Das Dilemma der Normierung in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung in Theorie und Praxis


Hausarbeit, 2015

11 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Zu Vorgehen und Themenwahl

3. Die Theorie
3.1 Legitimation, Probleme und Zielsetzungen
3.2 Kompetenzen

4. Die Praxis
4.1 Die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“
4.2 Programm 21 und Transfer-21

5. Fazit

1. Einleitung

Fast ein Vierteljahrhundert ist es her, dass die Vereinten Nationen die Agenda 21 verabschiedet haben. Sie stellt die Übereinkunft dar, die nachhaltige Entwicklung als gemeinsames Leitbild der Menschheit im 21. Jahrhundert festzulegen. Um dies zu erreichen, sei die „Förderung der Schulbildung, des öffentlichen Bewusstseins und der beruflichen Aus- und Fortbildung" fundamental. Mit dieser Forderung wurde gleichzeitig auch die erste offizielle Verknüpfung von nachhaltiger Entwicklung und Bildung formuliert.

Im Jahr 2002 wurde die UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung" für die Jahre 2005 bis 2014 ausgerufen, welche aktuell in einem fünfjährigen Weltaktionsprogramm weitergeführt wird. Beide Initiativen sollen die Verankerung der Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in den verschiedenen Bildungssystemen der Nationen weiter vorantreiben.1 In Deutschland wurde Nachhaltigkeit 1994 als Staatsziel im Grundgesetzt verankert,2 und seitdem unter anderem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Deutsche UNESCO- Kommission e.V. und durch die Kommission Bildung für nachhaltige Erziehung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften (DGfE) gefördert. Die Bildungsoffensive Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) soll dabei:

„[...] Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nachhaltiges Denken und Handeln ermöglichen. Die Lernenden werden in die Lage versetzt, sinnvolle Handlungsentscheidungen zu treffen, indem sie die Konsequenzen für künftige Generationen oder das Leben in anderen Weltregionen berücksichtigen. “3

Im Rahmen des Seminars „Bildung und Nachhaltigkeit", konnten die Studierenden unmittelbar erfahren, vor welche philosophischen, gestalterischen und definitorischen Probleme alleine die Auseinandersetzung mit der Theorie der BNE die handelnden Akteure stellt. Ausgehend von dieser Erfahrung stellt sich die Frage, inwiefern sich diese Probleme in der Realität gezeigt haben, und wie sie gelöst wurden. Ein grundlegendes Dilemma der BNE ist dabei die Normierung der Zukunft der Heranwachsenden.

Diese Hausarbeit will sich näher mit diesem Dilemma befassen und dazu sowohl Theorie, als auch Praxis dieser Bildungsoffensive in den letzten 25 Jahren untersuchen. Was wurde versucht, um der Normierung zu entkommen? Welche Erwartungen wurden erfüllt, welche enttäuscht? Welche Ziele wurden erreicht und wie dynamisch war die Beziehung zwischen theoretischer und praktischer Arbeit im Bereich der BNE?

2. Zu Vorgehen und Themenwahl

Um diese Fragen beantworten zu können, werden in der Folge zunächst die zentralen theoretischen Beiträge zur BNE vorgestellt. Die Autorenauswahl orientiert sich hierbei an dem rahmengebenden Seminar und konzentriert sich auf die Perspektive der Mitgestalter dieser Bildungsoffensive zu verschiedenen Zeitpunkten ihres Verlaufs. Zentral werden hierbei die verschiedenen Beiträge von Dr. Gerhard de Haan sein, der sowohl als Geisteswissenschaftler, als auch praktisch, als Leiter des, durch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung beauftrage, Programm 21 und das Nachfolgeprojekt Transfer 21 zur Entwicklung und Erprobung von BNE-Modellkonzepten, ein vielseitig einflussreicher Akteur der Diskursfeldes Bildung für nachhaltige Entwicklung in Deutschland ist. Aus diesem Grund erscheint seine praktischen wie theoretische Arbeit ein geeigneter Rahmen zur Beantwortung voran genannter Fragen in Bezug auf ein konkretes Beispiel.

Den theoretischen Beiträgen werden im Anschluss Beispiele aus der Praxis der BNE gegenübergestellt, wodurch im abschließenden Fazit eine zufriedenstellende Beantwortung der Fragen hoffentlich möglich wird.

3. Die Theorie

Im Folgenden werden zum einen Grundlagentexte von de Haan, als auch Publikationen anderer, in Deutschland handelnder, Akteure der BNE- Bildungsoffensive in Gestalt von DGfE, BMBF und Deutscher UNESCO- Kommission dargestellt. Des Weiteren wird auch auf andere Beiträge aus dem konstituierenden philosophischen Diskurs über nachhaltige Entwicklung, welcher dieser Bildungsoffensive übergeordnet ist, eingegangen, um einen möglichst umfassenden Überblick über die theoretischen Grundlagen der BNE zu erlangen.

3.1 Legitimation, Probleme und Zielsetzungen

Bereits 1984, zwölf Jahre nach Gründung des gemeinsamen Umweltprogramms der Vereinten Nationen und acht Jahre vor Ausrufung der „Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung" befasste sich Gerhard de Haan im Rahmen seiner Philosophie-Dissertation „Natur und Bildung - Zum Verhältnis des Menschen zur äußeren Natur aus der Perspektive zukunftsbezogener Pädagogik" mit dem grundlegenden Dilemma der, auf die kritische Theorie Horkheimers aufbauenden, kritischen Erziehungswissenschaft, dass die Erziehung zu nachhaltigem Handeln zwangsweise eine Normierung der Zukunft Heranwachsender mit sich bringt.4

Aufgrund dessen beschränke sich Bildung auf kritische Distanz und Opposition gegenüber dem als schlecht bewerteten, aktuellen Zustand der Gesellschaft. Wissenschaftsorientiertes und selbstreflexives Lernen führe nicht über die Hoffnung auf und das Potential für eine gesellschaftliche Veränderung hinaus. Letztlich könne Erziehung immer nur eine Vorbereitung auf den Status Quo leisten.5 Dabei legt BNE die nachhaltige Entwicklung als Zukunftsvision und politische Leitidee fest, was natürlich ein Problem darstellt. Wie kann sich zukunftsorientierte Nachhaltigkeit durch Bildung durchsetzen, wenn diese Bildung nur Bezug auf den real herrschenden Zustand hat?6

De Haan kommt in seiner Dissertation zu dem Schluss, dass „pädagogisches Handeln im Zusammenhand mit utopischem Denken“7, heute würde er hier möglicherweise den BNE-Begriff verwenden, seiner Befangenheit nur dadurch entgehen kann, gerade den Bedürfnissen der Heranwachsenden nachzugehen, „denen heute noch keine Tendenzen entsprechen zu scheinen“8 Utopischem Denken scheine heute ein Korrektiv zu fehlen, welches erkennen lassen würde, welche Realisierungsbedingungen erst noch geschaffen werden müssen. Die fehlende wissenschaftliche Planung des Wohin und des Wozu könnten laut de Haan „die gegenwärtige Zukunft jegliche Utopie durch ein Aus der Menschen überholen. “95 6 7 8

3.2 Kompetenzen

Dieses dramatische Urteil verdeutlicht die Verantwortung mit der Bildung und Erziehung im Allgemeinen, und ganz besonders Bildung für nachhaltige Entwicklung verbunden sind. De Haan setzte sich später für das Konzept der Schlüsselkompetenzen ein, welches auf das Konzept der Schlüsselqualifikationen aufbaut, anders als dieses aber den Lernenden in die Lage versetze, das Gelernte nach seinen Bedürfnissen zu verändern, neue Handlungsalternativen in das System zu integrieren, aus einer Auswahl an Alternativen zu wählen, neu erlernte Fähigkeiten mit anderen zu verknüpfen und sein Handlungsrepertoire durch die Verknüpfung von Fähigkeiten zu weiteren Verhaltensalternativen zu erweitern.9

Das Konzept der Schlüsselkompetenzen hat sich in der Folge als methodische Grundlage der BNE gefestigt und findet sich so auch als Kernpunkt des 1999 ins Leben gerufenen Transfer-21-Pogramms der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung. In einer ebenfalls von Gerhard de Haan verantworteten Begleitbroschüre zum Programm wird erklärt, dass diese nötigen Kompetenzen, er spricht jetzt von Teilkompetenzen einer Gestaltungskompetenz, aus der Nachhaltigkeitswissenschaft abgeleitet, normativ begründet, aber auch aus sozialer Praxis und Zukunftsforschung gewonnen werden.10

[...]


1 http://www.bne-portal.de/un-dekade/un-dekade-deutschland/was-ist-die-un-dekade/un- weltdekade-bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung-2005-2014

2 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Art. 20a

3 http://www.bne-portal.de/was-ist-bne/grundlagen

4 Vgl. "Natur und Bildung - Zum Verhältnis des Menschen zur äußeren Natur aus der Perspektive zukunftsbezogener Pädagogik”. (De Haan 1985) S. 210

5 Ebd.

6 Vgl. „Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen: Synergien im schweizerischen Kontext“ (Lausselet 2013) S. 20

7. “Natur und Bildung - Zum Verhältnis des Menschen zur äußeren Natur aus der Perspektive

8 zukunftsbezogener Pädagogik”. (De Haan 1985) S. 214

9 Vgl. “Bildung für Nachhaltigkeit: Schlüsselkompetenzen, Umweltsyndrome und Schulprogramme” (De Haan 1998) S. 5

10 “Programm Transfer-21 Bildung für nachhaltige Entwicklung - Hintergründe, Legitimation und (neue) Kompetenzen” (De Haan 2005) S. 1 Vgl. “Bildung für Nachhaltigkeit: Schlüsselkompetenzen, Umweltsyndrome und Schulprogramme” (De Haan 1998) S. 26

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Das Dilemma der Normierung in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung in Theorie und Praxis
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Bildungswissenschaften)
Veranstaltung
Bildung und Nachhaltigkeit
Note
2,0
Jahr
2015
Seiten
11
Katalognummer
V1040232
ISBN (eBook)
9783346457141
ISBN (Buch)
9783346457158
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bildung, Nachhaltigkeit, Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Theorie und Praxis, Normierung, de Haan, BNE, Bildungsoffensive, Umweltprogramm, Erziehungswissenschaften
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Das Dilemma der Normierung in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung in Theorie und Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040232

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