozialforschung und damit verbunden Methoden
1.1 Anlass und Problemhintergrund
Die empirische Sozialforschung spielt eine besondere Rolle bei der Erkenntniserlangung von menschlichem Verhalten und gesellschaftlichen Phanomenen.1 Soziologische Theorien sollen die Grundlage ihrer selbst immer in der Analyse der Wirklichkeit haben.2 Eine Methode und damit ein methodisches Vorgehen ist zwingend notwendig, um die Ergebnisse und den Weg zu diesen Ergebnissen Dritten verstandlich und uberprufbar darzustellen.3 Die Untersuchung von Sachverhalten soll strukturiert, wissenschaftlich und nachvollziehbar sein.4 In der empirischen Sozialforschung gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Methoden die zur Losung verschiedener Probleme verhelfen. Beispiele hierfur sind die Soziale Netzwerkanalyse, die Netnografie und das Agent Based Modeling.
Durch die Digitalisierung gewinnen auch in der empirischen Sozialforschung die digitalen Forschungsmethoden zur Erhebung und Auswertung von Daten an Bedeutung.5 Die Menge der Daten wachst stetig und soll sich in den nachsten Jahren um ein Vielfaches vermehren.6 Diese Veranderung der Umwelt durch Digitalisierung, immer hohere Dynamik und die schnelle und weite Verbreiterung von Ressourcen hat es ermoglicht neue komplexe Systeme zu analysieren.7
Bei dem Agent Based Modeling handelt es sich um eine solche computergestutzte Methode zur Simulation von gesellschaftlichen Phanomenen und von menschlichem Verhalten.8 Das Agent Based Modeling dient somit der Erforschung und Darstellung von naturlichen, sozialen und vor allem komplexen Systemen und wird im Verlauf dieser Arbeit genauer betrachtet.
1.2 Ziel der Arbeit
Das Finalziel der Arbeit ist die ubersichtliche Darstellung des Agent Based Modeling als Methode der empirischen Sozialforschung. Teilziele dessen sind es, die Merkmale, popularen Anwendungsfelder und typische Problembereiche des Agent Based Modeling zu erarbeiten und zu beschreiben.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit beginnt mit den theoretischen Grundlagen zu der empirischen Sozialforschung und dem Agent Based Modeling in Kapitel 2 um ein einheitliches Begriffsverstandnis fur den weiteren Verlauf der Arbeit voraussetzen zu konnen. In Kapitel 3 werden die Merkmale, populare Anwendungsfelder und typischen Problembereiche des Agent Based Modeling behandelt. AuBerdem wird das Agent Based Modeling anhand eines praktischen Beispiels dargestellt, da dies die Anwendung des Models in der Praxis veranschaulicht. Die Arbeit schlieBt mit einer kritischen Reflexion in Kapitel 4 und einem Fazit sowie Ausblick in Kapitel 5 ab.
2 Theoretischen Grundlagen Wissenschaftstheorie
Um einheitliches Verstandnis der in dieser Arbeit bedeutendsten Begriffe voraussetzen zu konnen, werden im Folgenden die Grundlagen der empirischen Sozialforschung und anschlieBend die Grundlagen des Agent Based Modeling beschrieben.
2.1 Grundlagen der empirischen Sozialforschung
Die Sozialforschung kann in die theoretische Sozialforschung und die empirische Sozialforschung eingeteilt werden.9 Die empirische Sozialforschung befasst sich mit der Untersuchung von gesellschaftlichen Phanomenen und menschlichem Verhalten.10 Sie wird als „[.] Gesamtheit von Methoden, Techniken und Instrumenten, zur wissenschaftlich korrekten Durchfuhrung von Untersuchungen [.]“11 mit dem zuvor genannten Zweck. Methoden der empirischen Sozialforschung dienen der empirischen Forschung.12 Dabei geht es zusatzlich um verschiedene Methoden, die der Erhebung und der Auswertung von Daten dienen.13 Das Ziel ist es, soziale Prozesse und soziales Handeln zu verstehen.14 Da die Sozialwissenschaften auch als Wirklichkeitswissenschaften bezeichnet werden, sollen Hypothesen mittels einer empirischen Untersuchung uberpruft werden.15 Die empirischen Daten, welche erhoben werden, konnen in zwei grundlegende Prinzipien eingeteilt werden.16 Die Rekonstruktion einerseits, welche das Handeln, Aufcerungen oder verschriftlichte Dokumente von Akteuren beinhaltet und die Interpretation andererseits.17 Methoden ermoglichen es in der empirischen Sozialforschung eine formulierte Forschungsfrage in kontrollierter Weise zu bearbeiten und beantworten zu konnen, wobei nicht jede Methode geeignet ist, um jede Forschungsfrage zu beantworten.18 Bei der empirischen Sozialforschung wird unterschieden zwischen qualitativer und quantitativer Forschung. Unterscheidungsmerkmale sind diesbezuglich die Art des verwendeten Datenmaterials, Forschungsmethoden, Gegenstand und Wissenschaftsverstandnis.19
Mit Blick auf die empirische Sozialforschung in Unternehmen und in der Gesellschaft handelt es sich grundsatzlich um die Erforschung des Verhaltens und Zusammenlebens von Menschen.20
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird das Agent Based Modeling als Methode der empirischen Sozialforschung genauer betrachtet.
2.2 Grundlagen des Agent Based Modeling
Das Handeln von vielen verschiedenen Akteuren kann nicht mathematisch-analytisch abgeleitet werden und muss daher mittels Computersimulationen berechnet werden.21
Allgemein wird das Agent Based Modeling als eine EDV-gestutzte Simulation einer Vielzahl verschiedener Agenten (mit unterschiedlichen kognitiven Fahigkeiten und Handlungsintentionen) die in einem vorher bestimmten Setting miteinander interagieren beschrieben.22 Dies dient dazu, Auswirkungen der Interaktionen und des Verhaltens einzelner Agenten auf die gesamte Gruppe zu analysieren.23 Reale Systeme werden abstrakt im Computer reprasentiert.24
Das Agent Based Modeling ist heute eine der bedeutsamsten Methoden zur Simulation von und Analyse von gesellschaftlichen Prozessen.25 Es lassen sich mittels dieser Methode Systeme modellieren, bei denen die traditionellen datenanalytischen Verfahren versagen.26 Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilitat, welche durch den die Computersimulationen geschaffen wird. Es kann nahezu jede Auspragung eines interaktiven Systems in einen Code gefasst und nach Belieben verandert werden, um deren Auswirkungen zu betrachten.27
Die Entwicklung eines Agent Based Models kann als linearer Prozess darstellt werden, wobei die erste Version meist von einem Experten hinsichtlich der Forschungsfrage und die zweite Version von einem sogenannten Modellierer erstellt wird, der darauf achtet, dass die Umsetzung und Programmierung durch eine weitere Person moglich ist.28 In der folgenden Tabelle sind die Prozessschritte ubersichtlich dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Phasen des Agent Based Modeling Prozesses
Quelle: Eigene Darstellung
3 Agent Based Modeling als Methode der empirischen Sozialforschung
Mit Bezug auf die Erreichung der Teilziele dieser Arbeit werden im Folgenden die Merkmale (Abschnitt 3.1) die popularen Anwendungsfelder (Abschnitt 3.2) und die typischen Problembereiche (Abschnitt 3.3) des Agent Based Modeling betrachtet. Das Kapitel schlieBt in Abschnitt 3.4 mit der Beschreibung des Agent Based Modeling am Beispiel der Corona-Pandemie ab.
3.1 Merkmale des Agent Based Modeling
Bei dem Agent Based Modeling wird, wie bereits in Abschnitt 2.2 beschrieben, von „...einer Vielzahl beschrankt rationaler heterogener Akteure [...], die jeweils eigenen Informationsverarbeitungsregeln („Modellen) folgen“29 ausgegangen. Die individuellen Akteure stehen somit dynamischen, interaktiven Beziehungen zueinander.30 Es wesentlicher Vorteil des Agent Based Modeling ist, dass alle Agenten hinsichtlich ihrer Praferenzen und Handelsstrategien heterogen modelliert werden konnen.31 Die Entscheidungen werden mit Hilfe von Gleichgewichtskonzepten und auf Grundlage von Annahmen hinsichtlich der Praferenzen und Handelsstrategien vorhergesagt.32 Es wird nicht zwingend angenommen, dass die Agenten rationale Entscheidungen treffen, sondern viel mehr Annahmen gemacht, wie die Akteure bestimmte Entscheidungen treffen und untersucht, welche Entscheidungen den gemachten Annahmen folgen.33 Durch das Agent Based Modeling lasst sich sowohl die Miro- als auch Markoebene und deren Verbindungen modellieren. Dabei wird die Markoebene als Gesellschaft und die Mirkoebene als das einzelne Individuum beschrieben.34 Bei dem Ubergang von dem Handeln eines Individuums auf Mirkoebene zum gesellschaftlichen Phanomen auf der Markoebene spielt sich ein dynamischer Prozess ab, der durch das Agent Based Model modelliert und untersucht wird.35
Grundsatzlich gibt es bei Agent Based Models drei verschiedenen Komponenten.
1. Die Agenten 36
Die Agenten werden durch Zustande und Eigenschaften (z. B. Alter, Geschlecht, Wohnort, Bildung) charakterisiert. Sie besitzen verschiedene Eigenschaften und sind durch Heterogenitat gekennzeichnet.
2. Die Umwelt
In der Umwelt ist zu erkennen, wie die Agenten miteinander verbunden sind und wie sie miteinander interagieren.37 Sie hat zwei Funktionen, zum einen, stellt sie das Grundgerust dar, welches das Handeln der Agenten uberhaupt erst ermoglicht und zum anderen reprasentiert sie das Umfeld, in dem die Agenten leben und handeln.38
3. Regeln 39
Die beschriebenen Eigenschaften der Agenten beeinflussen deren Verhalten. Jeder Agent orientiert sich an den eigenen Praferenzen und versucht so die fur ihn optimale Losung zu finden. Durch die Aktionen eines Agenten konnen sich die Randbedingungen und damit das Verhalten eines anderen Agenten andern.
Aufcerdem werden verschiedene Erkenntnissinteressen unterschieden. Im Agent Based Modeling konnen laut Tsefatsion vier verschiedene Erkenntnisinteressen unterschieden werden, denn je nach Erkenntnisinteresse muss das Agent Based Model anderes gestaltet werden:40
1. Empirisches Verstandnis
Dabei geht es um die Klarung, warum sich bestimmte globale Regelmafcigkeiten entwickelt haben, die grundsatzlich trotz nicht vorhandener Planung und Kontrolle bestehen bleiben.
2. Normatives Verstandnis
Es geht bei dem normativen Verstandnis um die Frage, wie Agent Based Models als computerbasierte Labore zur Erforschung von okonomischen Phanomenen genutzt werden konnen.
3. Qualitative Erkenntnisse und Theoriebildung
Die qualitative Erkenntnis meint dabei, wie okonomische Systeme besser verstanden werden konnen, indem eine systematische Untersuchung des moglichen dynamischen Verhaltens der Agenten unter speziellen Ausgangsbedingungen besser verstanden werden kann und daraus Theorien gebildet werden konnen.
4. Methodische Weiterentwicklung
Darin geht es um die Frage, wie man den Forschern am besten welche Werkzeuge und Methoden zur Verfugung stellt, um systematische Untersuchungen computergestutzt durchfuhren zu konnen und erstellte Theorien dadurch anhand von Daten aus der realen Welt validieren zu konnen.
Grundsatzlich lasst sich zu Agent Based Models festhalten, dass diese sowohl ein heterogenes Verhalten der einzelnen Agenten sowie deren Abhangigkeiten, Beziehungen und Interaktionen zueinander anhand einer Computersimulation abbilden kann. Es handelt sich um eine sogenannte „[...] „bottom-up“ Strategie zur Simulation der Interaktion von autonomen, heterogenen und unter Umstanden lernfahigen Agenten.“41
3.2 Populare Anwendungsfelder des Agent Based Modeling
Hinsichtlich popularer Anwendungsfelder werden zunachst drei bekannte Beispiele beschrieben, welche das Agent Based Modeling bekannt gemacht und zusatzlich viele weitere Forschungsprogramme in verschiedenen Bereichen hervorgerufen haben. Anschliefcend wird auf die aktuellen Anwendungsfelder eingegangen, in denen das Agent Based Modeling haufig zur Simulation genutzt wird.
[...]
1 vgl. Dannwolf & Ulrich, 2020, S. 592.
2 vgl. Heiser, 2018, S. 5.
3 vgl. Heiser, 2018, S. 6.
4 vgl. Lindner, 2020, S. 5.
5 vgl. Baur & Blasius, 2014, S. 17.
6 vgl. Statista Research Department, 2019.
7 vgl. Wilensky & Rand, 2016, S. 1.
8 vgl. Pahl, 2020, S. 222 / Jann & Hevenstone, 2019, S. 222.
9 vgl. Sax, 2010, S. 49.
10 vgl. Dannwolf & Ulrich, 2020, S. 592.
11 Hader, 2006, S. 20.
12 vgl. Baur & Blasius, 2014, S. 41.
13 vgl. Dannwolf & Ulrich, 2020, S. 592.
14 vgl. Heiser, 2018, S. 13.
15 vgl. Baur & Blasius, 2014, S. 41.
16 vgl. Heiser, 2018, S. 13.
17 vgl. Heiser, 2018, S. 13.
18 vgl. Heiser, 2018, S. 22.
19 vgl. Bortz & Doring, 2006, S. 296.
20 vgl. Lindner, 2020, S. 5.
21 vgl. Flache & Mas, 2015, S. 493.
22 vgl. Pahl, 2020, S. 210.
23 vgl. Pahl, 2020, S. 210.
24 vgl. Weyer & Roos, 2017, S. 12.
25 vgl. Baur & Blasius, 2014, S. 213
26 vgl. Metz, 2017, S. 39.
27 vgl. Metz, 2017, S. 39.
28 vgl. Metz, 2017, S. 22 f.
29 Pahl, 2020, S. 222.
30 vgl. Jann & Hevenstone, 2019, S. 222.
31 vgl. Ehrentreich, 2008, S. 4.
32 vgl. Flache & Mas, 2015, S. 492.
33 vgl. Flache & Mas, 2015, S. 492.
34 vgl. Jann & Hevenstone, 2019, S. 222.
35 vgl. Jann & Hevenstone, 2019, S. 222.
36 vgl. Weyer & Roos, 2017, S. 12
37 vgl. Weyer & Roos, 2017, S. 12.
38 vgl. Metz, 2017, S. 20.
39 vgl. Weyer & Roos, 2017, S. 12.
40 vgl. Tesfatsion, 2006, S. 180 ff.
41 Jann & Hevenstone, 2019, S. 222.