Die Chorschrankenreliefs des Georgchors im Bamberger Dom


Trabajo de Seminario, 2001

15 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

- Einleitung

- Forschungsstand

- Beschreibung

- Diskussion/Vergleich

- Schluss

- Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Thema dieser Hausarbeit beschäftigt sich mit den Chorschrankenreliefs am Georgchor im Bamberger Dom. (Die ersten beiden Dias: Südschranke und Nordschranke.)

Sie stellen 14 Reliefs dar, die in vier Dreier-Gruppen angeordnet sind und ca. eine Höhe von durchschnittlich 195 cm betragen. Auf der Südseite des Chores sind paarweise diskutierende Apostel dargestellt, auf der Nordseite die Propheten. (Nächsten beiden Dias Verkündigung und der hl. Michael) Außerhalb dieser Gruppierungen stellen noch zwei weitere alleinstehende Reliefs die Themen der Verkündigungsszene und des hl. Michael als Drachentöter dar.( Folien und Erläuterungen dazu)

Die Chorschranken im Bamberger Dom stehen in ihrer Gesamtheit von ihrer Technik und ihrem Stil für sich isoliert dar. Das Werk birgt für die damalige Zeit am Anfang des 13. Jahrhundert viel neues und selbständiges. Der Fortschritt im Studium der Natur und des menschlichen Körpers wird erkennbar.

In Bamberg gab es laut Forschungen zwei Werkstätten; eine ältere und eine jüngere, die in verschiedenen Stilen gearbeitet haben. Dennoch scheint der Übergang zueinander fließend gewesen zu sein. Die Chorschranken werden der älteren Werkstatt zugeordnet.

Die in diesem Zusammenhang für die Forschung entscheidende Frage ist,welche Einflüsse auf den Meister der Schranken gewirkt haben und woher seine Technik und sein Stil stammen.

Forschungsstand

In der Geschichte um die Erforschung der Herkunft des Stiles und der Technik der Chorschranken im Bamberger Dom wurde im 19. Jahrhundert von Arthur Weese eine Parallele zu Frankreich geschaffen.

Desweiteren wurde von Wilhelm Vöge der byzantinische Charakter der Reliefs gedeutet. Vöge stellte sich jedoch die Frage nach dem byzantinischen Einfluss durch Frankreich oder ob Byzanz für Deutschland und Frankreich gleichzeitig als frühere Quelle zu sehen sei.

Hans Jantzen hingegen vertritt 1925 die Meinung, dass die Buchmalerei als Grundlage für die Reliefs gedient haben könnte.

1987 stellt Robert Suckale die These auf, dass die Grundlage der Reliefs die Flächenkünste gewesen sein könnten. Als Vorbild galten für ihn die Schatzkünste der Goldschmiedekunst, der Elfenbeinschnitzerei und des Bronzegusses.

1992 fasst Hans-Christian Feldmann noch einmal diese Thesen zusammen und stellt weiterhin auch die Parallelen der Chorschranken zum Marienportal und den Gewändefiguren des Fürstenportals dar und verdeutlicht somit den Einfluss der jüngeren Bamberger Werkstatt auf die Reliefs.

Alle Autoren sind dennoch über die Jahre hinweg der gleichen Ansicht, das viermal ein neues Gesamtkonzept für die je drei Platten entworfen wurde, die von einem die Oberaufsicht führenden Bildhauer und dessen Gehilfen ausgearbeitet wurden. Den Ausführenden blieb somit eine große Freiheit.

Robert Suckale schreibt dazu:

„Doch weniger das Gelernte, sondern das selbst Geleistete sticht hervor.“1

Beschreibung

( Nächsten beiden Dias: Südschranke und Nordschranke)

Der östliche Chor im Bamberger Dom ist dem hl. Georg geweiht. Er schließt nach den Seitenschiffen mit hohen Steinbrüstungen, den Chorschranken ab. Sie sind zwischen den Arkadenpfeilern eingebaut und dadurch erhalten die vier entstanden Abschnitte eine gewisse Verselbständigung. Sie sind nur von den Seitenschiffen im vollen Licht der gegenüberliegenden Fenster zu betrachten. Die Abschnitte sind jeweils durch eine dreiteilige Arkade gegliedert. Diese bilden Reliefräume, in denen sich das figürliche Thema der Chorschranken darstellt. Die Arkaden der Südseite zeichnen sich durch Rundbögen, die auf der Nordseite durch Kleeblattbögen aus. Der letzte Rundbogen im südwestlichen Abschnitt weist außerdem noch ein Zackenfries auf.

Weiterhin schließen sich zwei weitere Reliefs mit Rundbögen an die Chorschranken an, die alleine stehen; jeweils eins an der Südseite und das andere an der Nordseite des Chors.( Hinweis auf vorherige Dias)

Die in den Reliefräumen dargestellten Figuren treten paarweise auf. Sie stehen meist in einer Dreiviertelansicht zum Betrachter. Man erkennt eine stehende ruhige linke Figur gegenüber einer frontalen oder nach rechts gewandten Figur. Die linke Figur bleibt fast immer unverändert. Die rechte Figur ist hingegen bewegter, was besonders die Experimentierfreudigkeit des Bildhauers verdeutlicht. Im Süden werden die Apostel dargestellt, im Norden die Propheten. Die für sich stehenden Reliefs zeigen einmal im Süden den hl. Michael und im Norden die Szene der Verkündigung.

Das Motiv des Bamberger Chorreliefs ist das der disputatio. Diese war eine Hauptform des theologischen Unterrichts im 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts und stellte die Auseinandersetzung zwischen Gelehrten zur Klärung wissenschaftlicher Streitfragen dar.2 ( die nächsten beiden Dias: Petrusreihe und Jonasreihe)

Die Paare der Apostel und Propheten stehen immer zu zweit wie schon oben geschildert in einem Disput. Durch ihre Gestiken, Bewegungen und Gesichtsausdrücke kann man die Spannung und Energie solch eines Streitgesprächs erkennen.

Die Südwestliche Apostelreihe ist nach dem im rechten Relief rechts stehenden Apostel Petrus benannt. Er ist an seinem Attribut dem Schlüssel klar zu erkennen. Links neben ihm mit dem Doppelkreuz steht Andreas. Weiterhin im mittleren Relief ist der einzige beschuhte Apostel zu erkennen. Man vermutet, dass er Jakobus darstellen soll. Die anderen Apostel tragen keine Attribute bei sich und sind demnach nicht genau zuzuordnen.

In jedem Relief der Apostel sind Spruchbänder zu sehen. Die Inschriften sind nicht mehr zu erkennen, vermutlich waren es altestamentalische Schriften, die sich auf die Apostel bezogen3.

Alle Propheten und Apostel stehen auf einem gewellten Untergrund.

( das nächste Dia links: Paulusrelief)

Die südöstliche Apostelreihe hat nur einen Apostel, den man vielleicht zuordnen könnte;der erste Apostel im linken Relief mit einem fast kahlen Kopf könnte Paulus sein. Die Meinungen darüber gehen aber auseinander. Alle anderen dieser Reihe sind nicht zuzuordnen.

Die Reliefreihe im Nordosten ist nach ihrer markantesten Person Jonas benannt. Er befindet sich im mittleren Relief links. Er hat einen kompletten Kahlkopf und einen nackten Oberkörper. Die Figur rechts neben ihm mit erhobenem Zeigefinger wird als Hosea gedeutet. Im rechten Relief rechts der gekrönte Prophet im königlichen Ornat ist David. Ihm zur Seite mit dem Attribut der Säge steht Jesaia.

( nächstes Dia links: anonyme Reihe)

Die nordwestliche Gruppe wird „anonyme Gruppe“ genannt, da keiner der Propheten einer Person der christlichen Ikonographie zugeordnet werden kann.

( nächsten beiden Dias: Verkündigung und hl. Michael)

Die Verkündigungsszene an der Nordseite stellt Maria (links) und den grüßenden Erzengel Gabriel (rechts) dar.

Das Relief des Hl. Michael stellt ihn mit Schild und schwingendem Schwert dar. Er steht mit beiden Füßen auf dem von ihm getöteten Untier, die Kreuzesfahne steckt in dessen Rachen. Die ornamentale und symbolhafte Aussage wird hier klar deutlich: Der Triumph der himmlischen Macht über das Böse.4

( nächsten beiden Dias: links Petrusreihe, rechts Jonasreihe)

Die Füllungen der Bogenfelder in den Reliefs der Apostelreihe waren bemalt. Diese Bemalung weicht in der Jonasreihe einem skulptierten Rankenwerk.5 Die anonyme Reihe weist keinerlei Verzierungen auf. Die Rahmung wird von der Petrusreihe bis hin zur anonymen Reihe immer pompöser und verspielter.

Die Figuren der Petrusreihe heben sich nur wenig vom Hintergrund ab. Die Plastizität kommt nicht hervor. Die Gestalten überschneiden sich mit den Rahmen und der Arm des Petrus sitzt so, als wäre der Rahmen nur gezeichnet.6 Im Gegensatz dazu ist dieser Rahmen in der südöstlichen Reihe mit in die Komposition eingebunden und architektonisiert. Der Rahmen erfährt eine Auskehlung, welche in den folgenden Reliefs noch bestimmter wird und in den Reliefs der Nordseite zu Blütenkonsolen werden.

Von der südlichen zur nördlichen Reihe nimmt die Tiefe der Reliefs zu, die Gestalten lösen sich mehr und mehr vom Untergrund und werden freiplastischer. Sie stehen meist mit einem leicht ausschreitenden Schritt auf dem welligen Boden ; Stand- und Spielbein sind dabei nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden.(nächsten beiden Dias: links Jonasrelief, rechts anonyme Reihe) Mehrmals ist der Fuß ganz vom Boden abgehoben, so dass die Fußsohle vollkommen zu sehen ist. Die Bewegung in der Hüfte ist nur durch die Drehung des Rumpfes erkennbar. Desweiteren sind sie oft wie in der Partnerfigur des Jonas überdreht dargestellt; sein Unterkörper wendet sich von Jonas ab, wobei sein Oberköper ihm ruckartig zugedreht ist.7

( Petrusreihe, Jonasreihe)

Die Figuren wirken gedrungen. Ihre Gelenke sind im sichtbaren Bereich stark geknickt. Der Körper ist nur als Umriss unter den Gewändern zu erkennen und das Nackte wird uns fast vollkommen entzogen. Arthur Weese schreibt dazu: „ Der Gedanke war ihnen noch nicht gekommen, dass der Wurf des Gewandes abhängig ist von der darunter verhüllten Körperform.“8

Ein besonderes Augenmerk fällt auch auf die Köpfe der Skulpturen. Die der Apostel sind sich alle sehr ähnlich. Der Schädel gipfelt in einer hohen Wölbung und fällt am Hinterkopf wieder steil ab. Hans Jantzen schreibt dazu: „Diese Apostel sind untereinander ähnlicher als Brüder es zu sein pflegen.“

Sie unterscheiden sich nur durch ihr Kopf- und Barthaar.

Von einer Individualisierung kann hier so gut wie keine Rede sein. Der Bamberger Meister variiert nur den Typus des disputatio unermüdlich. Sie haben, soweit dies erkennbar ist, alle kräftige Wangenknochen und magere Wangen. Ebenfalls haben sie einen kleinen Mund mit schmalen Lippen. Das Haar, Ohren und Schläfen bedeckend, ist in den ersten Reliefs glatter, wird dann aber immer lockiger und geschwungener, so dass man schließlich in den Prophetenreliefs den Eindruck einer Perücke erhält.

Die Apostelköpfe sind noch zaghafter in ihrer Form, wogegen die Prophetenreihen energischer und ausdrucksstärker gestaltet sind.

An dieser Darstellung sieht man die genauen Naturstudien des Meisters, nach denen er gearbeitet haben muss. Die Bewegung und Spannung geht von den Köpfen und der Gestik der Skulpturen aus; diese Dramatik und Spannung kommt bei den Propheten am meisten heraus. Der scharfe und stechende Blick Jonas lässt seine Erregung und Energie spüren. Die Apostelreihe dagegen ist starrer und wirkt matter. Es fehlt das Gewaltsame. Die Intensität der Blicke findet keine vergleichbaren Gegenstücke oder Parallelen in der Geschichte der deutschen Bildhauerkunst.9

Die Figuren streben nach Freiheit und Bewegung und die Lebendigkeit wird um so deutlicher. Die Männer tragen ein weites, faltenreiches, am Hals schließendes Unterkleid und einen darübergeworfenen Mantel. Diese Kleidung scheint der Antike angelehnt. Nur Jonas trägt kein Untergewand, die Falten verlaufen in zahlreichen Parallelen und wirken dadurch wie ein stilistisches Ornament.

An den Umhängen ist bei den Apostelreliefs keine Stofflichkeit erkennbar. Das Gewand legt sich nicht dem Körper an und die Falten sind starr und kantig. Über den Schenkeln ist eine glatte Fläche in der Fältelung. In den Prophetenreliefs sowie bei der Verkündigung und dem hl. Michael sind zusätzlich Bordüren angebracht.

In der Entwicklung der Reliefs von Süden nach Norden ist ein zielbewusstes Vorwärtsstreben besonders an der Entwicklung der Gewänder erkennbar: sie werden tiefer ausgearbeitet und fallen schwunghafter, wohingegen sie bei den Aposteln noch eher flach und kantig sind. Die Bearbeitung wird im ganzen freier und kühner.

(links Südschranke)

Die südöstliche Apostelreihe zeugt von einem Streben zu einer Entwicklung neuer Formen. Der Unterschied zur Petrusreihe wird deutlich sichtbar, da die östliche Reihe eine höhere Gespanntheit und Straffheit der Haltung, eine schärfere Kontrastierung der Paare sowie einen besonderen Reichtum an Formgebung aufweist. Die Reliefs erfahren eine sich steigernde Spannung. Somit wird in den Prophetenreliefs eine neue Stofflichkeit erkennbar. Die körperliche Substanz wird herausmodelliert und die Flächen runden und wölben sich weicher. Ebenfalls ist eine Stockung des gewellten Untergrunds sichtbar. Zwar sind die gleichen Faltenstege parallel auf den Oberschenkeln vorhanden doch der Fall des Stoffes wirkt natürlicher. Auch die Beine sind hier wie zum Beispiel bei Jonas markanter modelliert im Gegensatz zu den Aposteln, wo die Beine eher pfahlartig dargestellt sind.

( rechts anonyme Reihe)

Ebenfalls ist in der anonymen Reihe der Nordseite eine Steigerung in der Verstofflichung zu erkennen. Die schwere der Stoffe wird hier am deutlichsten. Es werden Falten dargestellt, die sich über den ganzen Körper ziehen und damit eine zähfließende Wirkung erzielen. Außerdem weicht das Kompositionsprinzip zweier gegenüberstehender Figuren ab. Die Skulpturen des linken Reliefs scheinen in keinem Dialog miteinander zu stehen, ja sie beachten sich nicht einmal mehr. Das Relief in der Mitte zeigt zwei Propheten, die dem Betrachter den Rücken zuwenden. Bei der linken Figur wurde versucht, dass belastete Standbein vom freien Spielbein zu unterscheiden. Die Gewichtsverlagerung ist nicht mehr vom Gewand sondern vom Körper bestimmt.10 Die Figuren im rechten Relief stehen im Dialog zueinander und weisen eine gewisse körperliche Schwere auf. Die rechte Figur erlangt ein monumentales Stehen, der auf die Spitze gestellte Fuß ist als ein Kunstgriff anzuerkennen.

(rechts Verkündigung)

Die Gewandbehandlung der Verkündigungsszene sowie die des hl. Michael sind von der Stilbildung dem südöstlichen Chorrelief zuzuordnen. Bei der Verkündigung finden wir wegen dem Platzmangel eine gedrungene Komposition im Relief. Gabriels Flügel ist eingeklemmt und sein grüßender Arm wird von einem Spruchband überschnitten.11

(links Petrusreihe, rechts Jonasreihe)

Für jede Dreier-Gruppe wurde demnach eine neues Gesamtkonzept entworfen, das sich an die früher entstandenen Reliefs in gewissen Zügen anlehnt und weiter ausgeführt wurde. Dieses ist besonders durch die fünf sich stark ähnelnden Reliefs erkennbar: den drei Reliefs der Petrusreihe sowie das linke und mittlere Relief der Jonasreihe. Die Haltungen wiederholen sich und lassen bei der Jonasreihe auf eine Ahnlehnung an die Petrusreihe schließen.12

Erhaltene Spuren einer farbigen Fassung lassen ahnen, dass das Werk ursprünglich anders ausgesehen hat. Die Säume der Gewänder waren wohl goldgefasst, die Flächen gemustert.13 Somit wird uns heute ein nicht kompletter Eindruck der Reliefs gelassen.

Diskussion/Vergleich

Die Meinungen über die Herkunft des Stiles und der Technik des Meisters der Chorschranken weichen über fast ein ganzes Jahrhundert lang voneinander ab.

1897 stellt Arthur Weese die Selbständigkeit des Bamberger Meisters und seine Isolation zu anderen Werkstätten dar.14

Er vergleicht Bamberg mit der sächsischen15 und der süddeutschen16 Schule und kommt zu dem Schluss, dass keine von beiden einen Einfluss auf Bamberg ausgeübt habe. Weiterhin zieht er den Vergleich zu Frankreich. Historisch gesehen seien die Kontakte Bambergs zu Frankreich nicht nur durch die gemeinsamen Kreuzzüge Deutschlands und Frankreichs, sondern auch durch die engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Bamberger Bischöfen aus dem Hause der Meranier und den französischen Adelsund Fürstengeschlechtern sehr hoch17. Da die Bischöfe einen großen Einfluss auf die Bildhauer hatten, ist diese These für ihn nicht auszuschließen.

Weiterhin sei die Gemeinsamkeit mit der französischen Plastik in der Lebhaftigkeit der Bewegung18 sowie der Behandlung des Körpers wie ein biegsames, dehnbares und rückratloses Gebilde zu erkennen ( Partnerfigur Jonas).19

(rechts Toulouse)

Er vergleicht die Reliefs in Bamberg mit denen in St´Etienne in Toulouse. Dort ist ebenfalls eine Apostelgruppe im hitzigen Gespräch mit flatternden Falten und Säumen und markanten Köpfen dargestellt. Erkennbar sind ebenfalls die prächtig bestickten Bordüren.20 Die Schule Burgunds und der Languedoc weist die gleichen Verzerrungen in der Zeichnung der Glieder, einen ganz schematischen Körperbau und daneben die überzeugende Lebensfrische der Köpfe auf.21

Für Arthur Weese stand fest, das der Stil des Meister der Chorschrankenreliefs sich aus der französischen Plastik entwickelt habe.

Anfangs stellt er die These der Verwandtschaft der Reliefs mit der Kleinkunst auf, widerlegt sie aber wieder indem er schreibt: „Seinen Ursprung in der Sphäre der Elfenbeinschnitzer und Goldschmiede zu suchen, das hiesse einen Riesen aus dem Zwergenland entstammen zulassen.“22

Wilhelm Vöge hingegen ist 1899 der Meinung, dass die Malerei und Kleinkunst immer einen Einfluss auf die Plastik habe.23

Die Schulen in Frankreich standen seiner Meinung nach alle unter byzantinischem Einfluss, deutlich werdend durch die weit geöffneten Augen der Apostel sowie der in Toulouse in schlangenartigem Gelöck gelösten Bärte und Haare. Die Werke vermitteln einen orientalischen Charakter.

Nach Wilhelm Vöges Meinung prägt die Verwandtschaft zwischen der Bamberger und der französischen Plastik besonders das Zurückgehen auf die gemeinsame ältere Quelle Byzanz24. In Bamberg haben die Augen nichts hervortretendes, noch sind die Körper so verzerrt wie in Frankreich. Die Beobachtungen der Natur haben das Vorbild Byzanz in Bamberg eigenständig korrigiert.

Als letztes äußert Vöge, dass die Bildhauer der Reliefs aufgrund ihrer technischen Eigenheiten und aufgrund des Themas aus der Goldschmiedewerkstatt kämen.Unter Arkaden angeordnete Apostel und Engelgestalten waren bei der Gestaltung von Schreinen sehr beliebt und falls bei der Fertigung von Steinreliefs gerade keine Bildhauer zur Stelle waren, wurden auch die Goldschmiede und Metallbinder herangezogen.25

Hans Jantzen sieht 1925 das Motiv der gewellten Bodenplatte als aus der karolingischen Buchmalerei stammend an. Die Gewandbehandlung stamme aus der spätromanischen Malerei.26

(rechts Davidrelief)

1987 schreibt auch Robert Suckale auch über die Einflüsse auf die Reliefs durch die Flächenkünste. Vorbildlich seien die Goldschmiedekunst sowie die Elfenbeinschnitzerei gewesen. Charakteristisch dafür seien die auseinandergeklappten Füße die Gewandsäume, sowie die Schuhriemen und Beschläge; die Art sie anzubohren, die Ziselierungen und gravurartigen Verzierungen weisen darauf hin. Dies ist außerdem noch am diamantierten Nimbus des Petrus zu erkennen. Die Hände des Petrusrelief können nicht greifen, sich nicht krümmen und sind steif. Dies zeugt für ein geringes räumliches Vorstellungsvermögen. Robert Suckale stellt die Frage, ob hier ein schlechter Bildhauer am Werk gewesen sei, dafür sei aber das Relief wohl doch zu bedeutend in der Reihe gewesen, als dass ein unerfahrener Bildhauer es hätte gestalten dürfen. Er vertritt die Meinung, dass der Steinmetz dieses Reliefs wohl wie ein Maler gedacht haben müsse.27

In seiner Zwischenbilanz schreibt Suckale, dass man diese Kunst der Chorschrankereliefs aber nicht nur aus einer Quelle gespeist betrachten dürfe.28

(links Gewändefiguren, rechts anonyme Reihe)

1992 fasst Hans-Christian Feldmann diese Thesen noch einmal zusammen und erläutert die Verwandtschaft der Reliefs zu den Gewändefiguren des Fürstenportals, die sich in einem schlechten Zustand befänden. Für ihn sei die Parallele am stärksten bei der anonymen Reihe der Propheten erkennbar. Diese weicht immens vom Rest der Reliefkonzeptionen ab. Da die Körperlichkeit und Stofflichkeit mehr und mehr hervorsticht, zu sehen an der linken Figur im mittleren Relief, scheint ihm der Einfluss der jüngeren Werkstatt unabdingbar. Gemeinsam ist auch das Motiv des auf die Spitze gestellten Fußes, das man auch im Gewände des Fürstenportals vorfindet. Die schweren, langen und lappigen Stoffbahnen seien eine weitere Gemeinsamkeit.29

(links Südschranke, rechts Nordschranke)

Alle Autoren haben sich durch die Jahre mit der Frage beschäftigt, ob die Chorschrankenreliefs des Bamberger Doms von einer Hand geschaffen wurden, da eine starke Entwicklungsreihe durch die Reliefs zu erkennen ist, die von Südwesten nach Nordwesten führt: Der Eindruck wird bewegter, die Körperlichkeit deutlicher, die Gewandbehandlung aufwändiger. Ebenfalls werden die Köpfe ausdrucksstärker, die Haare verschlungener und gelockter gestaltet. Der Rundbogen weicht einem Kleeblattbogen und die Figuren lösen sich mehr und mehr vom Untergrund.

In der Petrusreihe sowie in der Südöstlichen Apostelreihe macht sich eine allgemeine Ungleichmäßigkeit bemerkbar. Die Gewandbehandlung ist wie auch die Gestik in der Naturstudie unterschiedlich. Petrus Hände können nicht greifen und der Faltenwurf an seinem linken Arm ist im Gegensatz zur rechten Figur im linken Relief wesentlich unförmiger. Es wird vermutet, dass der Bildhauermeister am Mittelrelief, zwei Gehilfen indes an den anderen beiden Reliefs gearbeitet haben.30

Weiterhin weicht die anonyme Reihe so weit von den anderen ab, dass man nun von unterschiedlichen Künstlern sprechen kann, die unter der Oberaufsicht eines Meisters standen, der die Gesamtkonzeptionen gestaltete. Es ist ebenfalls möglich, dass bei der anonymen Reihe bereits die jüngere Werkstatt einbezogen wurde. Die höchste Wirkung wird in der Jonasreihe erzielt, die sich noch am ehesten der südöstlichen Reihe der Apostel zuordnen lässt, aufgrund der Gemeinsamkeiten in der Gewandbehandlung und der Ausdrucksstärke.

Robert Suckale ist der Meinung, dass die drei Reliefs der Petrusreihe am ältestem seien, vor allem das mittlere und das rechte. Sie sind durch ihre Flachheit noch mehr der Malerei zuzuordnen.31

Die Eigenart der Chorschranken Reliefs ist die markante Kopfbildung jeder einzelnen Figur, und ihre durch Naturstudien perfektionierte Darstellung. Die Gewandbehandlung weist hingegen im Sinne der betonten Körperlichkeit der Figuren keine entsprechende maßgebliche Weiterentwicklung auf, wie bei der Entwicklung der Köpfe. Ebenfalls stellt die Variation der verschiedenen Konzeptionen der Gruppen eine Besonderheit dar.

Dieses Werk ist mit keiner anderen Werkstatt zu vergleichen und zeichnet sich durch einen hohen Grad an Selbständigkeit und Experimentierfreudigkeit aus.

Die Bildhauer schienen eine große Freiheit in ihrer Gestaltung der Werke gehabt zu haben.

Schluss

Die Chorschrankenreliefs im Bamberger Dom fallen durch ihre Isoliertheit in der Plastik auf. Sie scheinen keinen direkten Einfluss aus dem Ausland erfahren zu haben und zeichnen sich aber dennoch teils durch einen byzantinischen Charakter aus. Ihre Gestaltung stammt wahrscheinlich aus den Flächenkünsten der Malerei, Goldschmiedekunst, Elfenbeinschnitzerei und dem Bronzeguss.

Die Köpfe der Figuren sind markant und erzeugen eine unheimliche Spannung.

Es wurde viermal ein neues Gestaltungskonzept entworfen, das von unterschiedlichen Bildhauern ausgeführt wurde und denen ein großer gestalterischer Freiraum gelassen wurde.

Literaturverzeichnis

- Feldmann, Hans-Christian, Bamberg und Reims: Die Skulpturen 1220-1250, Ammersbeck bei Hamburg 1992
- Jantzen, Hans, Deutsche Bildhauer des dreizehnten Jahrhunderts, Leipzig 1925
- Suckale, Robert, Die Bamberger Domskulpturen: Technik, Blockbehandlungen und die Einbeziehung des Betrachters, in: Münchener Jahrbuch der Bildenden Kunst 1987, S. 27-82
- Vöge, Wilhelm, Ueber die Bamberger Domsculpturen, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 1899, S. 94-104
- Weese, Arthur, Die Bamberger Domskulpturen: Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Plastik des XIII. Jahrhunderts, Strassburg 1897

[...]


1 Suckale, Robert, Die Bamberger Domskulpturen: Technik, Blockbehandlung und die Einbeziehung des Betrachters, in: Münchener Jahrbuch der Bildenden Kunst 1987, S.43.

2 Jantzen, Hans, Deutsche Bildhauer des dreizehnten Jahrhunderts, Leipzig 1925, S. 76.

3 Weese, Arthur, Die Bamberger Domsculpturen: Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Plastik des XIII. Jahrhunderts, Strassburg 1897, S. 23.

4 Jantzen (wie Anm. 2), S. 96.

5 Jantzen (wie Anm.2), S. 90.

6 Suckale (wie Anm.1), S. 37.

7 Weese (wie Anm.3), S 28.

8 Weese (wie Anm. 3), S. 66.

9 Jantzen (wie Anm. 2), S. 78.

10 Feldmann, Hans-Christian, Bamberg und Reims: Die Skulpturen 1220-1250, Ammersbeck bei Hamburg 1992, S.42.

11 Jantzen (wie Anm.2), S. 96.

12 Feldmann (wie Anm.10), S.41.

13 Suckale (wie Anm.1), S.37.

14 Weese (wie Anm.3), S.17+S.41.

15 Weese, S.36-41.

16 Weese, S.41-46.

17 Vöge, Wilhelm, Ueber die Bamberger Domsculpturen, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 1899, S.95./ Suckale (wie Anm.1), S.39.

18 Weese (wie Anm.3), S.59.

19 Weese,S.62.

20 Weese,S.61.

21 Weese,S.64.

22 Weese,S.67.

23 Vöge (wie Anm. 17), S.97.

24 auch bei Jantzen (wie Anm.2), S.80.

25 Vöge (wie Anm.17), S.99-102.

26 Jantzen (wie Anm.2), S.80

27 Suckale (wie Anm.1), S.36f.

28 Suckale, S.44.

29 Feldmann (wie Anm.10), S.42f.

30 Jantzen (wie Anm.2), S.88ff.

31 Suckale (Wie Anm.1), S.36+44.

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Die Chorschrankenreliefs des Georgchors im Bamberger Dom
Universidad
University of Münster
Curso
Gotische Skulptur von 1220-1260
Autor
Año
2001
Páginas
15
No. de catálogo
V102674
ISBN (Ebook)
9783640010547
Tamaño de fichero
357 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Chorschrankenreliefs, Georgchors, Bamberger, Gotische, Skulptur
Citar trabajo
Felicitas v. Richthofen (Autor), 2001, Die Chorschrankenreliefs des Georgchors im Bamberger Dom, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102674

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