Euripides - Iphigenie


Presentation / Essay (Pre-University), 1999

11 Pages, Grade: 14 Punkte


Excerpt


Gliederung:

A) Die Person Euripides

B) Die Iphigenie des Euripides- Vorbildfunktion für Goethe und Abänderungen durch Goethe
1. Entstehungsgeschichtlicher Hintergrund
2. Ideal der antiken Literatur
a) Humanitätsideal
b) Inhalt, Form und Stil
3. Andere Zielsetzung durch Goethe
4. Entfernung Goethes von der klassischen Vorlage
a) Inhaltliche Änderungen
b) Technische Änderungen
c) Schwierigkeiten bei der Verwirklichung

C) Wirkung; Interpretation in unserer Zeit

Quellen:

1. Euripides, Iphigenie bei den Tauriern; Meyers Volksbücher, um 1900

2. Iphigenie auf Tauris; Reclam 1970

3. Erläuterungen und Dokumente, Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris; Reclam 1969

4. Oldenburg Interpretationen, Iphigenie auf Tauris; Oldenburg-Verlag 1997

5. Grundlagen zum Verständniss klassischer Dramen; Goethe, Iphigenie auf Tauris; Diesterweg 7. Auflage 1968

6. Deutsche Literaturgeschichte Band 3; dtv Feb. 1991

7. Klassische Autoren der Antike; Insel-Verlag 1992

8. Mentor Lektüre Durchblick; Iphigenie auf Tauris; Mentor-verlag 1996

9. Emil Staiger, Goethe 1749 - 1786; Atlantis Verlag MCMLX

A) Euripides:

B)

geb. 480 v. Chr. auf Salamis (Gutsbesitzersohn)

gest. ca. 407 in Makedonien

- dritter der großen griech. Tragiker nach Aischylos, dem Begründer des griechischen Dramas (erstes Stück seiner ,,Orestie":,,Agamemnon") und Sophokles.
- 416 schreibt Euripides seine Iphigenie bei den Tauriern, die 412 uraufgeführt wurde und vollständig erhalten ist.
- von 75 (88) Dramen sind 19 erhalten. (Medea, Die Trojerinnen, Alkestis, Hekabe, usw.)
- Euripides behandelte Zeit und Kulturprobleme im Gewand des Mythos (Spannung zwischen Männern, die machen was sie wollen und Frauen, die als passiv und niedrig bezeichnet werden. Das schöne Geschlecht ist das Männliche.)
- Vorliebe für Sentenzen,(,,denn die Welt ist schlecht"; ,,Wahrheit liebt das Licht") psychologische Vertiefung und geschliffene Sprache bereiten das bürgerliche Trauerspiel vor
- Sophokles: ,,Ich zeige die Menschen, wie sie sein sollen, Euripides zeigt sie , wie sie sind."
- Zeitgenosse des Sokrates; Euripides geht außer Landes, als er wegen seiner Theaterstücke Schwierigkeiten bekommt
- Von Entscheidender Bedeutung für: Seneca (Tragödien vom sittenstrengen Lebenswandel, von der Treue gegen sich selbst und vom weisen Verstehen der Mitmenschen; von Nero zum Selbstmord gezwungen),
- Racine(bedeutender Vertreter des franz. Klassizismus seine Iphigenie ist eine zarte Seelenschilderung voll von lyrischen Wohllaut der Sprache), den ,,Sturm und Drang", Schiller, u.a.

B) Euripides, Iphigenie bei den Tauriern

Personen:

Iphigenia, Priesterin der Artemis Thoas, Fürst der Taurier

Orestes, ihr Bruder Ein Hirt

Pylades, dessen Freund Ein Bote

Der Chor (gefangene griech. Jungfrauen im Dienste der Iphigenie)

Die Handlung spielt auf der Insel der Taurier, in der Nähe der Küste.

Die Szene stellt die Landschaft in der Umgebung des Tempels dar. Dieser bildet den Mittelpunkt derselben. Vor dem Tempel steht der Opferaltar. Zur Linken führt der Weg nach dem Meer, zur Rechten ein anderer nach der Stadt der Taurier.

Erster Akt:

- Prolog: Monolog der Iphigenie über die Umstände, die sie zu den Taurern brachte. ( Schicksal in Aulis; ihre Entrückung ins Taurerland)
- Traum, der sie an den Tod des Orest glauben lässt.
- Orest und Pylades treten auf, mit der Absicht, das Standbild der Pallas Athene (eine intellektuelle Göttin) zu rauben.
- Auftrittslied des Chores: die Tempeldienerinnen stimmen in die Wehklage der Iphigenie über ihr Schicksal und das Schicksal ihres Geschlechts sowie in die Totenklage für Orest ein.

Zweiter Akt:

- Hirte, der über die Gefangennahme zweier Griechen, von denen einer an Wahnsinnsausbrüchen leidet, berichtet.
- Iphigenie äußert sich hart über die Griechen, von denen sie geopfert wurde, und tadelt die Göttin, dass diese hier, im Gegensatz zu daheim, Menschenopfer bringen lässt.
- Chor: die Griechinnen fragen sich, wozu und wie die beiden Griechen hierhergekommen sein mochten, und wünschen sich einen Befreier herbei; auch sie beklagen den ungriechischen Opferbrauch.

Dritter Akt:

- Iphigenie befiehlt die Opferung der herbeigeführten Griechen vorzubereiten und erfragt von Orest das Schicksal Trojas sowie ihrer Familie; sie will Orest als einen Boten mit einem Lebenszeichen in die Heimat schicken. Dieser verzichtet aber zugunsten von Pylades. Als der Inhalt des Briefes laut verlesen wird, gibt sich Orest Iphigenie gegenüber zu zu erkennen.
- Pylades mahnt zur Flucht, Iphigenie ersinnt dazu eine List: um den Blutbefleckten Orest und das durch ihn verunreinigte Götterbild reinzuwaschen, wolle man ans Meer gehen und dort mit ihrem wartenden Schiff entfliehen.
- Chor: die bevorstehende Heimkehr facht die Sehnsucht der Griechinnen nach der Heimat an.

Vierter Akt:

- Iphigenie belügt Thoas, dieser lässt den Opferzug ziehen und schickt sich an, den Tempel, wie ihm aufgetragen, zu reinigen.
- Chor: Lobgesang auf Apoll

Fünfter Akt:

- Ein Bote meldet dem Thoas den Betrug und zugleich das Scheitern der Flucht, da das Schiff von Poseidon ans Ufer zurückgetrieben wurde.
- Athene befiehlt, die von Thoas angeordnete Verfolgung einzustellen, sie lässt die gefangenen Griechinnen (Tempeldienerinnen) heimsenden und ruft Orest nach, in Attika einen Tempel zu Ehren der Artemis zu errichten, in dem nicht mehr geopfert werden dürfe. Iphigenie soll dort das Priesteramt weiterführen.
- Thoas fügt sich
- Der Chor (= die Griechinnen stimmen einen Freudengesang an)
- Vorbildfunktion für Goethe und Abänderungen durch Goethe

1.Entstehungsgeschichte

- Iphigenie auf Tauris ist ein schönes Zeugniss für Goethes eigene Entwicklung, eine ,,Bekenntnisdichtung". Nach der Auflösung seiner Verlobung mit Lili Schönemann flieht er von Frankfurt nach Weimar. (,,die Schuldgefühle verfolgen ihn wie Furien")
- Goethe geht eine Beziehung zu Charlotte von Stein ein, die ihn, ähnlich wie Iphigenie den Orest, erlöst, ihm geistige Führung gibt.
- Goethe spielt den Orest, bei der Uraufführung am 6.4.1779, selbst.
- Goethe hatte eine innige Beziehung zu seiner Schwester. (Parallele Iphigenie- Orest)
- Auch Goethe glaubt, wie seine Protagonistin, an die Macht des Menschlichen.
- Seit seinen Sprachstudien, der griechischen und lateinischen Literatur, strebt Goethe nach der Harmonie, die er bei den Griechen vorbildlich verwirklicht sieht. Goethe spricht vom schönen Bann klassischer Texte, er sagt: "auch die Kühneren jenes Geschlechts: Tantalos, Ixione, Sisyphos waren meine Heiligen".
- Das Griechische ist für ihn Symbol für: STILLE, EINFALT, RUHE, KLARHEIT, MASS, FORM, LEBEN, GESTALT, MILD AUFSCHIMMERNDES HOFFNUNGSLICHT, DAS ANDERE NIE VOLL ZU VERWIRKLICHENDE und ,,mit unnachahmbarem Adel begabt".
- Will er sich mit Euripides messen? - Laut Schiller ringt er mit den griechischen Tragikern.

Wegbereitend waren:

1.Winkelmann, der der deutschen Klassik entscheidende Impulse gab, indem er den Blick zurück auf die griechischen Ideale lenkte, und so ein neues klassisches Kunstideal verbreitete. (das Ideal von der ,,edlen Einfalt" und der ,,stillen Größe")

2.Herder, der in seinen ,,Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" das Menschenbild der deutschen Klassik begründet, das im Begriff der Humanität seinen Ausdruck findet. (,,Zur Humanität und Religion ist der Mensch gebildet"- ,,Der Glaube als Krone der Humanität")

- Humaner Gehalt der Vorlage.

2. Ideal der antiken Literatur

a) Humanitätsideal

- Im klassischen Vorbild findet Goethe die Forderung nach einer universalen Menschlichkeit, die alle nationalen Grenzen aufhebt, verwirklicht. Hier spiegelt sich die Überzeugung Humbolds, dass jeder die natürlichen Anlagen zur sittlichen Selbstbestimmung in sich trägt.

b) Inhalt,Form und Stil

- Das Stück orientiert sich inhaltlich sehr stark am klassischenVorbild des Euripides. Besonders der Tantalidenmythos, der ,,dunkle Untergrund" wird ungeschönt übernommen.
- Die Regeln des Dramas nach Aristoteles gelten wieder: man findet die Einheit von Ort, Zeit und Handlung. Das Geschehen ist in fünf Akten ausgebreitet. (Exposition, Excitatio, Peripetie, Retardation und Katastrophe (hier aber happy end))
-Die Ständeklausel wird beachtet. = Formaler Klassizismus
- Goethes ,,Iphigenie auf Tauris" weist eine strenge Symmetrie auf. (Iphigenie- Thoas, Orest-Pylades, oder auch Iphigenie, Thoas-Arkas, Orest-Pylades)
- Goethe bemüht sich um einen hohen Stil inVers und Sprache, um eine gewisse einfache Schönheit - ein Stil, der in klassischer Erhabenheit und Ruhe auch Empfindungen ausdrücken konnte, den er aber erst entwickeln muss,was wiederum die lange Bearbeitungsdauer erklärt)
-die Sprache ist bestimmt von einem Streben nach Reinheit, die den klassisch harmonischen Versen entsprechen soll.
- Die Sprache wird von Zeitgenossen als täuschend echt griechisch empfunden, Gräcismen - Wortneuschöpfungen die dem Griechischen nachgebildet sind, werden verwendet. (,,des Vaters Kraft", ,,fernabdonnernd", ,,vielwillkommner Ton")
- Goethe verwendet altertümlich wirkendes Vokabular, z.B. Hain statt Wald und antike Stilfiguren wie z.b. das Epitheton ornans: ,,mit schauderndem Gefühl", ,,der göttergleiche Agamemnon" und ,,ein hoher Wille".
- Außerdem z.B die Wechselrede, Sentenzen, Antilabe, Stichomythie, Inversion und z.b. im Parzenlied den transitiven Gebrauch intransitiver Verben (,,denkt Kinder und Enkel") als antike Stilfigur.

3. Andere Zielsetzung durch Goethe

- Goethe orientiert sich an den Idealen der Aufklärung,der kultische und religiöse Hintergrund der antiken Tragödie weicht dem Anspruch auf Freiheit und Autonomie. Er schreibt kein antikes Handlungsdrama, sondern ein modernes Charakterstück. Vorrang vor der Handlung haben die Charaktere, die psychologische Gestaltung der Figuren. Die Handlung wird zunehmend ins Innere der Personen verlegt. (Tragischer Konflikt im Inneren der Heldin!)
- Goethe beginnt gewissermaßen da wo Euripides endet, er schafft idealistische Gestalten als Symbole des Menschlichseins = Ziel der Weimarer Klassik

Er übt also Gegenwartskritik im klassischen Gewand.

4. Entfernung von der Vorlage

a) Inhaltliche Änderungen

- Iphigenie als Symbol edler geistiger Weiblichkeit; sie ist nicht länger listig, wie bei Euripides, in ihr weht der Geist der Menschlichkeit.

Sie will auch die beiden Griechen nicht mehr opfern wie bei Euripides.

- Thoas ist bereits edelmütig.

Er ist viel mehr auch Mann, König und Taurer, als nur Fürst, der ein Urteil fällt, wie bei Euripides. Er ist leidenschaftlich, grollt, ist gleichgültig, nachsichtig, übt Freundschaft.

- Orests Wahnsinn ist nur noch innerlich - er mordet keine Rinder mehr.
- Pylades übernimmt das Motiv der List
- Keine Dea ex machina - Iphigenie tritt an die Stelle der Athene und rettet die Situation.

Ganz allgemein treten Menschen an die Stelle der Götter.

b) Technische Änderungen

- Der tragische Kanon - Prolog, Botenbericht und Chor verschwindet bzw. erscheint verwandelt.

Dafür fügt Goethe das Parzenlied ein.

- An die Stelle der Tragik und des Pathos tritt bei Goethe ein erlösendes Prinzip, es kommt nicht mehr zur Katastrophe sondern zum ,,happy end".
- Das, was Handlung ist geht hinter den Kulissen vor. Das Sittliche, das im Herzen vorgeht, die Gesinnung wird zu Augen gebracht und vor Augen gebracht. Die Art Spannung zu erzeugen ist ganz anders:
- Bei Euripides: Werden Iphigenie , Orest und Pylades entkommen?
- Bei Goethe: Wird Orest geheilt? Wird Iphigenie ihren inneren seelischen Konflikt bestehen? Wird Thoas sie ziehen lassen? Wird das Menschliche sich durchsetzen?
- Das Dramatische ist die Wandlung von Iphigenie und Orest von götter- und schicksalsgläubigen, kleinmütigen, wankelhaften und daher fremdbestimmten Menschen, zu autonomen, freudigen, aufgeklärten und idealen Menschen.

c) Schwierigkeiten

- Nachdem die klassische Reife in jener griechisch-iphigenischen Seelenlandschaft sein Verlangen geweckt haben, schreibt Goethe schreibt die Iphigenie 1779 in Prosafassung und ändert diese in den Jahre 1780 - 1781 zwei mal ab.

Er ist, wie aus verschiedenen Briefen hervorgeht, unzufrieden, ,,mag seine Iphigenie nicht gern" und schreibt sie 1786 gänzlich in Jamben (5-hebig, offene Kadenz) um. Erst auf seiner Italienreise, als er in Rom klassischen Boden betreten hatte gelingt ihm dies.

- Er ,,gebar" die Iphigenie unter Schmerzen, er will sie deswegen im Alter nicht mehr ansehen. Goethe selbst nennt sie ,,verteufelt human", da sie nur sittlich sei, keine sinnliche Kraft, kein Leben und keine Bewegung habe.

C) Wirkung; Interpretationen in unserer Zeit

- Iphigenie wird zum Mythos der deutschen Innerlichkeit, zum Idealbild eines Humanitätsbegriffes, der für alle Zeiten verbindlich sein sollte.
- Man mag mit Recht fragen ob dieses Humanitätsideal, dieses ,,happy end" z.B. angesichts der ständigen Kriege gültig bleiben und bestehen kann. Aber warum soll Dichtung nicht ein Wunschbild gestalten? - Es erwächst ja aus unserem antiken und christlichen Erbe.

Goethe:

,,Und an dem Ufer steh ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend".

Excerpt out of 11 pages

Details

Title
Euripides - Iphigenie
Grade
14 Punkte
Author
Year
1999
Pages
11
Catalog Number
V102748
ISBN (eBook)
9783640011285
File size
431 KB
Language
German
Keywords
Euripides, Iphigenie
Quote paper
Eric-Niels Suratny (Author), 1999, Euripides - Iphigenie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102748

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