Einstellungen von Grundschullehrern zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht


Masterarbeit, 2018

94 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenzen
2.2 Theorien vom Unterricht
2.2.1 Guter Unterricht
2.2.2 Medienbildung im Bildungsplan
2.3 Digitale Medien im Unterricht
2.3.1 Konzepte des Medieneinsatzes nach Tulodziecki
2.3.2 Lern-Lehrtheoretische Grundpositionen
2.3.3 Funktionen und Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien
2.3.4 Tablets / iPads
2.3.5 Interaktives Whiteboard
2.4 Medienbildung in der Lehrerbildung
2.4.1 Der mediale Habitus nach Sven Kommer
2.4.2 Der Teufelskreis fehlender Medienbildung
2.5 Untersuchungsstand

3. Forschung
3.1. Forschungsmethode und Erhebungsinstrument
3.2 Untersuchungsgegenstand
3.3 Auswahl der Interviewpartner
3.4 Durchführung der Untersuchung
3.5 Datenaufbereitung
3.6 Ergebnisdarstellung
3.6.1 Fragen zur Person
3.6.2 (Vor-) Erfahrungen mit digitalen Medien
3.6.3 Lernen mit digitalen Medien
3.6.4 Lernen über digitale Medien
3.6.5 Persönliche Einstellungen

4. Diskussion
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation
4.1.1 Fragen zur Person
4.1.2 (Vor-) Erfahrungen mit digitalen Medien
4.1.3 Lernen mit digitalen Medien
4.1.4 Lernen über digitale Medien
4.1.5 Persönliche Einstellungen
4.2 Limitationen der Untersuchung
4.3 Empfehlung für weiterführende Forschungen und Handlungen

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Die fortschreitende Digitalisierung prägt und verändert immer mehr das Leben und Arbeiten der Menschen auf der ganzen Welt (KM, 2017). Daher ist sie zu einem festen Bestandteil unserer Lebens- und Arbeitswelt geworden. Kompetenzen für ein Leben in der digitalen Welt werden zu einer der wichtigsten Voraussetzungen für die soziale Teilhabe, denn sie sind für einen erfolgreichen Berufs- und Bildungsweg erforderlich (ebd.). Schulen stellen einen zentralen Ort der Bildung und Erziehung dar. Jungen Menschen erwerben hier die Kenntnisse und Fähigkeiten, sich „reflektiert und auf einer gesicherten Informationsbasis in der Lebens- und Arbeitswelt von heute und morgen bewegen zu können“ (KM, 2017). Um diesen neuen gesellschaftlichen Veränderungen gerecht zu werden, wurden diverse Beschlüsse und Erklärungen gefasst. Die Kultusministerkonferenz hat beispielsweise 2012 die Erklärung zur „Medienbildung in der Schule“ verabschiedet, in der sie neben Lesen, Rechnen und Schreiben, die Medienbildung als eine „weitere wichtige Kulturtechnik“ (KMK, 2012, S. 4) ansieht. Die Beschlüsse und Erklärungen liegen den Bildungsplänen der einzelnen Bundesländer zugrunde; so auch im Bildungsplan von 2016 des Bundeslandes Baden-Württemberg. In diesem wird Medienbildung als fächerübergreifende Leitperspektive definiert und ist somit als Querschnittskompetenz in allen Fachbereichen zu integrieren (KM, 2016).

Schulische Medienbildung soll die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen „selbstbestimmt, sachgerecht, sozial verantwortlich, kommunikativ und kreativ mit den Medien umzugehen, sie für eigene Bildungsprozesse sowie zur Erweiterung von Handlungsspielräumen zu nutzen und sich in medialen wie nichtmedialen Umwelten zu orientieren und wertbestimmte Entscheidungen zu treffen“ (KMK, 2012, S. 9). Dieses Ziel schulischer Medienbildung kann allerdings nur erreicht werden, wenn die Technik der Pädagogik folgt (KM, o.J.). Dafür ist neben einer methodisch-didaktischen Verankerung von Medienbildung „im Unterricht in Verbindung mit der inhaltlichen Verankerung in den Bildungs- und Lehrplänen“ (ebd.) und neben einer „Herstellung der technischen Voraussetzung“ (ebd.), eine Qualifizierung der Lehrkräfte von Nöten, denn bei der konkreten Umsetzung von Medienbildung im Unterricht kommt der Lehrkraft eine zentrale Rolle zu. Sie muss „die neuen Inhalte vermitteln, neue technische und methodische Möglichkeiten aufgreifen und auch kritische Aspekte dieser dynamischen Entwicklung stets im Blick behalten“ (ebd.). Lehrkräfte müssen die didaktischen und methodischen Chancen und Herausforderungen digitaler Medien sowohl für den Lehrprozess als auch für den Lernprozess erkennen und nutzen können.

Jedoch stellt sich hierbei die Frage, ob sich die LehrerInnen, beginnend mit den Primarstufenlehrkräften, angemessen ausgebildet und somit auch kompetent genug fühlen, um auf diese Anforderungen in einer „digitalen Welt“ reagieren zu können.

An dieser Frage schließt die der Masterarbeit zugrundeliegende Forschungsfrage an: Wie stehen GrundschullehrerInnen dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht gegenüber?

Um dieser Frage nachzugehen werden sowohl theoretische Grundlagen beleuchtet als auch eine empirische Forschung durchgeführt, die die Einstellungen von GrundschullehrerInnen zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht untersucht.

Laut der Kultusministerkonferenz (KMK, 2012) benötigen Lehrpersonen für die Vermittlung von Medienbildung sowohl die eigene Medienkompetenz als auch medienpädagogische Kompetenzen. Daher beginnen die theoretischen Grundlagen (Kapitel 2) mit einer Verortung dieser Begriffe. Dies dient insbesondere dazu, ein einheitliches Verständnis von fundamentalen Begrifflichkeiten im Rahmen dieser Masterarbeit zu erlangen. Anschließend folgt ein Kapitel zu den Theorien vom Unterricht. Hier wird näher auf die zehn Merkmale guten Unterrichts nach Meyer eingegangen. Unterricht soll dazu dienen, die Schülerinnen und Schüler durch die Aneignung gewisser Kompetenzen auf die Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten. Um angemessen auf die Digitalisierung zu reagieren, gibt es seit 2016 die feste Verankerung von Medienbildung im Bildungsplan. Aus diesem Grund wird ebenfalls näher auf den Bildungsplan des Bundeslandes Baden-Württemberg eingegangen, um herauszustellen, inwiefern Medienbildung in der Schule implementiert und umgesetzt werden soll. Im anschließenden Kapitel (2.3) wird auf digitale Medien in der Schule eingegangen. Um den Medienbildungsplan im Unterricht umzusetzen, kann es für LehrerInnen hilfreich sein, sich an Konzepten des Medieneinsatzes (Kapitel 2.3.1) oder auch an lern-lehrtheoretischen Grundpositionen (Kapitel 2.3.2) zu orientieren. Des Weiteren werden in diesem Kapitel die Funktionen und Einsatzmöglichkeiten (Kapitel 2.3.3) sowie zwei Arten von digitalen Medien (iPads / Tablets und Interaktive Whiteboards) näher betrachtet (Kapitel 2.3.4 und 2.3.5).

Das Kapitel 2.4 widmet sich der Medienbildung während der Lehrerbildung. Die theoretischen Grundlagen schließen mit dem Untersuchungsstand ab. Das dritte Kapitel umschließt den praktischen Teil im Rahmen der Masterthesis. Hierbei wird untersucht, welche Erfahrungen die Lehrpersonen schon mit digitalen Medien aufweisen, wie sie mit digitalen Medien im Unterricht umgehen und welche Einstellung sie zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht haben. Dazu werden die Erhebungsmethodik und die Ergebnisse vorgestellt. In Kapitel 4 folgt die Diskussion der Untersuchungsergebnisse; hierbei wird auf die theoretischen Grundlagen und auf den Untersuchungsstand zurückgegriffen. Abschließend wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick über die weitere Entwicklung der Medienbildung in der Schule und über die Einstellungen von Lehrpersonen zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht gegeben.

2. Theoretische Grundlagen

Das folgende Kapitel umfasst die theoretischen Grundlagen. Dieses beinhaltet eine Begriffsdefinition von Medienkompetenz und medienpädagogischer Kompetenzen, insbesondere von Mediendidaktik und -erziehung. Hierbei werden die Autoren Michael Kerres und Gerhard Tulodziecki herangezogen. Dies dient insbesondere dazu, dass ein einheitliches Verständnis im Rahmen dieser Masterarbeit herrscht, da diese Begriffe in der Untersuchung eine erhebliche Rolle spielen. Anschließend werden Theorien vom Unterricht aufgegriffen. Hierbei sind die Merkmale guten Unterrichts von besonderem Interesse, da das Bundesland Baden-Württemberg in seinem Bildungsplan, der ebenfalls dargestellt wird, darauf reagiert. Außerdem werden digitale Medien in der Schule näher betrachtet. Es sollen die Funktionen, Einsatzmöglichkeiten und verschiedene Konzepte genauer beleuchtet werden. Nachfolgend wird auf diverse technische Geräte (iPads und Interaktive Whiteboards) näher eingegangen. Diese Auswahl der technischen Geräte begründet sich auf deren Nutzung in der für diese Untersuchung ausgewählten Grundschule. Abschließend folgt ein Kapitel zum Stellenwert von digitalen Medien in der Lehrerausbildung, das sowohl die Studie von Sven Kommer zum medialen Habitus als auch den sogenannten Teufelskreis der Medienbildung betrachtet.

2.1. Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenzen

Wie in der Einleitung schon dargestellt, benötigen Lehrpersonen für die Vermittlung von Medienbildung sowohl eigene Medienkompetenz als auch medienpädagogische Kompetenzen. Der Begriff der Medienkompetenz ist auf Baacke in den 1970er Jahren zurückzuführen. Er definierte diesen als eine Fähigkeit, die den Menschen dazu befähigt, alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoir einzusetzen (Baacke, 1998) und spricht der Medienkompetenz vier Dimensionen zu (Baacke, 1997): Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung. Nach Tulodziecki (2010) muss medienpädagogisches Handeln Medienkompetenz voraussetzen und diese gleichzeitig auch als Zielvorstellung zum Handeln in Medienzusammenhängen haben. Daher ist Medienkompetenz zu einem wichtigen Schlüsselbegriff für die Medienverwendung geworden (Tulodziecki, Herzig, & Grafe, 2010). Medienkompetenz soll bei einem Menschen so weit entwickelt sein, dass er in Bezug auf Medien sowohl sachgerecht, selbstbestimmt, kreativ als auch sozial verantwortlich und somit individuell und gesellschaftlich handeln kann. Diese Handlungsweise ermöglicht eine kulturelle und politische Teilhabe am Leben (ebd.).

Tulodziecki hat als einer der Ersten konkrete Aufgabenfelder für die schulische Medienpädagogik benannt (Bounin, o.J.) und strukturiert das Konzept der Medienkompetenz in zwei Handlungszusammenhänge und drei Inhaltsbereiche (siehe Abbildung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Strukturierung zum Konzept der Medienkompetenz (Tulodziecki, Herzig, & Grafe, 2010, S. 181)

Unter Handlungszusammenhängen sind die Auswahl und die Nutzung vorhandener medialer Angebote und die Gestaltung und Verbreitung eigener medialer Beiträge zu verstehen. Die Inhaltsbereiche beziehen sich auf die Mediengestaltung, die Medieneinflüsse und die Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung (Tulodziecki, Herzig, & Grafe, 2010). Daraus ergeben sich für Tulodziecki fünf Aufgabenbereiche für die Förderung von Medienkompetenz (ebd., S. 182):

1. Auswählen und Nutzen von (vorhandenen) medialen Angeboten,
2. Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge,
3. Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen,
4. Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen,
5. Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung.

Der erste Aufgabenbereich Auswählen und Nutzen von (vorhandenen) medialen Angeboten bezieht sich auf die Fähigkeit von SchülerInnen, Medienangebote sinnvoll auswählen und diese zugleich nutzen zu können. Die SchülerInnen sollen in bewusster und reflektierter Weise diverse Funktionen (Information, Lernen, Unterhaltung, Spiel, Austausch, Kooperation, Simulation, Entscheidungsfindung) von medialen Werkzeugen, Produkten oder auch Kommunikationsdiensten selektieren und sich anschließend überlegt entscheiden können. Dies kann auch nichtmediale Alternativen beinhalten (ebd.). Bei dem Aufgabenbereich Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge geht es darum, dass SchülerInnen eigene Medien gestalten und verbreiten können. Lehrende sollten diesbezüglich geeignete Voraussetzungen schaffen können, d.h. in die entsprechenden Geräte, Programme, etc. einführen, sodass die SchülerInnen die Gestaltungsmöglichkeiten und -techniken handelnd erfahren können. Das erstellte Produkt kann daraufhin vorgeführt und hinsichtlich seiner Funktionen (Vorzüge und Schwächen) diskutiert werden (ebd.). Der dritte Bereich Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen umfasst das Verständnis, diverse mediale Gestaltungsmittel zu differenzieren und die Fähigkeit der Bewertung hinsichtlich besonderer Möglichkeiten und Grenzen. Unter Gestaltungsmittel sind Darstellungsformen (Bild, Film, etc.), Gestaltungstechniken (Kameraeinstellungen, Tonmischung, etc.), Gestaltungsformen (Bericht, Kommentar, etc.), Ablaufstrukturen (linear, responsiv, etc.) und Gestaltungsarten (Videoclip, Kinofilm, etc.) zu verstehen (ebd.). Bei dem vierten Aufgabenbereich Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen ist es insbesondere wichtig, dass die SchülerInnen erkennen, dass von Medien „Wirkungen auf Emotionen, auf Realitätsvorstellungen, auf Verhaltens- und Wertorientierungen oder auf soziale Zusammenhänge ausgehen können“ (ebd., S.184). Ebenfalls sollten sich SchülerInnen bewusstwerden, dass die Einflüsse von Medien sowohl auf sie selbst als auch auf andere ausgehen können. Bestimmte Wirkungen sollten durchschaut und damit einhergehend einen Kontrast zwischen medialer Darstellung und Realität erkannt werden (ebd.). Der letzte Aufgabenbereich, den Tulodziecki der Medienkompetenz zuspricht, ist das Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung. Hierbei soll das „Durchschauen und Beurteilen ökonomischer, rechtlicher, personaler und weiterer institutioneller, politischer bzw. gesellschaftlicher und historischer Bedingungen von Medienproduktion und Medienverbreitung“ (ebd., S. 184f.) erlernt werden. Im besten Fall können SchülerInnen Einflussmöglichkeiten erkennen und nutzen.

Tulodziecki merkt an, dass in diesen Aufgabenbereichen „Wissen und Kritik sowie Analyse und Kritik in handlungsbezogener Weise“ (Tulodziecki, Herzig, & Grafe, 2010, S. 182) miteinander verbunden werden sollen. Daher dürfen diese fünf Aufgaben keineswegs isoliert betrachtet werden, sondern als verwobene Teilbereiche. Je nach Projekt oder Unterrichtseinheit o.ä. (beispielsweise in der Schule) können Schwerpunkte auf einzelne Aufgabenbereiche gelegt werden, doch wird ersichtlich, dass es in der Regel Bezüge zu den anderen geben würde.

Neben der Medienkompetenz spielen für die Vermittlung von Medienbildung ebenfalls medienpädagogische Kompetenzen eine zentrale Rolle.

Medienpädagogik wird üblicherweise „als übergeordnete Bezeichnung für alle pädagogisch orientierten Beschäftigungen mit Medien in Theorie und Praxis“ (Issing, 1987, S. 87) verstanden. Die medienpädagogische Diskussion geht vor allem auf Dieter Baacke zurück. Er prägte das heutige Verständnis von Medienpädagogik:

Medienpädagogik umfaßt alle sozialpädagogischen, sozialpolitischen und sozialkulturellen Überlegungen und Maßnahmen sowie Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die ihre kulturellen Interessen und Entfaltungsmöglichkeiten, ihre persönlichen Wachstums- und Entwicklungschancen sowie ihre sozialen und politischen Ausdrucks- und Partizipationsmöglichkeiten betreffen, sei es als einzelne, als Gruppen oder als Organisationen und Institutionen. Diese kulturellen Interessen und Entfaltungsmöglichkeiten werden heute beeinflußt und mitgestaltet durch expandierende Informations- und Kommunikationstechniken mit Wirkungen auf das Rezeptionsverhalten gegenüber Programmmedien (Radio, Fernsehen), auf Arbeitsplätze, Arbeitsverhalten und Arbeitschancen, auf Handlungsmöglichkeiten und Verkehrsformen im öffentlichen und privaten Leben (Baacke, 1997, S. 5).

Der Medienpädagogik liegt das also das Ziel zugrunde, dass Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, Medienkompetenz entwickeln sollen und verantwortungsbewusst, reflektiert und kritisch mit Medien umgehen können (Tulodziecki, 1995).

Blömeke (2000) teilt die medienpädagogischen Kompetenzen in fünf Teilbereiche ein: eigene Medienkompetenz, mediendidaktische Kompetenz, medienerzieherische Kompetenz, sozialisationsbezogene Kompetenz und schulentwicklungsbezogene Kompetenz. Da neben der eigenen Medienkompetenz sowohl Mediendidaktik als auch -erziehung in der Untersuchung (Kapitel 3) eine zentrale Rolle spielen, sollen im Folgenden Verortungen dieser Begriffe vorgenommen werden. Diese Begriffsverortungen sollen zu einem einheitlichen Verständnis der Begriffe im Rahmen der Masterarbeit beitragen.

Es ist nicht ganz sicher, in wie weit zurückgeblickt werden sollte, um einen geschichtlichen Anfangspunkt der Mediendidaktik auszumachen. Allerdings steht fest, dass Johann Amos Comenius wohl einer der bedeutendsten Pädagogen der mediendidaktischen Geschichte ist, der sich mit der Verbesserung des Unterrichts durch Medien beschäftigte (Hüther, 2010). So lässt sich hier sicherlich ein möglicher Beginn einer mediendidaktischen Theorie festmachen. Mit seiner „Didactica magna“ schrieb Comenius eine Unterrichtslehre, die vieles theoretisch begründet und heutzutage immer noch als Basis der didaktischen Diskussion dient. Als Ziel formulierte er, dass „die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen, in den Schulen weniger Überdruss und unnütze Mühe herrschen, dafür mehr Freiheit, Vergnügen und wahrhafter Fortschritt“ (ebd., S. 234). Um dieses Ziel zu realisieren, spielen Medien und ebenfalls die Mediendidaktik eine sehr wichtige Rolle.

Kerres schreibt in seinem Werk „Multimediale und telemediale Lernumgebungen“, dass „Lehren (...) zwar ohne Hilfsmittel, aber nicht ohne Medien möglich“ (Kerres, 2001, S. 12) sei. Hier zeigt sich, dass er den Medien als Lehr- und Lernmittel eine immense Bedeutung zuschreibt. Nach Kerres beschäftigt sich die Mediendidaktik mit dem Lehren und Lernen mit Medien (Kerres, 2008). Dieses inkludiert sowohl analoge als auch digitale Medien (ebd.). Kerres versteht Mediendidaktik „als ein interdisziplinäres Fachgebiet in den Bildungswissenschaften mit einer Reihe von Bezügen innerhalb und außerhalb der Bildungswissenschaften“ (Kerres, 2012, S. 36).

Er sieht Mediendidaktik, genauso wie Medienerziehung als einen Teilbereich der Medienpädagogik an (Kerres, 2012). Mediendidaktik hat die Aufgabe, die Funktion und die Bedeutung von Medien in Lehr- und Lernprozessen zu verstehen (ebd.). Medienerziehung zielt auf den reflektierten Medienkonsum und einen kritischen Umgang mit Medienangeboten ab (ebd.).

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Abbildung 2: Medienpädagogik und Nachbardisziplinen (Kerres, 2012, S. 37)

Abbildung 1 zeigt, dass medienpädagogische Fragen in Verbindung zu anderen Disziplinen stehen. Um Ziel- und Inhaltsangaben von Lernangeboten herstellen zu können, sind Bezüge zur Allgemeinen Pädagogik, zur Allgemeinen Didaktik und zur Pädagogischen Psychologie notwendig. Außerdem weist die medienpädagogische Diskussion Beziehungen zu anderen Fachgebieten auf, die sich mit pädagogischen Institutionen und Kontexten beschäftigen (Kerres, 2012).

Der mittlere Part der Abbildung 1 zeigt, dass Kerres Medienerziehung und Mediendidaktik voneinander abtrennt. Allerdings wird für ihn zunehmend deutlich, dass die Anliegen der Medienerziehung und Mediendidaktik miteinander verwoben sind und bei der Medienkompetenz und Medienbildung zusammenwirken (ebd.).

Kerres (2012) spricht der Mediendidaktik und der Medienerziehung zwei unterschiedliche Zielperspektiven zu: die Gestaltungsorientierung und die Handlungsorientierung, wobei die Gestaltungsorientierung die Zielperspektive der Mediendidaktik ist und die Medienerziehung eine Handlungsorientierung zum Ziel hat (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 3: Gestaltungsorientierung und Handlungsorientierung (Kerres, 2012, S. 49)

Abbildung 2 zeigt, dass Mediendidaktik mit der Entwicklung von fachlichen Kompetenzen in Bezug auf Medien in direkter Verbindung steht. Die fachlichen Kompetenzen müssen Medienkompetenz berücksichtigen, um sich pädagogisch sinnvoll vermitteln zu lassen. Die Gestaltungsorientierung beschäftigt sich mit der Frage, wie eine mediale Umwelt gestaltet sein muss, die zur Förderung von Lernen und Entwicklung beiträgt (ebd.). Kerres (2012) schreibt der Gestaltungsorientierung die Aufgaben zu, Zugang zu Wissen zu eröffnen, die menschliche Entwicklung zu fördern, soziale Kommunikation zu ermöglichen und zum Austausch anzuregen.

Spricht Kerres (2012) von Medienerziehung, meint er damit, dass Medienkompetenz entsteht, wenn die Menschen sich über Medien das Wissen der Welt erschließen, miteinander kommunizieren oder sich miteinander verständigen können. Medienkompetenz versteht er als „Ziel und Mittel der Partizipation an gesellschaftlicher Kommunikation, individueller Artikulation und Persönlichkeitsentwicklung“ (ebd., S. 49). Die Medienerziehung hat als Zielperspektive die Handlungsorientierung, die sich der Frage widmet, inwiefern „Menschen unterstützt werden können, um sich in einer medialen Umwelt bilden und entwickeln zu können“ (ebd., S. 54).

Eine gegenseitige Verwobenheit von Mediendidaktik und Medienerziehung wird vor allem bei der Mediendidaktik sichtbar, die zum einen Medienkompetenz voraussetzen muss, damit Menschen sich Wissen über die Medien aneignen können, über diese kommunizieren und verständigen können. Andererseits trägt dieser aktive Umgang mit Medien ebenfalls dazu bei, dass sich Medienkompetenz entwickeln kann (ebd.). Demnach kann also nur Medienkompetenz erworben werden, wenn Handlungsorientierung und Gestaltungsorientierung zusammenwirken.

Kerres (1998) spricht von einer gestaltungsorientierten Mediendidaktik. Bei dieser Didaktik geht es um die Konzeption von verschiedenen Modellen und Vorgehensweisen, um mediale Umwelten und Räume als Lehr- und Lernangebote zu entwickeln. Sie widmet sich der Frage nach den Potenzialen von digitalen Medien für das Lernen und Lehren (Kerres, 2012). Der Ausgangspunkt für die gestaltungsorientierte Mediendidaktik liegt in den eröffneten Potenzialen durch die digitalen Medien. Der Einsatz kann allerdings nur zum erfolgreichen Lehren und Lernen führen, wenn ein didaktisches Konzept einem Medium zugrunde liegt (ebd.). Die gestaltungsorientierte Mediendidaktik fragt nach dem Wirkungsgrad für die Bildungsarbeit und ob die Potenziale tatsächlich eingelöst werden. Ihr geht es nicht darum, die beste didaktische Methode zu finden, sondern fokussiert den Prozess von der Konzeption und der Entwicklung und der Begründung und Funktion des Einsatzes von Medien in Bildungsanliegen (ebd.).

Obwohl Kerres den Medien als Lehr- und Lernmittel eine immense Bedeutung zuschreibt, merkt er an, dass ein Einsatz digitaler Medien nie automatisch zu besseren Lehr- oder Lernangeboten führen muss (Kerres, 2001). Das Lehr- und Lernszenario muss didaktisch und sinnvoll strukturiert sein und ebenfalls muss begründet sein, warum ein Mehrwert durch Medien gegeben ist. Nur dann kann ein Einsatz zielführend sein. In den Medien sieht er demnach Potenziale für die Bildung, die allerdings einer dezidierten Planung und Konzeption bedürfen (Kerres, 2012).

Tulodziecki unterteilt, genauso wie Kerres, Medienpädagogik in Mediendidaktik und Medienerziehung. Unter Medienpädagogik versteht er „die Gesamtheit aller pädagogisch relevanten handlungsanleitenden Überlegungen mit Medienbezug einschließlich ihrer medientechnischen und medientheoretischen (...) Grundlagen“ (Tulodziecki & Herzig, 2004, S. 249) Demnach ist Medienpädagogik ein sehr komplexes Gebiet und bedarf einer Untergliederung (siehe Abbildung 3).

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Abbildung 4: Teilgebiete und Bereiche der Medienpädagogik (Eigene Darstellung angelehnt an Tulodziecki (1997, S. 46)

Bei Abbildung 3 wird deutlich, dass sich die Medienpädagogik in die Hauptbereiche Mediendidaktik und Medienerziehung gliedert. Im Gegensatz zu Kerres jedoch, spricht Tulodziecki jedoch den beiden Bereichen keine Verwobenheit zu, sondern trennt sie voneinander ab. Den beiden Hauptbereichen ordnet Tulodziecki einige Teildisziplinen zu, die sowohl für Mediendidaktik als auch für die Medienerziehung relevant sind und diese bedingen. Unter Mediendidaktik versteht Tulodziecki „den Bereich der Didaktik, in dem alle Überlegungen zusammengefaßt [sic] sind, bei denen es im wesentlichen [sic] um die Frage geht, wie Medien bzw. Medienangebote (...) zur Erreichung pädagogisch gerechtfertigter Ziele gestaltet und verwendet werden können bzw. sollen“ (Tulodziecki & Herzig, 2004, S. 249). Als Medienerziehung charakterisiert Tulodziecki alle Überlegungen, die erziehungs- und bildungsrelevante Ziele im Zusammenhang mit der Frage nach dem Medieneinsatz anstreben. Dies soll in einer pädagogisch angemessenen Form erreicht werden (ebd.).

Tulodziecki sieht in den Medien einen „selbstverständliche(n) Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen“ (Tulodziecki, Herzig, & Grafe, 2010, S. 13). Laut Tulodziecki bringen Medien aufgrund von ihrer Entwicklung neue Potenziale für die Bildung mit sich. Doch zugleich erweitern diese medialen Chancen und Entwicklungen auch Möglichkeiten der Ablenkung und der Manipulation (Tulodziecki, 2010). Diesen vorzubeugen und entgegenzuwirken erfordert insbesondere einen pädagogisch sinnvollen Umgang.

Das Kapitel 2.1 hat aufgezeigt, dass kein einheitlicher Konsens über die exakte Bedeutung der Begriffe der Medienerziehung, Mediendidaktik oder auch Medienpädagogik herrscht, sie jedoch teilweise sehr ähnlich verortet werden. Für die vorliegende Arbeit werden diese Begriffe im Sinne der dargestellten Autoren (Kerres, Tulodziecki) gefasst. Demnach werden Medienerziehung und Mediendidaktik als Teilgebiete der Medienpädagogik und somit als medienpädagogische Kompetenzen verstanden. Im Rahmen dieser Masterarbeit wird unter Mediendidaktik die Gestaltung von medialen Angeboten verstanden, um mediale Umwelten und Räume als Lehr- und Lernangebote zu entwickeln. Medienerziehung zielt auf einen reflektierten Medienkonsum und kritischen Umgang mit Medien ab.

2.2 Theorien vom Unterricht

Das Kapitel „Theorien von Unterricht“ beschäftigt sich mit den Merkmalen, die guten Unterricht ausmachen und mit dem aktuellen Bildungsplan des Bundeslandes Baden-Württemberg. Die Beschränkung auf den Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg resultiert einerseits aus der gewählten Grundschule, die als exemplarisches Beispiel dienen soll und in Baden-Württemberg liegt. Andererseits wäre eine Beachtung aller Bundesländer zu umfassend, da jedes Bundesland selbst die Verantwortung für die Bildung trägt und somit Abweichungen pro Bundesland im dem jeweiligen Bildungsplan vorzufinden sind. Die Medienbildung ist zwar in allen Bildungsplänen der einzelnen Bundesländer berücksichtigt, allerdings unterscheiden diese sich in Art, Umfang und Ausführlichkeit der Angaben (KMK, 2012).

2.2.1 Guter Unterricht

Die Schule soll die SchülerInnen auf eine gesellschaftliche Teilnahme am Leben vorbereiten. Allerdings stellt sich hier die Frage wie genau dies geschehen soll und ob es überhaupt einen richtigen Weg gibt. Meyer (2004) hat sich mit Merkmalen guten Unterrichts auseinandergesetzt. Darunter versteht er „empirisch erforschte Ausprägungen von Unterricht, die zu dauerhaft hohen kognitiven, affektiven und/oder sozialen Lernergebnissen beitragen“ (Meyer, 2004). Er definiert 10 Merkmale, die zu einer Qualitätssicherung im Unterricht führen sollen.

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Abbildung 5: Didaktisches Sechseck (Meyer, 2004)

Die Abbildung 5 zeigt das Didaktische Sechseck nach Meyer. Meyer stellt hier die 10 Merkmale guten Unterrichts dar und bezieht diese auf sechs diverse grundlegende Dimensionen unterrichtlichen Handelns. Alle Merkmale lassen sich zwar grundlegenden Dimensionen zuordnen, doch strahlen einige auch in andere Ecken des Didaktischen Sechsecks und somit zu anderen Dimensionen aus (Meyer, 2010).

Als erstes Merkmal nennt Meyer die klare Strukturierung des Unterrichts (ebd.). Er legt ihr die Dimension der Prozessstruktur zugrunde, weist aber zugleich daraufhin, dass eine klare Struktur für alle sechs Ecken wichtig ist. Diese lässt sich durch eine Stimmigkeit von Zielen, Inhalten und Methoden erkennen. Hierzu gehören eine gute Planung des Unterrichts, ein didaktisch-methodisches Geschick der Lehrperson und die konstruktive Mitarbeit der SchülerInnen. Außerdem sollte es im Unterricht eine Folgerichtigkeit geben, d.h. aus dem ersten Unterrichtsschritt ergibt sich der zweite, aus diesem der dritte usw. Eine Klarheit muss außerdem in den Aufgaben, den Regeln und den Rollen gegeben sein, um eine Gesamtstruktur zu erhalten, die transparent und somit für alle Teilnehmer des Unterrichtsgeschehens ersichtlich ist. Laut Meyer ist Unterricht dann klar strukturiert, wenn sich ein „’roter Faden’ durch die Stunde zieht“ (Meyer, 2004, s. 26). Damit meint er eine „didaktisch-methodische Linienführung des Unterrichts“ (ebd., S. 26). Die Lehrperson sollte anfangs eine führende Rolle einnehmen und mit der Zeit mit den SchülerInnen gemeinsam erarbeiten. In dem Schritt der klaren Strukturierung des Unterrichts sieht Meyer eine Voraussetzung und Bedingung für erfolgreiches Lernen.

Als zweites Merkmal führt Meyer einen hohen Anteil echter Lernzeit an (ebd.). Als echte Lernzeit bezeichnet Meyer „die vom Schüler tatsächlich aufgewendete Zeit für das Erreichen der angestrebten Ziele“ (ebd., S. 40). Unter echter Lernzeit wird auch die Zeit gewertet, in der die Lehrperson Unterrichtsphasen hält, allerdings nur dann, wenn die SchülerInnen die Zeit aktiv nutzen. Er sieht in ihr einen entscheidenden Einflussfaktor für den Lernerfolg im Unterricht.

In einem lernförderlichen Klima sieht Meyer (2004) das dritte Merkmal, um einen Unterricht als gut bezeichnen zu können. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie das Unterrichtsklima gestaltet sein sollte, damit eine „humane Qualität der Lehrer-Schüler- und der Schüler-Schüler-Beziehung(...)“ (ebd., S. 47) gesichert sein kann. Am besten hilft beim Lernen „gegenseitiger Respekt, verlässlich eingehaltene Regeln, gemeinsam geteilte Verantwortung, Gerechtigkeit des Lehrers gegenüber jedem Einzelnen und dem Lernverband insgesamt und Fürsorge des Lehrers für die Schüler und der Schüler untereinander“ (ebd., S. 47). Meyer sieht im lernförderlichem Klima ein wichtiges Kriterium, um guten Unterricht zu sichern. Denn wenn das Lernklima von den SchülerInnen als positiv wahrgenommen wird, so kann dies dazu führen, dass diese ihre Fähigkeiten und Interessen besser entfalten können und somit bessere kognitive, methodische und soziale Lernleistungen erbringen (ebd.). Zusätzlich fördert ein gutes Unterrichtsklima das Selbstvertrauen, die generelle Leistungsbereitschaft, das Sozialverhalten und die Interessenbildung und führt zu einer allgemeineren positiven Einstellung zum Unterricht und der Schule. Außerdem sind hierdurch die SchülerInnen eher bereit ein Arbeitsbündnis einzugehen und kollaborativ zu arbeiten (ebd.).

Als viertes Merkmal guten Unterrichts betitelt Meyer (2004) die inhaltliche Klarheit. Diese ist für ihn gegeben, wenn „die Aufgabenstellung verständlich, der thematische Gang plausibel und die Ergebnissicherung klar und verbindlich gestaltet worden sind“ (ebd., S. 55). Die inhaltliche Klarheit kann durch eine Lernstrukturanalyse, verschiedene Veranschaulichungen, gute Medien, Zusammenfassungen und Wiederholungen, etc. gefördert werden (ebd.). SchülerInnen können hierdurch „vernetztes Denken“ (ebd., S. 57) aufbauen, „Erfolgserlebnisse und Könnenserfahrungen“ (ebd., S. 57) erleben und „Metakognitionen zum Lernprozess“ (ebd., S. 57) erfahren.

Das fünfte Merkmal ist sinnstiftendes Kommunizieren. Hierunter ist ein Prozess zu verstehen, in dem die SchülerInnen „im Austausch mit ihren Lehrern dem Lehr-Lern-Prozess und seinen Ergebnissen eine persönliche Bedeutung geben“ (ebd., S. 67). Demnach ist Kommunizieren im Unterricht nur dann ein Mehrwert, wenn eine gewisse Qualität gegeben ist. Diese Qualität kann durch Feedbacks, Gespräche, Portfolioarbeit, Planungen, etc. gefördert werden und somit zur erhöhten Lernmotivation, Interessenbildungen und Metakognitionen führen (ebd.). Zusätzlich kann es helfen, ein Arbeitsbündnis zu vertiefen und somit ein kollaboratives Arbeiten hervorbringen (ebd.).

Die Methodenvielfalt ist für Meyer das sechste Merkmal. Methodenvielfalt liegt vor, wenn „der Reichtum der verfügbaren Inszenierungstechniken genutzt wird“ (ebd., S. 74), „eine Vielfalt von Handlungsmustern eingesetzt wird“ (ebd., S. 74), „die Verlaufsformen des Unterrichts variabel gestaltet werden“ (ebd., S. 74) und „das Gewicht der Grundformen des Unterrichts ausbalanciert ist“ (ebd., S. 74). Meyer (2004) differenziert drei Ebenen: die Mikromethodik, die Mesomethodik und die Makromethodik. Unter Mikromethodik sind kleine Lehr-Lern-Situationen von wenigen Sekunden wie beispielsweise verschiedene Inszenierungstechniken zu verstehen. Diese beziehen sich sowohl auf die Lehrperson als auch auf die SchülerInnen. Inszenierungstechniken sind beispielweise Antworten, Zeigen, Provozieren, Dramatisieren, o.ä. und werden routinemäßig beherrscht (ebd.). Die Mesomethodik bezieht sich auf die Dimensionen methodischen Handelns und kann Minuten bis Stunden andauern (ebd.). Dazu zählen Sozialformen (Gruppenunterricht, Tandemunterricht, o.ä.), Handlungsmuster (Vortrag, Erzählung, Textarbeit, o.ä.) und Verlaufsformen (Einstieg, Erarbeitung, Ergebnissicherung). Die Makromethodik umschließt die methodischen Großformen, die die Grundformen des Unterrichts darstellen. Ein gemeinsamer Unterricht kann durch die Grundformen wie Freiarbeit, Lehrgänge oder auch Projektabriet geprägt sein (ebd.). Diese können sich über Monate oder auch Jahre erstrecken.

Ein weiteres Merkmal sieht Meyer in einer individuellen Förderung (ebd.). In einem guten Unterricht sollten allen SchülerInnen die Chance gegeben werden, das motorische, intellektuelle, emotionale und soziale Potenzial ihrer Person umfassend zu entwickeln. Außerdem sollten Lehrpersonen diese Entwicklung durch geeignete Maßnahmen unterstützen. Hierbei sollte die Lehrperson mit ihren KollegenInnen gemeinsam individuelle Förderungen entwickeln (ebd.).

Das achte Merkmal ist das intelligente Üben. Übungen dienen einer Automatisierung, einer Qualitätssteigerung oder dem Transfer zu neuem Wissen oder Können (ebd.). Laut Meyer ist dieses Üben dann intelligent, wenn „ausreichend oft und im richtigen Rhythmus geübt wird, wenn die Übungsaufgaben passgenau zum Lernstand formuliert werden, wenn die Schüler(Innen) Übekompetenzen entwickeln und die richtigen Lernstrategien nutzen und wenn die Lehrer(Innen) gezielte Hilfestellungen beim Üben geben“ (ebd., S. 104f.). Demnach soll die Lehrerperson eine (Unterrichts-)Situation schaffen, in welcher die SchülerInnen gerne lernen. Dies kann durch freiwilliges Üben, durch Spielräume für selbstständiges Üben oder auch durch die Transparenz der Erwartungen erzeugt und verstärkt werden (ebd.). Für intelligentes Üben und dessen Lernerfolg spielen insbesondere Lernstrategien eine große Rolle. Lernstrategien können Lerneinheiten vereinfachen und somit den SchülerInnen Selbstkontrolle über das eigene Üben geben.

Ein weiteres Merkmal guten Unterrichts sieht Meyer (2004) in einer transparenten Leistungserwartung. Hierbei ist es laut Meyer besonders wichtig, dass sich die Lehrperson an den gültigen Richtlinien wie den Bildungsstandards orientiert. Diese müssen an das Leistungsvermögen angepasst und vor allem verständlich kommuniziert werden. Rückmeldungen sind nach Leistungskontrollen unbedingt notwendig, damit die SchülerInnen über ihren eigenen Wissenstand und ihr Können verfügen und anschließend reflektieren können (ebd.). Transparente Leistungserwartungen können zur Identifikation mit der gestellten Aufgabe, zu einer höheren Leistungsbereitschaft und zur einer höheren Beurteilungsgerechtigkeit führen (ebd.).

Das zehnte und somit das letzte Merkmal guten Unterrichts sieht Meyer (2004) in einer vorbereiteten Umgebung. Für ihn sind Klassen- sowie Fachräume dann gut vorbereitet, wenn sie „eine gute Ordnung, eine funktionale Einrichtung und brauchbares Lernwerkzeug bereithalten, sodass Lehrer(Innen) und Schüler(Innen) den Raum zu ihrem Eigentum machen, eine effektive Raumenergie praktizieren und erfolgreich arbeiten können“ (ebd, S. 121). Sollte dies gegeben sein, so kann es zu einer Identifikation der SchülerInnen mit dem Lernort führen. Außerdem kann es Anreize geben, damit SchülerInnen selbstorganisierter lernen.

Meyer sieht in diesen 10 Merkmalen keineswegs eine Erfolgsgarantie für guten Unterricht. Für ihn gilt vielmehr das Nachdenken über die 10 genannten Merkmale, diese zu hinterfragen und an ihnen zu arbeiten, sodass der eigene Unterricht weiterentwickelt werden kann (ebd.).

Die zehn Merkmale nach Meyer zeigen, dass guter Unterricht nicht nur willkürlich ist, sondern stattfinden kann, wenn eine Beachtung gewisser Grundregeln stattfindet. Befolgt die Lehrperson diese zehn Merkmale (möglichst) oft und setzt diese richtig im Unterricht ein, so kann ihr Handeln zum guten Unterricht beitragen und letztendlich auch führen. Es ist trotz allem nicht gesagt, dass nur bei Befolgung dieser Merkmale guter Unterricht möglich ist. Guter Unterricht kann darüber hinaus durch Hilfsmittel, wie beispielsweise Lernwerkzeuge unterstützt werden.

Heutzutage stehen digitale Medien in der Diskussion. Da digitale Medien zu einem guten Unterricht beitragen können, werden diese in die Bildungspläne der einzelnen Bundesländer in Deutschland implementiert. Im folgenden Kapitel wird der Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg näher betrachtet und herausgestellt wie Medienbildung in die schulische Bildung integriert werden soll.

2.2.2 Medienbildung im Bildungsplan

Jedem Bildungsplan liegen Bildungsziele und damit einhergehend Bildungsstandards zugrunde. Bildungsziele formulieren Erwartungen an die SchülerInnen und verpflichten die Schule entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen (Klieme, 2009). Sie ermöglichen damit eine gewisse Transparenz gegenüber den Leistungserwartungen und stellen demnach Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wertehaltungen von SchülerInnen dar, die diese am Ende einer Jahrgangsstufe erreicht haben sollen.

Laut Weinert hat eine Schule sechs fundamentale Bildungsziele: Erwerb von intelligentem und anwendungsbezogenem Wissen, Schlüsselqualifikationen, Lernkompetenzen, sozialen Kompetenzen und Wertorientierungen (Helmke, 2012).

Er sieht als zentrales Ziel des Unterrichts den Erwerb von intelligentem Wissen an. Unter intelligentem Wissen versteht er bedeutungshaltiges und sinnhaftes Wissen, das zugleich lebendig und flexibel nutzbar ist (ebd.). Damit ist gemeint, dass diese Art des Wissens keineswegs reines Faktenwissen repräsentiert, sondern ein „wohlorganisiertes, disziplinär, interdisziplinär und lebenspraktisch vernetztes System von flexibel nutzbaren Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und metakognitiven Kompetenzen“ (ebd., S. 41) beschreibt. Das intelligente Wissen fordert eine Unterrichtsmethode, die zwar von der Lehrperson gesteuert sein soll, aber dennoch den Fokus auf die SchülerInnen legt. Die SchülerInnen sollen in diesem Unterrichtsszenario eine aktive Rolle spielen und zugleich „vergnügt und spielerisch“ (ebd., S.42) lernen, denn „Vieles von dem, was gelernt werden muss, wird ´lustvoll` gelernt“ (ebd., S. 41).

Das zweite Bildungsziel für die Schule ist das anwendungsbezogene Wissen und Können. Weinert (ebd.) sieht eine Notwendigkeit in einem anwendungszentrierten und situationsbezogenen Wissen, welches durch Projektarbeiten realisiert werden kann. Der Projektunterricht muss allerdings mit „sinnvollen, komplexen und transdisziplinären Problemen“ (ebd., S. 42) konzipiert werden, damit die SchülerInnen ihr Wissen in Situationen gezielt einsetzen und anwenden können.

Ein weiteres Bildungsziel sieht Weinert in der Schlüsselqualifikation und meint damit für den Beruf wichtige Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Er differenziert zwischen den konkreten und den abstrakten Schlüsselqualifikationen. Zu den konkreten Schlüsselqualifikationen zählen unter anderem der mündliche sprachliche Ausdruck oder auch die Medienkompetenz. Autonomie und Selbstmanagement stellen exemplarisch die abstrakten Schlüsselqualifikationen dar (ebd.).

Das vierte Bildungsziel ist der Erwerb von Lernkompetenzen. Hierbei geht es um das „Lernen lernen“ der SchülerInnen (ebd., S. 43). Das heißt, dass die Lehrperson die SchülerInnen dazu anleitet, selbst zu lernen. Dabei muss der Lernprozess selbst zum Gegenstand des Unterrichts werden. Er soll die SchülerInnen dazu befähigen, alleine und selbstständig zu lernen, das eigene Lernen zu überwachen, den Lernprozess zu planen, den Lerngegenstand aufzuteilen, sich selbst beim Lernen zu beobachten und auch sich selbst zu kontrollieren und die eigenen Ergebnisse zu evaluieren (ebd.).

Das fünfte Bildungsziel der Schule ist für Weinert der Erwerb sozialer Kompetenzen. Insbesondere in Unternehmen spielt die Teamfähigkeit und eine kooperative Kompetenz eine sehr wichtige Rolle. Daher sollen SchülerInnen mit Hilfe von Gruppenarbeiten auf den Berufsalltag vorbereitet werden. Das Lernen in Gruppen soll unter Anleitung der Lehrkraft erfolgen (ebd.).

Letztes zu nennendes Bildungsziel ist der Erwerb von Werteorientierung. SchülerInnen sollen den Umgang mit kulturellen Regeln, sozialen Sitten und auch universelle Normen wie Fairness und Gerechtigkeit erlernen(ebd.).

Diese sechs Bildungsziele sieht Weinert als unausweichlich für die schulische Bildung an, allerdings spricht er der Schule als Hauptaufgabe den systematischen und anwendungsfähigen Erwerb des intelligenten Wissens zu. Der Lehrperson kommt die Aufgabe der Organisation zu. Daher ist es unabdingbar, dass Lehrpersonen eine gewisse Qualität und Qualifizierung aufweisen (ebd.).

Um die genannten Bildungsziele zu bewerkstelligen, helfen Bildungsstandards. Bildungsstandards orientieren sich an den Bildungszielen und zeigen über welche Kompetenzen die SchülerInnen am Ende einer Jahrgangsstufe verfügen sollen – auch ob die Schule ihren Bildungsauftrag erfüllt hat (Moser, 2012). Demnach benennen Bildungsstandards in einer präzisen und verständlichen Art und Weise die wichtigsten Bildungsziele der Schule und konkretisieren diese.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport stellte 2004 einen Bildungsplan vor, der länderübergreifende Bildungsstandards enthielt. Alle 16 Bundesländer haben diese neuen und verbindlichen Vorgaben der Kultusministerkonferenz mit in die eigenen Bildungspläne eingearbeitet. 2016 gab es Neuerungen, die durch eine Reihe von fachlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen begründet waren (KM, 2016). Eine Änderung bezog sich unter anderem auf die Leitperspektiven. Gab es im Bildungsplan von 2004 vier Leitperspektiven, so wird nun von sechs Leitperspektiven gesprochen. Leitperspektiven sprechen Fähigkeitsbereiche an, die fächerübergreifend entwickelt werden sollen. Somit sollen sie in ihrer Gesamtheit und ihrem Zusammenspiel verstanden werden. Die sechs Leitperspektiven sind: Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV), Prävention und Gesundheitsförderung (PG), Berufliche Orientierung (BO), Medienbildung (MB) und Verbraucherbildung (VB). Mit dieser Neuerung wird Medienbildung ab 2016 erstmals durchgängig und verpflichtend in allen Klassenstufen und Fächern verankert (StM, 2016).

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV) und Prävention und Gesundheitsförderung (PG) sind allgemeine Leitperspektiven. Das heißt, dass sie prinzipiell jedem Fach aufgetragen werden können. Hingegen weisen die themenspezifischen Leitperspektiven eine höhere Affinität zu einzelnen Fächern auf. Dazu zählen die Berufliche Orientierung (BO), die Medienbildung (MB) und die Verbraucherbildung (VB) (ebd.).

Medienbildung (MB) soll insbesondere in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik, Sachunterricht, Kunst/Werken, Musik, Evangelische / Katholische Religionslehre und in dem Fach Bewegung, Spiel und Sport integriert werden (ebd.). Die Bildungspläne der einzelnen Fächer traten am 1. August 2016 in Kraft, sodass diese ab dem Schuljahr 2016/2017 gültig sind. In allen genannten Fächern soll Medienbildung sowohl in den prozessbezogenen als auch in den inhaltsbezogenen Kompetenzen integriert werden. Beide Kompetenzbereiche sind als integrativ zu verstehen. Die Einbindung von Medienbildung in prozessbezogenen Kompetenzen kann sich in allen Fächern in Präsentationen, in der Informationsbeschaffung, in der Dokumentation von Ergebnissen und Erkenntnissen oder auch in der Wissensvermittlung selbst äußern (KM, 2016a; KM, 2016b; KM, 2016c; KM, 2016d; KM, 2016e; KM, 2016f; KM, 2016g; KM, 2016h; KM, 2016i). Bei den inhaltsbezogenen Kompetenzen sollen sich die SchülerInnen über die Vielfältigkeit der Medien bewusstwerden, den Umgang mit Medien kritisch reflektieren und sie sinnvoll und verantwortungsbewusst nutzen können, so dass eine selbstverständliche Integration in die Lebensgestaltung stattfinden kann. Die SchülerInnen sollen so die Vorzüge von Medien erlenen, aber zugleich auch deren Grenzen erfahren (ebd.). Im Folgenden werden über die genannten Integrationsmöglichkeiten in den prozessbezogenen als auch inhaltsbezogenen Kompetenzbereichen hinaus fächerspezifische Umsetzungen der Medienbildung im Unterricht dargestellt:

Im Deutschunterricht (KM, 2016a) soll der Umgang mit Medien im Unterricht sowohl zum Erwerb und zum Ausbau der Lesefähigkeit genutzt werden als auch um das Leseverstehen und die Texterschließung zu fördern. Außerdem sollen die SchülerInnen Medien bewusst für die Kommunikation einsetzen, sodass sie diese als Mittel der Alltagskommunikation nutzen können. Elektronische Schreibmittel sollen verwendet werden, um verständlich, strukturiert, adressatengerecht und funktional schreiben zu können.

Im Englischunterricht (KM, 2016b) wird nicht auf eine explizite Umsetzung eingegangen. Medienbildung soll sowohl auf der Ebene der inhaltsbezogenen als auch auf der Ebene der prozessbezogenen Kompetenzen integriert werden, sodass der Umgang mit Medien erlernt wird und SchülerInnen diesen kritisch reflektieren können.

Im Mathematikunterricht (KM, 2016c) sollen Medien als Hilfsmittel genutzt werden, damit sich die SchülerInnen Informationen beschaffen und auch Probleme lösen können. Auch in diesem Unterricht sollen Medien zur Visualisierung dienen, um Arbeitsprozesse und Arbeitsergebnisse zu präsentieren.

Im Sachunterricht (KM, 2016d) äußert sich die Medienbildung in einer integrativen Verankerung, d.h., dass ein reflexiver Umgang mit Medien stattfinden soll. Außerdem sollen SchülerInnen Medien zur Analyse, Deutung und Präsentation von Erkenntnissen und Ergebnissen nutzen. Der Einsatz von Medien im Sachunterricht kann sich in der Benennung verschiedener Medien und deren Verwendungsmöglichkeit äußern, bspw. zur Kommunikation, Information oder auch zur Unterhaltung.

Die Integration von Medienbildung in Kunst und Werken (KM, 2016e) soll die SchülerInnen zum kreativen Arbeiten anregen. Darüber hinaus soll mit Hilfe von Medien die Welt analysiert, gedeutet und erklärt werden, sowohl intuitiv als auch planvoll. Auch hier sind Medien als Präsentations- und Dokumentationswerkzeuge anzusehen.

Im Musikunterricht (KM, 2016f) kann die Integration von Medienbildung durch das Einsetzen von digitalen Produktions- als auch Präsentationstechniken erfolgen. Die SchülerInnen sollen durch den Gebrauch von Medien die Welt im musischen Bereich erkunden und verstehen können. Äußern kann sich dies in Klängen, Tonhöhenverläufen und Musikstücken, die in Zeichen übertragen und somit archiviert werden können.

In den Fächern Evangelische Religionslehre (KM, 2016g) und Katholische Religionslehre (KM, 2016f) steht vor allem der verantwortungsbewusste Umgang mit Medien im Fokus. Die SchülerInnen sollen die Auswirkungen von Medien auf das eigene Leben erkennen.

Im Sportunterricht (KM, 2016i) soll ebenfalls die Leitperspektive Medienbildung integriert werden. Medien können helfen, Bewegungsabläufe sowohl in Bildaufnahmen als auch in Filmaufnahmen zu zeigen. So können die SchülerInnen diese anschauen, reflektieren und aktiv nachmachen.

Die Integration der Medienbildung in die Bildungspläne und vor allem dies als Leitperspektive zu definieren, zeigt die immense Bedeutung, die ihr zugemessen wird. Unsere heutige Gesellschaft hat sich zu einer Mediengesellschaft entwickelt. Daher ist Medienbildung ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Allgemeinbildung geworden. Jede Schülerin und jeder Schüler sollte in unserer Gesellschaft über Medienbildung verfügen, um sich somit in unsere Mediengesellschaft integrieren zu können (Steiner, 2018).

Medienbildung wird in dem Bildungsplan als die „Befähigung, Medien sinnvoll auszuwählen, das Medienangebot kritisch zu reflektieren, die Medien verantwortlich zu nutzen sowie die eigene mediale Präsenz selbstbestimmt zu gestalten“ (Pant, 2018) bezeichnet. Die Medienbildung in der Schule umfasst folgende Felder: „Information und Wissen“, „Produktion und Präsentation“, „Kommunikation und Kooperation“, „Mediengesellschaft“, „Medienanalyse“ und „Informationstechnische Grundlagen“ (Steiner, 2018). Die Entwicklung einer umfassenden Medienbildung ist durch den Bildungsplan von 2016 nicht mehr nur Aufgabe der Eltern, sondern auch der Schule und verlangt somit ein Zusammenwirken von Eltern, Schule und ebenso den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Kultur (ebd.).

Da Medienkompetenz die traditionellen Kulturtechniken als eine weitere ergänzt, gilt sie inzwischen als eine unverzichtbare Schlüsselqualifikation. Medien sollen nicht nur im methodisch-didaktischen Sinne die Lehr-Lernprozesse fördern, sondern selbst zum Gegenstand der Bildung werden (ebd.). Schulische Medienbildung umfasst also demnach sowohl das Lernen mit Medien als auch das Lernen über Medien.

Die Beachtung und Einbeziehung von Bildungszielen und Bildungsstandards führen nicht automatisch zum Lernerfolg oder auch einer Medienbildung der SchülerInnen. Vielmehr müssen diese in Aufgabenstellung umgewandelt und didaktisch-methodisch sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden. Im folgenden Kapitel wird auf die Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien in der Schule eingegangen. So kann die hier dargestellte abstrakte und theoretische Ebene greifbar in den Unterricht implementiert und umgesetzt werden.

2.3 Digitale Medien im Unterricht

Digitale Medien nehmen in unserer heutigen Zeit einen immer größeren Stellenwert ein. Sie werden so stark genutzt, dass sie als „selbstverständliche Bestandteile der alltäglichen Lebenswelt angesehen werden können“ (Lermen, 2011). Einhergehend mit der Entwicklung der digitalen Medien haben sich veränderte Perspektiven und Notwendigkeiten für die Implementierung im Unterricht ergeben (ebd.). Daher ergeben sich neue Anforderungen sowohl an die Lehrenden als auch an die SchülerInnen. Mit dem Einsatz von digitalen Medien in der Schule und damit einhergehend im Unterricht „geht eine Relativierung von Lehrprozessen zugunsten von Lernprozessen einher“ (Breiter, Welling, & Stolpmann, 2010). Demnach führt der Einsatz von digitalen Medien dazu, dass das Lernen immer mehr als selbstgesteuerter, aktiv-konstruktiver, situativer und sozialer Lernprozess aufgefasst wird (ebd.).

Im Kapitel „Digitale Medien in der Schule“ sollen insbesondere digitale Medien und deren Einsatz in der Schule beleuchtet werden. Hier soll betont werden, dass keine Wertung von verschiedenen Arten des Einsatzes von Medien im Unterricht erfolgt. Es werden zuerst diverse Konzepte des Medieneinsatzes nach Tulodziecki vorgestellt. Danach folgen lern-lehrtheoretischen Grundpositionen, die eine erste Orientierung über einen sinnvollen Einsatz von Medien im Unterricht geben können. Anschließend werden allgemeine Funktionen und Einsatzmöglichkeiten betrachtet. Da die Lehrerinnen der gewählten Grundschule für die Untersuchung mit iPads im Unterricht arbeiten, werden diese und deren Funktionsweise dargestellt. Weiterführend zu diesem Kapitel wird der Autor Frank Thissen zu Hilfe genommen. Er beschäftigt sich mit mobilem Lernen in der Schule – genauer gesagt mit Tablets. Um später in der Diskussion (Kapitel 4) seine Position aufgreifen zu können und diese in Bezug zu den Interviews mit den Grundschullehrerinnen zu setzen, soll seine Betrachtungsweise bezüglich digitaler Medien im Unterricht in diesem Kapitel kurz beleuchtet werden. Die theoretischen Grundlagen schließen mit einer näheren Betrachtungsweise von interaktiven Whiteboards ab.

2.3.1 Konzepte des Medieneinsatzes nach Tulodziecki

Digitale Medien können im Unterricht ganz unterschiedliche Funktionen bedienen und somit divers eingesetzt werden. Entscheidend sind Gesichtspunkte für eine mögliche Klassifizierung. Es kommt darauf an, ob die Planung von der Lehrperson ausgeht und ob die SchülerInnen einbezogen werden sollen. Außerdem ist auch die Art des Lernens für den Einsatz von Medien entscheidend. Dieser kann rezeptives, reaktives, dialogisches, selbsttätiges oder selbstständiges Lernen unterstützen (Hagemann & Tulodziecki, 1978). Allerdings sind hierfür immer andere Konzepte notwendig, um den Medieneinsatz möglichst sinnvoll zu gestalten. Tulodziecki und Herzig (2004) greifen fünf davon für den Medieneinsatz auf. Sie unterscheiden zwischen dem Lehrmittelkonzept, dem Arbeitsmittelkonzept, dem Bausteinkonzept, dem Systemkonzept und dem Lernumgebungskonzept.

Das Lehrmittelkonzept stellt die Lehrperson in den Mittelpunkt des Lehrprozesses. Ihre Aufgabe ist es den Lehrprozess zu planen und die Medien auszuwählen, die für den gewünschten Einsatz zielführend sind. Sie steuert den kompletten Lernprozess und ist für die Vermittlung von Informationen zuständig. Die Lehrperson benutzt Medien, um flexibel in den Lehrprozess einzuführen. Durch die Flexibilität der Medien können sie vielfältige Funktionen erfüllen. Medien sind in diesem Konzept als Hilfsmittel zu betrachten, die zur Visualisierung und zur Kommunikation eingesetzt werden können.

Die SchülerInnen hingegen nehmen eine passive Rolle ein. Sie nehmen die Informationen rezeptiv auf. Daher wird ihnen eine reaktive Rolle im Lehr- und Lernprozess zugesprochen (ebd.).

Das Arbeitsmittelkonzept geht auf Comenius und Pestalozzi zurück, die Materialien, welche dem Lernprozess dienlich sind, aktiv als Lernmittel für die Lernenden angesehen haben. Dieses Konzept geht vom Lernenden aus und sieht in den Medien ein Arbeitsmittel, welches zur aktiven Wissensaneignung der Lernenden beiträgt. Die Lehrperson strukturiert den Lehr- und Lernprozess und gibt Anweisungen, nimmt also eine moderierende Rolle ein. Die SchülerInnen sollen durch den Einsatz von Medien zur Selbsttätigkeit aktiviert werden und sich somit neue Inhalte erschließen. Ebenfalls kann es sein, dass die SchülerInnen selbst in produktiver Weise eigene Medien herstellen (bspw. ein eigenes Buch) (ebd.).

Durch die Entwicklung komplexerer Medien, darunter Film oder Fernsehen ergibt sich eine Veränderung des Stellenwerts von Medien in Lehr und Lernprozessen. Medien werden im Bausteinkonzept als Wissensvermittler angesehen. Diese entlasten und sind teilweise ein Ersatz für die Lehrperson, da bestimmte Funktionen für das Lernen auf mediale Angebote übertragen werden. Die Lehrperson wählt aus medialen Lehr- und Lernangebote einzelne Bausteine aus und ordnet diese in das Lehr-Lerngeschehen in Bezug auf Lernvoraussetzungen, Lehrziele, Lehrinhalte und Lernmethoden ein. Die SchülerInnen übernehmen eine rezipierende und reaktive Rolle (ebd.).

Das Systemkonzept ist eine Weiterentwicklung des Bausteinkonzeptes. Medien sind bei diesem Konzept sowohl als Arbeitsmittel als auch als Wissensvermittler anzusehen. Aufgrund des Lehrermangels in den siebziger Jahren sollten Medien das Lehren mehr oder weniger vollständig selbst übernehmen. Die Lehrplanung wird vorab von schul-externen Akteuren wie beispielweise dem Kultusministerium getätigt. Anschließend können Lehrpersonen aus den vorgegebenen medialen Lehrsysteme auswählen. Die SchülerInnen haben genauso wie beim Bausteinkonzept eine rezipierende und eher reaktive Rolle. Allerdings ist auch selbstständiges Lernen möglich (ebd.).

Beim Lernumgebungskonzept soll das Lernen als eine aktive Auseinandersetzung mit der Lernumgebung der SchülerInnen gestaltet werden. Die Lehrperson ist für die Bereitstellung einer Lernumgebung zuständig, die die SchülerInnen zum selbstständigen Lernen anregen soll. Zugleich unterstützt die Lehrperson die SchülerInnen bei Bedarf. Damit kommt ihr eine auswählende und begleitende Rolle zu. Die Medien sind Arbeitsmittel, Werkzeug und Wissensvermittler zugleich. Die SchülerInnen übernehmen eine selbsttätige und aktive Rolle, das heißt sie entwickeln selbstständig themenbezogene Fragestellungen oder werden mit komplexen Problemaufgaben konfrontiert. Rückmeldungen werden beispielsweise durch Simulationen gegeben. Somit können die SchülerInnen ihre Entscheidungen optimieren. Bei diesem Konzept geht es darum, dass die SchülerInnen durch komplexe Aufgaben eigenständige Lösungen entwickeln können, wobei die Informationen selbstständig in Interaktion mit ihrer Lernumgebung erarbeitet und weiterentwickelt werden sollen.

Diese fünf Medienkonzepte sind nicht immer eindeutig voneinander abzugrenzen, sondern können auch verschmelzen. Je nach Aufgabenstellung und Fokussierung können auch mehrere Funktionen in den Mittelpunkt rücken. Die Einteilung der fünf Konzepte erlaubt allerdings, eine (zunächst abstrakte) Vorstellung von einer Lehr-Lernsituation einer oder mehreren Funktionen zuzuordnen, um diese Idee greifbar zu machen. Später kann diese Idee der Lehr-Lernsituation konkretisiert und umgesetzt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Einstellungen von Grundschullehrern zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Note
1,5
Autor
Jahr
2018
Seiten
94
Katalognummer
V1040042
ISBN (eBook)
9783346459336
ISBN (Buch)
9783346459343
Sprache
Deutsch
Schlagworte
elearning Digitale Medien Medienbildung Grundschule Unterricht
Arbeit zitieren
Joana Reimer (Autor:in), 2018, Einstellungen von Grundschullehrern zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040042

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