Extrait
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2. Célestin Freinet und seine Freinet-Pädagogik
2.1 Eine Biographie zu Célestin Freinet
2.2 Die Freinet-Pädagogik
3. Die Wirkung der Freinet-Pädagogik auf die Schülerinnen
3.1 Besonderheiten der Freinet-Pädagogik
3.2 Sechs Prinzipien nach Teigeler
3.3 Die therapeutische Erfolge der Freinet-Pädagogik
4. Resümee
5. Literaturverzeichnis
Einleitung
In der Regel haben alle Lehrkräfte das Ziel vor Augen, den Unterricht bestmöglich zu gestalten. Dabei wird der Schwerpunkt für das Erreichen dieser Ziele auf die didaktischen und pädagogischen Bereiche gelegt. Freilich wird von den LehrerInnen auch eine fachspezifische Kompetenz und eine Auseinandersetzung mit dem Thema erwartet, um den Unterricht in guter Qualität durchführen zu können. Da sich diese Punkte kompensieren, ist eine Auseinandersetzung des Themas seitens der LehreInnen essentiell. Erfolgt dieser Prozess nicht, kann die erwünschte Qualität des Unterrichtes darunter leiden.
Im Zuge des BM 3„Unterrichten“ besuche ich das Seminar „gute Schule - guter Unterricht“ und möchte aus diesem Grund den Fokus auf die wesentliche Punkte für einen guten Unterricht legen. Da ich bereits eine Ausarbeitung zum Thema „Freinet-Pädagogik als Ansatz für den Fremdsprachenunterricht“ verfasst habe, würde ich nun den Fokus verschärfen und diesmal analysieren, was Célestin Freinet unter dem Terminus Motivation definiert. Dieser Aspekt wurde unwillkürlich gewählt, da die Motivation den Schlüssel zum Lernerfolg bildet, allerdings in den meisten Fällen unter den SchülerInnen fehlt. Dies führt zu keinem produktiven oder auch effektiven Lernprozess.
Aus diesem Grund möchte ich mich genauer mit der Fragestellung beschäftigen „Erzielt die Freinet-Pädagogik mehr Erfolge als der herkömmliche Frontalunterricht?“. Der erste Punkt meiner Hausarbeit beschäftigt sich zunächst mit allgemeinen Informationen zu Célestin Freinet, um einen allgemeinen Überblick zu seiner Reformpädagogik zu kriegen. Im nächsten Kapitel werden die Vorteile der von Freinet angewandten Pädagogik besprochen. Verbunden wird dieser Punkt der Hausarbeit mit der bereits angesprochenen Motivation, die mithilfe der Freinet- Pädagogik erzielt werden kann. Des Weiteren baut sich die Frage auf, auf was die Freinet-Pädagogik ihren Schwerpunkt legt, um nicht zum Scheitern verurteilt zu sein. Beantworten lässt sich diese Fragestellung, indem die Besonderheiten der Freinet-Pädagogik u.a. die vielfältigen psychologischen, therapeutischen und auch pädagogischen Aspekte behandelt werden. Daraus folgend sollen die Prinzipien der Freinet-Klassen erarbeitet werden, woraufhin der Schlussteil folgt. Dieser beinhaltet die aus der Analyse gewonnen Ergebnisse, welche anschließend präsentiert werden.
2. Célestin Freinet und seine Freinet-Pädagogik
2.1 Eine Biographie zu Célestin Freinet
Geboren 1896 in Gars im Südosten Frankreichs, wuchs Celestin Freinet in seiner kleinbürgerlichen Familie auf. Bekannt wurde der Franzose Célestin Freinet durch seine Reformpädagogik, die er später mit seiner Frau Elise Freinet weiterführte. Auch wenn seine Schulzeit nicht von positiven Erfahrungen geprägt war, begann er im Jahre 1912 seine Lehrerausbildung, allerdings wurde er drei Jahre später als französischer Bürger in den Wehrdienst eingeteilt, um im Ersten Weltkrieg seinem Land zu dienen. Wiederum sorgte ein Lungenschuss im nächsten Jahr für das Ende seiner militärischen Laufbahn (Vgl. Jörg 2007, S.93).
Der lange Aufenthalt im Lazarett ließ Freinet über vieles nachdenken, unter anderem auch über die Pädagogik verschiedener Theoretiker, wie z.B. von Rousseau, Pestalozzi, Montaigne, Spencer, William James u.v.m. (Vgl. Jörg 2007, S. 93). Dieser langfristige Genesungsprozess war unter anderem ein Grund, weshalb Freinet zu einem Pazifisten wurde (Vgl. Jörg 1998, S.61f.; 50f.). Parallel dazu bekannte er sich ebenfalls als Laizist (Vgl. Kock 1996, S.29ff.). Freinet begann nach seiner Rekrutierung im Jahre 1920 in Bar-sur-Loup seine erste Anstellung als Lehrer bzw. als Hilfslehrer ohne Examen an und startete dort mit seiner Pädagogik. Die nächsten zwei Jahre nutze er die Zeit, um sein Studium nachzuholen und fortan als richtiger Lehrer agieren zu können (Jörg 2007, S.93).
Im Jahre 1923 erwarb er schließlich die Druckerpresse, um die Texte seiner Schüler zu veröffentlichen, wodurch eine Schülerzeitung entstand. Diese Drucker- presse etablierte sich zum Kernbestandteil seiner Pädagogik. (Kock 2006, S.16) Sein Ziel war es, von Anfang an den Unterricht für seine SchülerInnen ansprechend zu gestalten, und dafür mussten die LehrerInnen zunächst was an sich verändern (Witte-Löffler 1948).
Diese Ambitionen zeigte auch das Kollegium von Célestin Freinet und seine zukünftige Frau, die mit ihm zusammen die Pädagogik gestaltete. Zusammen gründeten sie eine Lehrerkooperative Namens Coopérative de l'Enseignement Laic, die eine Veränderung des Schulwesens von innen durch die Zusammenarbeit der LehrerInnen anstrebte. (Kock 2006, S.10) Im Jahre 1935 eröffnete Freinet mit seiner Frau eine eigene Schule, die École Freinet im Viertel Le Pioulier, welche er dann 1940 zwangsweise schließen musste. Im gleichen Jahr wurde er aufgrund seiner kommunistischen Ansichten verhaftet. Schließlich konnte er nach seiner Entlassung 1945 seine Schule wiedereröffnen. Zwei Kalenderjahre später stieg er aus der kommunistischen Partei Frankreichs aus, der er im Jahr 1926 beigetreten ist. Der Grund war jener, dass die pädagogischen Absichten der Partei mit jenen von Freinet negativ kollidierten. (Teigeler 1995, S.46) Im Alter von 70 Jahren stirbt Célestine Freinet 1966 schließlich als bekannter Reformpädagoge in Vence. (Kock 1996, S.11)
2.2 Die Freinet-Pädagogik
„Der Geist ist keine Scheune, die man füllt, sondern eine Flamme, die man nährt“ (Célestin Freinet), dies ist ein Zitat von Freinet, der der Ideologie nachging, dass Kinder durchaus schon in ihren frühen Phasen als selbstbestimmte und eigenständige Persönlichkeiten betrachtet werden können. Demnach wäre es nicht richtig, ihre Persönlichkeiten als unvollständig zu sehen und sie fürs Erwachsenenalter zu befüllen. Das Kind befindet sich in der Phase, in der es Wissen absorbieren möchte, und den ständigen Drang hat zu lernen und zu erforschen. Somit arbeiten sie selbst an ihrer Entwicklung. Das Ganze wird gefördert mit der Neugierde und den W-Fragen, die eine Freude zum aktiven Lernen beisteuern. Sind die SchülerInnen demotiviert, muss die Lehrkraft nicht die Schüler verändern, sondern seinen Unterricht. (Jörg 2007, S. 93) All dies zeigt, dass Kinder keineswegs von äußeren Instanzen „befüllt“ werden müssen. Und genau diese Selbstständigkeit will Freinet durch seine Reformpädagogik zum Ausdruck bringen. Diese natürliche Technik des Lernens stellt die SchülerInnen in den Mittelpunkt, während LehrerInnen die Hilfsinstanz darstellen. Sie müssen die Interessen und Fähigkeiten der SchülerInnen ergründen und fördern, um ihnen das Forschen und Entdecken zu ermöglichen. (Kock 1996, S.16;18) Ferner verfolgte Freinet politische Ziele, die Jörg in seiner Monographie erläutert:
„Eine Volksschule, was auf französisch „Ecole du peuple“ oder „Ecole populaire“ bedeutet, das war und bleibt Freistes Wunschziel, damit allen Kindern aller Volksschichten ohne Unterschied des Standes die gleichen Ausbildungschancen geboten und dadurch soziale Ungerechtigkeiten abgebaut werden.“ (Jörg 2007, S.94)
3. Die Wirkung der Freinet-Pädagogik auf die SchülerInnen
3.1 Besonderheiten der Freinet-Pädagogik
Die Verifizierung der Aussage, dass Kinder lernen wollen, bildet das grundlegende Ziel der Freinet-Pädagogik. Die Funktionsweise der Freinet-Pädagogik erscheint für den ein oder anderen Außenstehenden recht simpel. Beschäftigt man sich jedoch näher damit oder wendet sie bei den SchülerInnen an, so wird relativ schnell deutlich, dass sie viel komplexer ist, als es ausschaut. Oft wird sie von vielen Lehrkräften, Theoretikern oder auch Pädagogen unterschätzt und stellt eine Form des laissez-faire dar, die nichts weiter als „Stationenlernen“ ist, welches nur schief gehen kann. Die Lektüre von Peter Teigeler namens „Celestin Freinet“ widerspricht dieser Aussage mit jenem Argument, dass die Freinet-Pädagogik zu einem “fröhlichen und zugleich ernsthaften und sinnerfüllten Leben und lernen in Schulklassen” führt (Teigeler 2007, S.114). Diese Position vertrat er, in dem er sich mit der Frage beschäftigte, welcher Indikator dafür sorgt, dass diese Pädagogik funktioniert und mit welcher Psychologie ferner wodurch, sie sich von den anderen ab- hebt. Die positiven Erfolge der Freinet-Klassen, die Teigeler beobachten konnte, veränderten seine Sichtweise und er betrachtete das Ganze aus einer neuen Ebene. Er löste sich von dem Gedanken, dass die Psychologie eine Bereicherung der Pädagogik ist und zu jeder Psychologie gleich noch eine Pädagogik zu entwerfen ist. Der Reformpädagoge entwarf schon eine Pädagogik, die reichlich mit psychologischen, pädagogischen und sogar auch therapeutischen Gedankengut und bedarf somit keiner anderen Pädagogik oder Psychologie. (Teigeler 2007, S.115)
3.2 Sechs Prinzipien der nach Teigeler
Die Freinet-Pädagogik verfolgt vielfältige Grundprinzipien, die das Kind schlussendlich zu einer demokratisch mündigen Person formen sollen. Diese Prinzipien beziehen sich auf das Leben, Arbeit/Selbsttätigkeit, Sinn, Freiheit, Kooperation und Verantwortung. Im Folgenden wird Bezug zu den einzelnen Indikatoren genommen.
Der erste Punkt ist der sogenannte „Bezug zum Leben“ und die damit einhergehende Freiheit. Der Reformpädagoge war der Auffassung, dass eine Schule nur dann funktionstüchtig ist, wenn ein direkter Bezug zum Leben vorhanden ist. Damit ist gemeint, dass ohne das Leben kein Lernmaterial vorhanden sein kann, an dem sich die SchülerInnen bereichern könnten. Da beide in einer Verbindung zueinander stehen, ist der Unterricht im Leben der SchülerInnen sowie auch innerhalb der Klasse präsent. Gerade dieser Aspekt hebt sich von der Denkweise anderer Pädagogen ab. Werden Schule und Leben nicht getrennt, so besteht eine direkte Verbindung. Sie werden als ein Ganzes betrachtet, die zueinander gehören und sich gegenseitig kompensieren. Im Vergleich dazu kann der Frontalunterricht keinen direkten Bezug auf das Leben außerhalb des Unterrichtes herstellen, da innerhalb der Schulmauern nur die Themen besprochen werden, die für den Lehrer entscheidend sind. Dadurch, dass hier keine Verbindung zwischen Unterricht und Leben besteht, fehlt das Interesse der SchülerInnen am Unterricht. Freinet verwendet stattdessen sogenannte Arbeitsateliers, in der das Leben der SchülerInnen in die Schule integriert wird. (Teigeler 2007, S.38ff.).
Es wurde mittlerweile oft erwähnt, dass die selbstständige Arbeit der SchülerInnen von großer Bedeutung ist, denn „die Arbeit wird das Prinzip, der Motor und die Philosophie der volkstümlichen Pädagogik sein. Durch Selbstständigkeit wird aller Bildungserwerb erzielt.“ (Freinet 1979, S.16). Aus diesem Grund zeichnen sich Freinet-Klassen aus Arbeitsateliers aus, in denen die SchülerInnen an ihren individuellen Wochenplänen arbeiten können, ihr Lerntempo selbst bestimmen und das gewünschte Thema bearbeiten.
Der nächste Indikator des Reichtums nach Teigeler ist der „ Sinn “. Damit ist gemeint, dass das Schreiben und Lesen neben Gestik, Sprache und Mimik unbedeutend sind. Diese drei Kompetenzen reichen vollkommen aus, um sich mit einem anderen Individuum zu verständigen. Während herkömmliche Schulen die Beherrschung von Lesen und Schreiben verlangen, suchen die Freinet-Klassen hingegen den Sinn dahinter. Um eine Motivation fürs Lesen und Schreiben zu fördern, nutzte der Reformpädagoge Instrumente, wie zum Beispiel die Druckerei, die Schülerzeitung, Sich-Ausdrücken-Dürfen etc., die für ihn von Beginn an von zentraler Bedeutung waren. Gerade durch diese Werkzeuge wurde den SchülerInnen die Notwendigkeit und der Sinn des Schreibens vermittelt, aber auch selber erkannt. Sie konnten freie Texte oder die Korrespondenz nutzen, um den Sinn zu erkennen. (Teigeler 2007, S.39) Das heißt, dass es den SchülerInnen nicht zwangsweise aufgedrückt wurde, sodass sie es am Ende einfach nur hinnehmen. Im Vergleich zum herkömmlichen Unterricht, schrieben die Schülerinnen der Freinet- Klassen aus eigener Überzeugung und ihre Motivation war anhand der vielen Wandzeitungen, Druckerzeugnisse, Klassen- oder Schulzeitungen unmöglich zu übersehen (Brecht 2019, S.32).
Ferner ist das Prinzip der „ Freiheit “ beim Lernen das A und O für erfolgreiche Lernergebnisse heterogener Gruppen. Um es näher zu erläutern, bedeutet dies, dass Freinet-Klassen mit einigen ausnahmen, ihren Lehrplan selbst bestimmen können. (Kock 1996, S.22) Arbeiten werden im Klassenrat festgelegt und anschließend im Wochenplan festgehalten. Die Masse an Aufzeichnungen oder auch „freien Texten“ sollen das herkömmliche Schulbuch ablösen in seiner starren Form und können der Klasse als Unterrichtsmaterial bereitgestellt werden. Natürlich können die SchülerInnen freiwillig entscheiden, ob sie diese Texte verfassen wollen. Beschrieben wurden die Texte laut Elise Freinet als eine „Offenbarung des Leben selbst“ (Elise Freinet 1985) und führen auch laut Freinet zur „Bekenntnis, Entfaltung, Explosion und Therapie“ (Freinet in Jörg 1981, S.54) Den SchülerInnen soll die Freiheit in Sache Ausdruck gewährt werden. (Brecht 2019, S.33)
Kommen wir nun zum fünften Prinzip, diese nennt sich die „Kooperation Verantwortung“. Célestin Freinet hatte in seiner Schule und Pädagogik keinen Platz für einen Konkurrenzkampf, sondern eher für das gemeinsame Arbeiten. Ersichtlich wird dies an den freien Texten, die die Schüler mithilfe der Druckerpresse auch für die Mitschüler zur Verfügung stellten, so konnte jeder Schüler dem anderen helfen. Dies hatte zu bedeuten, dass das Klassenklima auf Vertrauen basierte, dass die einzelnen SchülerInnen sehr schätzen. (Vgl. Teigeler 2007, S.118)
Das sechste und somit auch letzte Prinzip beschreibt die „Arbeit/Selbsttätig- keit“, die der Klasse durch Ämter stattfindende Klassenversammlungen und Arbeitspläne beigebracht werden. (Vgl. Teigeler 2007, S.119) Ein Beispiel sind die verpflichtenden Berichte und Sitzungen, in denen die Schüler am Ende der Woche oder des Jahres gemeinsam mit der Klasse und den Pädagoginnen über den Wochenplan reden. Dabei ist das Thema dieser Sitzungen die Besprechungen der Ziele. Das Konzept, in denen die LehrerInnen den vorgetragenen Lernstoff abfragen und somit das Thema behandeln, wird hier abgelehnt, da das Lerntempo monoton in puncto Tempo und Niveau ist. Wohingegen der selbstlernende Unterricht in den Freinet Schulen differente Methoden und Tempo anbietet. (Kock 1996, S.22f.)
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- Citation du texte
- Seda Köse (Auteur), 2020, Freinet-Pädagogik. Eine neue Unterrichtsmethode?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1031029
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