Ursachen und Auswirkungen von Diskriminierung in der Sozialen Arbeit

Wie können Sozial Arbeitende Diskriminierung erkennen und ihr entgegenwirken


Hausarbeit, 2021

17 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Soziale Arbeit?

3. Was ist Diskriminierung?
3.1. Formen der Diskriminierung
3.2. Auswirkungen von Diskriminierung

4. Gesetzliche Grundlagen

5. Wie können Sozial Arbeitende der Diskriminierung entgegenwirken?

6. Fazit

7. Ausblick

1. Einleitung

„Das ist ein Schwarzer, natürlich kann er singen und tanzen, alle Schwarzen haben Rhythmus im Blut und sind musikalisch.“ – „Ihr habt das Kinderzimmer blau gestrichen? Ich freue mich, ihr bekommt also einen Sohn.“ – „Eure Tochter ist schon 16 Jahre alt, wie die Zeit vergeht. Und, hat sie schon einen Freund?“ Scheinbar normale Fragen in unserem Alltag. Jeder kennt sie, hat sie so oder so ähnlich schon selbst einmal gestellt oder gestellt bekommen. Geht es hier schon um Diskriminierung? Wir müssen uns zunächst wohl eingestehen, dass wir alle Vorurteile haben. Die Frage ist, wann werden Vorurteile gefährlich? In den folgenden Ausführungen geht es darum, was passiert, wenn aus diesen lapidaren Fragen eine Haltung entsteht, die sich nicht hinterfragen lässt. Schnell werden aus lustiger und vermeintlich nicht so gemeinter Äußerung diskriminierende Handlungen.

In den folgenden Seiten werde ich das Ergebnis meiner Untersuchung zum Thema Diskriminierung in der Sozialen Arbeit darstellen. Gestützt auf der Definition von Hormel/Scherr kann das oben genannte Thema nur fragmentarisch beleuchtet werden, da das Feld der Diskriminierung sehr umfangreich und vielschichtig ist. Zunächst gehe ich darauf ein, was Soziale Arbeit laut Hammerschmidt bedeutet, um deutlich zu machen, dass Sozial Arbeitende unterschiedliche Kompetenzen, wie z.B. Empathie-Fähigkeit besitzen müssen, um den Klient*innen bei der Bewältigung verschiedener Problemlagen unterstützen zu können. Darauf folgt Wendt, er weist daraufhin, dass die Prinzipien der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit Fundamente der Sozialen Arbeit sind. Dann nähern wir uns langsam dem Kern dieser Arbeit, die Definition von Diskriminierung nach Hormel/Scherr. Um die Vielschichtigkeit des Themas deutlich zu machen, gehe ich weiter auf die unterschiedlichen Formen von Diskriminierung ein. Dann stelle ich die Vielschichtigkeit des Themas dar und erläutere die Auswirkungen von Diskriminierung. Scherr untermauert hier die Wichtigkeit des Sensibelseins für Sozial Arbeitende, da Diskriminierung mehr als Formen des direkten und absichtsvollen Sprechens und Handelns von Einzelnen oder Gruppen umfasst. (vgl. Scherr 2016) In diesem Punkt stelle ich zum einen heraus, wie sehr Kinder beinflussbar sind und sich somit die Sozial Arbeitenden fortwährend ihrer Vorbildfunktion bewusst sein müssen. Zum anderen gehe ich auf die dramatischen Auswirkungen von Diskriminierung der LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) – Jugendlichen ein, um die Vielfalt des Themas noch deutlicher hervorzuheben. Um die Menschen genau vor solchen Angriffen zu schützen, gibt es Gesetze. Hier gehe ich auf §1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgestzes (AGG) ein und auf Artikel 2 der Menschenrechte: Verbot von Diskriminierung. Scherr weist darauf hin, dass es nicht ausreicht, individuelle Rechtansprüche auf Diskriminierungsschutz zu gewährleisten, weil dies nicht bedeutet, dass automatisch politisch, rechtlich oder pädagogisch wirksame Maßnahmen gegen Diskriminierung praktiziert werden. (vgl. Scherr 2016) Aus diesem Grund geht es im nächsten Schritt darum, wie Sozial Arbeitende der Diskriminierung entgegenwirken können. Es wird in dieser Frage geklärt, welche Haltungen, welches Wissen, welche Kompetenzen, sowie welche Handlungsstrategien Sozial Arbeitende benötigen, um Diskriminierung zu identifizieren und zu bekämpfen. Besonderes Augenmerk lege ich inhaltlich auf die Genderkompetenzen, da eine Studie aus Berlin gezeigt hat, welche Brisanz dieses Thema für LGBT-Jugendliche hat. Zum Schluss das Fazit, in dem ich die Beantwortung der Frage noch einmal zusammenfasse. Zu guter Letzt der Ausblick, in dem Fritzsche darauf hinweist, dass menschenrechtsbasierter Diskriminierungsschutzes einen Prozess darstellt, der unvollendet ist.

In dieser Arbeit wird zum einen die geschlechtsneutrale Sprachform verwendet. Sperrige Doppelnennungen werden durch ein Sternchen vermieden.

2. Was ist Soziale Arbeit?

Die Soziale Arbeit richtet sich laut Hammerschmidt an Menschen mit Lebensproblemen. In Form einer sozialen Dienstleistung soll diesen auf Grundlage gesellschaftlichen Interesses und sozialstaatlicher Rahmenbedingungen so geholfen werden, dass sie durch die Bewältigung dieser Probleme gesellschaftlichen (Normalitäts-)Anforderungen entsprechen können. (vgl. Hammerschmidt et al. 2017: 13) Zu den gesellschaftlichen (Normalitäts-)Anforderungen von denen Hammerschmidt hier spricht, gehören neben „Hilfe zur Selbsthilfe“ (vgl. SGB I) auch Strategien, um der Diskriminierung, der Adressat*innen mit sozialen Problemen entgegenzuwirken.

Wendt sieht in der Profession der Sozialen Arbeit vor allem drei Aspekte: Zum einen die Förderung des sozialen Wandels, zum anderen Problemlösungen in zwischenmenschlichen Beziehungen und schließlich die Ermächtigung und Befreiung von Menschen, um ihr Wohlbefinden zu heben. Soziale Arbeit greift an den Punkten ein, an denen Menschen interagieren. Dies tut sie unter Nutzung von Theorien menschlichen Verhaltens und sozialer Systeme. Außerdem stellt er fest, dass die Prinzipien der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit Fundamente der Sozialen Arbeit sind. (vgl. Wendt 2017: 26) Eine weitere Aufgabe in der Sozialen Arbeit ist es, Menschen gleiche Teilhabe- und Entwicklungschancen zu ermöglichen, unabhängig ihrer Geschichte oder individueller Merkmale. (vgl. Bretländer et al. 2015: 130)

3. Was ist Diskriminierung?

„Als Diskriminierung gelten gewöhnliche Äußerungen und Handlungen, die sich in herabsetzender oder benachteiligender Absicht gegen Angehörige bestimmter sozialer Gruppen richten.“ (Hormel/Scherr 2010: 7)

Diese Definition von Hormel/Scherr beschreibt die allgemeine Bedeutung von Diskriminierung, die sich auf jeden Lebensbereich anwenden lässt. Der Antidiskriminierungsverband Deutschland differenziert zusätzlich die verschiedenen Gründe für Diskriminierung und benennt diese als (zugeschriebene) ethnische Herkunft, Nationalität, Sprache, Aufenthaltsstatus, Hautfarbe oder äußere Erscheinung, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, sozialer Status, Familienstand, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität. (vgl. Mehrdimensionale Diskriminierung, advd 2009, S.5 zitiert von Schmidt et al. 2014: 47)

Im rechtlichen Sinne bezeichnet Diskriminierung eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer oder mehrerer rechtlich geschützten Diskriminierungsmerkmale ohne einen sachlichen Rechtfertigungsgrund. Dazu gehören auch die von Schmidt aufgeführte Merkmale. (vgl. Kroworsch et al.: 196).

Die verschiedenen Erscheinungsformen der Diskriminierung haben zur Folge, dass sie in einem bestimmten Kontext offen erkennbar sein können oder dass sie in einem anderen Zusammenhang kaum wahrgenommen werden. Manchmal wird sie von Menschen bewusst ausgeübt, ein anderes mal völlig unbeabsichtigt. Sie ist nicht an bestimmte Orte gekoppelt, sondern spielt sich sowohl in der Schule und am Arbeitsplatz ab, als auch im öffentlichen Verkehr oder in Gaststätten. (vgl. Stiftung 2018: 16)

3.1. Formen der Diskriminierung

Um eine Sensibilisierung für Diskriminierung erreichen zu können, ist es wichtig deren verschiedenen Formen zu kennen. Nur so können Sozial Arbeitende diese identifizieren und ihnen entgegenwirken.

Statistischen Diskriminierung

Diese basiert auf Hinzuziehung statistischer Annahmen im Hinblick auf die Bewertung von Individuen oder Gruppen. Beispielsweise werden Hautfarbe oder Geschlecht als Schätzgröße für wichtige Daten, die nicht erhoben wurden, verwendet. Dies spielt insbesondere eine Rolle auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, wenn Eigenschaften, Fähigkeiten und Potenziale von Bewerber*innen auf statistischen Werten beruhen. (vgl. Scherr o.J.)

Organisationelle Diskriminierung

Diese beruht auf einer Bevorzugung von Personen, von denen angenommen wird, dass sie sich besonders gut in die Kultur eines Betriebes einfügen bzw. von der Kundschaft akzeptiert werden. Als Beispiel dient hier die kopftuchtragende Muslima, der eine soziokulturelle Distanz zur Betriebskultur unterstellt wird. (vgl. ebd. o.J.)

Gesellschaftsstrukturelle Diskriminierung

Hierbei handelt es sich um die direkte oder indirekte Benachteiligung von Gruppen oder Individuen, aufgrund etablierter Strukturen in der Gesellschaft. Beispielhaft wird hier das monolinguale Schulsystem genannt, welches sich auf die Bildungschance migrantischer Schüler*innen auswirkt. Weitere gesellschaftliche Bereiche für diese Diskriminierungsform sind Recht, Politik, Bildung und Ökonomie. (vgl. ebd. o.J.)

Institutionelle Diskriminierung

Diese geht nicht von der Haltung bestimmter Menschen aus, sondern beruht auf Strukturen und Verfahrensweisen von Institutionen. Als Beispiel könnte hier eine Hochschule dienen, die die muttersprachlichen Kenntnisse der deutschen Sprache als Norm voraussetzt, ohne Vorkehrungen für fremdsprachige Student*innen zu treffen. (vgl. ebd. o.J.)

Intersektionale Diskriminierung

Diese beschreibt das Zusammenwirken mehrerer Diskriminierungsgründe, bei der ausschließlich die Kombination derselben zur Benachteiligung führt. Dies kann beispielweise auf Arbeitgeber*innen zutreffen, die zwar muslimische Männer und Frauen beschäftigen, aber keine Frauen beschäftigen wollen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen. In der Argumentation könnten solche Arbeitgeber*innen sich darauf berufen, dass sie weder des Geschlechts wegen diskriminieren noch aufgrund der Religion. Hier wird deutlich, dass erst die Kombination beider Merkmale einen Diskriminierungsgrund darstellen. (vgl. Hormel/Scherr 2010: 98)

3.2. Auswirkungen von Diskriminierung

Scherr beschreibt, dass direkte Folgen von Diskriminierung unter anderem abwertende Äußerungen und benachteiligende Handlungen seien. (vgl. Scherr 2016)

„In der sozialwissenschaftlichen Forschung ist jedoch gezeigt worden, dass ein Verständnis von Diskriminierung als Folge von Eigenschaftszuschreibungen und negativen Einstellungen gegenüber Gruppen, die zu abwertenden Äußerungen und benachteiligenden Handlungen führen, unzureichend ist. Diskriminierung umfasst mehr als Formen des direkten und absichtsvollen Sprechens und Handelns von Einzelnen oder Gruppen.“ (Scherr 2016)

Eine negative Auswirkung von Diskriminierung ist in der Beobachtung begründet, dass diese oft schon im Kindesalter beeinflusst wird. Kinder werden in erster Linie von ihren Bezugspersonen, den Medien und ihrem Umfeld geprägt. An ihrem Vorbild erlernen sie das eigene Handeln. Bekommen sie beispielsweise immer wieder ein diskriminierendes Verhalten vorgelebt, oder erleben sie diesbezüglich kein Widerspruchsverhalten der sie prägenden Instanzen, so schlussfolgern sie, dass bestimmte Abwertungen und Ausgrenzungen von Menschen „normal“ seien. So wird schon früh der Glaube verfestigt, es gäbe höherwertige und minderwertige Menschen. Daraus wiederum folgt die Schwierigkeit, Empathie für andere entwickeln zu können. Ein Einstehen gegen Ungerechtigkeiten wird unwahrscheinlicher. Um zivilgesellschaftliche Verantwortung für menschenwürdige und gerechte Verhältnisse übernehmen zu können, sind Empathie und Solidarität jedoch von entscheidender Bedeutung. Kinder werden diese Prägungen später unweigerlich wieder an ihre eigenen Kinder weitergeben. Umso wichtiger ist es für die Sozial Arbeitenden, diese Mechanismen zu erkennen, bewusst zu machen und ihnen entgegen zu wirken. (vgl. Wagner 2009) Exemplarisch sollen an dieser Stelle die Auswirkungen sexueller Ausgrenzung von LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) - Jugendlichen genannt werden. Durch eine heteronormative Sozialisation wird Kindern von klein auf ein bestimmtes männliches und weibliches Rollenverständnis vermittelt. Auch gesellschaftliche Erwartungen drängen zu einem heterosexuellen Lebensentwurf. Schon hier erleben viele Jugendliche der genannten Gruppe Widerstand und Einschüchterung. Die Auswirkungen dieser Spielart der Diskriminierung reichen von Mobbing in der Schule über mangelnde Unterstützung durch Lehrkräfte bis hin zur Diskriminierung durch Schulpersonal, etwa durch abwertende Titulierungen oder Lächerlich machen. Bei vielen führt dies zu psychosozialen Belastungen. Die häufigste davon ist Einsamkeit. Weitere Folgen sind Lernprobleme, Alkohol- und Drogenmissbrauch, psychosomatische Probleme wie Ess- und Schlafstörungen, Angst, Schuldgefühle, Depressionen und Suizidversuche. (vgl. Schmidt et al. 2014: 208-209) Für Menschen, die immer wieder Ungleichbehandlung erleben kann dies zur Resignation führen. Sie fangen an, den Kontakt mit Angehörigen gesellschaftlich dominanter Gruppen zu vermeiden. (vgl. Bretländer et al. 2015: 24)

Für die Sozial Arbeitenden spielen insbesondere die institutionellen Folgen von Diskriminierung eine Rolle, da es innerhalb eines Kollegiums auch zu diskriminierenden Handlungen kommen kann. Bleiben diese unerkannt und unbearbeitet, kann dies zum Beispiel folgende Auswirkungen innerhalb einer Institution haben: Widerstandsverlust und Spaltungstendenzen, die Zerstörung von Solidarität und Zusammenhalt, Entscheidungsblockaden und der Verlust von Kreativität und Innovation, die Durchsetzung des/der "Stärkeren" und damit zur Verhinderung von Kommunikation und Diversität führen, Loyalitätsverlust, innere Kündigung und Demotivation von Mitarbeiter*innen, schlechte Arbeitsergebnisse, Verschlechterung des Gesprächsklimas und Beeinträchtigung der internen und externen Zusammenarbeit. (vgl. Gerdes o. J.)

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Ursachen und Auswirkungen von Diskriminierung in der Sozialen Arbeit
Untertitel
Wie können Sozial Arbeitende Diskriminierung erkennen und ihr entgegenwirken
Hochschule
Hochschule Hannover
Autor
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1032932
ISBN (eBook)
9783346440075
ISBN (Buch)
9783346440082
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ursachen, auswirkungen, diskriminierung, sozialen, arbeit, sozial, arbeitende, Vanessa Baum, Johanniter, Familienzentrum, Hainholzer Hafen
Arbeit zitieren
Vanessa Baum (Autor:in), 2021, Ursachen und Auswirkungen von Diskriminierung in der Sozialen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1032932

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