Paul Tillich - Der Mut zum Sein, Kapitel 4


Apuntes (de lección), 2000

3 Páginas


Extracto


Kapitel VI: Mut und Transzendenz - Der Mut sich zu bejahen als sich selbst

Kapitel IV ist als Zusammenfassung bzw. Fazit des Werkes zu sehen. Tillich greift im einleitenden Teil auf das Kapitel II zurück: Sein, Nichtsein und Angst. Der Mut ist die Selbstbejahung des Seienden trotz seines Nichtseins. Der Mut wurzelt in einer Macht, die größer ist als die Macht des eigenen Selbst und die Macht der eigenen Welt = Religion ist der zustand des Ergriffenseins von der Macht des Seins selbst.

Die Macht des Seins als die Quelle des Mutes zum Sein Die mystische Erfahrung und der Mut zum Sein

Wenn Partizipation vorherrscht, hat das Verhältnis zum Sein selbst mystischen Charakter, wenn Individation vorherrscht, hat das Verhältnis zum Sein persönlichen Charakter, wenn beide Pole akzeptiert und transzendiert werden, hat das Verhältnis zum Sein - selbst den Charakter von Religion.

Tillichs Frage ist nun, ob und wie die Mystik eine Quelle des Mutes zum Sein kann. Alle Mystiker ziehen ihre Macht der Selbstbejahung aus der Erfahrung der Macht des Seins selbst, mit der sie geeint sind. Was der endlichen Welt als Selbstverneinung des Mystikers erscheint, ist vom Standpunkt des letzten Seins aus die vollkommenste Selbstbejahung, die radikalste Form des Mutes.

Wer kann das erklären?

In der Kraft dieses Mutes besiegt der Mystiker die Angst des Schicksals und des Todes. Für ihn ist der Tod die Negation dessen, was negativ ist, und die Bejahung dessen, was positiv ist. Auf die gleiche Weise wird die Angst des Zweifels und der Sinnlosigkeit in den mystischen Mut zum Sein hineingenommen.

Der mystische Mut dauert so lange, wie die mystische Situation dauert. Ihre Grenze ist der Zustand der Leere des Seins und Sinnes, von dem die Mystiker Beschreibungen voller Schrecken und Verzweiflung geben. In diesen Augenblicken ist der Mut zum Sein reduziert auf die Annahme sogar dieses Zustands als eines Weges, um durch Dunkelheit sich vorzubereiten für das Licht, durch Leere für die Fülle. So lange die Abwesenheit der Macht des Seins als Verzweiflung empfunden wird, ist es die Macht des Seins, die sich durch Verzweiflung fühlbar macht. Dies zu erfahren und auszuhalten ist der Mut zum Sein des Mystikers im Zustand der Leere!

= Die Erfahrung der Gegenwart der Macht des Seins ist das mystische Element in der Ich - Du - Begegnung mit Gott.

Die göttlich - menschliche Begegnung und der Mut zum Sein

Der Pol der Individuation drückt sich aus in der religiösen Erfahrung der persönlichen Begegnung mit Gott.

Hieraus erwächst der Mut des Vertrauens auf die persönliche Realität, die in der religiösen Erfahrung manifestiert ist. Dieses Verhältnis stellt eine persönliche Teilhabe an der Quelle des Mutes dar. Vertrauen ist aber nur ein Element im Glauben. Der Glaube umfaßt für Tillich sowohl die mystische Partizipation als auch das persönliche Vertrauen. Luther kämpfte für eine unmittelbare Ich - Du - Begegnung zwischen Gott und Mensch. In ihm erreichte der Mut des Vertrauens den höchsten Gipfel. Luther selbst ist erfüllt von diesem Mut. Er leitet den Mut zur Selbstbejahung aus seinem unerschütterlichem Vertrauen zu Gott ab, trotz aller Negationen. Sein Mut des Vertrauens ist ein persönliches Vertrauen, das aus einer Ich - Du - Begegnung mit Gott abgeleitet wird. Der Mut des Vertrauens hat viele Zusicherungen, aber kein unbezweifelbares Fundament. Durch die Reformation wurde es möglich einen persönlichen Kontakt zu Gott zu bekommen, man brauchte die Vermittlung der Kirche nicht mehr, es wurde ein nicht - mystischer Mut zum Sein ermöglicht. Im Mut der Reformation wird der Mut man selbst zu sein sowohl bejaht als auch transzendiert. Er vereint den Mut man selbst zu sein mit dem Mut ein Teil zu sein. Denn der Mut des Vertrauens wurzelt nicht im vertrauen zu sich selbst. Die Reformation lehrt, daß man erst seiner Existenz vertrauen kann, wenn man aufhört, das Vertrauen auf sich selbst zu gründen. Der Mut des Vertrauens basiert allein auf Gott und auf ihn allein, der in einer persönlichen Begegnung erfahren wird.

Schuld und der Mut sich zu bejahen als bejaht

Im Zentrum des protestantischen Mutes des Vertrauens steht der Mut, sich zu bejahen als bejaht, trotz des Bewußtseins der Schuld (Angst der Schuld und der Verdammung) = Mut des Vertrauens. Dieser wurzelt in der persönlichen, totalen und unmittelbaren Gewißheit der göttlichen Vergebung.

Man kann sagen: Der Mut zum Sein ist der Mut, sich anzunehmen als angenommen trotz seiner Unannehmbarkeit.

Dieses bedeutet allerdings nicht, sich selbst in seiner Zufälligkeit zu akzeptieren.

Der Mut zum Sein ist der Mut, die Vergebung der Sünden anzunehmen, als fundamentale Begegnung mit Gott. Selbstannahme ist nicht möglich, wenn man nicht in einer Ich - Du - Begegnung angenommen wird. Es bedarf selbst wenn man persönlich angenommen ist, des Mutes des Vertrauens. Denn Angenommensein heißt nicht, daß die Schuld geleugnet wird. Das Angenommensein durch Gott, sein vergebener oder rechtfertigender Akt ist die einzige und letzte Quelle eines Mutes zum Sein, der die Angst der Schuld und der Verdammn is in sich hineinzunehmen imstande ist. Denn die letzte Macht der Selbstbejahung kann nur die Macht des Seins selbst sein. Der Mut des Vertauens betont die Zuversicht in Gott und verwirft jedes andere Fundament für den Mut zum Sein, weil es in größere Angst und Schuld treibt.

Wer kann das erklären?

Schicksal und der Mut sich zu bejahen als bejaht

Die Überwindung der Angst der Schuld ist die Überwindung der Angst des Schicksals, beide Ängste nimmt der Mut des Vertauen in ich hinein. Er sagt selbst zum Tod: “Trotzdem”. Der volkstümliche Unsterblichkeitsglaube, der das Symbol der Auferstehung ersetzt hat, ist eine Mischung von Mut und Flucht. Er versucht, die Selbstbejahung aufrecht zu erhalten, selbst angesichts des Sterbenmü ssens. Angesichts von diesem ist die Unsterblichkeit der Seele ein kärgliches Symbol des Mutes zum Sein. Der Mut des Sokrates fußte nicht auf der Lehre der Unsterblichkeit der Seele, sondern auf der Bejahung seiner selbst in seinem essentiellen unzerstörbaren Sein. Der Tod kann nur im Mut des Vertrauens hingenommen werden, in dem er aufgehört hat, der Sünde Sold zu sein. Das ist aber der Zustand des Angenommenseins trotz der Unannehbarkeit. Man wird durch den Mut des Vertrauens in die Gemeinschaft mit Gott aufgenommen, die diesem Mut zugrunde liegt. Denn in Gott begegnet man der Quelle der Gnade, die annimmt, was unannehmbar ist.

Der absolute Glaube und der Mut zum Sein

Weder der mystische Mut noch der Mut des Vertrauens erfüllen, laut Tillich, den Sinn von Glauben vollständig. Für ihn ist Glauben das Ergriffensein durch das, was uns unbedingt angeht, den Grund unseres Seins und Sinnes. Der Mut zum Sein ist der Ausdruck des Glaubens. Und was Glaube ist, muß verstanden werden vom Verständnis des Mutes zum Sein aus. Mut ist Selbstbejahung des Seienden trotz der immer gegenwärtigen Drohung des Nichtseins.

Glaube ist die Erfahrung der Macht des Seins - selbst, die einem Seienden den Mut zum Sein gibt. Diese Erfahrung hat paradoxen Charakter, sie ist die Bejahung dessen, daß man bejaht ist und die Selbstbejahung auf Grund dieser Bejahung. Der Glaube ist die existentielle Bejahung von etwas, das alle gegenständliche Erfahrung transzendiert. Er ist der Zustand des Ergriffenseins von der Macht des Seins - selbst, die alles transzendiert und an der alles partizipiert.

Wer von dieser Macht ergriffen ist, kann sich bejahen, weil er weiß, daß er bejaht ist. Das ist der Punkt, wo der mystisch und der Mut des Vertauens eins sind.

Wer sich in einer Umklammerung des Zweifels und der Sinnlosigkeit befindet, kann sich aus dieser Umklammerung nicht selbst befreien; aber er sucht nach einer Antwort, die innerhalb und nicht außerhalb dieser Situation möglich ist. Wenn man nicht versucht, dieser Frage auszuweichen, so gibt es nur eine Antwort, nämlich, daß der Mut, der Verzweiflung ins Angesicht zu sehen, selber Glaube ist und Mut zum Sein, an seiner äußersten Grenze, ausdrückt.

Man bejaht sich, indem man sich bejaht, obwohl man an dem Sinn dieser Bejahung zweifelt. Der Glaube, der den Mut der Verzweiflung möglich macht, ist das Ergriffensein von der Macht des Seins, trotz der Erfahrung des Nichtseins. Der Mensch bejaht, daß er in der Macht des Seins selbst bejaht ist, an der er teilhat und die ihm den Mut gibt, die

Angst von Schicksal und Schuld auf sich zu nehmen.

Der absolute Glaube hat folgende Elemente:

1. Erfahrung der Macht des Seins
2. Abhängigkeit der Erfahrung des Nichtseins von der Erfahrung des Seins und die Abhängigkeit der Erfahrung der Sinnlosigkeit von der Erfahrung des Sinnes
3. Erfahrung des Bejahtseins

Der absolute Glaube transzendiert auch die göttlich - menschliche Begegnung: Der Mut zum Sein ist der Schlüssel zu einer Gottesidee, die beide Typen des Mutes (Mystischer und der des Vertrauens) verbindet.

Der Mut zum Sein als Schlüssel zum Sein selbst Nichtsein erschließt das Sein

Der Mut des Seins zeigt das Wesen des Seins, er zeigt, daß die Selbstbejahung des Seins eine ist, die die Negation überwindet. Das Nichtsein gehört zum Sein, es kann nicht davon getrennt werden. Wenn wir von der Macht des Seins sprechen, so bejaht sich das Sein - selbst sich gegen und durch das Nichtsein. Das Nichtsein erschließt die göttliche Abgeschlossenheit und offenbart ihn als Macht der Liebe. Das Nichtsein macht Gott lebendig. Ohne das Nein, das er in sich selbst und in seinen Geschöpfen überwinden muß, wäre das göttliche Ja zu sich selbst tot. Auch Endlichkeit und Angst gehören zum Sein. Die göttliche Selbstbejahung ist die Macht, die die Selbstbejahung des endlichen Seins, den Mut zum Sein, ermöglicht. Nur weil das Sein - selbst den Charakter der Selbstbejahung hat, ist Mut möglich. Jeder Akt des Mutes ist Manifestation des Seinsgrundes. Der Mut hat offenbarende Kraft, der Mut zum Sein ist der Schlüssel zum Sein selbst.

Die Überwindung des Theismus

Der Inhalt des absoluten Glaubens ist der “Gott über Gott”. Theismus:

1. unspezifizierte Bejahung Gottes: Es wird in diesem Theismus nicht mitgeteilt, was es heißt, wenn der Name Gottes gebraucht wird.
2. Betonung des Ich - Du - Verhältnisses zu Gott
3. Beweise für die Existenz Gottes

Der Gott des Theismus ist nur e i n Sein, nicht das Sein selbst. Theismus ist das Bejahen des Bejahtseins ohne jemand oder etwas, das bejaht. Es ist die Macht des Seins selbst, die bejaht und den Mut zum Sein verleiht. Der “Gott über Gott” kann nicht beschrieben werden.

Der Gott über Gott und der Mut zum Sein

Der Gott über dem Gott des Theismus ist verborgen gegenwärtig in jeder göttlich - menschlichen Beziehung. Das Annehmen des Gottes über dem Gott des Theismus macht uns zu einem Teil dessen, das nicht selbst ein Teil ist, sondern der Grund des Ganzen. Die Macht des Seins handelt durch die Macht des individuellen Selbst. Eine Kirche, die sich in ihrer Botschaft und ihrer Anbetung zu dem Gott über dem Gott des Theismus erhebt, ohne ihre Symbole zu opfern, kann einen Mut vermitteln, der den Zweifel und die Sinnlosigkeit in sich hineinnimmt. Es ist die Kirche unter dem Kreuz. Ein Teil sein in solch einer Kirche heißt einen Mut zum Sein zu empfangen, in dem man sein Selbst nicht verlieren kann und in dem man seine Welt wieder empfängt. Der absolute Glaube ist immer eine Bewegung in, mit und unter anderen Seelenzuständen. Es ist die Situation auf der Grenze der menschlichen Möglichkeiten. Deshalb ist er der Mut der Verzweiflung als auch der Mut in und über jedem Mut. Der Mut zum Sein wurzelt in dem Gott, der erscheint, wenn Gott in der Angst des Zweifels verschwunden ist.

Final del extracto de 3 páginas

Detalles

Título
Paul Tillich - Der Mut zum Sein, Kapitel 4
Universidad
University of Münster
Curso
Proseminar Dogmatik
Autor
Año
2000
Páginas
3
No. de catálogo
V103606
ISBN (Ebook)
9783640019847
Tamaño de fichero
332 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Paul Tillich, Der Mut zum Sein
Citar trabajo
Kirsten Fricke (Autor), 2000, Paul Tillich - Der Mut zum Sein, Kapitel 4, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103606

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