Risikomanagement in DeFi-Systemen. Eine kritische Betrachtung der Risikosteuerung am Beispiel von Q


Masterarbeit, 2020

94 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Gang der Untersuchung

2. Grundlagen
2.1 Blockchain-Technologie
2.1.1 Bitcoin-Blockchain
2.1.2 Ethereum-Blockchain
2.1.3 Q-Blockchain
2.2 Kryptowährungen
2.2.1 Bitcoin
2.2.2 Stablecoins
2.3 DeFi-System
2.4 Risikobewertungsverfahren
2.4.1 Value-at-Risk
2.4.2 Sensitivitätsanalyse
2.4.3 Korrelation

3. Methodik

4. Risikoprüfung/-beurteilung des Q-DeFi-Systems
4.1 Bewertung der Risikoparameter
4.1.1 Collateralization-Ratio
4.1.2 Liquidation-Ratio
4.1.3 Collateral-Ceiling
4.1.4 Interest-Rates
4.1.5 Liquidation-Fee

6. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit ist dem Themengebiet des Risikomanagements zuzuordnen und beschäftigt sich mit einer kritischen Beurteilung des Decentralized-Finance (DeFi)-Systems der Q-Blockchain. Im Q-DeFi-System kann durch das Hinterlegen eines Assets der Q-Stablecoin, eine eigene Kryptowährung des Systems, generiert werden. Die Analyse fokussiert sich auf die Betrachtung von Risikoparametern, welche die Paritätssicherung des Q-Stablecoins sicherstellen sollen.

Im Rahmen dessen wird überprüft, ob die entwickelten Risikoparameter diesen Zweck erfüllen und wie sie zu einer konstanten und dauerhaften Paritätssicherung des Q-Stablecoins beitragen. Zudem wird der Einfluss der Parameterfestsetzung auf die Systemstabilität untersucht und analysiert, ob weitere Mechanismen zur Stabilitätssicherung beitragen können.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass durch die entwickelten Risikoparameter die Stabilität des Q-Stablecoins gewährleistet ist. Für eine dauerhafte Paritätssicherung ist eine fortlaufende Überprüfung und Anpassung der Parameterwerte notwendig. Zur Stabilitätssicherung des Systems muss eine Feinjustierung der Parameter und weiterer Mechanismen des Q-DeFi-Systems vorgenommen werden.

Bei dem Q-DeFi-System handelt es sich um ein vielversprechendes Projekt, welches sich im DeFi-Sektor etablieren und somit seinen Teil zu einer Unabhängigkeit vom traditionellen, zentralen Finanzsystem beitragen kann.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beispiel einer Blockkette

Abbildung 2: Smart-Contract am Beispiel einer Start-up-Finanzierung

Abbildung 3: Historische Preise BTC (in USD)

Abbildung 4: Klassifizierung der Stablecoins

Abbildung 5: Aufbau eines DeFi-Systems

Abbildung 6: Generierung und Rückzahlung des Stablecoins Q

Abbildung 7: VaR am Beispiel einer normalverteilten Zufallsvariable

Abbildung 8: Vorgehensweise Sensitivitätsanalyse

Abbildung 9: Collateralization-Ratio

Abbildung 10: ETH-Kursverlauf

Abbildung 11: VaR-Verlauf ETH (auf Monatsbasis)

Abbildung 12: Entwicklung Collateralization-Ratio/BTC-Kurs

Abbildung 13: Funktionsweise Liquidation-Ratio

Abbildung 14: ETH-Kurs um den 12.03.2020

Abbildung 15: Liquidation-Events bei ETH (Collateralization-Ratio 200 %)

Abbildung 16: Liquidation-Events bei ETH (Collateralization-Ratio 250 %)

Abbildung 17: Liquidation-Events bei BTC (Collateralization-Ratio 200 %)

Abbildung 18: Liquidation-Event bei BTC (Collateralization-Ratio 250 %)

Abbildung 19: Collateral-Pool bei mehreren Assets

Abbildung 20: Collateral-Pool bei Maker-DAO (Stand: 20.12.2020)

Abbildung 21: Korrelation ETH und BTC

Abbildung 22: Korrelation BTC und Gold

Abbildung 23: Korrelation ETH und Gold (bis Ende Februar 2020)

Abbildung 24: Tokenisierung einer Immobilie

Abbildung 25: Entwicklung DSR, Stability-Fee und DAI im Maker-DAO-System

Abbildung 26: Wechselkurssystem mit festen Bandbreiten

Abbildung 27: Strategiemöglichkeiten des Angreifers während einer Auktion

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiel VaR-Berechnung anhand der historischen Simulation

Tabelle 2: LTV/Collateralization-Ratios im AAVE-DeFi-System (Stand:20.12.2020)

Tabelle 3: VaR-Berechnung ETH (in %)

Tabelle 4: VaR-Berechnung BTC (in %)

Tabelle 5: Liquidation-Threshold/Liquidation-Ratio im AAVE-DeFi-System (Stand: 20.12.2020)

Tabelle 6: Berechnung Liquidation-Event bei ETH

Tabelle 7: Korrelation Kryptoassets zu ausgewählten Indizes

Tabelle 8: Korrelation Assets (01.03.2020 - 30.09.2020)

Tabelle 9: Entwicklung DSR

Tabelle 10: Gewinn Angreifer Auction-Grinding-Attack (ohne Liquidation-Fee)

Tabelle 11: Gewinn Angreifer Auction-Grinding-Attack (mit Liquidation-Fee)

Abkürzungsverzeichnis

BAT Basic-Attention-Token

BNB Binance-Coin

BTC Bitcoin

DApps Decentralized-Applications

DeFi Decentralized-Finance

DPoS Delegated-Proof-of-Stake

DSR DAI-Savings-Rate

ETH Ether

EY Ernst & Young

EZB Europäische Zentralbank

FED Federal Reserve System

LINK Chainlink

LTV Loan-to-Value

MCD Multi-Collateral-DAI

OMG Omise-Go

PAX Paxos-Standard

PoS Proof-of-Stake

PoW Proof-of-Work

REIT Real-Estate-Investment-Trust

SPV Special-Purpose-Vehicle

TUSD True-USD

TVL Total-Value-Locked

UNI UniCoin

USD US-Dollar

USDC USD-Coin

VaR Value-at-Risk

WBTC Wrapped-Bitcoin

YFI Yearn.Finance

ZRX 0x

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Eine Geldeinheit hat die Aufgabe, die folgenden drei Funktionen zu erfüllen: Zunächst dient das Geld als ein Tauschmittel, um die Allokation von Gütern sowie die faire und vorhersehbare Kompensation ebendieser zu gewährleisten. Darüber hinaus erleichtert es durch die Funktion als Recheneinheit die Vergleichbarkeit von Gütern und Dienstleistungen. Zuletzt besteht an das Geld die Anforderung, als Wertspeicher zu dienen.1 2

Durch das bekannte Finanzsystem werden diese Funktionen erfüllt. Das System basiert jedoch auf zentralen, monopolistischen Instanzen. Zu welchen gravierenden Auswirkungen dies führen kann, wurde exemplarisch im Zuge der Weltfinanzkrise 2008 deutlich. Allen voran die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers, die sich durch unzählige Kreditvergaben zur Finanzierung von Immobilien einen Gewinn aus den zu zahlenden Zinsen erhoffte, war ein Katalysator für die darauffolgende Krise. Im Zuge dessen mussten auch in Europa weitere Banken und Unternehmen Konkurs anmelden oder konnten nur durch staatliche Hilfen gerettet werden.3 Einen weiteren gewichtigen Faktor spielte in diesem Zusammenhang die Notenbank der Vereinigten Staaten, das Federal Reserve System (FED), die im Rahmen einer expansiven Geldpolitik den Leitzins innerhalb von zwei Wochen von 4,25 auf 3,0 % senkte.4 Daraus folgend lässt sich sagen, dass durch die Misswirtschaft einiger zentraler Akteure des Finanzsystems eine weltweise Krise entstanden ist, deren Auswirkungen auch noch Jahre später zu spüren waren und sind (bspw. durch die Eurokrise ab dem Jahr 2010).

Ein aktuelles Beispiel, welches die Schwächen der gegenwärtigen Finanzinfrastruktur aufzeigt, liefert der Wirecard-Skandal. Der deutsche Finanzdienstleister Wirecard AG, der bis Ende August noch Mitglied im DAX 30 war, hatte u. a. auf verschiedene Treuhänderkonten 1,9 Milliarden € verbucht, für die es jedoch keinen Nachweis gibt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY), die seit vielen Jahren das Prüfmandat von Wirecard innehatte, testierte die Bilanz des Konzerns stets als korrekt. Positiv testierte Bilanzen gelten dabei als ein Gütesiegel, worauf sich sowohl Banken, Aktionäre als auch die Aufsicht verlassen. Nur durch einen positiven Prüfungsbericht bestand für die Wirecard AG die Möglichkeit, Kredite bei Banken aufzunehmen bzw. weiteres Kapital durch Aktionäre zu erhalten. Erst durch einen Sonderprüfbericht des EY-Konkurrenten KPMG im Juni 2020 wurden Unregelmäßigkeiten in der Wirecard-Bilanz aufgedeckt. Infolgedessen musste der Wirecard-Konzern Insolvenz anmelden, was bei Banken und Investoren zu Abschreibungen in Millionenhöhe führte.5

Daraus folgend wird deutlich, dass die Finanzinfrastruktur darauf aufbaut, dass die zentralen Akteure - (Zentral-)Banken, Regierungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften - als auch die weiteren Teilnehmer des Finanzsystems, wie Unternehmen und Privatpersonen, einander vertrauen. Im Zuge der Finanzkrise und des Wirecard-Skandals wurde allerdings deutlich, dass Fehlentscheidungen weniger zentraler Akteure weitreichende Auswirkungen für Privatpersonen, Unternehmen und Staaten haben können.

Seit Anfang der 1980er-Jahre gab es immer wieder Bestrebungen, ein alternatives Finanzsystem zu schaffen. Das erste Projekt, welches Bekanntheit bei einer breiten Öffentlichkeit erlangte, war die Bitcoin (BTC)6 -Technologie. Am 31. Oktober 2008 wurde sie unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto veröffentlicht. Das Bitcoin-System zeichnet sich durch eine dezentrale Struktur auf Basis einer Blockchain-Technologie aus. Die Technologie ist vollständig offengelegt und daher für jeden potenziellen Teilnehmer einsehbar. Dadurch, dass keine zentrale Instanz existiert (die bspw. über die im Umlauf befindliche Geldmenge entscheidet), ist das Bitcoin-System ein eigenständiges Konstrukt, welches erst durch die Gesamtheit aller Teilnehmer funktioniert.7

Nun stellt sich zwangsläufig die Frage, ob durch die Bitcoin-Technologie die Möglichkeit besteht, eine ernstzunehmende und valide Alternative zum bestehenden Finanzsystem zu schaffen. Das gewichtigste Argument, was gegen eine Nutzung als dauerhaftes, dominantes Zahlungsmittel angeführt werden kann, ist die hohe Preisvolatilität des BTCs. Verstärkt wird dieser Effekt auf Dauer durch die systemische Tatsache, dass die auszugebene Geldmenge auf 21 Millionen BTC-Einheiten beschränkt ist. Ein fixes Angebot trifft somit auf eine variable Nachfrage. Konjunktureffekte und plötzliche Änderungen der Nachfrage können daher zu erheblichen Preisschwankungen führen. Die Volatilität des BTCs wird daher auch von Investoren genutzt, um die Wertschwankungen gewinnbringend auszunutzen.8

Um dieser Problematik Abhilfe zu schaffen, wurden sog. Stablecoins geschaffen. Die Intention ist, eine Kryptowährung zu etablieren, die eine möglichst geringe Volatilität aufweist und somit als eine geeignete digitale Geldeinheit fungieren kann. Eine Möglichkeit besteht darin, die Kryptowährung an eine andere Währung zu „heften“ (engl.: to peg). Hierfür wird oftmals der US-Dollar (USD) gewählt, da dieser international als stabile Werteinheit angesehen wird und das dominante Zahlungsmittel ist.9

Ein bekanntes Beispiel in diesem Zusammenhang stellt das Projekt Maker-DAO dar. Auf Basis der Ethereum-Blockchain und einem DeFi-System, dem sog. Maker-Protokoll, wurde der Stablecoin DAI entwickelt.10 Weitere Beispiele für bekannte Stablecoins sind Tether, der USD-Coin (USDC) oder der True-USD (TUSD).

Anders als bspw. beim BTC, dessen Wertentwicklung über die letzten Jahre starke Schwankungen aufweist und massiv von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, das Vertrauen in das Bitcoin-System und in die Kryptowährungen generell abhängig ist, muss bei einem Stablecoin stets die Parität zur Leitwährung (oder zu einer anderen Benchmark, wie z. B. einem Leitindex) gegeben sein.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Projekt Q. Der Vorteil der Q-Blockchain gegenüber der Ethereum- oder Bitcoin-Blockchain ist neben einer besseren Skalierbarkeit eine durchsetzbare Governance.11 Im Abschnitt 2.1.3 werden diese und weitere Vorteile näher betrachtet. Auf Basis der Q-Blockchain wurde die Native-Application Q-DeFi-System erschaffen, die eine „Decentralized-Borrowing-Platform“ und ein „System-of-Stablecoins“ beinhaltet.12 Um die Parität des Q-Stablecoins zu einer Benchmark - zunächst in Bezug auf die Leitwährung USD - zu gewährleisten, bietet das System verschiedene Mechanismen, die dies gewährleisten sollen.

Derzeit befindet sich das Projekt Q bzw. das Q-DeFi-System noch in der Entwicklungsphase. Daher besteht auch noch keine Erkenntnis darüber, ob die ausgearbeiteten Mechanismen bei einer Markteinführung die Stabilität des Systems und insbesondere die vorgesehene Parität des Q-USD-Stablecoins zum USD gewährleisten können. Gerade im Hinblick auf die erforderliche Reputation des Systems und dem Bereich der Kryptowährungen generell ist jedoch eine einwandfreie Funktionsweise essenziell. Die Funktionsweisen des Systems werden im Laufe der folgenden Abschnitte dezidiert aufgezeigt, worauf auch die Zielsetzung der Ausarbeitung basiert.

1.2 Ziel der Arbeit

Die Arbeit soll zu einer ordnungsgemäßen Funktionalität des Q-DeFi-Systems beitragen. Im Rahmen einer umfassenden Risikoanalyse werden die Mechanismen und Parameter des Risikosteuerungssystems kritisch bewertet. Darüber hinaus werden mögliche Schwachstellen und Angriffspunkte, bspw. durch einen schädlichen Angriff auf die dezentrale Infrastruktur, erörtert. Darauf aufbauend werden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um die Stabilität des vorgestellten Systems zu verbessern.

1.3 Gang der Untersuchung

Zunächst werden die Grundlagen der Blockchain-Technologie und die Funktionsweise von Kryptowährungen - mit einem Schwerpunkt auf Stablecoins - erklärt. Zudem werden das Konzept des DeFi-Systems und die methodisch-theoretischen Grundlagen erläutert.

Im Hauptteil liegt der Fokus der Ausarbeitung auf der Beurteilung der Risikosteuerung des Q-DeFi-Systems und dessen Risikoparametern. Diese werden kritisch beurteilt und um mögliche, sinnvolle Parameter und Mechanismen ergänzt.

Ferner wird auf weitere Risikopotenziale eingegangen, die eher von qualitativer Natur sind. Ein Schwerpunkt liegt auf der dezentralen Struktur des Systems. Des Weiteren wird die Entwicklung des DeFi-Systems im Kontext der politisch-rechtlichen Entwicklung betrachtet. Im Rahmen eines Fazits werden abschließend die Ergebnisse zusammengefasst und diskutiert.

2. Grundlagen

Um einen besseren Einblick zu bekommen, auf welcher Grundlage ein Stablecoin aufgebaut ist, ist es wichtig, sich mit den technischen Voraussetzungen vertraut zu machen. Daher wird zunächst herausgearbeitet, wie die Blockchain-Technologie grundsätzlich funktioniert. Nach einem Einblick in die Funktionsweise der Kryptowährungen, mit einem Fokus auf Stablecoins, wird abschließend das DeFi-System als spezifische Ausgestaltung in der Kryptoökonomie vorgestellt.

2.1 Blockchain-Technologie

Im Oktober 2008 veröffentliche eine anonyme Person oder Organisation mit dem Namen Satoshi Nakamoto ein Whitepaper. Die Absicht des vorgestellten Konzepts war es, eine Möglichkeit zu schaffen, um Geld von einem Sender zu einem Empfänger zu transferieren, ohne dass ein Intermediär involviert ist.13 Die Technologie, die hinter diesem Konzept stand, hatte weit mehr Möglichkeiten als die reine Abwicklung von Finanztransaktionen. Die Technologie erhielt den Namen „Blockchain“.

Um sich die Funktionsweise einer Blockchain besser vorzustellen, kann das folgende Beispiel herangezogen werden:14 Ein Parkhaus in einer Stadt verfügt über 200 Stellplätze. Erreichbar sind diese nur durch eine zentrale Einfahrt, dessen Schranke sich nur öffnet, wenn ein Auto rein- oder rausfahren möchte. Dies hat folgende Auswirkungen:

- Preis: Solang eine Firma das Parkhaus ausschließlich dazu gebaut hat, die Parkflächen zu vermieten und die Instandhaltungskosten allein von der Firma getragen werden, wird der Mietpreis für eine Parkfläche verhältnismäßig hoch sein.
- Sicherheit: Sofern sich Diebe Zugang zum Parkhaus verschaffen, haben sie die Möglichkeit, die Autos zu beschädigen, Reifen zu stehlen etc.
- Limit: Wenn die Anzahl der Autos von 200 auf 300 steigt, wären nicht ausreichend Parkplätze zur Verfügung. Eine andere Firma könnte ein neues Parkhaus bauen.
- Vertrauen: Die Nutzer des Parkhauses vertrauen der Firma, dass die Autos in dem Parkhaus sicher sind und nicht beschädigt werden.
- Zentralisierte Struktur: Da sich alle Autos in einem Parkhaus befinden, kann dies als „zentralisiertes Parken“ betrachtet werden.

Das eben dargestellte Szenario wird nun leicht abgeändert. Eine Stadt verfügt über 200 Häuser, wovon jedes Haus zwei Garagen besitzt. Jeder Hauseigentümer besitzt darüber hinaus ein Auto, sodass eine der beiden vorhandenen Garagen belegt ist. Die zweite Garage kann an Personen vermietet werden. Somit wäre es möglich, dass mehr als 200 Autos einen Parkplatz haben, ohne dass ein weiteres Parkhaus errichtet werden müsste. Die Auswirkungen dieser Darstellung wären:

- Preis: Solang die zweite Garage nicht ausschließlich zur Vermietung gebaut wird und die Instandhaltungskosten gering bleiben, sind die Mietpreise für den zusätzlichen Stellplatz geringer als bei einem zentralen Parkhaus.
- Sicherheit: Jedes Auto ist in einer anderen Garage geparkt. Daher wäre es für Diebe schwer, Zugang zu allen Autos zu erhalten.
- Limit: Wenn sich die Anzahl der Häuser erhöht, steigt auch die Anzahl der zusätzlichen Parkflächen.
- Vertrauen: Es gibt keine zentrale Instanz oder Autorität, der vertraut werden muss. Somit kann angenommen werden, dass sich gewisse Regeln herausbilden, die beim Mieten der Garagen eingehalten werden müssen.
- Dezentralisierte Struktur: Die Parkflächen bzw. Garagen sind über die Stadt verteilt. Daher kann von einem „dezentralisierten Parken“ ausgegangen werden.

Um daraus folgend die Funktionsweise einer Blockchain zu verstehen, können die vorgestellten Annahmen auf die Blockchain-Technologie übertragen werden:

- Das Parkhaus ist eine Art eines zentralisierten Systems.
- Die Autos stehen für Daten und Anwendungen.
- Das verteilte Parken in der gesamten Stadt kann als dezentralisiertes System verstanden werden.

Das charakteristische Merkmal einer Blockchain sind die einzelnen Blöcke. Um in der Analogie des oben genannten Beispiels des dezentralisierten Systems zu bleiben, kann dies wie folgt dargestellt werden: Es kann angenommen werden, dass ein Schloss oder ein Riegel generiert wird, sobald ein Auto in einer Garage geparkt wird. Alle Garagen sind in einer aufsteigenden Reihenfolge nummeriert. Das Schlüssel-Schloss-Paar von Garage 50 referenziert auf dem von Garage 49 und darüber hinaus auf den Eigenschaften des Autos, welches in Garage 50 steht (Farbe, Modell, Kennzeichen etc.). Somit basieren auch alle weiteren Schlüssel-Schloss-Paare auf dieser Systematik. Würde nun eine Person versuchen wollen, sich Zugang zu einer der Garagen zu verschaffen und die Eigenschaften des Autos zu verändern, würde auch ein neues Schlüssel-Schloss-Paar generiert werden. Wie eben beschrieben, würden sich daraufhin auch die Schlüssel-Schloss-Paare der folgenden Garagen verändern.

Die letzte Annahme in diesem Beispiel ist, dass das Berechnen der neuen Schlüssel-Schloss-Paare viel Zeit und Kapazitäten erfordert. Praktisch wäre dieses Vorgehen daher unmöglich. Es wird angenommen, dass sich in diesem dezentralen System die Teilnehmer an gewisse Regeln halten. Eine Regel wäre es, dass fortlaufend überprüft wird, ob die Garagen bzw. das Schlüssel-Schloss-Paar zulässig sind. Wird ein Schlüssel-Schloss-Paar als unzulässig identifiziert, sind somit auch alle weiteren Schlüssel-Schloss-Paare unzulässig. Daher handelt es sich um eine „Kette von Garagen“. Im Kontext der Blockchain wird dies als Chain-of-Blocks bezeichnet und die Schlüssel-Schloss-Paare werden Hashes genannt. Analog zu dem oben genannten Beispiel würde eine Veränderung der Daten eines Blocks zu einer Veränderung des Hashes führen. Eine Veränderung eines beliebigen Hash-Wertes hätte zur Folge, dass auch folgende Hash-Werte verändert werden müssen, was aufgrund der erforderlichen Rechenkapazitäten praktisch unmöglich ist. Die Berechnung der Hash-Werte wird Mining genannt, welches u. a. ein essenzielles Verfahren zur Erstellung von BTCs ist.

Eine weitere wichtige Eigenschaft ist es, dass sich auf allen Computern des Blockchain-Netzwerkes eine Kopie ebendieser befindet. Verändert sich ein Block oder kommt ein weiterer Block zur Blockchain hinzu, wird dieser durch alle Teilnehmer des Netzwerkes mit der eigenen Kopie der Blockchain abgeglichen. Somit würde es schnell auffallen, wenn ein Block verändert worden wäre.15

Das grundlegende Prinzip der Blockchain basiert auf Satoshi Nakamoto und dessen Einführung der Bitcoin-Technologie. Darüber gibt es mit der Ethereum-Plattform einen weiteren Ansatz, die Blockchain-Technologie zu nutzen. Daher soll im Folgenden auf diese beiden Systeme genauer eingegangen werden. Zudem wird auf die Funktionsweise der Q-Blockchain eingegangen, welches die Grundlage für das Q-DeFi-System bildet.

2.1.1 Bitcoin-Blockchain

Die Intention der Bitcoin-Blockchain ist die Erschaffung eines Systems für Finanztransaktionen ohne Notwendigkeit eines Intermediärs. Ausgangspunkt der Überlegung ist, dass das bisherige Finanzsystem in einem großen Maße auf Vertrauen aufbaut. Es ist nicht möglich, Transaktionen zu erstellen, die unumkehrbar sind. Solang die Möglichkeit besteht, Transaktionen zu stornieren oder umzukehren, wird das Vertrauen in einen Intermediär ebenfalls erforderlich sein. Infolgedessen steigen die Transaktionskosten, die erhoben werden, und die Anzahl an Transaktionen, die praktisch durchgeführt werden können, werden limitiert. Aus diesem Grund legt die Bitcoin-Technologie eine Basis für ein elektronisches Bezahlsystem, welches nicht auf Vertrauen, sondern auf kryptographischen Nachweisen basiert.16

Dieser kryptographische Nachweis bzw. der Aufbau der Blockchain ist in Abb. 1 dargestellt. Die Identifikationsnummer bzw. der Hashwert bildet die Referenz eines Blocks. Diese ist abhängig vom genauen Inhalt des Blocks. Somit würde sich bei einer Veränderung der Transaktion oder eines anderen Bestandteils ebenfalls die Identifikationsnummer ändern. Da die Identifikationsnummer des folgenden Blocks immer auf den vorherigen Blocks referenziert, müssen bei einer Modifikation auch alle folgenden Blocks neu berechnet werden. Durch dieses Prinzip wird die Verifizierung der Blockchain gewährleistet und ein einheitlicher Konsens hergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispiel einer Blockkette17

Die aktuelle Version der Blockchain wird bei den Nodes (dt.: Netzwerkknoten) gespeichert. Diese sind repräsentiert durch einen Computer und tragen aktiv zur Dezentralität des Systems bei. Die aktuelle Version des Registers wird dabei als allgemeiner Konsens angesehen. Sie stellt die längste Kette des Systems dar und beinhaltet ausschließlich legitime und aktuelle Informationen.18

Um einen neuen Block zu erstellen, wird nach dem Proof-of-Work (PoW)-Prinzip gearbeitet. Die Nodes - in diesem Fall handelt es sich um sog. Mining-Nodes - probieren solange verschiedene Blockinhalte aus, bis sie zufällig eine Kombination errechnen, die zu einem Block mit einer passenden Identifikationsnummer führt. Durch dieses Trial-and-Error-Verfahren wird im Schnitt alle zehn Minuten ein Block generiert, welcher der bestehenden Blockchain angefügt wird.19

Dieser Prozess zur Generierung von Identifikationsnummern wird Mining genannt. Die Mining-Nodes erhalten für die zur Verfügung gestellte Rechenleistung bei einer erfolgreichen Erstellung eines neuen Blocks eine Entlohnung in BTC. Seit dem Mai 2020 beträgt diese Entlohnung 6,25 BTC.20 Nach ca. 210.000 Blocks (ungefähr alle vier Jahre) wird die Belohnung halbiert. Die maximal ausgegebenen BTC-Einheiten beträgt 21 Millionen. Die letzte BTC-Einheit wird voraussichtlich im Jahr 2140 geschaffen.21

2.1.2 Ethereum-Blockchain

Während die Blockchain für die Bitcoin-Technologie von Beginn an als ein Konzept für eine Währung entwickelt worden ist, bietet die Ethereum-Plattform eine Möglichkeit zur Nutzung sog. Decentralized-Applications (DApps) und Smart-Contracts.

Die Features und Funktionen der Ethereum-Blockchain basieren auf sog. Token. Grundsätzlich können Token bestimmte Assets - wie Kryptowährungen, Rohstoffe, Immobilien, Objekte, Anteile an einem Unternehmen - oder Dienstprogramme (wie die DApps) darstellen. Die Token besitzen keine eigene Blockchain, sondern sind vielmehr auf diese angewiesen.22 Dies ist der zentrale Unterschied zu den Coins wie BTC oder, im Fall der Ethereum-Blockchain, Ether (ETH), welche die originären Währungen der jeweiligen Blockchain sind. Es ist jedoch möglich, sich gegen ETH einen Ethereum-Token zu kaufen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass ein Ethereum-Token eine bestimmte Menge an BTC- bzw. ETH-Einheiten repräsentiert.

Der große Mehrwert der Ethereum-Blockchain liegt darin, dass DApps erstellt werden können. DApps sind dezentrale Anwendungen, die im Rahmen des DeFi-Systems mithilfe eines Tokens auf der Ethereum-Plattform genutzt werden können. Auf das DeFi-System wird in Abschnitt 2.3 dezidiert eingegangen.

Die Ethereum-Blockchain ist so konzipiert worden, dass grundsätzlich jeder Teilnehmer eigene DApps programmieren kann. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die Sicherheit und Funktionalität auch von kleinen und nicht allzu oft genutzten Anwendungen gewährleistet wird. Zudem sollen die Anwendungen untereinander effizient interagieren.23

Dass die Idee der Entwickler der Ethereum-Blockchain angenommen wird, zeigt sich in der Vielzahl bereits entwickelter DApps. Es gibt u. a. bereits Anwendungen im Bereich des Investments (z. B. Brickblock), der Versicherungen (z. B. Etherisc) und dem Digitalen Bezahlen (z. B. Request Network). Auch im Bereich der StableCoins, auf die im Abschnitt 2.2.2 genauer eingegangen wird, gibt es bereits Anwendungen, die auf Basis der Ethereum-Blockchain entwickelt worden sind.

Im Rahmen der Nutzung der DApps bietet Ethereum die Möglichkeit, einen Smart-Contract anzuwenden. Unter einem Smart-Contract werden „geskriptete Abfolgen, welche mindestens ein Resultat an bestimmte Bedingungen und/oder Ereignisse knüpfen, [verstanden]. Der Vollzug dieser Abfolge wird durch die Blockchain, also durch das Register und das Konsensprotokoll, besichert.“24. Die Aktionen, die bei einem entsprechenden Auslöser ausgeführt werden, erfolgen automatisch nach dem „If-When-Prinzip“. Der Smart-Contract stellt eine Art kryptografische „Box“ dar, in der sich ein definierter Wert befindet. Werden bestimmte Bedingungen erfüllt, öffnet sich diese Box.25 Es braucht keine dritte Partei bzw. einen Intermediär, der in die Vertragserstellung und -abwicklung involviert ist.

Abbildung 2 zeigt ein Beispiel zur Verdeutlichung dieser Vorgehensweise. Ein Start-up möchte zur Finanzierung eines Projekts Geld sammeln. Hierfür wird ein Smart-Contract erstellt, in den die Geldgeber einzahlen können. In diesem Smart-Contract ist die Bedingung hinterlegt, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine vorab definierte Summe erreicht werden muss. Ist dies der Fall, führt der Smart-Contract automatisch die Auszahlung des Geldes an das Start-up aus. Wird die erforderliche Summe nicht erreicht, erhalten die Geldgeber ihr Geld zurück. Die Nutzung des Smart-Contracts erfolgt über eine DApp.

[...]


1 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. 11.

2 Vgl. Moin et al. (2019), S. 1.

3 Vgl. Mai (2008), S. 16.

4 Vgl. Mai (2008), S. 16.

5 Vgl. Schäfer (2020), S. 562; vgl. Süddeutsche Zeitung (2020).

6 Nachfolgend wird die Abkürzung BTC in dieser Arbeit verwendet, wenn vom BTC als Kryptowährung die Rede ist. Betrifft es die Beschreibung der Blockchain-Technologie, wird die Bezeichnung ausgeschrieben.

7 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. 65-69.

8 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. S. 255-262; Eine ausführliche Diskussion der Frage, warum BTC (derzeit) nicht als Geldeinheit angesehen werden kann, liefern Berentsen, Schär (2017): S. 243-275.

9 Vgl. Moin et al. (2019), S. 2.

10 Vgl. MakerDAO.

11 Vgl. Project Q (2020a), S. 4 f.

12 Vgl. Project Q (2020a), S. 13.

13 Vgl. Nakamoto (2008), S. 1 f.

14 Vgl. Malhotra (2018).

15 Vgl. Malhotra (2018).

16 Vgl. Nakamoto (2008), S. 1 f.

17 Entnommen aus: Berentsen, Schär (2017), S. 59.

18 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. 59.

19 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. 61.

20 Vgl. BTC Echo (2020).

21 Vgl. Berentsen, Schär (2017), S. 64.

22 Vgl. Blockchainwelt (2019).

23 Vgl. Ethereum Whitepaper (2020).

24 Berentsen, Schär (2017), S. 289.

25 Vgl. Ethereum Whitepaper (2020).

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Risikomanagement in DeFi-Systemen. Eine kritische Betrachtung der Risikosteuerung am Beispiel von Q
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
94
Katalognummer
V1034642
ISBN (eBook)
9783346445537
ISBN (Buch)
9783346445544
Sprache
Deutsch
Schlagworte
risikomanagement, defi-systemen, eine, betrachtung, risikosteuerung, beispiel
Arbeit zitieren
René Löffler (Autor:in), 2020, Risikomanagement in DeFi-Systemen. Eine kritische Betrachtung der Risikosteuerung am Beispiel von Q, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1034642

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Risikomanagement in DeFi-Systemen. Eine kritische Betrachtung der Risikosteuerung am Beispiel von Q



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden