Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Die wichtigsten außenpolitischen und ökonomischen Entwicklungen Mexikos von 1910 bis
3. Das Freihandelsabkommen NAFTA
3.1. Die Freihandelspolitik der NAFTA
3.2. Die Auswirkungen der NAFTA auf die Entwicklung Mexikos
4. Das Freihandelsabkommen USMCA
4.1. Die Freihandelspolitik des USMCA
4.2. Die Auswirkungen des USMCA auf die Entwicklung Mexikos
5. Der Vergleich der Auswirkungen der NAFTA und des USMCA auf die Entwicklung Mexiko
5.1. Die Vergleichskriterien
5.2. Der Vergleich
6. Schluss
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Sie teilen sich nicht nur einen gemeinsamen Kontinent, sondern auch seit bereits über 25 Jahren eine gemeinsame Freihandelszone. Die Rede ist von den nordamerikanischen Ländern Mexiko, Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika. Fast genauso lange wie diese Freihandelszone existiert wurde sie auch durch das Freihandelsabkommen NAFTA (North American Free Trade Agreement) geregelt. Jedoch sollte sich dies nun mit dem letzten politischen Führungswechsel der USA im Jahre 2017 ändern. Bereits während des Wahlkampfes betitelte der nun amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, das NAFTA als den „schlechtesten Deal aller Zeiten“ (BDI 2020). Es war dort also schon abzusehen, dass sich das Freihandelsabkommen unter seiner Präsidentschaft einer Reform unterziehen werden muss. Das Ergebnis dessen nennt sich USMCA (U.S.-Mexico-Canada Agreement) und stellt das Nachfolgeabkommen des NAFTA dar.
Besonders Mexiko profitierte bislang besonders stark von dem Freihandelsabkommen. Auf dem Weg vom Schwellenland zur Industrienation konnte das Land durch NAFTA schon große Entwicklungsfortschritte verbuchen. Ob sich durch das neue Abkommen USMCA nun etwas an der entwicklungsfördernden Ausgestaltung des Freihandels ändert oder nicht, gilt es nun herauszufinden. Demnach soll sich die vorliegende Arbeit mit der Frage beschäftigen welche Entwicklung Mexiko bereits durch das Freihandelsabkommen NAFTA gelang und inwiefern diese Entwicklung durch das neue Freihandelsabkommen USMCA beeinflusst wird.
Zu diesem Zwecke soll zunächst ein kurzer Überblick über die wichtigsten außenpolitischen und ökonomischen Entwicklungen Mexikos in der Zeit von 1910 bis 1994 gegeben werden, da diese Zeit besonders ausschlaggebend für ein mögliches Freihandelsabkommen war (Kapitel 2). Anschließend soll das sodann beschlossene Abkommen NAFTA hinsichtlich seines Inhalts (Kapitel 3.1) und seiner Entwicklungsfolgen für Mexiko (Kapitel 3.2) Beachtung finden. Das Folgekapitel (Kapitel 4) soll sich in gleicher Weise mit dem Folgeabkommen USMCA beschäftigen, bevor beide dann anhand zuvor festgelegter Kriterien (Kapitel 5.1) miteinander verglichen werden sollen (Kapitel 5.2) um feststellen zu können, inwiefern die Neugestaltung des Abkommens sich auf die weitere Entwicklung Mexikos auswirkt.
2. Die wichtigsten außenpolitischen und ökonomischen Entwicklungen Mexikos von 1910 bis 1994
Das 20. Jahrhundert war ein außerordentlich wichtiges Jahrhundert für die ökonomische Entwicklung Mexikos, denn in dieser Zeit durchlief das Land einige Wendungen, welche großen Einfluss auf die heutige wirtschaftliche Lage Mexikos hatten.
Der 20. November 1910 galt als Auftakt der politisch-gesellschaftlichen Umbruchsphase Mexikos, der Mexikanischen Revolution1 (vgl. Aubert & Müller 1980: 31). Trotz der zu diesem Zeitpunkt hundertjährigen Unabhängigkeit des Landes sowie der scheinbaren Fortschrittlichkeit und Stabilität, gab es aber weiterhin Unruhen aufgrund eines starken Gefälles zwischen Arm und Reich. Diese Unruhen wurden dann auch schließlich zum ausschlaggebenden Punkt für die Mexikanische Revolution innerhalb welcher die diktatorische Regierung gestürzt werden sollte und in deren Nachgang die Demokratie Einzug im Land erhielt (vgl. Gormsen 1995: 50 ff.). Die vollständige politische Demokratisierung vollzog sich jedoch erst im Laufe der 1990er Jahre, bis schließlich im Dezember 2000 zum ersten Mal die PRI (Partido Revolucionario Institucional) als regierende Partei abgesetzt wurde (vgl. ebd.: 55). Die aufständischen Ereignisse der Revolution aber waren zunächst mitunter ein bedeutender Faktor dafür, dass Mexiko im Ausland keine Priorität sah, „weshalb auch nur wenig Interesse daran [bestand], langfristige Perspektiven für die internationale Einbindung des Landes zu entwickeln“ (Birle 2015: 377). Die politische Haltung Mexikos zu dieser Zeit kann auch als „defensiver Nationalismus“ (ebd.) bezeichnet werden.
Von den 1940er Jahren bis in die 1970er Jahre hat die mexikanische Wirtschaft – getragen von Landwirtschaft, Viehzucht, Tourismus und Industrie – vier Jahrzehnte lang eine beeindruckende Entwicklung mit stabilen Wachstumsraten von über sechs Prozent bei geringer Inflation vollzogen, weshalb sich der Begriff des ‘mexikanischen Wunders‘ zur Beschreibung der mexikanischen Wirtschaft in dieser Phase etabliert hat (Reichenbach 2015: 401).
Mexiko entwickelte sich durch den Ausbau wichtiger Wirtschaftszweige in dieser Zeit vom Agrar- zum Industriestaat. Allerdings nahm das Gefälle zwischen Arm und Reich innerhalb des Landes dadurch immer weiter zu, denn nicht alle Landesteile profitierten von der neu aufkommenden wirtschaftlichen Dynamik (vgl. ebd.: 401). Trotzdem befand Mexiko sich weiterhin auf einem Höhenflug und wurde durch die Entdeckung eines riesigen Ölvorkommens während der Ölkrise 1979 zu einem bedeutenden Ölexporteur was dem Land einen enormen Zuwachs an ausländischen Kreditinvestitionen brachte. Jedoch fiel der Ölpreis schon nur zwei Jahre später dramatisch wodurch die Zinsen stiegen und Mexiko seinen Kreditgebern immer schwieriger gerecht werden konnte. In Folge dessen stieg die Auslandsverschuldung und auch die Abwertung der Landeswährung Peso konnte die Situation nicht mehr entschärfen. Im August 1982 musste Mexiko seine Zahlungsunfähigkeit bekannt geben. Was folgte war eine internationale Schuldenkrise (vgl. Boris 1996: 24 ff.).
Durch diese schwere Krise sollte dann der bisherige "nach innen ausgerichtete Wirtschaftsnationalismus“ (Reichenbach 2015: 402) einer radikalen entwicklungsstrategischen Wende in den 1980er Jahren vollzogen werden. Von einer bislang abgeschotteten und binnenmarktorientierten hin zu einer stark liberalisierten und zum Weltmarkt geöffneten Volkswirtschaft (vgl. ebd.: 378). Im Jahr 1986 folgte dann der Beitritt zum Welthandelsabkommen GATT (General Agreement on Tariffs and Trade). Ein besonders wichtiger Schritt für Mexiko, denn das Zoll- und Handelsabkommen setzt sich zum Ziel durch Liberalisierung und Ausweitung des Welthandels, im Besonderen durch einen schrittweisen Zollabbau, den Lebensstandard zu heben sowie eine Vollbeschäftigung in den Mitgliedsländern zu erzielen. Fortan verzichtete Mexiko auf den Großteil, der ansonsten für fast alle Importe geforderten Einfuhrlizenzen und auch die restriktive Gesetzgebung wurde hinsichtlich ausländischer Direktinvestitionen gelockert. Dies führte zu dem Resultat, dass bereits 1991 etwa 2/3 der Volkswirtschaft des Landes für ausländische Investoren vollständig geöffnet war (vgl. Boris 1996: 86).
Mit diesem Kurswechsel änderte sich auch die Haltung gegenüber den USA. Sah man vorher durch die Beziehung zum nördlichen Landesnachbar noch die Souveränität des eigenen Landes gefährdet so erhoffte man sich nun Unterstützung durch Impulse für die eigene wirtschaftliche Entwicklung (vgl. Birle 2015: 382). Daraus resultierte schrittweise eine immer engere Verbündung mit den USA, welche schließlich durch das im Jahre 1994 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen NAFTA (North American Free Trade Agreement), an dem sich zudem auch noch Kanada beteiligte, vorerst ihren Höhepunkt erlangte.
Wie sich dieses Abkommen ausgestaltet und welche Folgen dies für die weitere Entwicklung Mexikos bedeutet soll sodann im folgenden Kapitel (Kapitel 3) näher betrachtet werden.
3. Das Freihandelsabkommen NAFTA
Das North American Free Trade Agreement, kurz NAFTA, bezeichnet das am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Kanadische Welthandelsexperten sehen NAFTA als innovatives Abkommen, das mit dem Tag seines Inkrafttretens, zukünftige multilaterale den Handel betreffende Verhandlungen beeinflusst haben soll (vgl. Lipsey et.al 1994: vii). Das Regelwerk des NAFTA ermöglicht es kleineren Handelsnationen, so wie Mexiko und Kanada, ihren Markt in Anbetracht der global protektionistischen Tendenzen zu expandieren. Wie genau sich dies ausgestaltet soll nun zuerst Beachtung finden (Kapitel 3.1), bevor im direkten Anschluss die durch das Abkommen bedingten Folgen für Mexiko erörtert werden sollen (Kapitel 3.2).
3.1.Die Freihandelspolitik der NAFTA
Das Abkommen, das die kleineren Handelsnationen stärken soll, versucht dies unter anderem durch folgende Bestimmungen (nach Lauth 1993: 173 ff./ Gormsen 1995: 303 ff.):
Zunächst gilt das NAFTA nur für Waren, welche in den drei Vertragsländern Mexiko, USA und Kanada gefertigt wurden. Bei der Fertigung der Waren darf ein Anteil von 7% an Rohstoffen und Materialien aus anderen Regionen nicht überschritten werden, es sei denn die Hauptverarbeitung findet in den Vertragsländern statt.
Mit einem Anteil von 70% werden alle mexikanischen Exporte nach Kanada oder in die USA von Importzöllen befreit. Umgekehrt sieht es etwas anders aus. Exportieren Kanada und die USA nach Mexiko, so werden aus Gründen der Rücksichtnahme auf den Entwicklungsstand Mexikos, nur 40% der Warenexporte von Importzöllen befreit. Ziel war es zu Beginn des Abkommens nach fünf Jahren 65% der gegenseitigen Lieferungen zollfrei stattfinden zu lassen.
Im Bereich der Automobilindustrie werden die mexikanischen Importzölle sofort halbiert. Dies gilt für Kraftfahrzeuge jeglicher Art sowie Autoteile. Hier wurde das Ziel gesetzt die Zölle innerhalb von acht Jahren bidirektional für dreiviertel der Kfz-Lieferungen abzuschaffen.
Ein weiteres Vorhaben des Abkommens, das ebenfalls zeitlich begrenzt wurde, betrifft die Textilindustrie. Innerhalb von zehn Jahren sollen die Einfuhrbegrenzungen für Textilien sukzessiv abgebaut werden. Ebenfalls von einem sukzessiven Abbau der Importrestriktionen über 15 Jahre soll die Landwirtschaft mit ihren Erzeugnissen profitieren.
Infolge der schweren Schuldenkrise der 80er Jahre wurde die mexikanische Erdölförderung für Auslandsinvestitionen geschlossen und soll es auch weiterhin bleiben. Lediglich zu Forschungszwecken sollen Firmen aus Kanada und den USA zugelassen werden.
Die im Bereich der NAFTA stattfindenden Auslandsinvestitionen werden zu weiten Teilen liberalisiert, was bedeutet, dass ausländische Unternehmen, die in einem der Vertragsländer umfangreiche Geschäfte tätigen, den gleichen Schutz wie inländische Firmen genießen. So steht Mexiko mit dem 1. Juli 1995 für Investitionen aus den USA und Kanada im Bereich der Telekommunikation offen.
Des Weiteren soll der Schutz geistigen Eigentums durch beispielsweise Patente oder Urheberrechte weiter gestärkt und ausgebaut werden, um so dem internationalen Standard nach und nach angeglichen zu werden.
Auch der Bankensektor ist im NAFTA bedacht. So können amerikanische und kanadische Banken sofort einen Anteil der mexikanischen Banken in Höhe von 8% übernehmen sowie sich mit bis zu 10% am Finanz- und Börsenmaklergeschäft beteiligen. Es war zu Beginn des Abkommens angedacht, diese Beschränkungen innerhalb der ersten sechs Jahre und somit bis zum Millennium wegfallen zu lassen. Dieses Vorgehen soll auch für Versicherungsgesellschaften vollzogen werden.
Die Hälfte aller Beschaffungen für Regierungs- und Staatsunternehmen sollen in Form von internationalen Ausschreibungen innerhalb des Vertragsgebietes stattfinden. Nach zehn Jahren soll dies sogar für alle Beschaffungen geltend sein.
Außerdem findet auch der Umweltschutz innerhalb des Abkommens Beachtung. Dabei ist jedes der drei Vertragsländer berechtigt Regelungen nach seinen eigenen Bedürfnissen anzuordnen. Dies ist auch dann der Fall, wenn sie über internationale Normen hinausgehen. Jedoch dürfen keine Anordnungen herabgesetzt werden, um das Land für Investitionen attraktiver zu machen. Die 3000km lange Grenze, welche unter teilweise starken Verschmutzungen leidet, soll mittels einer eigens eingerichteten bilateralen Sonderkommission Beachtung finden.
Weitere Restriktionen sollen im Transportwesen abgebaut werden. Hier ist das Ziel bis zum Jahre 1999 sämtliche Lkw der drei Vertragsländer innerhalb des Vertragsgebietes frei fahren zu lassen.
Weitaus weniger liberal soll der grenzüberschreitende Personenverkehr geregelt sein. Dieser wird innerhalb des Abkommens ausdrücklich ausgeschlossen, womit jedem Vertragsland das Recht zukommt seine Migrationspolitik sowie seinen Grenzschutz selbst auszugestalten. Zwischen den USA und Mexiko besteht jedoch die Vereinbarung, dass 5500 Mexikaner jährlich zu beruflichen Zwecken in die Vereinigten Staaten von Amerika bis auf Weiteres einreisen dürfen.
Ausgenommen von diesen grenzüberschreitenden Personenverkehrsregelungen bleibt der Touristenverkehr.
Und schließlich sollen zur friedlichen Auslebung des Abkommens Stellen zur außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten eingerichtet werden. Eine solche Schiedsstelle soll es für den Umweltschutz mit Sitz in Kanada und für den Arbeitsschutz mit Sitz in den USA geben. Der Hauptsitz der NAFTA wird sich mit dem Generalsekretariat in Mexiko wiederfinden.
[...]
1 auch Mexikanischer Bürgerkrieg genannt