Samuel P. Huntingtons "The Clash of Civilizations". Kritische Auseinandersetzungen seit 1996


Term Paper, 2020

15 Pages, Grade: 1,0


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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Huntingtons Definitionsansatz zum Kulturbegriff

3 Besprechung kritischer Positionen
3.1 Hyperkultur und Kulturessentialismus.
3.2 Huntingtons Differenzierungen und Kathegoriendiffusion
3.3 Die Annahme der Abgrenzung anstatt Vernetzung
3.4 Ideologie und Kultur

4 Diskussion der vorgestellten Kritikpunkte
4.1 Hyperkultur vs. Kulturessenzialsimus
4.2 Huntingtons Differenzierungen und Kathegoriendiffusion
4.3 Die Annahme der Abgrenzung anstatt Vernetzung
4.4 Ideologie und Kultur

5 Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Seit Erscheinen im Jahre 1993 als Aufsatz in Foreign Affairs und Weiterführung als Buch 1996 lösten Samuel Huntingtons Hypothesen vom „Clash of Civilizations“ eine breite, bis heute anhaltende Diskussion aus. Im 21. Jahrhundert werde es zu Konflikten zwischen verschiedenen „Kulturräumen“ kommen, insbesondere zwischen der „westlichen Zivilisation“ und dem „islamischen Kulturraum“, so Huntingtons Ansatz. Bemerkenswert hierbei, dass die Thesen Huntingtons zyklisch Aktualitätsschübe erfuhren. Gerade der angesprochene Konfliktraum zwischen westlicher Sphäre und islamischer Kultursphäre eröffnete sich durch mehrere tragische Aufeinandertreffen der Akteure regelmäßig, mit wechselnder, aber kontinuierlicher Konfliktintensität. Huntingtons Überlegungen dienten beispielsweise bei den epochemachenden Anschlägen des elften September 2001 in den USA, den Anschlägen auf Charlie Hebdo 2015 in Frankreich, dem Syrienkonflikt, beginnend mit dem arabischen Frühling seit 2011 oder dem Erstarken des Islamischen Staates seit 2014 immer wieder als Rückbezugspunkt. Auch die Konflikte an kulturellen Bruchlinien wurden thematisch aktuell, beispielsweise in der Ukrainekrise mit dem Teilresultat Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014. Diese Aktualitätsschübe in den Jahrzehnten nach Erscheinen der Thesen ermöglichen gleichwohl auch, dass sich in regelmäßigen Abständen eine Vielzahl von immer neuen Autoren an dem Stoff und am Kerninhalt kritisch würdigend abarbeiten konnte.

Nachfolgend soll ein Versuch unternommen werden, sich mit einigen prominenten kritischen Ansätzen tiefer auseinanderzusetzen, aufgrund des Ausarbeitungsrahmens jedoch ohne das gesamte Spektrum der Gegenstimmen zu Huntingtons Thesen erfassen zu können.

2 Huntingtons Definitionsansatz zum Kulturbegriff

Huntington muss seinen Überlegungen über das Aufeinanderprallen der Kulturen selbstverständlich profunde Definitionen der Schlüsselphänomene zugrunde legen. Schon auf den ersten Seiten definiert Huntington sein Verständnis des Kulturbegriffes, mit entsprechenden, daraus folgenden Argumentationspfaden. Huntingtons Kulturdefinition ist seit Erstveröffentlichung immer wieder debattiert und hinterfragt worden. Vornehmlich galt es, die Frage zu klären, was genau in welcher Form aufeinanderprallt, falls Kulturen nicht als totalitäre Größen, abgeschlossene Gebilde oder Entitäten zu begreifen sind, oder man von verschiedenen Kulturmodi innerhalb einer Kultur ausgehen müsse. Um nachfolgend verschiedene Annährungsperspektiven zum Kulturbegriff besprechen zu können, sei Huntingtons Kulturdefinition vorangestellt.

Huntington will mit seinem Konzept der verschiedenen Kulturkreise die Bruchlinien der damals erfassbaren politischen Weltordnung darstellen. Naheliegend wäre zu diesem Zweck, dass er einen normativ-neutralen, deskriptiven, aber eben pluralen Begriff der Kulturen verwendet, der das Spannungsfeld zwischen Kultur und ,Zivilisiertheit‘ entbehrlich macht (Dietz, 2007). Diesem Ansatz folgt Huntington nicht. Huntington definiert Kultur in einem umfassenden Sinn als „die gesamte Lebensweise eines Volkes“, allerdings bezogen auf „Werte, Normen, Institutionen und Denkweisen“, zuvorderst bezogen auf Religion. Kulturen sind definiert durch ihre weltanschauliche Dimension. Davon losgelöst steht die jeweilige technisch-naturwissenschaftliche Entwicklung, diese bleibt Prozess der Modernisierung. Der Modernisierungsprozess ist ein weltweiter, singulärer Prozess: Es gibt nur eine Naturwissenschaft und Technik, gleich in welchem Kulturkreis sie auf welcher Ebene auch immer voranschreitet. Die Kulturen dagegen definieren sich über verschiedene Weltbilder, sind also nicht allein auf Sprache, Nation, Religion oder ähnliches beschränkt und dienen vor allem der Selbstidentifikation - nur sie sind identitätsbildend. Die Kultur gilt Huntington als Totalität, als Entität (Wollner 2008). Huntington hat seine These vom Kampf der Kulturen für die Teildisziplin Internationale Beziehungen entwickelt. Er geht davon aus, dass die relevante, weil moderne Politikgeschichte erst mit der Herausbildung desjenigen Staatensystems beginnt, das unsere Welt noch heute prägt (Menzel 2001). Handelnden Subjekte innerhalb internationaler Beziehungen sind hiernach Nationalstaaten, nicht aber Kulturen. Huntington geht dieser Denkweise folgend davon aus, dass Kulturen selbst keine politischen Handlungen vornehmen. Kulturkriese nach Huntington können mehrere Staaten einschließen, oder nur einen. Akteure bleiben Staaten, was dazu führt, dass handelnde Staaten in ihrem Agieren zu Repräsentanten von Staaten werden müssen, die außerhalb der konkreten Handlung stehen, aber demselben Kulturkreis zugerechnet werden. Handelt Deutschland, repräsentiert der deutsche Staat nach Huntingtons These in seinem Handeln auch Frankreich, da beide einem Kulturkreis zugeordnet werden. Huntington legt den Definitionsfokus großteils auf die vorherrschende Religionsverortung der jeweiligen Kulturkreise, was an anderer Stelle in dieser Arbeit noch behandelt werden wird, auch wenn sich Huntington selbst dagegen sträubt, die Religion als alleiniges Merkmal anzuwenden. Das Christentum ist tatsächlich auch über drei Zivilisationen verteilt worden, das religiös vielfältige Afrika wurde zu einem großen Kulturkreis zusammengefasst. Ebenso fasst er etwa die unterschiedlichen islamischen Bekenntnisse zu einer Zivilisation zusammen, definiert die chinesische Kultur als konfuzianische, begreift das religiös relativ homogene Japan als einen Kulturkreis und betrachtet das hinduistische Indien als eine religiöse Einheit (Wollner 2007). Kulturelle- vornehmlich religiöse Unterschiede innerhalb der Kulturkreise markiert er mit dem Präfix sub. Eine Abgrenzung erfolgt zum Begriff der Ideologie. Diese Unterscheidung zeigt sich als zentral, da Huntington annimmt, dass Kulturkreise das weitere Miteinander der Staaten nach Zusammenbruch der Blöcke bestimmen, nicht aber Ideologien. Huntington betont vor allem den Unterschied in der lebenspraktischen Relevanz: Ideologien sind aus seiner Sicht oktroyierte Weltbilder, kaum verankert in der tatsächlichen Lebensweise der Menschen, mal mehr, mal weniger zeitstabil. Davon unterscheiden sich die historisch gewachsenen, also zeitstabileren Deutungs- und Wertsysteme, allen voran eben religiös geprägte, die für das Selbstverständnis der Angehörigen einer Kultur tatsächlich konstitutiv identitätsstiftend sind.

3 Besprechung kritischer Positionen

Ohne den Fokus auf die inhaltlichen Erläuterungen der Thesen Huntingtons zu legen, werden im Folgenden kritische Ansätze genannt, erläutert und stellungnehmend diskutiert.

3.1 Hyperkultur und Kulturessentialismus

Huntingtons Thesen aufgreifend, setzt sich Reckwitz mit dem Kulturbegriff auseinander und grenzt zwei Kulturmodi voneinander ab: Hyperkultur und Kulturexistenzialismus (Reckwitz 2017). Huntington selbst postuliert, dass nach dem Paradigma der Einteilung der Welt in zwei Blöcke ein neues Paradigma benötigt würde, um internationale Beziehungen zu beschreib- und prognostizierbar zu machen. Es sollte ein Schlusspunkt gesetzt werden. Nicht an die Geschichte an sich, aber an die Geschichte als Kette von Unsicherheiten (ebd.). Huntington eröffnet seine Überlegungen zu einem anwendbaren Paradigma damit, dass die verschiedenen Kulturkreise deswegen konflikthaft aufeinandertreffen müssen, weil sich kulturelle Muster, Traditionen und Wertvorstellungen auf Dauer im Miteinander als unvereinbar und unüberbrückbar zeigen. Diese rückwärtsgewandte Modellierung des Kulturbegriffes greift für Reckwitz zu kurz. Reckwitz kritisiert die Sichtweise Huntingtons insoweit, dass Kultur eben nicht nur als die Lebensweise eines Volkes, also als Gruppeneigenschaft gesehen werden kann. Reckwitz erweitert den Kulturbegriff. Kultur sei nicht nur die jeweilige Weise, wie die Welt wahrgenommen wird, wie sie in Weltbildern und alltäglichen Vorstellungen interpretiert wird. Er präzisiert weiter:

„Im breiten kulturwissenschaftlichen Verständnis ist gewissermaßen alles Kultur, weil überall Bedeutungen am Werk sind. In einem präziseren Verständnis ist Kultur in jenem Bereich, in dem es um Wert geht. Das ist mein Ausgangspunkt: Kultur und Wert hängen untrennbar zusammen. Im Feld der Kultur wird bestimmten Dingen Wert zugeschrieben, sie werden mit Wert aufgeladen und anderen wird Wert abgesprochen.“ Reckwitz 2017

Wert ergibt sich allerdings nicht nur aus der Vergangenheit und ihren destillierten Errungenschaften für das Kollektiv, sondern auch aus individuellen Möglichkeiten einzelner. Gerade ein Gutteil der Angehörigen modernisierter, global vernetzter, ressourcenreicher Gesellschaften muss sich mit tradierten Wertkonstrukten nicht begnügen. Kultur meint für die Betreffenden vielmehr die Verfügbarkeit einer Pluralität globaler, kultureller Güter für ihre Selbstentfaltung.

„Ob es sich um die japanische Kampfkunst Aikido oder das indische Yoga handelt, ob skandinavisches Design, französische Kinofilme oder amerikanische Computerspiele, kreolische oder süddeutsche Küche, ob es um Reiseziele zwischen dem Städtetrip, dem Aktivurlaub oder der Themenreise, World Music oder Kunstmuseen geht...“ ebd. eine globale Kultur ist gewissermaßen als individueller Kulturselbstbausatz verfügbar. Es ergibt sich eine Überkultur. Über dem, was man kennt, legt man das, was man individuell verwirklichen möchte. Reckwitz nennt das Hyperkultur. Leitbild dieser Hyperkultur muss dementsprechend aber Vielfalt, gepaart mit Offenheit für andere kulturelle Einflüsse sein. Denn Vielfalt des Kulturellen dehnt das Feld des Verfügbaren enorm aus. Kosmopolitismus entsteht durch die prinzipiell notwendige offene Haltung. Dieser individuelle Kulturbausatz hat aber gesellschaftliches Spaltungspotenzial. Die notwendigen Güter und Ressourcen sind schon nicht für jeden Teil der westlichen, also ressourcenreichen Länder zugänglich. In Ländern, in denen Ressourcen nicht in dem Maße zu Verfügung stehen, die eine Verbreitung von Hyperkultur benötigen würde, oder in denen die Gesellschaftsvereinbarungen schlicht nicht auf Individualisierung ausgelegt sind, benötigen also weiterhin die Besinnung auf die kulturellen Errungenschaften als Kollektiv. Statt Selbstentfaltung des Individuums markiert das Kollektiv, den Ort der Kultur. Kultur zieht dann ihren Wert aus dem, was eine Gemeinschaft zusammenhält, was gemeinsame Identität stiftet. Individuen haben im Kollektiv aufzugehen, sie erhalten im Kollektiv selbstverständliche Anerkennung. Reckwitz nennt das Kulturessenzialismus. Dieser Modus kommt Huntingtons Sichtweise nahe, weil der Kulturessenzialismus bedingt, dass es eine In- und Outgroup geben muss. Ein WIR und ein DIE ANDEREN. Hauptsächlich identitätsstiftend sind Herkunftsort der Ingroup und verbundene Herkunftsreligion als Wertefundament. Reckwitz widerspricht Huntington nicht, ergänzt ihn aber um einen wichtigen Modus einer wichtigen Trägerschicht. Kulturkreise können also nicht nur auf tradierten Wertekonstrukten bestehen, sondern beinhalten ebenso Individualkräfte, die Kultur eigenständig definieren und schon deshalb offen und übernahmebereit für kulturelle Phänomene und Eigenschaften sind, die nichts mit ihrer „Herkunftskultur“ zu gemein haben müssen.

3.2 Huntingtons Differenzierungen und Kategorien

Ein Vorwurf, dem sich Huntington über die Jahre ausgesetzt sah, zielt auf die Unschärfe und Unbeständigkeit seiner Gegenstandskategorien ab. Der westliche Kulturkreis wird geographisch markiert, der südamerikanische über einen Staatenverbund, die islamischen, orthodoxen und hinduistischen Kulturkreise ziehen ihre Bezeichnung aus der angenommenen vorherrschenden Religion. Wobei sogar dort Uneinheitlichkeit herrscht, denn Huntington wechselt begrifflich zwischen indisch und hinduistisch, meint jedoch denselben Kulturkreis. Hier kann man linguistische Pedanterie der Kritiker vermuten, gleichzeitig wurde vor allem die rein religiöse Zuschreibung eines Kulturkreises als Islamischer Kulturkreises und dessen Charakterisierung besonders heftig und breit kritisiert (exemplarisch Senghaas 1997, Reissner 2007). Angemahnt wurde -und wird bis heute- besonders die Zeichnung des Islam als gewalt- und missionierungseifrige Religion einerseits, sowie die unterstellte Untrennbarkeit von Staat und Religion in diesem Kulturkreis andererseits. Kurz, eine mangelhafte Säkularisierung aufgrund einer nicht stattgefundenen Aufklärungsphase. Verbreitetes Gegenargument: Es gibt nicht den Islam, sondern viele verschiedenen religiöse Strömungen innerhalb des islamischen Glaubens. Diese unterscheiden sich teilweise nicht nur marginal, stellen eigene Herrschafts- und Trägerschichten, stehen in Konflikt und bilden daher auch keinen einheitlichen, totalen Kulturkreis aus. So wäre es eher unwahrscheinlich, dass ein schiitisch geführter Staat mit einem sunnitisch geführten Staat gegen einen westlichen Staat der religiösen Gemeinschaft wegen in den Krieg zieht. Auch auf Seiten beispielsweise westlicher Staaten erfolgt die Bewertung des Iran oder von Saudi-Arabien nicht aufgrund der jeweiligen Ausformung des Staatsislamismus, sondern aufgrund von Kriterien, die die Vereinbarkeit ihrer Politik mit westlichen Interessen und Zielen betreffen (Reissner 2007).

Die Konflikte zwischen ,Westen und Islam‘ in den Jahren nach Erscheinen von Huntingtons Thesen seien keine Bestätigungen dieser Thesen, sondern sogar Beleg für deren Nichtzutreffen. Der islamische Staat war nie ein Staat, die Terrorgruppierung Al Quaida repräsentierte ebenso wenig einen Staat, sondern benutzte die islamische Religion lediglich als Vehikel für einen religiös gefärbten Nihilismus (Richter 2013). Hier prallten keine Kulturen aufeinander, hier agierten kulturautonome Gruppen, die Teile ihrer Wertekonstrukte mit anderen islamischen Gruppen teilen mochten, deswegen aber nicht zwingend einem universalen islamischen Kulturkreis zurechenbar waren und sind. Auch auf westlicher Seite agierte eben kein Kulturkreis für sich, sondern Staaten eines postulierten Kulturkreises agierten in jedem Konfliktfall nicht im Blockverband, sondern differenziert und wechselnd koalierend. Es wurde nicht für und wegen gemeinsamer Kulturgüter gestritten, oder für gemeinsame Werte, sondern aufgrund gemeinsamer Interessen. Zugutehalten muss man Huntingtons Thesen aber, dass die gemeinsame Werte als Band und Banner dienten, wenn programmatisch passend. Auch die ,verpasste‘ Säkularisierung sei nicht kulturstiftend für den Islam. Durchaus gab es in vergangenen Jahrhunderten die Hinwendung zum Weltlichen in Staaten, in denen islamische Glaubensrichtungen vorherrschten. Durch die Zerstückelung des Osmanischen Reichs und die gesellschaftspolitischen ,Segnungen' der europäischen Kolonialmächte entwickelte sich eine wirkmächtige entgegengesetzte Strömung innerhalb neu entstehender Staatsgebilde auf dem ehemaligen Gebiet des Osmanischen Reiches: gesellschaftlicher und politischen Rückzug auf Traditionelles (de Bellaigue 2018). Rückbesinnung auf religiös geprägtes gesellschaftliches Miteinander konnte gesellschaftlich breit akzeptiert und dementsprechend tief wirken, weil diese Hinwendung zum Traditionellen gesellschaftspolitische Opposition zu Gesellschaftsformen von Besatzungsmächten darstellte. Hier kann eine Verbindung zum Kulturessenzialismus gezogen werden.

Die Problematik wird an diesem Kritikfeld ein weiteres Mal deutlich, dass in den Unterteilungen, wie sie Huntington vorgenommen hat, die Annahme einer Ingroup und einer Outgroup die Denkgrundlage bilden. Problematisch wird sie durch die Frage: Wer gehört mit welchen Eigenschaften zur Ingroup und was heißt es, wenn eine Ingroup von Angehörigen der Outgroup definiert wird?

3.3 Die Annahme der Abgrenzung anstatt Vernetzung

Wie bereits angedeutet, stellt Huntington die Pluralität der Kulturen in sehr extremer Weise dar. Kulturen zeigen sich nach Huntington als geschlossene Totalitäten ohne übergeordnete Größe, die aufeinander keinen Einfluss ausüben und sich nicht durch Begegnung verändern, sondern allenfalls aufeinanderprallen (Dietz 2007). Kulturen als geschlossene Phänomene zu begreifen, schließt nach Ansicht der Kritiker aus, eine kulturübergreifende Welt als Ganzes besprechen zu können, so dass jede Besprechung der Welt an sich wieder nur Partikularsichtweise sein kann. Zudem wird widerholt darauf hingewiesen, dass die ökonomische und digitale Globalisierung die Welt auf allen Ebenen stark und tief vernetzt hat (Köhler 2015). Es entstanden Verflechtungen, die die Wahrscheinlichkeit militärischer Konflikte bis heute weiter verringern, zumindest die unmittelbaren militärischen Auseinandersetzungen zwischen vernetzten Staaten. Die Möglichkeit von Stellvertreterkriegen thematisieren Huntingtons Kritiker in dem Lichte weniger. An dieser Stelle soll auf die Auseinandersetzung Huntingtons mit den Anschlägen vom elften September 2001 aus Kapazitätsgründen nicht eingegangen werden, es sei lediglich die Anmerkung erlaubt, dass die Einteilung der Attentäter in eine Sphäre außerhalb einer Zivilisiertheit den Kulturbegriff Huntingtons noch problematischer macht, denn „Wer im Ernstfall seinen Gegner kurzerhand zum Barbaren und sich selbst zum Vertreter der Zivilisation als Ganzer erklärt, wird einen Kampf der Kulturen allenfalls noch dort feststellen können, wo er selbst nicht beteiligt ist.“ Dietz, 2007

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Details

Title
Samuel P. Huntingtons "The Clash of Civilizations". Kritische Auseinandersetzungen seit 1996
College
Neisse University Görlitz  (Fakultät Sozialwissenschaften)
Course
M2.3 Kulturen u. Identitäten
Grade
1,0
Author
Year
2020
Pages
15
Catalog Number
V1026123
ISBN (eBook)
9783346433756
ISBN (Book)
9783346433763
Language
German
Keywords
Huntington, Clash of Civilizations, Kampf der Kulturen, Kulturen, Identität, Samuel
Quote paper
Maurice Ittershagen (Author), 2020, Samuel P. Huntingtons "The Clash of Civilizations". Kritische Auseinandersetzungen seit 1996, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1026123

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