Enthüllen Sie die dunkle Kunst der Überzeugung: Wo Rhetorik auf Propaganda trifft. Dieses Buch seziert die feinen, aber entscheidenden Unterschiede zwischen überzeugender Rede und manipulativer Propaganda, und enthüllt, wie politische Redner und Agitatoren die öffentliche Meinung seit der Antike geformt haben. Von den philosophischen Wurzeln der Rhetorik in der griechischen Polis bis zu den modernen Techniken der emotionalen Beeinflussung analysiert diese Abhandlung, wie Redner Argumente einsetzen oder ablehnen, um Massenerlebnisse zu erzeugen und Zuhörer zu mobilisieren. Entdecken Sie, wie Goebbels und andere Propagandisten der Moderne die Prinzipien der traditionellen Rhetorik auf den Kopf stellten, indem sie Argumente durch suggestive Bilder, Schwarz-Weiß-Malerei und die Kraft ihrer eigenen Persönlichkeit ersetzten. Untersuchen Sie die Rolle von Inszenierung, Superlativen und Gelächter in der heutigen politischen Propaganda, und wie diese Elemente eingesetzt werden, um Zweifel zu unterdrücken und eine Gemeinschaft des Konsenses zu schaffen. Erfahren Sie mehr über die Kritik an der Rhetorik als Schönrednerei im Dienste der Agitation, und wie diese Kritik auf Missverständnissen über die wahre Natur dieser Disziplin beruht. Schließlich wird die Bedeutung der Rhetorik als Instrument zur Verdeutlichung von Tatbeständen, zur Förderung der Vernunft und zur Verwirklichung von Kunst und Wissenschaft in der gesellschaftlichen Praxis hervorgehoben. Eine fesselnde Lektüre für alle, die sich für Politik, Geschichte, Kommunikation und die subtile Kunst der Meinungsbeeinflussung interessieren, bietet dieses Buch ein tiefes Verständnis der Rhetorik und Propaganda im Laufe der Geschichte, und wie sie unsere heutige Welt prägen. Es werden die dunklen Machenschaften hinter manipulativen Strategien entlarvt, die in der modernen Politik so präsent sind. Ein Muss für jeden, der die Mechanismen der Überzeugung verstehen und sich vor ihren gefährlichsten Auswüchsen schützen will. Tauchen Sie ein in die Welt der Redekunst, der psychologischen Kriegsführung und der unaufhörlichen Suche nach der Beherrschung der öffentlichen Meinung.
RHETORIK UND PROPAGANDA
Zunächst kommen wir zur Definition des Wortes Propaganda. Ursprünglich stammt es von „Propaganda fidei“. Dieser Begriff wurde von den Jesuiten geprägt. Ihnen ging es darum, das Wort Gottes auch unter den Heiden zu verbreiten, vor allem in der neuen Welt.
Es gibt verschiedene Betrachtungen über das Verhältnis des Redners zur Propaganda und zu seinen beabsichtigten Zielen.
Da gibt es zunächst einmal Reden, welche von einem einzelnen Fall ausgehen, aber eine Mehrheit der Menschen zu erreichen suchen. Dann kennt man natürlich auch Reden im Rahmen breitester Öffentlichkeit, die sich an einzelne Individuen, an Vernunft und logische Überlegung wenden. Und zu guter Letzt muss man noch die des eigentlichen Propagandisten erwähnen, der damit ohne Rücksicht auf den Anlass, egal ob individuell oder generell, ein Massenerlebnis herbeiführen möchte. Oder anders ausgedrückt, existieren Reden als Argument oder als Ziel der Gefühlsentladung. Die Redner der Antike haben beinahe alle Reden gehalten, die sich als Argument an die Vernunft ihrer Zuhörer wandten. Der Hörer soll mitdenken, aber freilich auch in den Bahnen mitlaufen, die der Redner für ihn vorgibt.
Diese Kunst setzt kleine politische und gesellschaftliche Verhältnisse voraus, sowie ein öffentliches Leben, das einige Individuen als politische Willensträger akzeptiert. So war es in der griechischen Polis, in den italienischen Stadtstaaten der Renaissance, wie auch in den schweizerischen Kantonen der Fall. Die politischen Reden waren trotz aller Leidenschaft und Überzeugungskraft als Argument aufgebaut und oft auch vorher schriftlich fixiert.
Der moderne Propagandist arbeitet aber völlig anders. Er versucht, sein Ziel mit ganz anderen Prinzipien und Mitteln zu erreichen. Die Propaganda strebt nach Auslöschung der Argumente und Herstellung emotionaler Zustände. So argumentiert Goebbels in seinen Reden nicht mit realen, sondern mit Symbolgestalten, und mit reiner schwarz-weiß Malerei. Heutzutage versucht der Propagandist, falls er als Redner auftritt, durch das Sein zu wirken, nicht durch den Gehalt. Die moderne Propaganda spielt sich auch in sehr viel größeren Räumen ab als zur Zeit der Antike, wo meist ein Redner vor einer überschaubaren Gruppe von Zuhörern sprach, die ihn oder den Gegenstand seiner Rede bereits kannten.
Heute will er, dass man ihn selber akzeptiert, und als Person auf sich wirken lässt. Er will daher nur eine gefühlsmäßige Wirkung erzielen. Jetzt kommt es deswegen zu einer völligen Umkehrung der rhetorischen Technik. Früher sollte alles das auf die Argumente hinlenken; aber nun sollen sie sich an deren Stelle setzen. Man soll nicht das Argument, sondern den Redner akzeptieren. Der Redner trägt nicht nur eine These von vielen vor, er trägt die einzige These vor, die richtig ist. Es gibt keine andere. Die Rede ist nicht mehr wie früher Bestandteil einer Diskussion, der Vortragende ist sich vielmehr bewusst, dass er nicht unterbrochen werden wird. Goebbels zum Beispiel inszenierte im Wahlkampf vor der Machtergreifung gegen den damaligen Reichskanzler Dr. Brüning eine politische Diskussion, indem er Schallplatten einer Brüning-Rede vorspielen ließ, und dazu seine Antworten gab. Das war aber nur ein scheinbarer Dialog, wobei durch die Abwesenheit des Kanzlers bewiesen werden sollte, dass es nicht einmal den Funken einer Partnerschaft gab. Selbstredend zu erwähnen, dass es sich ergab, dass der Abwesende unrecht hatte.
Erwähnenswert ist auch die Theaterform der heutigen politischen Propaganda. Früher stand der Redner allein mit seiner Person, Sprache und seinen Gedanken. Der moderne Redner soll jedoch schon wirken, bevor er überhaupt den Mund aufmacht (man braucht sich nur die Wahlkampfveranstaltungen der FPÖ anzusehen). Die Rede ist nur noch ein Bestandteil des großen Schauspiels, und genaugenommen sogar entbehrlich. Man verzichtet auf irgendwelche Zweifel, es gibt nur noch standfest vorgetragene Behauptungen, oder harte Ablehnung. Es existieren keine Zwischentöne mehr zwischen ja und nein, die Sprache wird von Superlativen beherrscht. Die Pose des Redners hat sich dem anzupassen. Er ist stets der Überlegene, und was auf der Gegenseite passiert, ist indiskutabel. Die Redner des Dritten Reiches zum Beispiel wollten nicht einmal Wahrheit vermitteln, sie spielten lediglich mit einem Zustand der Bejahung und Verneinung jenseits aller Argumente.
Eine besondere Rolle kommt dabei dem Gelächter zu. Während der klassische Redner auf das Lächeln des Verständnisses wartete, strebt man heutzutage an, die Gegner durch lautes Gelächter lächerlich zu machen. Lachende Menschen finden sich ja auch schneller zu einer Gemeinschaft zusammen (Viele Leute beginnen ihren Vortrag zum Beispiel mit einem „Einleitungswitz“.) Das Ziel der Propaganda ist, die Seelen und Gemütszustände der Zuhörer zu manipulieren. Der Hörer ist nur ein Bestandteil einer Masse, und wird als solcher behandelt. Der Vortragende schätzt sein Publikum auch entsprechend niedrig ein. Der wahre Feind ist der Intellektuelle, also derjenigen, der in Verdacht steht zuviel oder überhaupt zu denken, insbesondere in einem totalitären Regime.
Die Redner sind oft betörende Volksaufwiegler und Agitatoren. Diese von Bismarck vorgetragene These im Kampf gegen die Sozialdemokratie definiert Rhetorik als eine Kunst, die affektiv ans Unbewusste appelliert. Kant sagte, dass Rednerkunst die Kunst ist, sich der Schwächen der Menschen zu bedienen, sie ist laut ihm gar keiner Achtung würdig. Nach Goethe ist sie die Hohe Schule des „Verstellens“, eine Disziplin, die, wie Kant behauptete, aufs „Überschleichen“ abzielt, eine Beförderin des „Aufwieglertums“. Sie stellt eine trickreiche Technik dar, mit deren Hilfe man sich gewisse Vorteile im bürgerlichen Leben erarbeiten kann. Ein Vorwurf, den man immer wieder an die Rhetorik richtet, ist der, dass sie mit Hilfe der Schönrednerei und der Eloquenz im Dienst der Agitation steht, und aufs Argument verzichtet.
Dieser Vorwurf ist falsch. Er beruht auf zwei Irrtümern: Auf der Meinung, Rhetorik sei nur eine Anleitung zum guten Reden, und auf dem Glauben, dass sie sich nur auf die Stil-Kunst beschränkt. Rhetorik ist vielmehr eine Wissenschaft deren Vertreter analysieren, wie Vernunft sprachmächtig und Denken praktisch wird.
So betrachtet ist Rhetorik eine Disziplin, deren Hauptaugenmerk auf der parteilichen Verdeutlichung von Tatbeständen, die am Beginn vage, in einem langen, von Rede und Gegenrede, von Einwurf und Widerspruch geprägten Disput langsam anschaulich werden. Nicht die Ästhetik, sondern die Wirkung ist wichtig. Man muss auch darauf achten, wo was angebracht ist. (So kann man zum Beispiel unter Bauern nicht genauso reden wie unter Akademikern.)
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Ursprung des Wortes Propaganda?
Das Wort Propaganda stammt ursprünglich von „Propaganda fidei“, einem Begriff, der von den Jesuiten geprägt wurde. Sie wollten damit das Wort Gottes, besonders in der Neuen Welt, verbreiten.
Wie betrachtet der Text das Verhältnis von Rednern zur Propaganda?
Der Text unterscheidet zwischen Reden, die von Einzelfällen ausgehen und eine breite Masse erreichen wollen, Reden an die Öffentlichkeit, die sich an Einzelne und deren Vernunft richten, und Reden von Propagandisten, die ein Massenerlebnis erzeugen wollen, unabhängig vom Anlass.
Wie unterschieden sich die Reden in der Antike von moderner Propaganda?
Redner in der Antike argumentierten hauptsächlich, appellierten an die Vernunft der Zuhörer und fixierten ihre Reden oft schriftlich. Moderne Propaganda hingegen strebt nach der Auslöschung von Argumenten und der Erzeugung emotionaler Zustände, wobei oft mit Symbolgestalten und Schwarz-Weiß-Malerei gearbeitet wird.
Welche Rolle spielt das "Sein" des Redners in der modernen Propaganda?
In der modernen Propaganda ist das "Sein" des Redners oft wichtiger als der Inhalt seiner Rede. Es geht darum, eine gefühlsmäßige Wirkung zu erzielen und als Person akzeptiert zu werden.
Wie unterscheidet sich die rhetorische Technik in der modernen Propaganda von der klassischen Rhetorik?
Früher sollten Argumente im Vordergrund stehen, während in der modernen Propaganda der Redner selbst im Mittelpunkt steht. Man soll nicht das Argument, sondern den Redner akzeptieren. Die Rede wird nicht mehr als Teil einer Diskussion verstanden, sondern als die einzige Wahrheit.
Welche Bedeutung hat das Theater in der heutigen politischen Propaganda?
Die Rede ist nur noch ein Teil eines großen Schauspiels. Der Redner soll bereits wirken, bevor er spricht. Zweifel werden vermieden, es gibt nur noch Behauptungen und Ablehnung, und die Sprache ist von Superlativen geprägt.
Welche Rolle spielt das Gelächter in der Propaganda?
Während klassische Redner auf das Lächeln des Verständnisses warteten, strebt man in der Propaganda an, die Gegner durch Gelächter lächerlich zu machen, um eine Gemeinschaft zu bilden.
Wie wird der Hörer in der Propaganda behandelt?
Der Hörer wird als Teil einer Masse betrachtet und entsprechend niedrig eingeschätzt. Der Intellektuelle wird als Feind betrachtet, besonders in totalitären Regimen.
Wie definieren verschiedene Denker Rhetorik?
Bismarck sah Rhetorik als eine Kunst, die affektiv ans Unbewusste appelliert. Kant kritisierte sie als die Kunst, sich der Schwächen der Menschen zu bedienen. Goethe bezeichnete sie als die Hohe Schule des „Verstellens“.
Was ist die Kritik an der Rhetorik?
Ein häufiger Vorwurf ist, dass Rhetorik mit Hilfe von Schönrednerei und Eloquenz im Dienst der Agitation steht und auf Argumente verzichtet.
Was ist die Verteidigung der Rhetorik?
Die Verteidigung argumentiert, dass Rhetorik nicht nur eine Anleitung zum guten Reden oder Stilkunst ist, sondern eine Wissenschaft, die analysiert, wie Vernunft sprachmächtig und Denken praktisch wird.
Was ist das Hauptaugenmerk der Rhetorik?
Das Hauptaugenmerk der Rhetorik liegt auf der parteilichen Verdeutlichung von Tatbeständen durch Rede und Gegenrede, wobei nicht die Ästhetik, sondern die Wirkung wichtig ist.
Welche Bedeutung hat Rhetorik heute?
Nach langer Zeit gewinnt Rhetorik erneut an Bedeutung (New Rhetoric). Sie weist darauf hin, dass es keine neutrale Sprache gibt und dass jede Aussage rhetorisch strukturiert ist.
Welche Rolle spielt die Vernunft in der Rhetorik?
Rhetorik hat den Auftrag, Seelenführung im Horizont der Vernunft zu betreiben, um Kunst und Wissenschaft in gesellschaftlicher Praxis zu realisieren.
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- Udo Seelhofer (Author), 2001, Rhetorik und Propaganda, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102801