Der Vietnamkrieg


Thèse Scolaire, 2001

43 Pages


Extrait


Inhalt

1. Personen
1.1. Vietcong / FNL
1.2. Ho Chi Minh
1.3. Le Duc Tho
1.4. Ngo Dinh Diem
1.5. Vietminh
1.6. Lyndon Baines Johnson
1.7. Richard Milhous Nixon
1.8. Henry Alfred Kissinger

2. Vorgeschichte
2.1. Indochinakrieg

3. Die amerikanische Phase - Der Vietnamkrieg

4. Der Widerstand

5. Die Bilanz

6. Der Vietnamkrieg im Kalten Krieg

7. Der Tod in Vietnam

8. Anhang
7.1. Interview mit David Cline
8.1.Quellen
8.2.Erklärung

Vorwort

Der Vietnamkrieg ist bis heute einer der umstrittensten Konflikte der Welt und besonders interessant, weil er einer der wenigen Kriege war, die im Rahmen des Kalten Krieges verliefen. Durch seine Brutalität und seine sinnlose Vergeudung von Menschenleben sucht der Vietnamkrieg seines gleichen. Er ist neben den zweiten Weltkrieg ein Sinnbild für das, wozu der Mensch im Krieg fähig ist, Folter, grundlose Exekutionen und das Verursachen eines immensen Leides in der Bevölkerung . Weiterhin war er ein Kampf zwischen einer Supermacht und einer kleinen Gruppe von Guerilla - Kriegern, dem Vietcong. Wir haben uns für dieses Thema entschieden, weil wir meinen, daß uns der gesamte Indochinakonflikt gezeigt hat, wohin ein offener Krieg der Weltanschauungen führen kann, zu einem über 40 Jahre dauernden Krieg, der bis heute ein Trauma für die USA darstellt. Er hat uns gezeigt, wie sehr sich die Politik ändern kann, von offener Unterstützung der Franzosen und Südvietnams durch Truman, Eisenhower, Kennedy und Johnson bis hin zum versuchten eleganten Rückzug durch Nixon. Insgesamt erlebten sechs amerikanische Regierungen die Schwierigkeiten, die der Vietnamkrieg verursachte. Doch diese Projektarbeit soll keineswegs die unterschiedlichen Vorgehensweisen der einzelnen Regierungen aufweisen und auch nicht den exakten Verlauf. Wir wollen zeigen, wie dieser Krieg durch den friedlichen Protest von Friedensbewegungen und der Kraft der Bilder von den Amerikanern verloren wurde. Immerhin hatten die Menschen zur Zeit des Vietnamkrieges erstmals den Mut sich offen gegen die Politik ihrer Regierung zu stellen und die Bilder und Aufnahmen die damals gemacht wurden, können einem nur noch die Sprache verschlagen. Es wurden zum ersten Mal die Bilder in alle Wohnzimmer dieser Welt geschickt, die sonst nur die Soldaten an der Front zu sehen bekamen. Außerdem soll das Leid der vietnamesischen Bevölkerung und die Gefahr eines großen Konfliktes zwischen USA und der Sowjetunion aufweisen. Nun hoffen wir, daß sie diese Arbeit mit viel Interesse lesen und wünschen ihnen auch wenn es bei diesem Thema etwas merkwürdig klingt viel Spaß beim lesen.

Alexander Rost Marco Blechschmidt

1. Die Personen

1.1. Vietcong / FNL

Abkürzung für Viêt Nam Công San: „vietnamesische Kommunisten”.

Im Vietnamkrieg gebrauchte Bezeichnung für den militärischen Flügel der Front National de Lib é ration du Vietnam Sud (FNL, Nationale Befreiungsfront von Südvietnam). Diese wurde 1960 von Nordvietnam ins Leben gerufen, um die Regierung in Südvietnam zu stürzen und Vietnam zu vereinigen. Ursprünglich bestand die FNL aus Kadern der Vietminh aus dem Süden, die dort gemäß des Genfer Abkommens verblieben waren, sich 1954 im Norden neu formierten und einen Guerillakrieg führten. Bis 1965 war der Vietcong stark genug, um einen offenen Kampf mit der südvietnamesischen Armee zu führen, der sich jedoch die ländlichen Regionen beschränkte, während die Städte unter Kontrolle von Saigon blieben. Die Situation änderte sich jedoch im Januar 1968, als der Vietcong in der Tet-Offensive gleichzeitig 28 Städte in Südvietnam angriff. Die Angriffe scheiterten jedoch und seine Reihen wurden dezimiert, woraufhin er zur Guerillataktik zurückkehrte, während die nordvietnamesische Armee den Kampf gegen die südvietnamesischen Streitkräfte und insbesondere deren Verbündeten, die Vereinigten Staaten, übernahm. 1969 errichtete die FNL in den Zonen, die sie kontrollierte, eine Provisorische Revolutionsregierung. Eine Delegation dieser Regierung nahm u. a. auch an den Friedensverhandlungen teil, die von 1971 bis 1973 in Paris stattfanden. Nach der Invasion der nordvietnamesischen Truppen im Süden und dem Zusammenbruch der südvietnamesischen Regierung 1975 übernahm die Provisorische Revolutionsregierung die Macht in Südvietnam. Sie wurde jedoch im darauf folgenden Jahr aufgelöst, als Nord- und Südvietnam unter kommunistischer Herrschaft wieder vereinigt wurden. Auch die FNL bestand nicht weiter fort und ging in die Vaterlandsfront (Mat Tran To Quoc) auf, eine Dachorganisation, die von Nordvietnam als Nachfolger der Vietminh und der Lien Viet ins Leben gerufen worden war. Der Vietcong, so simpel seine Methoden uns heute erscheinen mögen, bereitete den Amerikanern die größten Sorgen. Die Kombination das sich der Vietcong nur auf Dschungelkämpfe spezialisiert hatte, die Amerikaner hingegen bisher kaum Erfahrung mit Einsätzen im Dschungel hatten, und ein Großteil Vietnams aus Dschungel bestand, brachte dem Vietcong immense Vorteile. Dabei spielte es auch keine Rolle, daß der Vietcong im Gegensatz zu den amerikanischen Soldaten schlecht ausgerüstet war und die meisten von ihnen kaum Kampferfahrung geschweige denn eine militärische Ausbildung erhalten hatten. Besonders entscheidend war hierbei ein riesiges Tunnelsystem, was schon kurz nach dem zweiten Weltkrieg und dem Beginn des Befreiungskampfes gegen die Franzosen gegraben wurde. In seinen Glanzzeiten erreichte es eine Länge von 250 km. Im Durchschnitt lagen die Tunnel in 10 Metern Tiefe, waren 60 Zentimeter breit und etwa 1,5 Meter hoch. Diese Tunnel waren wahre Meisterleistungen, so waren diese untereinander durch dicke Luken getrennt und somit vor Überschwemmung und Gasangriffe geschützt. Manchmal enthielten solche Tunnelabschnitte sogar ganze Siedlungen, komplett mit Schule, Lazarett, Küche, Vorratslagern, Wohnräumen, Wasserlöchern, Fallen, Gefechtsständen und gut getarnten Eingängen. Somit reichten wenige Kämpfer aus, um die Tunnel zu verteidigen und den Amerikanern schwere Schäden zuzufügen, indem einfach zwei oder drei Scharfschützen an den Eingängen positioniert wurden, welche dann aus optimaler Deckung heraus auf die Invasoren schießen konnten. Die Angegriffenen wußten oft gar nicht wie ihnen geschah, geschweige denn, woher die Schüsse kamen. Manchmal kam es vor, das die Amerikaner ihre Lager direkt über den Tunneln des Vietcong aufschlugen und dieser nur noch in der Nacht aus den nahe gelegenen Ausgängen kommen brauchte und fast unentdeckt Hubschrauber und Fahrzeuge vernichten, sowie den ganzen amerikanischen Stützpunkt auslöschen konnte. Da selbst 100 kg schwere Bomben oder 60 Tonnen schwere Panzer den Tunneln nichts anhaben konnten, dauerte es sehr lange, bis die Tunnel entdeckt wurden, und selbst das geschah nur durch Zufall. Ein amerikanischer Soldat setzte sich aus Versehen auf einen Eingang der Tunnel, aus dem ein Nagel herausragte. Kaum war der Tunnel entdeckt, wurden auch schon Rauchgranaten hinein geworfen und zu ihrer Verwunderung mußten die Amerikaner feststellen, daß der Rauch aus vielen verschiedenen Löchern im Wald wieder hervorquoll. Als man nun wußte, wonach man zu suchen hatte, wurden immer mehr Tunnel aufgespürt, was jedoch oft zu Spät war, der Vietcong war dann schon lange weg. Erst als die Amerikaner anfingen 400 kg schwere Bomben abzuwerfen und die sogenannten Tunnelratten ausbildeten konnten sie Erfolge gegen die Tunnel des Vietcong verbuchen. Doch wirklich gefährdet wurden die Tunnel nie, da das System einfach zu groß war. Diese Tunnelratten stellten sogar ganze Gruppen und hatten eine eigene Akademie, an der sie ausgebildet wurden. Doch nur 5 von 50 meist kleinwüchsigen Puertorikanern schafften die Ausbildung und hatte danach einen sehr gefährlichen, wenn auch unersetzlichen Job. Sie mußten nur mit einem Revolver bewaffnet in die Eingänge der auch Chu Chi genannten Vietcong Tunnel kriechen und nach etwaigen Gegnern suchen. Vorangegangene Versuche, die Vietcong - Kämpfer mit Hunden aufzuspüren, schlugen durch die raffinierten Gegenmaßnahmen des Vietcong fehl. So wurde Pfeffer ausgestreut, um die empfindlichen Nasen der Vierbeiner zu täuschen, oder es wurde teure amerikanische Seife auf dem Schwarzmarkt eingekauft und sich damit gewaschen. Das die Hunde bei sehr amerikanisch riechenden Vietcong - Kämpfern nicht anschlugen ist ja wohl verständlich. Durch solche raffinierten Taktiken gelang es dem eigentlich unterlegenen Vietcong schließlich doch, die hochtechnisierten Amerikaner in die Flucht zu schlagen.

1.2. Ho Chi Minh

Ho Chi Minh (vietnamesisch: „der nach Erkenntnis Strebende”) wurde am 19. Mai 1890 in dem Dorf Kim Lien in Annam (Zentralvietnam) geboren. Sein Vater war Beamter und hatte aus Protest gegen die französische Herrschaft über Vietnam den Dienst quittiert. 1911 heuerte Ho Chi Minhals Koch auf einem französischen Schiff an, fuhr nach Europa und lebte ab 1913 in Frankreich und England, wo er unter anderem als Journalist arbeitete.

Nach dem 1. Weltkrieg legte Ho Chi Minh auf der Versailler Friedenskonferenz einige Forderungen für Vietnam vor, jedoch ohne Erfolg. 1920 gehörte er dem Gründungskongreß der Kommunistischen Partei Frankreichs an; 1923, aus Frankreich ausgewiesen, ging er nach Moskau und Ende 1924 als Kominternfunktionär zur Kuomintang-Regierung in Kanton in Südchina, wo er die revolutionäre Bewegung der Vietnamesen im Exil organisierte. 1927 mußte Ho Chi Minh nach dem Bruch der Kuomintang mit der chinesischen Kommunistischen Partei aus China fliehen. Bis 1929 war er als Kominternfunktionär in Europa und Südostasien tätig; 1930 kehrte er nach China zurück und gründete in Hongkong die Kommunistische Partei Indochinas (KPI).

Nach einem fehlgeschlagenen Aufstand in Annam wurde Ho Chi Minh in

Abwesenheit zum Tod verurteilt und im Juni 1931 in Hongkong von der britischen Polizei verhaftet. Von 1934 bis 1938 lebte er wieder in der Sowjetunion; die beiden folgenden Jahre verbrachte er als Berater der Koumintang-Truppen in China. Nach dem Einmarsch japanischer Truppen in Indochina kehrte Ho Chi Minh Anfang 1941 nach Vietnam zurück, gründete die Vietminh, die kommunistisch geführte vietnamesische Unabhängigkeitsbewegung, und nahm den Kampf um die Unabhängigkeit Indochinas auf. Nach der Kapitulation Japans im August 1945 proklamierte er am 2. September in Hanoi die Demokratische Republik Vietnam und übernahm als Präsident und gleichzeitig (bis 1955) Ministerpräsident die Führung des Landes.

Frankreich wollte aber seine Kolonie nicht in die Unabhängigkeit entlassen. Ende 1946 brach der Indochinakrieg aus. Nach ihrer entscheidenden Niederlage bei Dien Bien Phu 1954 mußten sich die Franzosen aus Indochina zurückziehen; auf der folgenden Genfer Indochinakonferenz wurde das Land in Nord- und Südvietnam geteilt. Ho Chi Minh blieb Präsident im kommunistischen Nordvietnam. In der Folge unterstützte er die kommunistische Befreiungsbewegung in Südvietnam gegen die USA, den Vietcong, um ganz Vietnam unter kommunistischer Herrschaft wiederzuvereinigen.

Ho Chi Minh starb am 3. September 1969 in Hanoi. Ihm zu Ehren wurde Saigon, die ehemalige Hauptstadt Südvietnams, nach der Wiedervereinigung Vietnams in HoChi-Minh-Stadt umbenannt (1975). Im Westen wurde Ho Chi Minh zur Symbolfigur des vietnamesischen Unabhängigkeitskampfes gegen die USA.

1.3. Le Duc Tho

Le Duc Tho, eigentlich Phan Din Khai, wurde am 14. Oktober 1911 in Dich Le, Provinz Tonking in Nordvietnam, geboren. Er zählte 1930 zu den Begründern der Kommunistischen Partei Indochinas und war 1941 Mitbegründer des Vietminh. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er von der französischen Kolonialmacht zweimal inhaftiert (1932-1936 und 1939/40). Le Duc Tho stieg bis in die Spitze der Kommunistischen Partei von Nordvietnam auf. Seit 1945 gehörte er dem Zentralkomitee an. Ab 1948 war er am Guerillakampf in Südvietnam beteiligt. Le Duc Tho wurde 1955 Mitglied des Politbüros (bis 1986). 1963 bis 1965 amtierte er als Außenminister. Von 1968 bis 1973 war er Hauptunterhändler bei den Pariser Friedensgesprächen zur Beendigung des Vietnamkrieges, und 1973 schloß er mit Henry Kissinger, dem Sonderbeauftragten der USA, ein Abkommen über den Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam. 1973 wurde ihm dafür zusammen mit Henry Kissinger der Friedensnobelpreis zuerkannt, den er jedoch mit der Begründung ablehnte, daß „der Frieden nicht wirklich erreicht” sei. Le Duc Tho starb am 13. Oktober 1990 in Hanoi.

1.4. Ngo Dinh Diem

Ngo Dinh Diem wurde am 3. Januar 1901 in Kwang Binh (Annam) geboren. In den dreißiger Jahren war er unter Bao Dai Innenminister, legte aber sein Amt nieder, als die französische Kolonialverwaltung Reformen in Vietnam ablehnte. Nach dem 2. Weltkrieg sprach er sich sowohl gegen eine Zusammenarbeit mit den Japanern und den Franzosen, wie auch mit den kommunistischen Vietminh unter Ho Chi Minh aus. 1950 ging er ins Ausland und verbrachte die folgenden Jahre in den USA und Europa. Nach der Teilung Vietnams 1954 kehrte Diem als Ministerpräsident in Bao Dais Regierung nach Südvietnam zurück. 1955 entmachtete er Bao Dai, erklärte Südvietnam zur Republik und wurde Staatspräsident. Mit Unterstützung der Vereinigten Staaten lehnte er die in Genf 1954 beschlossene Volksabstimmung über eine Wiedervereinigung des Landes ab und errichtete - auch in Reaktion auf den wachsenden Guerillawiderstand des von Nordvietnam unterstützten Vietcong - ein zunehmend diktatorisches Regime. Dabei stützte er sich vor allem auf die katholische Minderheit im Lande, während er gleichzeitig die buddhistische Mehrheit teilweise rigoros unterdrückte, und verschaffte zahlreichen Mitgliedern seiner Familie führende und einflußreiche Positionen in seinem Regime. Am 2. November 1963 wurde er durch einen Putsch gestürzt und ermordet.

1.5. Vietminh

Kurzform für Viêt Nâm Dôc Lâp Dông Minh Hôi: Liga für die Unabhängigkeit Vietnams.

Die Vietminh wurde 1941 unter Federführung der Kommunisten gegründet, als Vietnam unter japanische Besatzung geriet. Neben der Kommunistischen Partei Indochinas, unter dem charismatischen Politiker Ho Chi Minh, gehörten ihr zahlreiche kleinere Parteien an; gemeinsames Ziel war die Befreiung von jeglicher Kolonialherrschaft. Damit legte sie den Grundstein für eine Widerstandsbewegung, der sich binnen kurzem breite Teile der Bevölkerung anschlossen; am 2. September 1945 rief Ho Chi Minh die unabhängige und souveräne Demokratische Volksrepublik Vietnam aus. Als sich Frankreich, das seit dem 19. Jahrhundert eine Kolonialherrschaft über das Land errichtet hatte, nicht an das am 6. März 1946 geschlossene Abkommen hielt, kam es erneut zum Krieg, der am 7. Mai 1954 mit der Niederlage Frankreichs und schließlich in der Teilung Vietnams endete. Im Waffenstillstandsabkommen wurde vereinbart, daß die Truppen der Vietminh sich in die Zone nördlich des 17. Breitengrads zurückziehen sollten. Im Süden wurde unter dem Schutz der USA das autoritäre Diem-Regime etabliert. Als das Diem-Regime die Durchführung gesamtvietnamesischer Wahlen, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Vietminh gewonnen hätte, hintertrieb, etablierte sich in Südvietnam der Vietcong. Es folgte die „amerikanische Phase” des Vietnamkrieges und im Anschluß daran die erstrebte nationale Unabhängigkeit.

1.6. Lyndon Baines Johnson

Johnson wurde am 27. August 1908 in Stonewall (Texas, USA) geboren. Er war kurzzeitig Lehrer an einer High-School und von 1930 bis 1935 Mitarbeiter des US-Kongresses.

1937 wurde Johnson für die Demokraten ins Repräsentantenhaus gewählt und 1949 für den Bundesstaat Texas in den US-Senat. 1953 übernahm er den Vorsitz der Fraktion der Demokraten im Senat.

Nach seiner Niederlage gegen John F. Kennedy bei der Nominierung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten 1960 kandidierte Johnson unerwartet für die Vizepräsidentschaft und gewann mit Kennedy knapp die Wahl.

Nach Kennedys Ermordung am 22. November 1963 in Dallas (Texas) wurde Johnson 36. Präsident der United States of America. Er blieb bis 1969 im Amt, da er am 31. März 1968 in einer Fernsehansprache seinen Verzicht auf eine neue Präsidentschaftskandidatur verkündet hatte. Im Januar 1969 zog er sich auf seine Ranch in Texas zurück und schrieb seine Memoiren. Johnson starb am 22. Januar 1973 in San Antonio, Texas.

Johnson Vietnampolitik

Johnson verstärkte entgegen seinen Wahlversprechungen das Engagement der USA in Vietnam. Bis Mitte 1965 erhöhte er das von Kennedy bewilligte Kontingent von 17 000 auf 125 000, bis Mitte 1967 auf 480 000 und bis Ende 1968 auf 550 000 Mann. Trotz dieser Verstärkung und der von Johnson angeordneten systematischen Bombardierung Nordvietnams, sowie des Einsatzes der US-Air Force erwiesen sich alle Siegesprophezeiungen der US-Generäle und des Verteidigungsministers Robert S. McNamara als falsch. Mit dem wachsenden, offensichtlich aussichtslosen und stark umstrittenen Engagement der USA in Südvietnam wuchs die inneramerikanische, vor allem von Jugendlichen und Studenten getragene Opposition zum Krieg und zum Präsidenten.

Johnsons Behauptung vom Dezember 1967, „The enemy cannot win, now, in Vietnam” (Der Feind kann in Vietnam jetzt nicht siegen), wurde bereits einen Monat später durch die erfolgreiche Tet-Offensive der Nordvietnamesen stark in Zweifel gezogen. Die Proteste gegen den Vietnamkrieg gewannen nicht nur in den USA weiter an Intensität. Die militärischen Mißerfolge in Vietnam und die wachsenden Studenten- und Rassenunruhen (Ostern 1968 wurde Martin Luther King ermordet) veranlaßten Johnson in einer Fernsehansprache seinen Verzicht auf eine neue Präsidentschaftskandidatur zu verkünden, sowie den einseitigen Rückzug der USA aus Vietnam. Im Mai 1968 leitete er in Paris die Friedensgespräche zwischen den USA und Nordvietnam ein.

1.7. Richard Milhous Nixon

Nixon wurde am 9. Januar 1913 in Yorba Linda (Kalifornien) in einfachen Verhältnissen geboren. Er studierte Jura, war in Whittier (Kalifornien) als Anwalt tätig, meldete sich 1942 zur Marine und war während des 2. Weltkrieges Versorgungsoffizier im Südpazifik.

1946 wurde Nixon republikanischer Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus. 1948 und 1949 erlangte Nixon als Mitglied des House Committee on Un-American Activities im so genannten Fall Hiss landesweite Bekanntheit. 1950 wurde er nach einem Wahlkampf, in dem er sich die antikommunistische Hysterie zunutze gemacht hatte, in den US-Senat gewählt. 1962 wurde Nixon von den Republikanern als Vizepräsidentschaftskandidat unter Dwight D. Eisenhower aufgestellt. 1960 wurde er als Präsidentschaftskandidaten nominiert, verlor jedoch knapp hinter John F. Kennedy. 1962 verlor Nixon sogar die Gouverneurswahlen in Kalifornien und zog sich somit schon teilweise aus dem aktiven politischen Leben zurück. Er kandidierte 1968 erneut für das Präsidentschaftsamt und schlug somit mit knappen Vorsprung den Demokraten Hubert H. Humphrey. Am 8. August 1974 verkündete Nixon in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt und kam so einem Amtsenthebungsverfahren zuvor, daß wegen dem Watergate-Affäre eingeleitet wurde. Nixon starb am 22. April 1994 an einem Gehirnschlag.

Nixons Vietnampolitik

Nixon überließ Routine- und Verwaltungsangelegenheiten seinen Beratern und konzentrierte sich selbst auf die Außenpolitik. Zusammen mit seinem engsten außenpolitischen Berater Henry A. Kissinger gab Nixon der amerikanischen Außenpolitik eine neue Richtung: Er bemühte sich um die Beendigung des Vietnamkrieges und um die Verbesserung der Beziehungen zur UdSSR und zu China. Er befahl den schrittweisen

Abzug der 500 000 US-Soldaten aus Südvietnam; der Abzug dauerte insgesamt vier Jahre und war von einer neuerlichen Eskalation des Krieges begleitet: 1970 ordnete Nixon - ohne Rücksprache mit dem Kongreß - den Einmarsch in das neutrale Kambodscha an und die Bombardierung Nordvietnams sowie 1972 die Verminung des Hafens von Haiphong. Diese Ausweitung des Krieges war in den USA äußerst unpopulär; aber Nixon war der Überzeugung, daß sie die Verhandlungsposition der USA stärken und den USA einen „ehrenhaften Frieden” ermöglichen würde.

1.8. Henry Alfred Kissinger

Kissinger wurde am 23. Mai 1923 in Fürth (Bayern) geboren. 1938 emigrierte er mit seinen Eltern in die USA und studierte an der Harvard University.

Ab 1957 lehrte er an der Harvard University Politikwissenschaften, ab 1977 an der Georgetown University. In den fünfziger und sechziger Jahren war Kissinger zeitweise außenpolitischer Berater der Präsidenten Dwight D. Eisenhower, John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson.

1969 wurde er Nixons Sicherheitsberater und gestaltete bald auch die amerikanische Außenpolitik entscheidend mit. 1972 begleitete er Nixon nach China und in die UdSSR und vertrat die USA bei den Friedensverhandlungen im Vietnamkrieg. Im Januar 1973 schloß er ein Waffenstillstandsabkommen mit Vietnam, wofür er zusammen mit Le Duc Tho 1973 den Friedensnobelpreis erhielt. Im August 1973 ernannte ihn Präsident Nixon zum Außenminister. Im Nahen Osten vermittelte Kissinger zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten: 1974 brachte er ein Truppenentflechtungsabkommen zwischen Israel und Ägypten zustande, ein Jahr später vermittelte er ein Abkommen zwischen Syrien und Israel und leitete den Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten von 1979 in die Wege. In Afrika scheiterten 1976 seine Versuche, den kommunistischen Einfluß in Angola zurückzudrängen. Anfang 1977 nahm Kissinger seinen Abschied aus dem Außenministerium, blieb aber weiterhin als Publizist und Elder Statesman aktiv. 1998 verlieh ihm seine Geburtsstadt Fürth die Ehrenbürgerwürde.

2. Vorgeschichte

2.1. Der Indochinakrieg

Als Frankreich im Rahmen seiner Kolonialpolitik in Asien agierte, schuf es 1887 Indochina, daß aus Annam, Kambodscha, Cochinchina, Tonking und Laos bestand. Weil die Kolonialpolitik Frankreichs nur auf Rohstoffgewinn, keinesfalls jedoch Verarbeitung in den Kolonien ausgerichtet war, war die Wirtschaft nur sehr schwach ausgeprägt. Daher ist es nicht verwunderlich, daß es der Bevölkerung in diesen Ländern sehr schlecht ging. Um ihre Lage zu verbessern, wurden viele Reform- und Unabhängigkeitsbewegungen gegründet, die nach den Revolutionen in Rußland und China große Hoffnung auf Erfolg ihrer Ziele hatten. Allerdings wurden viele der Proteste Niedergeschlagen. Im Rahmen des zweiten Weltkrieges wurde Indochina von den Japanern besetzt und die ehemaligen französischen Besatzer vertrieben wurden, ließ Japan die unabhängigen Staaten Vietnam ausrufen. Diese bestanden aus Tonking, Annam und Cochinchina. Außerdem wurden die Staaten Laos und Kambodscha unabhängig. 1945/46 wurde Indochina erneut durch die Franzosen zurückerobert. Jedoch hatten kommunistische Kräfte bereits am 2.9.1945 die demokratische Republik Vietnam ausgerufen. Der Konflikt der Franzosen mit der demokratischen Republik Vietnam führte schließlich zum Indochinakrieg. Ein Abkommen, welches Vietnam als freien Staat in die Indochina Föderation eingliedern sollte, scheiterte am 6.3.1946 an den verschiedenen Kerngedanken der beiden Parteien. Daraufhin begann Frankreich mit der Bombardierung Haiphong am 23.11.1946, bei der es rund 6000 zivile Opfer gab. Der Schwerpunkt des Krieges lag jedoch in Tonking. Dort trafen 80 000 - 100 000 vietnamesische Truppen auf rund 167 000 französische Truppen. Mit der finanziellen Unterstützung der USA für die Franzosen und der Anerkennung der vietnamesischen Republik durch Rußland und China, rückte der Indochinakrieg ins Rampenlicht des Kalten Kriegs. Die USA beteiligten sich mit etwa 3,6 Milliarden $ zu 80% an den französischen Kosten. Diese Unterstützung wurde jedoch erst geleistet, nachdem Frankreich 1950 offiziell um Hilfe gebeten hatte.

All die Hilfe brachte jedoch nichts und so mußten sich die Franzosen nach der Schlacht von Dien Bien Phu am 7.5.1954 geschlagen geben. Auf der darauf folgenden Genfer Indochinakonferenz, an denen die USA, Frankreich, England, die Sowjetunion und erstmals auch China teilnahmen. Nach 75 zähen Verhandlungstagen wurde am 21.7.1954 ein Waffenstillstandsabkommen beschlossen. Weiterhin sah das Abkommen die Anerkennung Laos und Kambodschas als unabhängige Staaten. Vietnam sollte mit dem 17. nördlichen Breitengrad in Nord- und Südvietnam geteilt werden. Auch sollten im Laufe der kommenden zwei Jahre, spätestens jedoch bis Juli 1956 freie Wahlen durchgeführt werden. Diese Wahlen sollten den ersten Schritt zur Wiedervereinigung darstellen. Nachdem Eisenhower auf einer Pressekonferenz 1954 seine Dominotheorie vorstellte, wurde im September 1954 eine Konferenz einberufen, bei der eine Südostasien - Pakt - Organisation, die SAETO (South East Asia Treaty Organisation) gegründet wurde, um einen etwaigen Angriff des kommunistischen Nordens auf den Süden entgegen zu wirken. Am 16.Juni ernannte das Staatsoberhaupt Bao Dai den damals 53-jährigen Ngo Dinh Diem zum neuen Regierungschef Südvietnams. Dieser fand den Zuspruch der Amerikaner und diese unterstützten den Süden nun noch intensiver. Bao Dai wurde am 23.10.1955 durch eine von Diem ausgetragenen Volksabstimmung abgesetzt und die Regierung Diems wurde bestätigt. Da Südvietnam am 26.Oktober zur Republik erklärt wurde, hatte Diem natürlich kein Interesse mehr an gesamtvietnamesischen Wahlen. Von den USA moralisch unterstützt lehnte Südvietnam jegliche Verhandlungen über diese auf der Genfer Konferenz beschlossenen Wahlen ab. Das regte erneut den Widerstand und im September 1960 wurde auf einen Arbeiterkongreß der vietnamesischen Arbeiterpartei in Hanoi der Kampf gegen die Regierung Diems und für die Wiedervereinigung beschlossen. Zu diesem Zweck wurde am 20.12 die FNL gegründet. Eine Teilgruppe davon war der Vietcong, der im Süden die Bevölkerung einschüchterte, indem auf dem Höhepunkt ein gutes Dutzend Dorfältester am Tag hingerichtet wurden. Versorgt wurde dieser Flügel der FNL durch den Ho Chi Minh Pfad, der ein 16 000 km großes Netz aus Pfaden darstellte, welches an der Grenze zu Laos und Kambodscha verlief. Im Jahre 1961 überfielen nordvietnamesische Truppen Laos, worauf die USA unter Präsident Kennedy Militärberater nach Südvietnam schickten, um die Armee des Südens aufzubauen und der Regierung beratend zur Seite zu stehen. Dabei wuchs die Zahl dieser Berater beständig, sie 1954 aus 55 Offizieren und wuchs bis 1963 auf rund 16 000 an. Jedoch griffen die USA noch nicht direkt mit Truppen ein. Während sich der Bruder Diems ein Programm ausdachte, um den Vietcong entgegen zu wirken, wobei die Bauern der Dörfer bewaffnet wurden, hatte Diems selbst mit religiösen Problemen zu kämpfen. Diems zweiter Bruder Ngo Dinh Thuc war katholischer Erzbischof und unterstütze ihn in seiner negativen Meinung gegenüber der Buddhisten. So verbot er am 8.5.1963 in Hué Flaggenschmuck, der zum 2587. Geburtstag Buddhas angebracht werden sollte. Daraufhin protestierten die Buddhisten zusammen mit ihren Sympathisanten und die Regierungssoldaten schossen auf sie, wobei es Tote und Verletzte gab. Nur wenig später wurde in der Nacht vom 1. Zum 2. November 1963 Diems Regierung gestürzt und er und er, sowie seine drei Brüder wurden hingerichtet. Doch war diese Reaktion vorher bereits absehbar, so forderten die USA schon im Vorfeld personelle Veränderungen in Diems Regierung, da sie nicht mit seiner Regierungspolitik einverstanden waren. Doch auch 18 der eigenen Politiker forderten eine Veränderung der Innenpolitik. Drei Wochen nach der Hinrichtung Diems, wurde Kennedy ermordet. Somit wurde Südvietnam ins Chaos gestürzt, wodurch es allein im Jahre 1964 sieben Regierungen gab.

3. Die amerikanische Phase - Der Vietnamkrieg

Nachdem sich die amerikanische Regierung bis 1964 jedenfalls nicht offiziell in Indochina engagierte, kam mit dem sogenannten Tonking - Zwischenfall die Wendung. Dabei griffen am 2. und 4. August 1964 drei nordvietnamesische Kanonenboote zwei amerikanische Zerstörer, darunter die USS Maddox an. Diese schossen zurück und schlugen die drei Boote, die eigentlich völlig Chancenlos waren, mit Hilfe der US - Airforce zurück. Man muß jedoch wissen, daß die amerikanischen Zerstörer in nordvietnamesische Hoheitsgewässer eingedrungen waren. Nordvietnam beanspruchte nämlich eine Zwölf - Meilen - Zone als Hoheitsgewässer, obwohl nur elf Meilen üblich sind. Da die Zerstörer sich jedoch bis auf elf Meilen der Küste genähert hatten, wurde dies als Aggression aufgefaßt. Außerdem wußten die Amerikaner von geplanten Angriffen auf die USS Maddox, da entsprechende Funksprüche vorher abgefangen wurden. Es existieren auch Meinungen, wonach der Angriff am 4.August nicht stattgefunden hat, sondern erfunden wurde um Präsident Johnson die Möglichkeit zu geben eine Resolution im Kongreß durchzusetzen, wodurch er jegliche militärische Vollmacht für Vietnam erhalten hätte. Dieser Antrag, die sogenannte „Tonking Gulf Resolution“ wurde dann auch am 7.8.1964 angenommen. Die Vermutung der erfundenen Angriffe ist gar nicht so weit her geholt, denn schließlich hatte sogar der Kommandeur der Soto - Patrouille Captain Herrick Zweifel an eben diesem Angriff. Und er muß es ja gewußt haben, da er sich zum fraglichen Zeitpunkt an Bord der USS Maddox befand. Um schlimmeres zu vermeiden schickte er auch gleich je ein Telegramm nach Washington und Honolulu, in denen er seine Sicht der Dinge schilderte: „[...] Überprüfung des Vorfalls läßt [...] Torpedoangriffe zweifelhaft erscheinen. [...] Meldungen beruhen vermutlich auf wetterbedingt verzerrten Radarbeobachtungen [...] von der Maddox aus sind keine Vorkommnisse gesichtet worden. [...] Schlage gründliche Auswertung vor, bevor weitere Aktionen erfolgen.“

Das Herrick diese Meldungen etwa eine Stunde nach seiner Sendung revidierte, läßt diesen Vorfall noch merkwürdiger erscheinen, besonders wenn man über die vorhergegangenen verdeckten Operationen der USA und Südvietnam Bescheid weis. Hinter diesen „34A - Operationen“ verbargen sich Entführungsaktionen nordvietnamesischer Bürger, sowie Sabotageakte durch Südvietnamesische Fallschirmjäger, welche besonders zur Schwächung der Infrastruktur dienen sollten. Jedoch bestand immer wieder die Gefahr, daß diese Aktionen von der Öffentlichkeit entdeckt würden. So z.B. wurde der Kongreß auf das Engagement der USA in Indochina aufmerksam, als Ende Juli 1964, ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug über Laos abgeschossen wurde und darauf als Vergeltung Bombardements der USA auf Vietcong - Stellungen in Laos stattfanden. Doch diese Aktionen führten nicht zu den gewünschten Erfolgen und blieben der Öffentlichkeit verborgen.

So wurde der Tonking - Zwischenfall durch die USA als Anlaß genommen, nun endlich offiziell in Vietnam einzugreifen, was auch prompt geschah. Ab Februar 1965 bombardierten die USA bereits im Rahmen der „34A - Operationen“ festgelegte Ziele in Nordvietnam und besonders den Ho Chi Minh Pfad, welcher die Versorgung des Vietcong mit Waffen und Nahrung aus Laos und Kambodscha sicher stellte. Es folgten schon bald darauf Hubschrauberangriffe auf Vietcong Stellungen in Südvietnam und der Einsatz von Bodentruppen. Dabei setzten die Amerikaner nicht nur auf die eigenen Truppen, sondern griffen auch auf Truppen der sogenannten SAETO zurück. Dabei handelte es sich um eine südostasiatische Verteidigungsorganisation, welche sich aus Truppen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Pakistans, Neuseeland, Südkorea und den Philippinen zusammen setzte. Dadurch wuchs die Zahl der Soldaten unter amerikanischen Kommando bis 1968 auf 543 000 an. Zu dieser Zeit wurde auch mit den Versprühen von „Agent Orange“ begonnen, um den dichten Regenwald zu vernichten, in dem sich der Vietcong wunderbar verstecken konnte. Bei diesem Pflanzenvernichtungsmittel handelt es sich um ein Dioxin. An der Lieferung des gesamten Materials für Bomben und „Agent Orange“ waren ganze waren ganze Wirtschaftszweige beschäftigt, was die Wirtschaft in den USA am Anfang des Krieges kräftig ankurbelte. Doch auch andere Länder verdienten an diesem Krieg. So beispielsweise auch deutsche Firmen, wie das Unternehmen Boehringer, Ingelheim. Es war an der Herstellung des Dioxins „Agent Orange“ beteiligt und der damalige Geschäftsführer war kein geringerer als der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker. All diese Maßnahmen sollten Nordvietnam zur Verhandlungsbereitschaft drängen. Die USA wollten eigentlich schon 1965/66 Friedensverhandlungen. Diese wurden jedoch immer wieder von Nordvietnam abgelehnt. Darauf hin intensivierten die Amerikaner ihr militärisches Engagement in Indochina. Offiziell, um Nordvietnam an den Verhandlungstisch zu bewegen, aber in Wirklichkeit diente der Vietnamkrieg dazu, den sich ausbreitenden Kommunismus zurückzudrängen. Die Dominotheorie, die eben diese Ausbreitung vorhersagte, war die eigentliche Ursache des Engagements der USA.

Dabei scheuten es die Amerikaner auch nicht, gewaltsam gegen die Zivilbevölkerung in Vietnam vorzugehen. So zum Beispiel beim Massaker von My Lai. In dieser Küstensiedlung südlich von Da Nang, wurden von den Amerikanern am 16.3.1968 504 Dorfbewohner, darunter 174 Kinder und 76 Säuglinge regelrecht hingerichtet. Erst nachdem der Hubschrauberpilot Hugh Thompson eingriff, fand das Gemetzel ein Ende. 1971 wurde schließlich der Befehlshabende Offizier William Calley zu lebenslanger Haft verurteilt, wurde jedoch drei Jahre später wieder frei gelassen. Was für eine Verwüstung solche Massaker hinterlassen haben, beschreibt eine amerikanische Journalistin: „Die Menge floh, schob Kühe, Fahrräder, Schweine vor sich her, balancierten Hausrat und Bambusstangen, gebeugt vor Müdigkeit und Angst unter ihren spitzen Hüten, fort wie ein reißender Fluß, der über die Dämme getreten ist und nicht weiß wohin? Das halbe Dorf existierte nicht mehr. Es existierten nur noch rauchgeschwärzte Trümmer, und aus ihnen ragte hier und dort der Rest einer Mauer, das Gerippe einer Tür, ein zu Asche gewordenes Möbelstück. Ringsum verkohlte Taxis, umgestürzte Autobusse, verborgene Nähmaschinen. Stalingrad oder Berlin im zweiten Weltkrieg. Besonders die Leichen. Man kann sie nicht alle einsammeln. Viele verwesen unter der Sonne, nur gerade von einer Strohmatte oder einer Zeitung bedeckt, die Luft ist gesättigt von einem Gestank, daß einem übel wird.“ Solche und andere Massaker führten zu heftigen Protesten und der Gründung von Widerstandsbewegungen, über die hier aber noch später berichtet werden soll. Doch hatten die amerikanischen Soldaten guten Grund gegen etwaige mit dem Vietcong sympathisierende Dörfer vorzugehen, da jeder ein potentieller Vietcong - Kämpfer sein konnte. Denn schon mehrmals hatten nicht verdächtig erscheinende Vietnamesen, wie Frauen mehrere GI´s mit Hilfe von Handgranaten umgebracht, die sie in größere Gruppen der Soldaten geworfen haben. Doch auch die Nordvietnamesen und der Vietcong gingen nicht gerade freundlich mit ihren Gegnern um. Dies zeigte zum Beispiel die Tet - Offensive, die nach dem buddhistischen Neujahrsfestes Tet benannt wurde. Dabei griffen in der ersten Februarwoche des Jahres 1968 36 000 nordvietnamesische Soldaten und Vietcong - Guerillas 28 südvietnamesische Städte an, wobei Flughäfen und Stützpunkte zerstört wurden. Auch die amerikanische Botschaft und der Kern der alten Kaiserstadt Hué wurden zeitweise von den Kommunisten besetzt. Nachdem die Regierungstruppen die Stadt zurückerobert hatten, fand man jede Menge Massengräber, mit tausenden Leichen ermordeter Zivilisten. Doch trotz aller Brutalität und aller Opfer (allein 1000 amerikanische, 2000 südvietnamesische und 32 000 nordvietnamesischen Soldaten) war die Tet - Offensive militärisch erfolglos. Politisch und Psychologisch war sie jedoch ein voller Erfolg, da sie die Bereitschaft der Amerikaner steigerte an den Verhandlungstisch zu treten und zeigte, daß sich der Vietcong keineswegs scheute auch offene Kämpfe zu bestreiten, obwohl er sich bisher nur in Dschungelkämpfe verwickeln ließ. Auf solche Kämpfe waren die amerikanischen Soldaten jedoch nie vorbereitet worden, weshalb man sich durch diese Dschungelkämpfe Vorteile auf Seiten des Vietcong erhoffte. Mit dieser Aktion brach Nordvietnam zwar die vorher beschlossene Waffenruhe, erreichte jedoch eines seiner Ziele, nämlich die Amerikaner an den Verhandlungstisch zu zwingen. Am 10.5.1968 fanden bei Paris Vorverhandlungen zwischen Vertretern der USA und Nordvietnams statt. Als Zeichen des guten Willens forderte Hanoi die Einstellung der amerikanischen Luftangriffe, behielt sich jedoch selbst das Recht vor etwaige Militäraktionen durchzuführen. Im März 1968 verhängte Präsident Johnson schließlich auch einen Bombardierungsstop und die Friedensverhandlungen konnten beginnen. Er selber konnte diese jedoch nicht mehr führen, da inzwischen Richard Nixon das Amt des Präsidenten übernommen hatte. Dieser wollte das amerikanischen Engagement in Indochina zusammen mit seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger durch die „Vietnamisierung“ des Krieges beenden. Dieses Konzept wurde auch der „ehrenvolle Friede“ genannt und sah im großen und ganzen den Rückzug von 90 000 amerikanischen Soldaten aus Vietnam, den Ausbau der südvietnamesischen Streitkräfte, sowie die Übertragung der Verantwortung für den Krieg auf Saigon vor. Der Rückzug der amerikanischen Truppen stellte für den Vietcong eine Bedingung dar, um sich an den Verhandlungen in Paris zu beteiligen. Ab 1969 saßen schließlich alle Kriegsparteien, die USA, Nord- und Südvietnam, sowie der Vietcong an einem Verhandlungstisch. Ergebnisse wurden aber dennoch nicht erzielt, da Nordvietnam nicht den teilweisen Abzug der Truppen, sondern den Rückzug aller amerikanischen Truppen forderte. Diese Verhandlungen wurden abrupt unterbrochen, als amerikanische Truppen im April 1970 in Kambodscha einfielen und Laos, sowie den Ho - Chi - Minh Pfad entlang der Grenze zu Laos bombardierten, um einen Vorstoß nordvietnamesischer Einheiten zuvor zu kommen. Diese Aktion blieb jedoch erfolglos und hatte nur internationale Proteste zur Folge. Des weiteren starb im September 1969 der bisherige nordvietnamesische Staats- und Parteichef Ho Chi Minh, der in seinem politischen Testament die Forderung nach, der Fortsetzung des Freiheitskampfes und die Gründung eines Groß - Indochina - Staates unter Anschluß von Laos und Kambodscha hinterließ. Es wurde nicht aufgegeben, den Frieden wieder herzustellen. So legte Nixon am 25.1.1972 einen Achtpunkteplan zur Wiederherstellung des Friedens vor, der im Grunde dem Friedensplan des Vietcong entsprach, den dieser im Juli 1971 vorgelegt hatte. Dieser Plan sah den Rücktritt des südvietnamesischen Präsidenten Thieu vor und erklärte die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen, falls Südvietnam diese Bereitschaft ebenfalls signalisieren sollte. Außerdem sollten alle gefangenen US - Soldaten freigelassen werden, wenn die USA ihr Engagement vollständig eingestellt hätten. Doch schließlich wurden die Verhandlungen in Paris am 23.3.1972 abgebrochen. Daraufhin startete Nordvietnam eine groß angelegte Offensive, die sich bis zur Provinz Quang Tri im Süden ausbreitete. Die Antwort der Amerikaner ließ nicht lange auf sich warten und so bombardierten amerikanische Flugzeuge wichtige Ziele in Nordvietnam. Schließlich ordnete Präsident Nixon noch die Verminung nordvietnamesischer Häfen an, darunter auch Haiphong. Beide Aktionen sollten die Nordvietnamesen erneut an den Verhandlungstisch zwingen und die Versorgung des Vietcong lähmen. Ab dem 8.10.1972 fanden erneut Verhandlungen zwischen Amerikanern, vertreten durch Henry Kissinger und den Nordvietnamesen, welche durch Le Duc Tho vertreten wurden, statt. Diesmal wurden diese Gespräche jedoch geheim gehalten. Ein Friedensvertrag, der eine strikte Trennung der militärischen und politischen Verhandlungen vorsah wurde von den Nordvietnamesen akzeptiert und stellte somit einen Durchbruch in den Friedensverhandlungen dar. Den Neunpunkteplan, den Kissinger am 26.10.1972 vorlegte, bezeichnete der südvietnamesische Präsident Thieu als Verrat. Dennoch wurden die offiziellen Verhandlungen in Paris am 4.12.1972 wieder aufgenommen und es bestand erstmals die Aussicht auf einen Friedensvertrag. Jedoch kamen auch diese Verhandlungen am 16.12.1972 wieder zum Stillstand. Zwei Tage darauf ordnete Nixon erneute Bombardierungen an, welche als die schwersten des gesamten Krieges galten und die Meinungen der Bevölkerung zum überkochen brachten. Als die USA ihre Bombardements Anfang 1973 nördlich des 20. Breitengrades erneut einstellten, kam es noch einmal zu einer Friedenskonferenz in Paris. Nach sechs Tagen gab Nixon bekannt, daß sich Kissinger und Le Duc Tho geeinigt hätten und ein offizielles Waffenstillstandsabkommen zustande gekommen sei. Am 23.1.1973 wurde dieses Abkommen von Vertretern der USA, Nord- und Südvietnams, sowie der provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams unterzeichnet und trat am 28.1.1973 in Kraft. Dieses Abkommen verlangte die vollständige Einstellung aller Kampfhandlungen, sowie den kompletten Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam innerhalb von 60 Tagen. Außerdem die Herausgabe sämtlicher Kriegsgefangener ebenfalls innerhalb von 60 Tagen und die Anerkennung einer entmilitarisierten Zone als provisorische Grenze. Zusätzlich sollten freie Wahlen stattfinden und eine internationale Kontrollkommission sollte den Frieden überwachen. Das Abkommen gestattete jedoch den Verbleib von 145 000 nordvietnamesischen Soldaten in Südvietnam.

Südvietnam stimmte diesen Vertrag jedoch erst zu, als durch die USA finanzielle Hilfe zugesagt wurde. Damit war die zweite, sogenannte amerikanische Phase des Vietnamkrieges beendet. Die Kämpfe zwischen Nord- und Südvietnam eskalierten jedoch erneut und zwar in einem Bürgerkrieg. Dabei überrollten nordvietnamesische Einheiten förmlich den Süden. Südvietnam hatte kaum eine Chance, da seine Soldaten im Vergleich zum Norden politisch nicht motiviert waren, sie sahen keinen Grund zu kämpfen. Doch auch die Bevölkerung war inzwischen Kriegsmüde geworden. Der Norden stieß somit kaum auf Widerstand und rückte binnen weniger Wochen bis Saigon vor und eroberte es am 30.4.1975. Zuvor war am 21.4.1975 der südvietnamesische Präsident Nguyen Van Thieu zurückgetreten, was Nordvietnam schon während der gesamten Verhandlungen immer wieder gefordert hatte. Er floh mit mehreren Millionen anderer Landsleute ins Exil. Zu guter letzt wurden Nord- und Südvietnam im Rahmen eines Gesamtvietnamesischen Staates zur Sozialistischen Republik Vietnam vereinigt. Saigon wurde sofort in Ho - Chi - Minh Stadt umbenannt und es wurden am 25.4.1976 die ersten gesamtvietnamesischen Wahlen durchgeführt, wie sie schon von den Beschlüssen der Genfer Indochinakonferenz 1954 gefordert wurden. Den letzten Akt der Wiedervereinigung stellte deren Proklamation durch die Nationalversammlung am 25.6.1976 dar.

4. Der Widerstand

Der Widerstand gegen den Vietnamkrieg war vielschichtig, und wurde um so stärker, je mehr Informationen und vor allem Bilder der Greultaten an die Öffentlichkeit drangen. Daraufhin schlossen sich Studenten zu Antikriegsbewegungen zusammen und demonstrierten. Aber auch Musiker und Sportler brachten ihre Abneigung gegen diesen Krieg auf ihre Art zum Ausdruck So zum Beispiel auch Cassius Clay, wohl besser bekannt als Muhammad Ali. Er meinte „Fragt mich so oft und so lange ihr wollt, über den Krieg in Vietnam singe ich den Song: Ich hab` keinen Streit mit dem Vietcong.“ Als er sich dann auch noch der Wehrpflicht entzog, erkannte man ihm nicht nur den Weltmeistertitel und seine Boxlizenz ab, sondern verurteilte ihn auch noch zu fünf Jahren Haft. Man darf aber auch auf keinen Fall den Widerstand in den Reihen der amerikanischen Soldaten ignorieren, der den Militärs schwer zu schaffen machte. So wuchs die Anzahl der Deserteure mit der Dauer des Krieges. 1967 kamen auf je 1000 Soldaten 12,2 Deserteure, 1968 betrug der Anteil schon 15,6, 1969 immerhin schon 21,1 und 1971 das Maximum mit 33,9. Allein im Verlauf der ersten 6 Kriegsjahre von 1966 bis 1972 begingen 423 422 amerikanische Soldaten Fahnenflucht. Diese Zahlen rühren vor allem daher, daß amerikanische Soldaten im Gegensatz zum Vietcong politisch nicht motiviert waren, sie sahen schlicht keinen Grund in Vietnam zu kämpfen. So berichtete das offizielle Armed Forces Journal 1971 „Die Moral, die Disziplin und der Kampfwert der US - Streitkräfte sind, mit wenigen hervorstehenden Ausnahmen, niedriger und schlechter als zu irgend einer Zeit in diesem Jahrhundert und wahrscheinlich als jemals in der Geschichte der Vereinigten Staaten.“ Auch organisierten sich die Soldaten in eigenen Bewegungen und demonstrierten offen gegen den Krieg, auch auf dem eigenen Militärgelände. So schrieb ein Soldat: „In Fort Bliss hatten wir unsere eigene Soldatenprotestgruppe. Wir nannten uns GI`s for Peace. Wir haben mehrere Demonstrationen auf die Beine gestellt. Eine davon am >Tag der Streitkräfte<. Dieser Tag war immer eine große Sache für die Militärführung und deswegen haben wir beschlossen, eine Friedensdemonstration zu organisieren. Wir benannten den >Armed Force Day< zunächst um in>Armed Farce Day<. An unserer Demo haben sich mehr als 1500 Leute beteiligt, mehr als die Hälfte waren Wehrpflichtige, also 700, 800 aktive Soldaten haben am >Tag der Nichtigkeitskräfte< in Fort Bliss mitgemacht.“

Doch beschränkte sich der Widerstand nicht nur auf Demonstrationen, sondern es gab auch gewaltsamen Widerstand. So hatten allzu „einsatzfreudige“ Offiziere in der Armee eine nicht allzu hohe Lebenserwartung. Die eigenen Soldaten versuchten eben diese Offiziere umzubringen, um gefährlichen Einsätzen zu entgehen. Dabei legten sie nicht immer selbst Hand an. So wurden einmal 20 000 $ auf den Kopf eines verhaßten Kommandanten ausgesetzt, zusammengetragen von einfachen Soldaten. Insgesamt gab es so ca. 500 Vorfälle dieses sogenannten „fragging“, wahrscheinlich gab es sogar wesentlich mehr. Weiterhin wurde versucht, den Einsatz von Flugzeugträgern und anderen Schiffen zu verzögern. So wurde das Radarzentrum der USS Forrestal durch ein Feuer zerstört, was einen Schaden von 7 000 000 $ verursachte und das Schiff Zwei Monate am Auslaufen hinderte. Aber auch die US Air Force leistete Widerstand. So umgingen B - 52 Bomberbesatzungen Befehle, die Bombardierung Hanoi zu Weihnachten 1972. Dabei wurden 15 B - 52 Bomber abgeschossen. Weiterhin wurde ein B - 52 Kommandant angeklagt, weil es sich weigerte einen Einsatz zu fliegen. Kurz darauf drohten andere Kommandanten ebenfalls Befehle zu verweigern. Die Stimmung in der amerikanischen Armee ähnelte langsam aber sicher einer Meuterei. Den größten Einfluß auf den Krieg hatten aber sicherlich die gesamten Studentenbewegungen. So beispielsweise die 68er Bewegung, deren Höhepunkt im Februar 1968 der „Vietnamkongreß“ in Westberlin darstellte. Dort hatte man die Meinung: „Der Krieg der Amerikaner hat Unterdrückung, Ausbeutung und Versklavung zum Ziel, der Kampf der vietnamesischen Befreiungsfront FNL hat die nationale Befreiung von Fremdherrschaft und Versklavung zum Ziel. Mit wem wir uns solidarisch erklären, ist klar! Vietnam, Genossen, das ist das Spanien unserer Generation.“ Mit Schlachtrufen wie „Von Hanoi bis Saigon - alle Macht dem Vietcong“ und „Ho, Ho, Ho Chi Minh“ gewannen diese Protestbewegungen regen Zulauf. So waren Kundgebungen in Auditorien, wie etwa auf dem Vietnamtribunal an der Freien Universität in Westberlin maßlos überfüllt. Aber auch in den USA gab es massenweise Protestbewegungen, die mit Parolen wie „Bring the boys home“ die USA unter massiven Druck setzten. Da sich die Regierungen jedoch nicht von Studenten sagen lassen wollten, was sie zu tun und zu lassen haben, wurden die meisten Demonstrationen sehr schnell und mit aller Härte niedergeschlagen. In den USA wurde sogar die Nationalgarde eingesetzt, wobei insgesamt 6 Studenten erschossen wurden. Daraufhin gingen einige Protestbewegungen zu militanten Aktionen über, indem sie Militäreinrichtungen angriffen und Einberufungsbefehle öffentlich verbrannten. Da nun selbst die ältere Generation erkannte, daß man nicht unbedingt mit Waffen gegen eigene Studenten vorgehen muß, geriet die US - Regierung zunehmend unter Rechtfertigungsdruck ihrer Innen- sowie Außenpolitik. Ähnliche Aktionen, wie in Deutschland und den USA gab es auch in der dritten Welt. So wurden in Mexikos Hauptstadt im Sommer 1968 mehrere hundert Demonstranten von Sicherheitskräften erschossen. Aber auch in West- und Osteuropa wuchs der Widerstand. Im Sommer 1968 demonstrierten zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten mehrere westdeutsche Studenten vor der US - Botschaft in Sofia gegen den Vietnamkrieg. Jedoch wurden sie von der örtlichen Polizei gewaltsam daran gehindert.

Dieser Widerstand führte dazu, daß die Berichterstattung in den Medien zunehmend realitätsnaher und nicht mehr propagandistisch von statten ging. So wurden die amerikanischen Soldaten und ihre Verbündeten vor den Demonstrationen immer als „tapfere GI`s und untadelige südvietnamesische Generäle in adretten Operetten - Uniformen“ dargestellt. Der Vietcong hingegen „steckte katholische Priester in Ameisenhaufen , wo sie bei lebendigen Leib aufgefressen würden.“

Solche Darstellungen entsprachen natürlich nicht unbedingt der Wahrheit. Andere Reporter, wie etwa Arno Widmann beschrieben die Widerstände als Generationsproblem, so schrieb er in der Berliner Zeitung: „Der Wechsel von skeptischen und sich begeistert verausgabenden Generationen ist nichts Neues und er wäre vielleicht unbemerkt geblieben, hätte es nicht den Krieg in Vietnam gegeben. Der gab den Engagierten einen blutigen Grund, ein reales Leiden auf das sie ihr Verlangen nach Pathos projizieren könnten.“

Doch war der Widerstand nicht nur ein Anliegen der jüngeren Generation, wie es Arno Widmann beschreibt. Auch die älteren hatten langsam Zweifel am „American way of life“ und forderten nun die Rückkehr zum Isolationismus aus der Zeit vor der Truman - Doktrin. Die gesamten Widerstandsbewegungen zusammen genommen stellten ein riesiges Potential dar und konnten einen ungeheuren Druck auf die Kriegführenden Parteien, die USA und ihre Verbündeten ausüben. Schließlich waren es eben diese Protestbewegungen, die entscheidend zum Ausgang des Vietnamkrieges beigetragen haben.

Flower-Power-Bewegung

Eine Jugendbewegung der sechziger Jahre, die von den USA ausgehend nach Europa ausstrahlte. Ihre Anhänger, die so genannten Hippies, praktizierten - mehr oder weniger konsequent - den Ausstieg aus der etablierten Wohlstandsgesellschaft, die von vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen als politisch erstarrt, einseitig am Wohlstand orientiert und unglücklich machend empfunden wurde. Als Alternative wurde die Besinnung auf immaterielle Werte wie Liebe, Frieden und Glück („Love, Peace and Happiness”) sowie Toleranz beschworen. Das Zentrum des amerikanischen Hippietums lag im Haight Ashbury District in San Francisco. Äußere Zeichen einer von der gesellschaftlichen Norm abweichenden Lebenseinstellung waren bunte, wallende Kleider und lange, teilweise blumengeschmückte Haare bei beiden Geschlechtern. Neben der „freien Liebe” und neuen Formen des Zusammenlebens propagierten die „Blumenkinder” den Konsum von „weichen” Drogen wie Marihuana und LSD sowie deren Legalisierung. Im Gegensatz zur aggressiven Beat Generation der fünfziger Jahre zogen sich die Hippies stärker auf das Private zurück, interessierten sich aber durchaus für die große Politik, wie sich schon bald an den flächendeckenden Protesten gegen den gleichzeitig stattfindenden Vietnamkrieg zeigte.

Eine wichtige Rolle für das Lebensgefühl der Hippiegeneration spielte die oft drogenbeeinflußsste, psychedelische Musik, wie sie sich als Höhepunkt (und Abgesang) in dem legendären Woodstock-Festival vor einer gewaltigen Menschenmenge präsentierte. Vor allem an der amerikanischen Westküste entstanden in der Folge zahlreiche (Musiker-)Kommunen, die den Traum vom Paradise now leben wollten. In Europa - vor allem Frankreich und Deutschland - mündeten die Ideale der Hippie-Bewegung in jugendlichen Protestbewegungen (Pariser Maiunruhen) und den stark durchpolitisierten Anliegen der 68er-Bewegung. Die romantische Aufbruchstimmung und der Traum von einer besseren Welt machten indes schon bald einem resignativen Erkennen der realen Möglichkeiten Platz; der sorglose Umgang mit Drogen forderte zahllose prominente (Jimi Hendrix, Janis Joplin u. a.) wie namenlose Opfer.

5. Die Bilanz

Die Folgen dieses Jahrzehnte lang dauernden Krieges waren nicht nur finanzielle, sondern vor allem menschliche. So hatten die USA 57 000 Tote und 153 000 Verletzte zu beklagen, was aber durch die 2 000 000 Toten und 3 000 000 Verletzten Vietnamesen in den Schatten gestellt wurde. Dabei gibt es aber sehr differenzierte Angaben über die vietnamesischen Zahlen, da Opfer nicht entdeckter Massaker fehlen könnten. Doch auch die Antikriegsbewegung hatte Tote zu beklagen, so kamen weltweit bei Demonstrationen mehrere hundert Studenten um. Weiterhin nahmen sich nach dem Krieg 50 000 ehemaligen Vietnamveteranen in den USA das Leben.

12 000 000 Vietnamesen wurden heimatlos, darunter auch viele Waisen. Zwischen 1975 und 1982 emigrierten 1 218 000 Vietnamesen aus ihren zerstörten Land und ließen sich in der ganzen Welt nieder. Auch der Einsatz des scheinbar harmlosen Pflanzenvernichtungsmittel „Agent Orange“ brachte großen Schaden. So wurde eine Waldfläche von der Größe Baden - Württembergs zerstört und ein bis heute irreparabler ökologischer Schaden entstand. 17 000 000 Menschen waren dem Dioxin ausgesetzt, wovon 1 000 000 erkrankten. Bis heute gibt es noch Fehlgeburten mit schweren Mißbildungen. Kein Wunder, denn immerhin übertraf die Konzentration von „Agent Orange“ die in Kanada zulässige Höchstnorm um sage und schreibe 9 000 %. Doch auch wirtschaftlich traf der Vietnamkrieg die USA hart. Weiterhin wurden 6 500 000 Tonnen Bomben abgeworfen, was etwa dreimal so viel war, wie im zweiten Weltkrieg. Insgesamt wurden 26 000 000 Bombenkrater gezählt. Ferner wurden 3 500 000 Landminen verwendet, die auch heute noch 2000 Menschen im Jahr verletzten oder gar töten. Obwohl die Wirtschaft am Anfang des Krieges aufblühte, brach sie sehr bald zusammen. So fiel der $ Kurs 1973 von 3,20 DM auf 1,65 DM nach der Niederlage der USA. Auch büßten die USA die Hälfte ihres Weltmarktanteiles ein, der sich immerhin zu Beginn des Engagements auf ein viertel des Weltmarktes betrug. Über die Kosten ist man sich nicht so recht einig. Einige veranschlagten 25 Mrd. $ pro Jahr, andere nennen Zahlen zwischen 112 und 720 Mrd. $. Doch trotz dieser hohen Kosten hatten die USA noch 3 Mrd. $ für ihre ehemaligen Verbündeten, Südvietnam übrig, um es zu unterstützen. Es floß jedoch bis heute kein einziger Dollar als Entschädigung in den Norden des Landes. Auch ein Kriegsschuldeingeständnis der USA fehlt noch. Politisch traf dieser Krieg die USA noch härter, als die gesamten finanziellen Folgen, denn schließlich wurde durch die Niederlage die Position der USA als „Welt - Sheriff“ in Frage gestellt und der Vietnamkrieg ist der einzige Krieg, den die USA bis heute verloren haben, ihr Ruf als unbesiegbare Supermacht stand auf dem Spiel. Doch auch wenn es offensichtlich nur Verlierer in diesem Krieg gab, einige Wirtschaftszweige erhielten durch ihn einen ungeheuren Schub, so zum Beispiel die Rüstungsindustrie, die sich in dieser Zeit prächtig entwickelte und in Amerika bis heute ein immenses wirtschaftliches Potential darstellt. Doch auch die Ölkonzerne wie Shell, Caldex und Esso verdienten Milliarden am Vietnamkrieg. So hat Louis Wessling, der damalige Chef von Shell in Vietnam ein Buch herausgebracht, in dem er nahezu unglaubliche, aber sicher bis heute durchaus gängige Verhältnisse schildert. Laut diesem Buch „Fuelling The War“ (zu deutsch etwa „Wie der Krieg geschmiert wurde“), hat Shell nicht nur die Südvietnamesen und Amerikaner über den legalen Weg mit Öl beliefert, sondern es gelangten auch über den Schwarzmarkt Ölprodukte in den Norden. Da aber ohne Öl alle Maschinen und Fahrzeuge stehen bleiben, wäre der Krieg ohne die illegalen Öllieferungen sicher etwas anders ausgegangen. Um aber eben diesen anzuheizen und damit die Profite zu erhöhen, wurden dann und wann auch mal die Vertreter der sogenannten „Dominotheorie“ unterstützt. So meinte Louis Wessling „ Unsere Hauptaktivität bestand darin, Öl für den Krieg zu liefern. Und da hieß unvermeidbar, an beide Seiten zu liefern. [...] Wir alle (im Shell Management in Vietnam) erkannten, daß Öl - wie Reis - in diesem Krieg lebensnotwendig war ... Aus der Sicht von Shell bestand unsere Pflicht darin, möglichst wenig Öl dem Vietcong zukommen zu lassen, solange dadurch nicht unsere allgemeinen Geschäftsinteressen unterminiert wurden.“ Diese Tatsachen wirken um so erschreckender, wenn man bedenkt, daß sicher auch andere Industriezweige so gehandelt haben und damit einen der grausamsten Kriege unnötig in die Länge zogen.

6. Der Vietnamkrieg im Kalten Krieg

Natürlich könnte man an dieser Stelle fragen, was der Vietnamkrieg mit dem Kalten Krieg zu tun hat, aber immerhin war der gesamte Indochinakonflikt und vor allem die amerikanische Phase ein Kampf von Kapitalismus gegen Kommunismus. Dabei beschränkte sich der Konflikt nicht nur auf Vietnam, sondern es bestand immer die Gefahr, daß sich die Sowjetunion und China in den Konflikt einmischen könnten und somit aus dem Kalten Krieg ein Heißer Krieg geworden wäre. Diesem Risiko waren sich die Amerikaner durchaus bewußt, so vermerkte der US - Kriegsminister McNamara 1966: „Das größte Risiko bei einer Intensivierung der Luftangriffe und einer Verminung der Häfen ist die eventuelle Reaktion der Sowjetunion und Chinas.“ Dabei waren sich die Sowjetunion und China nicht einmal einig, wie man sich im Vietnamkonflikt verhalten solle. Das wurde natürlich von Amerika ausgenutzt und es wurden die beiden Regierungen gegeneinander ausgespielt. Diese Versuche hatten schließlich auch Erfolg und China vertrat ab Mitte der 60er die Meinung, daß die Menschheit zwei Hauptfeinde habe, den US - Imperialismus und den Sozialimperialismus, die UdSSR. Dieser „Bruderzwist“ blieb natürlich nicht ohne Folgen für die Vietnamesen, so mußten die Hilfslieferungen von der UdSSR für Nordvietnam über den weitaus umständlicheren Seeweg geliefert werden, anstatt über chinesisches Territorium. Auch fehlten somit modernere Waffen, die der Warschauer Pakt hätte liefern können. Da nutzte es auch nichts, das die nordvietnamesische Regierung beide Parteien mehrmals aufgerufen hatte, ihre Streitigkeiten einzustellen. Doch obwohl der Konflikt in Vietnam das Interesse Chinas hätte voll auf sich ziehen müssen, wurde eben dieser Krieg in China immer mehr vernachlässigt. So beschrieb ein Korrespondent des Nouvel Observateur 1975 die Situation in China, nachdem die Nordvietnamesen den Süden besiegt hatten:

„1965, als die ersten US - Marineinfanteristen in Da Nang an Land gingen, habe ich in Peking eine dieser Marathon - Demonstrationen miterlebt, die die Solidarität der Chinesen gegenüber den Vietnamesen bekunden sollte - die Demonstration dauerte drei Tage. Selbstverständlich sprechen die Zeitungen heute vom Ereignis. [...] Seltsamerweise stellen in den letzten Wochen in der chinesischen Presse die Berichte über die Siege der Roten Khmer in Kambodscha bei weitem diejenigen über die Siege der Vietnamesen in den Schatten ... Alles läuft so, als ob die alte Parole für den Sieg der vietnamesischen Revolution ersetzt worden wäre durch die Parole >Kambodscha wird siegen<.“

Die UdSSR hingegen steigerte ihre Waffenlieferungen immer mehr. Diese Lieferungen wurden über den Ho Chi Minh Pfad zuerst nur mit Fahrrädern und Schultern, später mit immer moderneren sowjetischen und chinesischen Lastern transportiert. Doch obwohl die amerikanischen Kampfflugzeuge es zeitweise fast schafften den gesamten Verkehr des Pfades lahmzulegen, gaben die Vietnamesen nicht auf und verbesserten die Tarnung des Pfades bis zu Perfektion. Schließlich stellte der Ho Chi Minh Pfad die Lebensader des Vietcong und Nordvietnams dar.

Doch so wenig sich China für den Vietnamkrieg interessierte, dessen Weltanschauung durchgesetzt werden sollte, um so mehr beobachteten die Vertreter der Dominotheorie, sprich die westlichen, kapitalistischen Staaten die Situation.

Diese Theorie wurde von den Amerikanern entwickelt, nachdem diese sich geweigert hatten, das Genfer Abkommen zu unterzeichnen. „Demnach würde ein Sieg der Befreiungskräfte in Vietnam dazu führen, daß in der Region ein Land nach dem anderen - Dominosteinen gleich - dem Kommunismus zufallen würde.“ Das diese Theorie etwas an den Haaren herbeigezogen wirkt, ist nicht verwunderlich, denn immerhin war der Vietnamkrieg ein Krieg zwischen zwei völlig gegensätzlichen Weltanschauungen und dabei waren Gerüchte und wilde Theorien an der Tagesordnung. Allerdings kann man im Nachhinein sagen, das sie ein wenig Wahrheit enthielt. So siegten die Befreiungskräfte nach dem Sieg in Vietnam auch in Kambodscha und Laos.

Trotz dieser Theorie konnten die Amerikaner nicht die Gunst vieler westlicher Staaten, des eigenen Volkes, oder gar der eigenen Soldaten gewinnen.

Doch trotz all dieser Gegensätze hatte der Vietnamkrieg einen guten Aspekt, so unterzeichneten Nixon und Breschnew das Salt - 1 Abkommen, nachdem der Vietnamkrieg beendet war. Dieses Abkommen schränkte den Rüstungswettlauf der beiden Supermächte ein und war somit ein erster wichtiger Schritt zur Beendigung des Kalten Krieges. Man kann also im Nachhinein sagen, daß der Vietnamkrieg zwar eine sehr gefährliche Situation war, in der es leicht zum Krieg der Supermächte USA und Sowjetunion hätte kommen können, er jedoch einen ersten Schritt zur Beendigung eben dieser Gefahr war.

7. Tod in Vietnam

Der Vietnamkrieg ist nur deshalb so interessant, weil er mit seinen Grauen und Greultaten zu den umstrittensten Kriegen der Weltgeschichte gehört. Dabei gingen nicht nur die amerikanischen Soldaten auf der Suche nach verstecken Vietcong - Kämpfern und Verstecken mit ungeheurer Härte vor, sondern auch der Vietcong selbst. Doch exakt diese Vorgehensweise der Weltmacht USA gegen eine kleine Gruppe von Guerillakämpfern, brachte die Öffentlichkeit gegen den Krieg mobil. Dabei spielte es auch eine große Rolle, daß die amerikanische Phase des Indochinakrieges zu den, vor allem durch Fotos und Filme, bestdokumentiertesten Kriegen gehört. Es war die Zeit, wo die modernen Massenmedien und da ist besonders das Fernsehen zu nennen den Krieg bis ins Wohnzimmer brachten. Das sich somit auch die, von der Politik eher ungeliebten Bilder gezeigt nicht verheimlichen ließen, versteht sich von selbst. Dadurch hatte die Bevölkerung zum ersten Mal die Chance, sich selbst ein Bild von der Situation in Indochina zu machen. Natürlich waren dies nicht die Bilder, von regierungstreuen Fotografen und Filmern, sondern sie Arbeiten von engagierten Leuten, die ein realistisches Bild vom Krieg zeichnen wollten, oder einfach nur Menschlichkeit zeigten, und durch die Veröffentlichung ihrer Bilder den Protest mehr oder weniger freiwillig angeheizt hatten.

Einige sehr bekannte Bilder und Aufnahmen, sind auch heute noch Sinnbilder für die

Schrecken von allen Kriegen, denn der Vietnamkrieg war bestimmt nicht der einzige, bei dem Folter und sinnlose Exekutionen an der Tagesordnung waren, er war nur der Krieg, wo solche Bilder erstmals unzensiert veröffentlicht wurden.

Ein Beispiel für solche Berichterstattung entstand während der Tet - Offensive Nordvietnams. Als sich der Vietcong auf dem Rückzug aus Saigon befand, wurde er von südvietnamesischen und amerikanischen Soldaten förmlich zurück in den Dschungel getrieben. Dabei wurde der Vietcong - Kämpfer Ngyuen Van Lem gefangengenommen. Jedoch sollte er vom Saigoner Polizeichef vor laufender Kamera und auf offener Straße erschossen werden. Kurz bevor er abdrückte, drückte auch jemand anderes auf einen Knopf und zwar der Fotograf Eddie Adams auf den Auslöser seines Fotoapparates. Als der Polizeichef seine Arbeit getan hatte, drehte er sich zu Adams um und meinte trocken: „Sie haben viele von euren Leuten getötet und viele von meinen Männern.“

Van Lem hinterließ eine Witwe, die erst durch das entstandene Foto erfuhr, daß ihr Mann tot war. Auch nach dem Krieg hatte sich der Polizeichef nie für seine Tat entschuldigt, selbst nicht, nachdem er in die USA emigriert war.

Ein anderes Beispiel mit einem Happy End war die Bombardierung des Dorfes Tran Wang durch die US - Air Force und zwar mit Napalm am 8.Juni 1972. In diesem Dorf wurde der Vietcong vermutet und er sollte getroffen werden. Jedoch geschah ein unverzeihliches Mißgeschick. Obwohl Captain John Plummer zweimal anfragte, ob noch Zivilisten im Dorf seinen und es beide Male verneint wurde, befanden sich doch Zivilisten im Dorf. Dies erfuhr Plummer, der den Befehl zum Angriff gab aber erst nach Veröffentlichung eines Fotos von Kim Phuc, Kim Phuc, die nach dem Napalmangriff aus ihrem Dorf flüchtet. die damals neun Jahre alt war und mit ihrer Familie in Tran Wang lebte. Dieses Mädchen lief nackt aus ihren brennenden Dorf, zusammen mit einigen anderen Dorfbewohnern und ihrer Mutter. Kims Bruder überlebte den Angriff nicht. Diesmal bestätigte Nick Ut den Auslöser und schuf damit ein Bild, daß heute jeder kennt und sofort mit Vietnam in Verbindung bringt. Nachdem Kim ihre schweren Verbrennungen auskuriert hatte, wurde sie in Vietnam zum Volkshelden, zum Symbol des Widerstandes gegen die Vorgehensweisen der USA. Sie studierte in Kuba und bat 1992 in Kanada, in dem die zu dieser Zeit auf Hochzeitsreise war um Asyl, was ihr auch gewährt wurde. Noch im selben Jahr traf sich Plummer mit ihr, um sie um Verzeihung zu bitten, für einen Fehler, der Jahrzehnte zurücklag und das Leben vom Kim Phuc für immer veränderte. Phuc verzieh Plummer und dieser konnte sich somit endlich der Vorwürfe entledigen, die er sich Jahrzehnte lang gemacht hatte. Denn auch sein Leben wurde durch die Bombardierung verändert, wenn auch nicht so tragisch wie das vom Kim Phuc.

Aber nicht alle, die damals ein Verbrechen begangen, standen dazu oder wollten gar ihre Opfer um Vergebung bitten. So blieben viele Verbrechen verborgen, waren jedoch an der Tagesordnung. So wurde berichtet, das amerikanische Soldaten ihren gefangenen Nordvietnamesen das Herz herausschnitten, ihnen die Köpfe abtrennten, oder bis zum Tode folterten.

Vielleicht befinden sich unter den 50 000 Vietnamveteranen, die nach dem Krieg Selbstmord begingen auch viele, die ihre Taten bis zu ihrem Tode nicht verarbeitet, oder die Schuld, die auf ihren Schultern lastete nicht mehr ertragen haben. Viele von ihnen werden ihre Taten zwar bereut, jedoch nie wie Plummer die Möglichkeit gehabt haben, sich bei ihren Opfern zu entschuldigen. Viele Kriege werden heute nur noch durch die Macht der Bilder oder der Medien gewonnen, da diese ein ungeschöntes Bild des Krieges zeigen, und im Gegensatz zu den Kriegführenden Militärs und Regierungen auch die Mißerfolge der eigenen Armee aufweisen. Der Vietnamkrieg war nur der erste in einer Reihe von folgenden Kriegen, die so Lückenlos mit sehr eindrucksvollen Bildern dokumentiert wurden und somit die Menschen nie vergessen lassen, daß Krieg kein Spiel ist, sondern das der Mensch dabei seine grausamste Seite zum Ausdruck bringt.

8. Anhang

8.1. Interview 29.04. 2000

» Als w ä re man für immer auf H ö lle gebucht « jW-Gespräch mit dem Vietnam-Veteranen David Cline über seine Antikriegsaktivitäten in der US-Armee*** David Cline ist 53 Jahre alt. 1967 kämpfte er in einer Eliteeinheit in Vietnam. Heute ist der Gewerkschaftsaktivist nationaler Koordinator der »Vietnam Veterans Against the War« und Führungsmitglied der »Veterans for Peace«. Er lebt von einer kleinen Versehrtenrente in Jersey City im Bundesstaat New Jersey ***

F: Sie haben in einer Eliteeinheit in Vietnam gekämpft, wurden Kriegsinvalide und führen heute die »Vietnam Veterans Against the War« an. Wie sind Sie aufgewachsen?

Ich wuchs in einer braven christlichen Arbeiterfamilie in einer Kleinstadt in der Nähe von Buffalo, New York, auf. Als Kids sind wir in den 50er bis in die 60er Jahre hinein als typisch amerikanische Weiße groß geworden. Weit weg von irgendeinem Krieg, im Nordosten der USA. Als die Beach Boys bekannt wurden und die Beatles Schnulzen wie »I wanna hold your hand« sangen, drehten wir einfach »I can't get no satisfaction« von den Rolling Stones lauter. Diese Musik entsprach unserem Gefühl, und auf diesem Niveau befand sich unser Bewußtsein. Zeitung lesen war überhaupt kein Thema. Ich schloß 1964, als ich 17 Jahre alt war, die High School ab. Ein rebellischer Lebensstil war damals bereits Mode. Wir mochten den Kinohelden James Dean, der gegen seinen Vater und seine Umgebung aufmüpfig wird, und lehnten John Wayne, den die Älteren aus dem Zweiten Weltkrieg bewunderten, ziemlich ab. Als einfache Jungs hatten wir Lederjacken an, jagten den Mädchen hinterher, tranken Bier, standen auf Rock'n 'Roll und hatten meist einen Job. Und im Januar 1967 flatterte mir der Einberufungsbescheid ins Haus.

F: Hatten Sie keine Angst, in den Krieg zu ziehen, oder wachten mit einem flauen Gefühl im Magen auf?

Als 19jähriger Bursche hattest du doch keine Angst. Wir waren neugierig und unzufrieden.

Mein Großvater und mein Vater waren schon einfache Soldaten in den beiden Weltkriegen gewesen und kehrten unversehrt zurück. Dafür erhielten sie vielerlei Auszeichnungen, und das war offenbar die Belohnung des Vaterlandes dafür, daß sie in Europa für eine gute Sache gekämpft hatten. Den Patriotismus in Frage zu stellen, darauf wären wir nicht gekommen. Er war schlichtweg eine feste Größe und vertrug sich hervorragend mit unserer Lust auf Abenteuer und dem Bedürfnis, mal etwas anderes zu sehen. Vor allem ging es dabei wieder um eine gute Sache. Denn kommunistische Aggressoren hatten schon wieder ein Land überfallen und stahlen den armen Leuten Freiheit und Demokratie. Davon war überall zu hören, und um dagegen etwas zu unternehmen, brauchte uns Amerika. Mein Vater hatte mit der Waffe in der Hand Frankreich befreit! Ich war wirklich neugierig. Die Armee bildete mich zum Schützen und im Guerilla-Nahkampf aus. Wir wurden nach ein paar Wochen über den Pazifik verschifft und ich fand mich Mitte 1967 in Süd-Vietnam als Schütze in der 25. Infanterie- Division wieder. Das eine Jahr Vietnam, dachte ich mir wie viele andere, das wird schnell vorbeigehen und schon glimpflich verlaufen.

F: Ein Pflichtjahr?

Ja. Du wurdest einer Einheit zugeteilt und ein Jahr lang an vielen unterschiedlichen Kampfzonen in Vietnam eingesetzt. »Vietnam-Tour« hieß das. Man wußte nie, wo der nächste Einsatzort sein würde - nach zwei bis drei Wochen Kampfeinsatz am Stück ging es für wenige Tage per Hubschrauber zum Ausruhen an die Basis zurück. Und dann wieder von vorne. Das individuelle Ziel war in kürzester Zeit jedem GI klar: irgendwie zu überleben, bis es vorüber sein würde, und dabei dem Kumpel zu helfen, der im selben Drecksloch wie du hockte. Wer nicht mehr mitmachen wollte und den Einsatz verweigerte, wurde von der Military Police eingelocht und erhielt kurz darauf einen neuen Kampfbefehl.

F: Sind Schilderungen des Vietnam-Kriegs aus Sicht von GIs, zum Beispiel »Apocalypse Now« von Francis Ford Coppola, realistisch?

Das ist einer der besten Filme, wenn nicht der beste überhaupt. Darstellung und Ästhetisierung der Realität sind darin so aufeinander abgestimmt, daß ein schockierender Antikriegsfilm entstand. Ja, wir waren dauernd dreckig und verklebt, konnten uns kaum waschen, schliefen wochenlang nur zwei Stunden mit einer Stunde Unterbrechung zum Wacheschieben, dann wieder schlafen und so weiter. Wegen dem Ungeziefer, das sich einnisten wollte, konnte man im Dschungel keine Unterwäsche tragen. Man war todmüde und fühlte sich in der Hitze und Feuchtigkeit wie Dauerscheiße. Es gab maximal einmal täglich zu essen. Und da waren die Phasen dieser grauenvollen Zeitlosigkeit, so, als wäre man für immer auf Hölle gebucht. Wenn wir in der Basis ausruhten, haben wir sagenhaft viel Pot geraucht, um auf andere Gedanken zu kommen. Ein Heroinproblem gab es in unserer Einheit damals zum Glück noch nicht. Coppolas Film ist Abbildung von Realität: Unsere Einheit wurde irgendwo im Dschungel abgesetzt, dann angegriffen, worauf wir zurückschossen und versuchten, unseren Arsch zu retten. Die Vietcong (*) versuchten, uns so schnell wie möglich auszuschalten, bevor aus der Luft US-Verstärkung kam, die sie wiederum ausgeschaltet hätte.

F: Wurden Sie verwundet?

Das erste Mal während eines Gefechts namens »Horse Shoe«. Wir wurden am Saigon-Fluß abgesetzt, an einer Nachschub-Route der Vietcong. Die Vietnamesen hatten herausbekommen, wann wir ankommen würden und vorsorglich versteckte Betonbunker in Form eines Hufeisens um unseren Landeplatz gebaut. Sie erwischten uns beim Absetzen aus den Helikoptern. Viele von uns starben, und noch mehr wurden verletzt. Wir standen in den Reisfeldern, und ein kleiner Afroamerikaner aus Chicago, dessen Namen ich vergessen habe, steckte in voller Montur im Reisschlamm fest. Die schwere Munition, die er umhatte, drohte ihn nach unten zu ziehen. Das arme Schwein rastete total aus und schrie in Todesangst. Als ich versuchte, ihn herauszuziehen, bekam ich eine Ladung oben links in den Rücken. Die Kugel streifte meine Rippen und trat auf der unteren rechten Rückenseite wieder aus. Das Schießen ging weiter, aber ich erlitt ein Lungenversagen. Die Kameraden hielten mich für tot, brachten mich aber in Sicherheit. Ich erlangte das Bewußtsein wieder und kam in ein Army- Krankenhaus. Schon zwei Monate später schickte mich die Armee zurück zur Kampfeinheit.

F: Kurz nachdem die US-Regierung verkündet hatte, der Sieg sei nahe und man sehe »Licht am Ende des Tunnels«, begann im Februar 1968 die Tet-Offensive. Hatten Sie auf den Kampfplätzen eine Ahnung von der Strategie der vietnamesischen Guerilla?

Wir mußten mehrere Einsätze im sogenannten Eisernen Dreieck, einem »befreiten Gebiet« der Vietcong mit vielen Untergrundtunneln, durchstehen. Es war absolut hirnrissig. Denn unsere Aufgabe war es, dort gegen die wohl verankerten Guerillas der Nationalen

Befreiungsfront vorzugehen. Später sollten wir in einer Provinz bei den Blue- Virgin-Bergen kämpfen, einem Gebiet, das schon seit Jahren »befreit« war und politisch sowie militärisch von den vietnamesischen Linken kontrolliert wurde. Schon gegen die Franzosen hatte die Bevölkerung und ihr Militär hier starken Widerstand geleistet. Jetzt also wir Amis: Wir machten Überfälle, legten Hinterhalte, organisierten Razzien. Manchmal gegen den Vietcong, manchmal gegen reguläre nordvietnamesische Truppen. Wir hatten damals keine Ahnung, in welchem Ausmaß unsere eigene Armeeführung uns verheizte. Die nordvietnamesische Strategie hatte, wie sich erst später herausstellte, darin bestanden, amerikanische Einheiten aus den Städten in den Dschungel zu locken. Und der Vietcong würde dann die Städte einnehmen. Wir irrten quasi im Dschungel herum und fanden plötzlich Grenzmarkierungen, die die Grenze zu Kambodscha darstellten. Genau dort wollten uns die einheimischen Kämpfer haben und aufmischen. Wir hatten nicht die geringste Ahnung.

F: Haben Sie selbst jemanden umgebracht?

Mein letztes Gefecht war am 20. Dezember 1967. An diesem Tag glaubte ich wirklich, mein letztes Stündchen habe geschlagen. Wir befanden uns in einer zerstörten Stellung der Franzosen - rundherum Blindgänger, aktivierte Bomben und Minen. Allen in der Einheit war klar, daß wir mitten in der größten Scheiße abgesetzt worden waren. Plötzlich überrannten uns reguläre nordvietnamesische Truppen. Sie hatten unsere Basis eingenommen, sprengten die Artillerie, und ich und zwei schwarze GIs - einer namens Jameson, der andere Walker - verkrochen uns in Erdlöcher, die sogenannten fox holes, und hofften, daß sie uns nicht finden würden. Schüsse überall, und immer wieder Schreie. Die Guerilla war gut ausgerüstet und hoch motiviert, ihr Land, das jahrzehntelang besetzt war, weiter zu verteidigen und uns rauszuschmeißen. Wir waren die Aggressoren! Es war nachts um zwei mitten in diesem wahnsinnigen Geballer, und ich streckte nur meine Knarre aus dem Loch, in dem ich in Todesangst saß. Plötzlich sehe ich über mir eine AK-47, weiß nicht, ob Freund oder Feind, und der dort oben offenbar ebenfalls nicht. Kurz: wir schießen beide aufeinander, er mir ins rechte Knie und ich ihm in die Brust. Die Kameraden brachten mich schnell in Sicherheit und gaben mir starken Alkohol zum Schmerzlindern. Am nächsten Morgen wurde ich zu »meiner« Leiche gebracht. »Du hast ein Schlitzauge gekillt«, lobte der Sergeant, »gute Arbeit«. Aber das war kein »gook«, wie die rassistische Abwertung auf amerikanisch heißt, sondern ein Bursche in meinem Alter, der da im Schneidersitz, das Gewehr über den Knien, an einen Baumstamm gelehnt war, die tödliche Schußwunde deutlich sichtbar in der Brust. Ein Mensch. Ich hatte ihn umgebracht.

F: Was geht einem durch den Kopf, wenn man sein Mordopfer vor sich hat und der Chef es gut findet?

Der Sergeant wollte, daß ich auf mich stolz bin und auf die Einheit und die ganze Scheiße.

Aber ich fragte mich: Hatte der arme Kerl, der jetzt tot ist, eine Freundin? Wie wird sich seine Mutter fühlen, wenn sie davon erfährt? Ich konnte mein Opfer einfach nicht als Unmenschen betrachten. Später quälte mich die Frage: wieso er und nicht ich? In der Religion eine Antwort zu finden, hatte ich längst aufgegeben. Anfangs hatte ich immer gebetet: Lieber Gott, wende die Kugeln von mir ab und laß mich unversehrt hier rauskommen. Aber er war nicht interessiert daran, mir zu antworten. Unergründliche Wege. Also ließ ich es auch. Zuvor hatte ich übrigens mehrere Verwundungen durch Schrapnell abbekommen. Wenn Leben und Tod so nahe zusammenliegen, weiß man, daß man alleine sterben wird, und niemand wird es verhindern.

F: Welches Feindbild war Ihnen zuvor während der Ausbildung über den Gegner eingebleut worden?

»Gooks« sind sie alle, lautete die Message, egal ob Nord- oder Südvietnamesen. Du kannst den Schlitzaugen nicht trauen, rotierte die Gehirnwäsche-Maschine. Wenn du ihnen in die Hände fällst, schneiden sie dir den Penis ab und stecken ihn dir in den eigenen Mund, bis du daran verblutest und erstickst wie eine Sau. Die Huren in den Puffs seien gerissen, warnten die Ausbilder. So gerissen, daß sie sich Glasscherben in die Vagina stecken, damit der dumme GI, wenn er sie ficken will, sich selbst ungewollt den Schwanz abtrennt. Die Kriegspropaganda über den Feind war im selben Maße rassistisch wie sexistisch. Vietnamesen sind keine Menschen, sondern Bestien, war die Botschaft, und damit schickte die US-Regierung kaum 20jährige Amerikaner auf ein gequältes Volk los.

F: Wann hatten Sie Zeit nachzudenken?

Ich wurde mit meinem durchschossenen Knie nach Japan in ein Armeekrankenhaus transportiert. Dort hatte ich einen Vollgips und fand endlich die Muße zu lesen. In der Bibliothek stieß ich auf ein Buch, das mir die Augen öffnete. Der Autor hatte 1963 bis 1965 als hochrangiger US-Offizier in Vietnam gedient und die südvietnamesische Armee trainiert.

Und er weigerte sich später, diesem Job weiter nachzugehen. Er schrieb über die Verlogenheit der US-Außenpolitik, und daß die USA, wenn sie wirklich Freiheit und Demokratie im Sinne hätten, in Vietnam auf der falschen Seite stehen würden. Er schrieb über die korrupten Landbesitzer des Südens und seine betrügerischen Generäle, die von den USA unterstützt wurden. Gegen sie kämpften arme Bauern, die ihre Ausbeuter und Unterdrücker aus dem In- und Ausland loswerden wollten. Das ergab für mich erstmals Sinn. Denn ich hatte die Waisenheime in Südvietnam gesehen, und wie die Männer, die zu Zuhältern geworden waren, uns ihre Ehefrauen verkaufen wollten. Und von hier aus zur Erkenntnis, daß die Regierung des Südens eine Kreatur der USA war, war es nicht mehr weit. Ich kam zu dem Schluß, daß der Vietcong und die nordvietnamesische Armee die eigentlichen Patrioten und wir nicht Befreier, sondern bloß eine gigantische, arrogante und brutale Besatzungsarmee waren. Nach dem Krankenhausaufenthalt kam ich endlich zurück in die USA.

F: Weshalb hat das Vergessen-Wollen, das vielen Vietnam- Veteranen vor und nach Ihnen nicht glückte, auch bei Ihnen nicht funktioniert?

Viele sind nach der Rückkehr in die Heimat auf der Straße gelandet, in der Mehrzahl Schwarze. Andere haben zu saufen angefangen und sind als Junkies nach ein paar Jahren gestorben. Manche haben jahrelang so getan, als sei nichts passiert, und sind später ausgeflippt. Bei mir erhielt mein ein Jahr jüngerer Bruder Bruce den Einrufungsbefehl just dann, als ich zurückkam. Ich erzählte ihm, daß das, was in Vietnam wirklich los war, ein dicker Haufen Scheiße sei, und Bruce trat einer Kriegsdienstverweigerergruppe bei. Er und ein Freund erhielten sechs Wochen lang in Buffalo Kirchenasyl, bis das FBI sie verhaftete. Etliche Friedensgruppen, darunter viele Vietnam-Veteranen, traten für die beiden ein. Auch von ihnen wurden einige verhaftet. Damals hielt ich, noch offiziell im Armeedienst und wegen meines Knieschadens auf Krücken, meine erste öffentliche Rede gegen den Krieg und gegen die Lügen der Regierung. Ich wollte verhindern, daß mein Bruder und die Tausenden Jüngeren, die ihre Bescheide erhielten, in diesen Wahnsinn gerissen würden. Nichts zu sagen und einfach vergessen zu wollen hätte ich mir nie verziehen.

F: Gab es in der Protestbewegung nicht starke Vorbehalte gegen die zurückgekehrten Soldaten?

Nein, das ist ein Mythos, der heute gern gepflegt wird. Die traditionelle Linke, ein Teil der politisierten Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg und die US-Spanienkämpfer wußten sofort, daß die politische Arbeit in der Armee gegen den Krieg fundamental war, wenn man ihn stoppen wollte. Viel Unterstützung kam von pazifistisch-religiösen Gruppen, von organisierten Soldatenmüttern, den »Mothers strike for peace« und aus Bürgerrechtsgruppen, die die Frage stellten, warum so viele GIs Afroamerikaner waren. Sogar aus der Studentenbewegung wurden uns Sympathien entgegengebracht. Sicher gab es darunter Ultralinke, die zurückgekehrte GIs bespuckten, und elitär denkende College- Kids aus den Mittelschichten, die gegen die dummen GIs ihren Klassenhaß von oben pflegten. Aber das waren Randerscheinungen. Unterm Strich wurde diese vielschichtige Protestbewegung der beste Verbündete von uns jungen Heimkehrern, die der Krieg so ankotzte. Heute wird immer wieder vergessen, daß GIs in ihrer Mehrheit die untere soziale Schicht Amerikas ausmachten: Schwarze, Latinos, Arbeiterklasse und Deklassierte. Es gab darüber hinaus eine generationsbedingte Jugendbewegung, die ihre kulturellen Gemeinsamkeiten mit uns entdeckte: wir hörten zum Beispiel alle Rockïn Roll und kifften. Alle.

F: Woher kamen dann die wirklich beißenden Vorbehalte?

Von der Regierung und ihren Spitzeln sowieso. Die waren überall, aber sie waren erstens schnell ausgemacht, und zweitens war ihre Enttarnung nicht so wichtig, als daß wir ihr Priorität hätten geben müssen. Denn diese Bewegung war riesig, und sie wurde immer größer. Unangenehm waren traditionelle Veteranenverbände aus dem Zweiten Weltkrieg. Als ich vor Schülern sprach, wurde ich ein paarmal übel von Leuten angemacht, die mich als »fuckin' traitor«, als »verfickten Verräter«, bezeichneten, der »besser nach Rußland zurückginge«. Und ich war doch gerade vom Kampf gegen die Kommunisten in Vietnam zurückgekommen. Konservative Vet-Verbände pflegten von uns das Vorurteil, wir seien Weicheier, Wichser, Kommunisten und Drogenabhängige.

F: War das nicht frustrierend und zermürbend?

Vorurteile kannte ich schon vor Vietnam. Ich wuchs damit auf. Wirklich frustriert waren viele aus der Studentenbewegung, weil sie - so ehrlich und vehement sie ihre Botschaft auch vorbrachten - den Krieg nicht stoppen konnten. Viele von ihnen brachten auf einmal Vietcong- Fahnen, Poster von Mao und Ho-Chi-Minh-Plakate mit, und die Weathermen flüchteten sich in Bombenanschläge, statt die Kriegsopposition zu verbreitern und dann zu bündeln. Ja, es gab schwere Rückschläge.

F: Wie sahen konkrete Schritte aus, innerhalb der US-Armee für das Ende des Kriegs zu sorgen?

Ich war nach meiner Rückkehr in Fort Hood in Texas stationiert. Dort nahm ich Verbindung zu einer Untergrundzeitung auf. Damals existierte ein Kaffeehaus- Netzwerk, das die Antikriegsbewegung in vielen Staaten initiiert hatte. Ein ganz normales Café - heute kaum vorstellbar - mit nichtalkoholischen Getränken, buntem Licht und der neuesten Rockmusik mit einem guten Plattenspieler. Kein Polit-Spekakel, sondern ein Platz zum Relaxen, wo schlichtweg eine angenehme Atmosphäre zum Reden, Diskutieren und Lesen herrschte. Wir schrieben und druckten unsere eigene Zeitung namens The Fatigue Press, in der wir ohne »revolutionäre« Phrasendrescherei einfach die Wahrheit über Vietnam und vieles andere schrieben. Soldaten, die ins Café kamen, fragten von sich aus um weitere Infos und Treffpunkte nach. Heute würden wir vielleicht ein revolutionäres Internet-Cafe daraus machen. Das Gespräch führte Max Böhnel, New York (*) Als »Vietcong« (Kürzel für vietnamesischen Kommunisten) wurden im Westen alle gegen die USA und Saigon kämpfenden Vietnamesen apostrophiert

8.2. Quellen

1. Bücher

- Brockhaus: F.A. Brockhaus GmbH, Mannheim, 1986, 18. Auflage:

Band 23 Seite 333 „Vietminh“ ; Seite 340 ff „Vietnamkrieg“

Band 5 Seite 473 „Dien Bien Phu“

Band 8 Seite 296 „Genfer Konferenz“

Band 10 Seite 459 „Indochinakrieg“

Band 5 Seite 600 „Dominotheorie“

Band 7 Seite 592 „Französische Union“ ; Seite 698 „FNL“

Band 16 Seite 546 „Pariser Konferenz“

Band 6 Seite 424 „Entlaubungsmittel“ (Agent Orange)

- Unsere Geschichte Band 3, Wolfgang Hug, Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main, 1991, 2.Auflage, Seite 315

- Wir machen Geschichte 10, Ernst Heinrichs, Bernhard Müller, Jutta Stehling, Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main, 1997, Seite 178, 68ff, 178ff, 183, 201, 151

- Weltgeschichte Band 12, Heinrich Pleticha, Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH, Gütersloh, 1996, Seite 79, 82

- PM - Peter Moosleitners interessantes Magazin, Gruner + Jahr AG & CO; München, August 2000 Seite 84, August 1997 Seite 80ff

2. Internet

- geog.uni-goettingen.de: Heike Hildenbrand „Großer Geländekurs Vietnam Der 2.Vietnamklrieg - Ursachen, Hintergründe, Verlauf und Auswirkungen“

- jungewelt.ipn.de:
- 19.05.00 Hoch die internationale Solidarität
- 18.05.00 Die Ökonomie des Vietnamkrieges
- 17.05.00 Vietnam >>ein großes Mißverständnis<<
- 29.04.00 Wie kann man die Folgen des Vietnamkrieges lindern
- 29.04.00 >>Als wäre man für immer auf Hölle gebucht<<
- 29.04.00 Die Waffen umgedreht
- 20.11.00 Abfuhr für den Präsidenten
- Hausarbeiten.de:
- Maik Brettschneider „Der Vietnamkrieg“
- Nicolai Wirtz „Der Vietnamkrieg“
- Florian Antons „Der Vietnamkrieg“
- Spiegel.de :
- Cordt Schnibben „Showdown im Dschungel“; „Waffen gegen bar“
- Fundus.org:
- Laurenz Nagel „Vietnam War“
- BG Steyr „Vietnamkrieg (USA)“
- Flotzinger Simon „Vietnam War“

3. Microsoft Encarta Enzyclopädie 2001

- „Indochinakrieg“
- „Dien Bien Phu, Schlacht von“
- „Indochinakonferenz“
- „Vietcong“
- „Ho Chi Minh“
- „Le Duc Tho“
- „Diem, Ngo Dinh“
- „Vietminh“
- „Johnson, Lyndon Baines“
- „Kissinger, Henry Alfred“
- „Nixon, Richard Milhous“
- „Vietnam“
- „Vietnamkrieg“
- „My Lai, Massaker von“

4. Fernsehen

- Phoenix, 100 Jahre (Repoprtage), 1968, 1972

Fin de l'extrait de 43 pages

Résumé des informations

Titre
Der Vietnamkrieg
Auteur
Année
2001
Pages
43
N° de catalogue
V102899
ISBN (ebook)
9783640012794
Taille d'un fichier
425 KB
Langue
allemand
Mots clés
Vietnamkrieg
Citation du texte
Alexander Rost (Auteur), 2001, Der Vietnamkrieg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102899

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Titre: Der Vietnamkrieg



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