Rechtliche Rahmenbedingungen schulischer Sexualerziehung


Notes (de cours), 1999

7 Pages


Extrait


Rechtliche Rahmenbedingungen schulischer Sexualerziehung

Einführung in die Sexualpädagogik

Dozentin: Renate-Berenike Schmidt Universität Bremen

Fachbereich 12 (Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften) WS 1998/99

Referierender: Michael Haß

Quelle: Richtlinien und Lehrpläne zur Sexualerziehung (Hg.: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln `95)

03.Oktober 1968: Ständige Konferenz der Kultusminister (KMK) als höchstes repräsentatives Organ westdeutscher Bildungspolitik veröffentlicht “Empfehlungen zur geschlechtlichen erziehung in der Schule” - Meilenstein in der Sexualerziehung, da Sexualität erstmals amtlich aus dem Zwielicht von Verdrängung und Lustfeindlichkeit geholt wird - kein Fach aus Verantwortung entlassen (z.B. nur Bio/Religion), obwohl viele LehrerInnen ihren Unterrichtsgegenstand damit nicht in Berührung gebracht sehen wollten

Inhaltlicher Vergleich der Richtlinien/Lehrpläne zur Sexualerziehung in den einzelnen Bundesländern anhand der Passagen über Jugendsexualität, Selbstbefriedigung, Empfängnisverhütung, Homosexualität, AIDS sowie sexuellen Mißbrauch:

Baden-Württemberg

* “Richtlinien zur Familien- und Geschlechtserziehung”

- Bezeichnung bereits auf Familie ausgelegt

* Platz der Sexualität i.d.Regel in der Ehe

* zurückhaltender Umgang mit Jugendsexualität (Rede von Freundschaft, die in feste Beziehung, Ehe, Familie mündet)

* keine Erwähnung der Selbstbefriedigung

* aufgrund BVG-Urteil (28.05.`93) verstärkte Behandlung des Schwangerschaftsabbruchs neben Verhütung

* besonderes Gewicht auf Schutz ungeborenen Lebens

* Homosexualität soll nicht thematisiert werden (!)

* Infektionswege & Prävention von AIDS, Umgang mit HIV-Positiven

* Mißbrauchsschutz in Kl. 1+2 - verharmlosende, wenig realitätsnahe Aspekte (“Mißbrauch von Zärtlichkeitsformen durch falsche Kinderfreunde”), für Gy nicht vorgesehen

Bayern

* Hauptziel der Sexualerziehung: Förderung von Ehe und Familie (allg. Zuordnung der Sexualität in die Ehe) - Akzeptanz jugendl. Sexualität nicht explizit auffindbar (Verweis auf Probleme verfrühter sexueller Betätigung)

* keine Ansprache der Selbstbefriedigung

* Verhütung könnte in den Bereichen “verantwortete Elternschaft” / “Familienplanung” (nur Gy!) enthalten sein

* “Probleme des Schwangerschaftsabbruchs” aufgrund neuer Gesetzeslage gestrichen - durch Bekanntmachung des Bay.

Staatsministeriums (Sept. `93) Betonung auf Schutz des ungeborenen Lebens + Hinweis auf Hilfen für Schwangere

* nach BVG-Urteil Behandlung aller Inhalte im Sekundarschulbereich eine Jahrgangsstufe früher

* Homosexualität als Unterrichtsinhalt wertneutral

* AIDS ausführlich behandelt (vor allem Verantwortungsbewußtsein + Treue zum Partner)

* Mißbrauch: “Warnung vor sogenannten Kinderfreunden”

Berlin

* Jugendsexualität ausdrücklich für Kl. 7 vorgesehen (verantwortl. Verhalten in ehelicher + vorehelicher Partnerschaft)

* explizite Erwähnung des Lustaspekts

* dem Thema Selbstbefriedigung “darf der Lehrer nicht aus dem Weg gehen”

* Verhütung in Kl. 7, Abbruch von Schwangerschaften nicht als Unterrichtsinhalt angegeben, ebensowenig AIDS-

Prävention

* Aufforderung zum Abbau von Vorurteilen gegen homosexuelle Lebensweisen - lt. Rundbrief d. Senatsverwaltung

können VertreterInnen von Lesben- und Schwulenorg. in den Schulen dazu Beitrag leisten

* `93er-Rundbrief geht auf Problematik des sex. Mißbrauchs ein

Brandenburg

* keine eigenen Richtlinien, Regelung durch einzelen Fachlehrpläne

* Akzeptanz jugendl. Sexualität (Lehrpl. Bio & Pol. Bildung)

* Sexualität als zum Wesen des Menschen gehörend, Bezug u.a. auf Lustaspekt

* selbstverst. Platz für Selbstbefriedigung,

homosexuelle Beziehungen, Abbruchs-Problematik, Prostitution, AIDS

(zusätzl. Ministeriums-Rundschreiben: präventive Ansätze + humaner Umgang mit HIV-Infizierten)

* Verhütung Kl. 5/6 (spricht für GV als jugendl.

Realität)

* Schutz vor Mißbrauch: vorsichtig in Kl. 5/6, ausdrücklich in 9/10

Bremen

* Ziele der Richtlinien: Bejahung menschl. Sexualität, Freiheit zu sittl. Entscheidung, Bewußtsein über Grenzen dieser

Freiheit (Verantw. vor sich selbst, vor Partner, Familie, werdendem Leben)

* Akzeptanz jugendl. Sexualität (herauszulesen aus Bio -Lehrp. Kl . 5)

* Pubertät: “keine Schuldgefühle bei Reaktionen des eigenen Körpers”

* Selbstbefriedigung wird behandelt, dazu voerehel. GV + Petting (wie Verhütung erst in Kl. 9/10)

* Themenkatalog umfaßt auch AIDS,

Schwangerschaftsabbruch, Partnersch. anstelle der Ehe, Anerkennung von

Homosexualität

* sex. Mißbrauch: Elternmerkheft

Hamburg

* Sexualität als wesentl. Lebensäußerung + wichtiges Bedürfnis in allen Lebensphasen; Hervorhebung des Lustaspekts

* deutliche Akzeptanz kindl./jugendl. Sexualität (Grundschule mit Schwerpunkt kindl. Sexualverhalten)

* Selbstbefriedigung ab Kl .7 (mögl. bereits in Grundschule)

* Verhütung ab Kl. 5 verbindlich auf Lehrplan, breiter Raum für Thema “ungewollte Schwangerschaften”

* Gleichwertigkeit homo-/heterosexueller Beziehungen

* vor Besprechung von AIDS: lust-/liebevolle Aspekte sex. Erlebens inkl. realist. Angstabbau und Stärkung des Verantwortungsbewußtseins

*alle für BZgA-Analyse gewählten Aspekte ausführlich berücksichtigt - bundesweit progressivste Richtlinien

Hessen

* Akzeptanz von jugendl. Sexualität nicht feststellbar, auch wenn “Formen des jugendl. Sexualverhaltens” ohne

Wertungshinweis für SEK I vorgesehen sind (ebenso Selbstbefriedigung)

* vorrangig Einbindung der Sexualität in die Ehe (Liebe als Basis für zwischenmenschliche, damit auch sex. Beziehungen)

* Verhütung / Abbruch ohne nähere Bestimmung für Kl. 7-10 geplant

Homosexualität in SEK I, jedoch am Ende der

Themenliste (keine Ableitung als gleichwertige Lebensweise möglich)

* keine BZgA-Angaben zu AIDS

* “Prävention von sexuellem Mißbrauch” (Grundschule, Kl. 5/6) wirkt verharmlosend (“mögliches sex. Verhalten von Erwachsenen und älteren Jugendl. gegenüber Kindern und eventuelle Gefahren”)

Mecklenburg-Vorpommern

* keine eigenständigen Richtlinien

* Akzeptanz jugendl. Sexualität nicht erkennbar

* “jugendl. Sexualverhalten” in Kl. 8, aber nur im Kontext von Problemen

* Selbstbefriedigung + Petting nicht erwähnt

* Verhütung in Kl. 5 (Koppelung an Familienplanung - GV-Akzeptanz vorrangig in der Ehe)

* Homosexualität nur in Kl. 8 (Hauptschule) bzw.

Wahlunterricht ab Kl. 8 Gy (evtl. Anerkennung unter “Akzeptanz und Toleranz im Umgang mit ‘Außenseitern’” - nur im Wahlunterricht)

* AIDS kein eigenständiger Unterrichtsinhalt, lediglich als Begründung für Notwendigkeit von “Gesundheits- und

Sexualerziehung” angegeben

* sex. Mißbrauch nicht mal undeutlich formuliert vorzufinden

Niedersachsen

* Lehrpläne gehen hinter die `69er-Richtlinien zurück, die noch “Befriedigung der Lust” als sex. Bedeutung auswiesen

* jugendl. Sexualverhalten, Selbstbefriedigung, vorehelicher Sex nur in Religionslehrplänen (Oberbegriff: “Katholische Moral”)

* Jugendsexualität problematisiert, “verfrühte

Sexualität” + “seelische Belastungen” in einem Zug

* andere Partnerschaftsformen als Ehe unter “Gegenmodelle zur Ehe”

* Verhütung in Kl. 9 unter “kath. Sexualmoral”, in Bio Kl. 9/10

* keine Nennung von Homosexualität (!)

* “Empfehlungsschreiben” des Kultusmin. spricht sex. Mißbrauch + AIDS an, jedoch nicht in Richtlinien oder Lehrplänen

Nordrhein-Westfalen

* vage Akzeptanz jugendl. Sexualität

* keine Stellungnahme zu Selbstbefriedigung,

Schwangerschaftsabbruch und sex. Mißbrauch inkl.

Prävention

* Verhütung erst in Kl. 9/10, ebenso Schwerpunkt der “AIDS-Aufklärung”

* Homosexualität unter Berücks. sozialer Aspekte - Abbau von Vorurteilen

Rheinland-Pfalz

* jugendl. Sexualität: Hinweis auf mit frühen

Sexualbeziehungen verbundene Probleme (Enthaltsamkeit, Petting, Selbstbefriedigung als genannte Formen)

* Selbstbefriedigung mit Hinweis auf mögliche Gefahr psychischer Störungen, die bei “dauerhaft ausschließlich auf den eigenen Körper konzentrierten Sexualität entstehen können”

* Verhütung in Kl. 7-10

* Maß an Toleranz gegenüber abweichenden

Einstellungen, die Gesellsch. nicht in Frage stellen (z.B. Homosexualität)

* AIDS: Wissen um Ansteckungsris iken, Vermeidung von Ausgrenzung HIV-Positiver - Infektionsschutz: feste Partnerschaft mit Treue sowie

“Selbstbeherrschung”

* Mißbrauch: “Warnung vor sogenannten Kinderfreunden” als Aufgabe schulischer + elterlicher Sexualerziehung

Saarland

* Akzeptanz jugendl. Sexualität: “Geschlechtlichkeit und Körperkontakte” (Kl. 5/6) , “Zärtlichkeit, Lust und Liebe” und “Empfängnisverhütung” in Kl. 7/8

* Selbstbefriedigung nicht thematisiert

* ausdr. Forderung zum Vorurteilsabbau gegen Homosexuelle

* AIDS ohne weiteren Angaben erwähnt

* sex. Mißbrauch explizit für Grundschule

Sachsen

* keine eigenständigen Richtlinien - Lehrpl. der betr. Fächer

* kein explizites Auffinden von Jugendsex-Akzeptanz

* Selbstbefriedigung als Unt.-Thema nicht aufgeführt

* Verhütung in Kl. 8

* Homosexualität ohne erkennbare Wertung im SEK I-Lehrpl.

* in Kl. 2 + 4 bereits Aufzeigen von

Geschlechtskrankheiten, AIDS und “abnormem Sexualverhalten von Jugendlichen und Erwachsenen” - evtl.

Verunsicherung/Verängstigung bei mangelnder

Hervorhebung der lustvollen, pos. Seiten

Sachsen-Anhalt

* jugendl. Sexualität im Lehrpl. ohne Wertung

* Richtlinien weisen biologistisch-bürokratischen

Sprachgebrauch auf (Begattung, Masturbation, Hygiene der

Geschlechtsorgane) - Eindruck vorsichtiger

Zurückhaltung (“einige Kenntnisse über Schwangerschaft + Geburt,” evtl. etwas über Befruchtung in Grundschule)

* Verhütung in Kl. 8

* Homosexualität im Kontext alternativer emotionaler, sozialer und sex. Beziehungen, die nicht tabuisiert / diskriminiert werden dürfen

* AIDS und Mißbrauch suggerieren eher Bedrohlichkeit, da kein Zusammenhang zu lustvollen Aspekten

Schleswig-Holstein

* Jugendsexualität ohne erkennbare Wertung

* Selbstbefriedigung nicht genannt

* Verhütung in Sekundarstufe

* andere Lebensformen (z.B. Alleinerziehende) finden Erwähnung, Homosexualität nicht (!)

* AIDS und Abbruch nicht thematisiert (!)

* sex. Mißbrauch unter “falsche Kinderfreunde” in Grundschule

Thüringen

* Jugendsex kommt nicht vor (allenfalls unter “Neugierverhalten” zu rechnen)

* Fehlen von Selbstbefriedigung

* “Probleme der Empfängnisverhütung” in Kl. 8/9

* Homosexualität unter “Vorstellungen über das gängige Sexualverhalten erlangen” in Verbindung mit Prostitution,

Pornographie + sex. Neugier - keine Akzeptanz als gleichwertige Lebensweise vermutet

* keine Angaben zur AIDS-Thematik

* Mißbrauch wird umfassend und aktuell behandelt (Kl. 1) - evtl. Verunsicherung / Ängste Resümee / vergleichendes Fazit

Jugendsexualität: in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Saarland eindeutig bejaht

Selbstbefriedigung: in Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg positiv bis neutral behandelt Hessen, Rheinland-P.

problematisieren, übrige Richtlinien zeigen keine Auseinandersetzung (!)

Verhütung: meistens Kl. 7/8, Hamburg + MeckPomm Kl. 4/5, Bayern Kl. 11-13

Homosexualität: gleichwertige Akzeptanz in neun

Richtlinien, keine Erwähnung in Baden-W., MeckPomm, Nieders.,

Schleswig -H.; eher negativ

in Bayern, Hessen, Thüringen

AIDS / sex. Mißbrauch: AIDS - kein Eingang in Richtlinien Berlins, Bremens, Hessens, Nieders., Schleswig-H.,

Thüringens

(allenfalls Rundschreiben etc.) sowie Mißbrauch in MeckPomm, Nieders., NRW

Verschleierung

in Bayern, Brandenburg, Rheinland-P., Schleswig-H. (“falsche Kinderfreunde”)

Fin de l'extrait de 7 pages

Résumé des informations

Titre
Rechtliche Rahmenbedingungen schulischer Sexualerziehung
Université
University of Bremen
Cours
Einführung in die Sexualpädagogik
Auteur
Année
1999
Pages
7
N° de catalogue
V103936
ISBN (ebook)
9783640023127
Taille d'un fichier
339 KB
Langue
allemand
Annotations
stichwortartige Zusammenfassung des Referates
Mots clés
Rechtliche, Rahmenbedingungen, Sexualerziehung, Einführung, Sexualpädagogik
Citation du texte
Michael Haß (Auteur), 1999, Rechtliche Rahmenbedingungen schulischer Sexualerziehung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103936

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