August Aichhorn - Verwahrloste Jugend


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1999

11 Pages


Extrait


August Aichhorn “Verwahrloste Jugend"

ZUR PERSON:

August Aichhorn wurde am 27.7.1878 in Österreich geboren. Er war ein Nachfahre von Bayern, die von österreichischen Rittern geraubt und verschleppt wurden.Mit 20 Jahren wurde er Volksschullehrer in Wien. Als 1907 militärische Erziehungsheime für Knaben in Wien eingeführt wurden kämpfte er erfolgreich dagegen an und wurde Vorsitzender eines Ausschusses, der Erziehungsheime organisieren sollte.

Nach dem ersten Weltkrieg erprobte er moderne Pädagogik in den Anstalten Ober- Hollabrunn und St. Andrä (1918-1922). Er zeigte dort, daß die Zwangserziehung der “Besserungsanstalten3 logischerweise zum Mißerfolg führt. (S.201ff (1))

Aichhorn war amtlicher Leiter der Wiener städtischen Fürsorgeanstalten,

später Leiter der Wiener Psychoanalytischen Erziehungsberatung, in der Kriegszeit Lehranalytiker für Arzte und Psychologen, dann Professor in Wien und Vorstand der Wiener Psychoanalytischen Institute. (S.183/184 (2))

Sein pädagogisches Handeln geschah zunächst aus einem sehr sicheren Gefühl heraus, dann fand er in der Psychanalyse die theoretische Grundlage hierfür. Er war ein hervorragender Lehrer, er handelte als ein Diener seiner Schüler.

Seine Intuition war beeindruckend, er war voller Interesse für die Menschen und liebte es, sie zu beobachten.

Er meinte, wer das Gefühl hätte, er hätte Geduld mit den Kriminellen, bringe sich schon durch diese Einstellung um die Früchte seiner Arbeit. Er löste das Problem der Verwahrlosung und des Verbrechens von den moralischen Vourteilen

Seine Fähigkeit Gespräche zu führen, war überragend, eine einzige Unterredung konnte jahrelang positiv in einer Familie nachwirken, ihm gelang sogar die Heilung eines Schizophrenen durch Gespräche.

Er verbrachte täglich 16-17 Stunden mit seinen Klienten und sagte dabei, daß ihm das Gefühl der Arbeit fremd sei. Er hatte Verständnis für die Abenteuerlichkeit des Verbrechens, die Räuberromantik. Er war harmonisch, beherrscht und ein lebensfroher Genießer.

ZUSAMMENFASSUNG:

Die Hauptursache der Verwahrlosung ist der Mangel an Nestgefühl und ungünstige Erziehungsbedingungen in der Familie beim Heranwachsen. In der Erz. der Verwahrlosten sind Züchtigung, Mißtrauen und Angstigung zu vermeiden, da sie asoziale Gefühle hervorrufen und die Erziehungssituation verschlimmern.

Der Lusthunger der Verwahrlosten soll für lustbetonte Arbeitsleistungen ausgenützt werden, seine Aggression durch Förderung der Abreaktion der Affekte kanalisiert werden, und zwar in einem versöhnlichen Millieu selbstbeherrschter Erzieher.

Von Moral und Ethik soll nicht gesprochen werden, ehe der Freß-, der Aggressions- und der Haßtrieb irgendwie abgesättigt sind, dann erst drängen die unbewußten Konflikte zur kathartischen Lösung. Herstellung des Rapports im Sinne der Übertragung

Man sollte dem Verwahrlosten bald Gelegenheit zu Verantwortung geben (wie Aichhorn etwa dem Dieb die Kasse anvertraute).

Es ist sehr wichtig, dem verdrängten und gestauten Zärtlichkeitsbedürfnis Gelegenheit zur Befriedigung zu geben.

Aichhorns Grundsatz besonders im Umgang mit den Aggressiven war: “Absolute Güte und Milde, fortwährende Beschäftigung und Spiel, um Aggressionen vorzubeugen, fortgesetzte Aussprache mit jedem Zögling.3

Die Psychoanalyse in der Verwahrlosungsproblematik

Die Gesamtpersönlichkeit besteht aus ES, ICH und ÜBER-ICH. Diese Teile müssen zur Vereinbarung kommen, da sonst viel Kraftaufwand nach innen und wenig nach außen fließt.

Im Kind herrscht zunächst das ES, das keine Verbindung zur Außenwelt hat, es ist nur kleines ICH vorhanden, das ICH baut sich aus ES-Material langsam auf, dieser Persönlichkeitsteil hat auch die Verbindung nach außen.

So oft werden die Bedürfnisse des ES beim Kinde von den Eltern und der Umwelt abgelehnt.

Bei der ICH-Bildung findet eine Identifikation mit den Eltern, ihre Gebote gehen in das ÜBER-ICH ein und formen somit das Gewissen. Bei frühkindlicher Befriedigung der ES- Bedürfnisse tritt das ES bei der folgenden ICH- Bildung zurück, bis in der Pubertät dem ES neue Kraft zuströmt und das Gleichgewicht wieder ins Wanken gerät, jedoch letztendlich, nach der Pubertät, übernimmt das ÜBER-ICH die Führung der Gesamtpersönlichkeit. Das ÜBER-ICH ist ein Produkt der Außenwelt, hat aber keinen direkten Zugang zu ihr. Die Persönlichkeit hat den Übertritt in die Erwachsenenwelt vollzogen, die erziehende Außenwelt scheidet nun aus.

Was tut Erziehung in diesem Prozeß?

Die Erziehung spricht vorwiegend das ICH an, ohne Erziehung kann das ICH das ES nicht bändigen. Erziehung soll aus den Persönlichkeitsanteilen einen “Bundesstaat3 machen. Es kommt zu Fehlentwicklungen beim Mißlingen der Erziehung.(S.167 (2))

Gewaltlose Erziehung

Es gibt drei Faktoren der Erziehung: das Kind wird durch Erwachsene erzogen, durch Natur und die Umstände.

Erziehen heißt, die Zwangslage des Kindes auszunutzen, die darin besteht, daß es abhängig von der materiellen und affektiven Zuwendungder Erwachsenen. Gewaltlose Erziehung besteht in Erziehung ohne Mißbrauch der uns dem Kinde gegenüber gegebenen Macht.

Allerdings heißt gewaltlos nicht ohnmächtig. Die zunehmende innere Autorität des Jugendlichen resultiert aus einer kraftvollen Erziehung.

Erziehung kann nur Vorbereitetes erhalten, entwickeln, weiterbilden, aber nichts Neues schaffen. Im Heranwachsen wird das Kind fähig, Lustgewinn aufzuschieben und Lustverzicht und Unlust zu ertragen , sonst wäre Leben in der sozialen Gemeinschaft unmöglich.(S.136 (2))

FEHLER IN DER ERZIEHUNG:

Gewalt in der Erziehung beginnt mit Angsteinflößung z.B. mittels der Religion.

Sehr wichtig ist: Verbote müssen ausgesprochen werden.

Die Eltern sollen nicht die Aufopferung für das Kind beklagen, sondern Liebe selbstverständlich geben.

Das Kind soll nicht die Lebenswünsche der Eltern stellvertretend erfüllen müssen.

Man soll die Kinder nicht in Erwachsenen- bzw. Partnerposition drängen.

Aichhorn schreibt folgendes über kleinere Kinder, aber es gilt genauso für jugendliche Verwahrloste.

Bei “Schlimmheitsäußerung3 soll man immer nach dem “Warum?3 fragen, wenn es gelingt das dazugehörige “weil3 zu finden, kann die Anderung dieser Bedingung zum Ausbleiben des Anfalls führen. Die “Schlimmheitsäußerung hat Sinn, sie ist die Folge wohlbegründeter psychischer Vorgänge. Die Handlungen sollen zumeist Aufmerksamkeit erregen und resultieren zumeist aus einem Gefühl der Zurücksetzung, des Nicht-genug-Geliebtfühlens. (Bei neugeborenen Geschwistern meint er, sei die Zurücksetzung des Alteren unvermeidbar.) (S.120/21 (2))

Unlusterlebnisse wecken Rachebedürfnisse beim Kind. Das sind unbewußte Vorgänge, moralische Bedenken spielen in der Regel keine Rolle.

Eine häufige Handlungsmotivation ist, den im passiven Erleben gestauten Affekt durch aktive Wiederholung auflösen (z.B. über eine Identifikation mit dem Angreifer). Die Behandlung erfolgt durch Bewußtmachung.(S.139 (2)) Grundsätzlich sind Kindheitserlebnisse sehr prägend für weitere Entwicklung. Kriegsumstände sind in vielerlei Hinsicht verheerend für die Kinder.

Annäherung des Erziehungsberaters an die Kinder und Jugendlichen Die Annäherung an die Kinder erfolgt gänzlich anders als an die Eltern, da sie kaum freiwillig bei ihm erscheinen und zunächst gegen ihn eingestellt sind.

Es ist wichtig, das gezeigte Verhalten des Kindes sofort richtig zu deuten und sich danach zu verhalten, denn die Übertragung soll rasch herstellbar sein. In der Regel begrüßt man die Kinder schweigend, mit Blick oder Händedruck, die Kinder fühlen sich so oft verstanden, es entsteht eine Atmosphäre in der die Übertragung zustande kommt. Worte setzen wohl zu schnell Grenzen, man kann Vergleiche ziehen zu der sehr zurückhaltenden und zunächst schweigenden Begrüßung bei südamerikanischen Indianern.

Man läßt sie sich setzen und vermeidet Unlustthemen wie etwa Schule. Man führt das Gespräch über den Interessenkreis des Kindes und vermeidet das “Delikt3 -Thema. Bei Kindern, deren Zärtlichkeitsbedürfnis unbefriedigt blieb, die sich gern in Phantasiewelten zurückziehen, wirken Interesse und Aufmerksamkeit oftmals Wunder.

Am schwierigsten ist die Annäherung an Jugendliche, die in einem ständigen offenen Konflikt mit ihrer Umwelt leben, dazu gehört aggressives Verhalten in der Pubertätszeit. Bei vielen ist es eine mit unzulänglichen Mitteln geführte Revolution gegen den Vater.

Ist der Vater ein brutaler Schwächling, wird sich der Vaterhaß leicht gegen den Erzieher richten. Ihnen gegenüber ist man noch freundlicher, aber nicht zu entgegenkommend, da das als Schwäche ausgelegt werden würde, also bemüht man sich um kraftvolles Auftreten und freundliche Worte.

Wenn man diese Jugendlichen gewinnen will, stimmt man ihnen zu und verbündet man sich schließlich mit ihnen - aber durch das Verhalten nicht durch Worte, da diese alles endgültig festlegen würden und der Jugendliche es als Wortbruch empfinden würde, wenn dann schließlich an ihn Anforderungen gestellt werden.

Man vermeidet bei der Verbündung die Position des gleichaltrigen Freundes wie die des verwahrlosten Erwachsenen. Man wartet den geeigneten Zeitpunkt ab, bevor man mit Versagungen einsetzt.

Die Annäherung an den Jugendlichen, der den Kampf gegen den Vater mit nicht brutalen sondern eher mit intriganten Mitteln führt (Entstehung aus Identifikation mit dem ähnlich strukturierten Vater), ist noch schwieriger und verlangt äußerste Objektivität, da diese Jugendlichen leicht äußerst unangenehm wirken. Bei ihnen ist die Herstellung der Übertragungssituation oft langwierig und kaum sehr intensiv.

Die neurotisch schwer Verwahrlosten werden an eine psychtherapeuthische Behandlung verwiesen, ihnen gegenüber ist man besonders passiv und zurückhaltend um dem Therapeuthen nicht in die Übertragung zu pfuschen. Erziehungsnotstände durch ein defektes Über-Ich (etwa wenn die Eltern selbst verwahrlost sins und die Gesellschaft ablehnen, oder wenn die Mutter stärker ist als der Vater und sich so Aichhorns Meinung nach das Über-Ich nicht ausbilden kann) kann die Erziehungsberatung nicht beheben. Hier ist Anstaltserziehung oder andere Familienpflege zu empfehlen. “Je weniger voreingenommen der Erziehungshelfer Kinder, Jugendliche und Eltern anhört, je weniger er deren Redefluß hemmt, je mehr er Zögernde zum Sprechen zu bringen vermag und je genauer er sonstige Auffälligkeiten - Mienenspiel, scheinbar ganz willkürliche Bewegungen, Anderungen im Redetempo usw. - beobachtet, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit werden, in einem Gesamteindruck die ersten richtigen Grundlagen für die Verwahrlosung verursachenden Momente zu bekommen.3 (S.98 (2))

GRUPPENBILDUNG IN DER FÜRSORGEERZIEHUNGSANSTALT

Angestrebt sind möglichst kleine Gruppen. Es wird zur Einpegelung bei etwa 25 Kindern pro Gruppe kommen, es bleibt aber vom Wesen her eine Massenerziehung. Die Gruppe soll so beschaffen sein, daß das Leben in ihr schon die Verwahrlosung behebend wirkt. In Ober-Hollabrunn wollte der psychatrische Berater Lazar die Kinder nach der Diagnostik zusammenfassen, was sich als undurchführbar erwies, da die Fälle erzieherisch zu weit auseinanderlagen.

Zunächst waren die Gruppen nach ihrer Ankunft zusammengestellt worden, nur getrennt nach Geschlecht, Schulkindern bzw. Schulentlassenen. Es ergaben sich die größten Führungsschwierigkeiten, einzelne Zöglinge wurden zwischen den Gruppen hin- und hergeschoben, bis sich ein Auskommen fand, beisammen waren nun die, die sich von selbst aneinanderschlossen. Die Neuankömmlinge wurden von einem Erzieher mit einem besonders guten Blick für die Differenzierung der Zöglinge hatte, geschickt einer Gruppe zugewiesen.

Lazar fand heraus, daß sich die Zöglinge organisch folgenderweise gruppiert hatten:

1) Intellektuelle Defekte
2) leicht in der neuen Umgebung zu überwindende soziale Mängel
3) fester verankerte soziale Mängel, die aktive Erziehung nötig machen
4) charakterologische Fehler neben den sozialen Mängeln bei höherer Intelligenz
5) Gleichgewichtsstörungen mit gelegentlicher motivierter Aggression neben charakterologischen Fehlern und sozialen Mängeln
6) unmotivierte Ausbrüche von Aggressionen verschiedenster Form, daneben die anderen

Mängel

Diese Gruppenzusammenstellung ermöglichte es den Erziehern, die vorhandene Problematik durch die Vervielfältigung besonders deutlich zu sehen und darauf zu reagieren. So wurde die Gruppe zum Heilungsprinzip.

Auf Seite 129 (1) beschreibt Aichhorn die Zustände in einer gewöhnlichen Besserungsanstalt. Es herrschen Ordnung, Zucht und Haß. Die Beziehung zwischen Zögling und Erzieher befindet sich oft auf sadomasochistischem Niveau. Es gibt keinerlei Privatheit, der Haß verdichtet sich noch mehr, um später in der Gesellschaft entladen zu werden. Es muß größte Gewalt aufgewandt werden, um diesen penibel ordentlichen Zustand aufrechtzuerhalten, der schon normalen Kindern so widerstrebt, den Dissozialen umso mehr. “Den Zwang des sozialen Lebens haben sie nicht ertragen und durch solchen Anstaltszwang sollen sie wieder sozial werden?3 fragt sich Aichhorn.

In Oberhollabrunn haben die Zöglinge dagegen Bewegungsfreiheit, sie stellen allerhand an, was zu vielen nachbarlichen Beschwerden führt. Auch in der Anstalt wollen sie dem Verwahrlosten zunächst keine Widerstände entgegensetzen, sndern den rechten Zeitpunkt für Versagungen abwarten.

Verwahrloste können typischerweise Triebregungen schlecht unterdrücken oder von primitiven Zielen ablenken. Der Großteil leidet unter einem unbefriedigten kindlichen Zärtlichkeitsbedürfnis. Es treten also sehr gesteigerter Lusthunger, primitive Form der Triebbefriedigung, Hemmungslosigkeit und verdecktes aber sehr großes Verlangen nach Zuneigung auf.

Wenn die Verwahrlosung behoben werden soll, muß zuerst auf die Bedürfnisse der Dissozialen eingegangen werden, auch wenn es anfangs wüst zugeht. Die täglichen Konflikte sollten zur Erreichung des Erziehungsziels verwertet werden.

Den Verwahrlosung wurde Zuneigung gewährt, um einen versäumten Entwicklungsprozeß nachzuholen: nämlich den Übergang von der unwirklichen Lustwelt in die wirkliche Realität.

“Es war uns von allem Anfang an rein gefühlsmäßig klar, daß wir den ...jungen Menschen von 14-18 Jahren vor allem Freude zu bereiten hatten. Keinem von uns war je eingefallen, in ihnen Verwahrloste oder gar Verbrecher zu sehen, vor denen die Gesellschaft geschützt werden müsse; für uns waren es Menschen, denen das Leben eine zu starke Belastung gebracht hatte, deren negative Einstellung und deren Haß gegen die Gesellschaft berechtigt war; für die daher ein Millieu geschaffen werden mußte, in dem sie sich wohl fühlen konnten. Und es war dann auch tatsächlich ganz von selbst gegangen. Frohe Gesichter bei Erzieherinnen und Erziehern, freudiges Lachen aus Kinderaugen, auch von 18-jährigen, das waren eben die großen Kinder.- Ich erinnere mich noch der Spannung, mit der wir den ersten Zögling erwarteten, und seines Behagens, als wir uns auf ihn stürzten, um ihn zu verwöhnen...später wurde das Zuviel an Verwöhnung abgestreift...es hat aber nicht geschadet Wir betrieben so, ohne es damals zu wissen, schon durch die Millieuschaffung eine praktische Psychologie der Versöhnung, von der wir heute sagen können, daß sie für die überwiegende Mehrheit der gegenwärtig in Besserungsanstalten untergebrachten Zöglinge anzuwenden ist.3 (S.130 (1)) Es gibt aber auch Verwahrloste, die auf diesem Wege nicht erreichbar sind (er meint sicherlich die ohne Triebeinschränkung Aufgewachsenen, die durch Verwöhnung dissozial Gewordenen).

In der Anstaltserziehung soll aus der richtigen Einstellung zum Zögling heraus dieser zu Erlebnissen geführt werden (auch unter Ausnutzung der Räuberromantik), welche nur im Leben und nicht in einer lebensfremden Anstalt zu haben sind.

Die Anstalt soll eher einer freien Siedlung lebensbejahender Menschen gleichen. Es besteht aber die Gefahr, daß die Individualität in der Anstalt untergeht, jeder braucht ein für sich reserviertes Plätzchen. Aichhorn findet aus eigener Erfahrung ein Pavillonssystem bei einer Anstalt ideal.

Nicht alle Jugendlichen waren sofort vom freundlichen Millieu eingenommen, es gab da Ungläubigkeit und die innerlich Verrohten sahen in den Erziehern die Schwächlinge, die Intelligenten wiederum die Dummen. Es wurden jedoch keine Versuche unternommen, sie durch Worte gewinnen zu wollen.

Als elementar wichtig für den Erfolg der Erziehung, die ja der Übertragung und des Vertrauens bedarf, befand Aichhorn, daß es dasselbe Essen für Zöglinge und Erzieher in ausreichender Menge gab. Die heitere Lebensauffassung des Erziehers ist ebenfalls entscheidend für das Gelingen des Erziehungswerks. Die pubertierende Knaben können auch gut eine Erzieherin (als Objekt für ihre Libido) gebrauchen, am besten ist es, wenn Erzieher und Erzieherin gemeinsam in einer Gruppe arbeiten. Die Behebung der Verwahrlosung ist letzten Endes ein libidinöses Problem, d.h. der Gefühlsbeziehungen des Zöglings zu den Personen seiner Umgebung. Unabdingbar sind auch ein Freundschafts-und Vertrauensverhältnis unter den Mitarbeitern und regelmäßige Aussprachen (entspricht sicher der Supervision). Die schlechten Stimmungen besonders der Erzieherinnen übertrugen sich leicht auf die Gruppe und fielen dann wieder auf die Erzieherin zurück.

Die erfolgreiche Arbeit des Personals einer Anstalt ist unmöglich ohne starke Bindung an den Leiter, so wie der Erzieher zum Leiter wird sich auch der Zögling an den Erzieher binden.

Die Verwahrlosten stammten fast ausnahmslos aus zerstörten, zerrütteten oder unharmonischen Familien, offenbar läßt nur das Vorhandensein eines Ruhepunktes wie der Familie den Einzelnen die Püffe des Lebens ertragen. Die Erziehung des Verwahrlosten muß sich folglich von der Erziehung des normalen Kindes unterscheiden.

In Oberhollabrunn betrieben sie Berufsberatung im Sinne der Kompensierung und Sublimierung, eine richtige Arbeitseinteilung kann entscheidend für die Ausheilung sein (so verwies Aichhorn den Homosexuellen in die Schneiderei und den anal Orientierten zum Wühlen im Dung in die Gärtnerei).

Aichhorn fand, daß es erzieherisch notwendig sei, den Zöglingen Gelegenheiten zum Stehlen zu geben. Als weiteres psychanalytisch motiviertes Erziehungsmittel nutzte Aichhorn die Katharsis (grundlegende psychische Reinigung). Er zog tägliche Konfliktsituationen heran, um den Zögling zum Helden eines Dramas zu machen und eine Katharsis einzuleiten. (er vertraute dem Dieb die Tabakkasse an S.139 (1)) . Nach der Lösung solcher Konflikte stellt sich eine sehr intensive Übertragung ein, die allerdings irgendwann behutsam wieder gelockert werden muß, da sonst der Erziehungserfolg gefährdet werden kann (es kommt leicht zu Eifersuchtsregungen bei enger Bindung).

Aichhorn berichtet, daß sie hatten besonderen Erziehungsmittel gehabt hätten. Bei Roheitsdelikten, Diebstahl oder sonstigen größeren Vergehen ließ Aichhorn den Missetäter und den Geschädigten zu sich kommen, es gab eine Aussprache mit ihnen und mildes Verzeihen bis zur äußersten Grenze, damit haben sie gute Erfahrungen gemacht.

Zu Aussprachen kamen die Jugendlichen freiwillig mit allen ihren Problemen von Religion bis Liebe, erstaunlicherweise blieben die Toiletten unbeschriftet.

Die Aggressiven

Bei der Gruppenbildung in Oberhollabrunn gab es einige Kinder, die durch ihre besondere Aggressivität in keiner Gruppe geduldet wurden, aus Not gab man diese in einer Extragruppe zusammen, es war die einzige nicht selbst zusammengekommene Gruppe.

Gegen den Widerstand einer Mehrheit der Erzieher bestand Aichhorn auf der Ablehnung schärferer Zucht auch für diese ärgsten Störenfriede, von denen jeder einzelne zuvor seine Gruppe in größte Unordnung gebracht hatte. Aichhorn faßte die Aggressionen als Haßreaktionen auf, die sich aus der völligen Nichtbefriedigung ihres Lustbedürfnisses herleitete und aus der übermäßigen Strenge des Vaters.

Es gibt zwei Haßtypen:

1.-offener Haß in verschiedenem Ausmaß
2.-verdeckter Haß (nach außen hin

liebenswürdig, Intriganz, Verlogenheit, Auf dringlichkeit, Arroganz, Tyrannei)

Aichhorn fand Haß immer als Reaktion auf unbefriedigtes Liebesbedürfnis, bei 2. lag oft zu wenig Gattenliebe und Flucht zum Kinde vor. Wenden nun die Erzieher in dieserHaßsituation verschärfte Zucht an, treten sie in denselben Konflikt mit den Kindern und werden so die Haßimpulse nur verstärken und die Verwahrlosung vertiefen.

Man muß sich zur Aufhellung der Verwahrlosung ganz eindeutig auf die Seite des Zöglings stellen, um von ihm zu erfahren, wie er dem Leben gegenübersteht, man grämt sich nicht, wenn man dabei angelogen wird; was die anderen über ihn erzählen, dient nur der Verdeutlichung seiner Einstellung.

Aichhorn übernahm selbst mit zwei Erzieherinnen die Gruppe der zwölf Jungen. Die Kinder stammten aus zerrütteten Familienverhältnissen,waren sehr lieblos behandelt worden und hatten unter unvernünftiger Strenge und Brutalität zu leiden gehabt, sie wiesen alle eine neuropathische Konstitution und Schulrückstände auf (Spiegel 25/99 S.197: Terror und Todesangst, traumatische Erlebnisse führen zur Ausschüttung des Streßhormons Glukokortikoid, das zur Schrumpfung des Großhirnteils, der für das Lernen und die Erinnerung zuständig ist, führt - also hat, wer viel zu verdrängen hat, wenig Raum zum Lernen)

Die Kinder hatten teilweise die Liebe vollständig vom Menschen aufs Tier verschoben. Sie waren alle fürchterlich geprügelt worden und prügelten wieder, griffen sofort an, wenn sie sich als die Stärkeren fühlten. Dieses Liebesdefizit muß zuerst ausgeglichen werden, dann kann man die Belastung langsam steigern.

Die anzuwendende Behandlung lag nach Aichhorn darin: “Absolute Milde und Güte; fortwährende Beschäftigung und viel Spiel, um auch den Aggressionen vorzubeugen; fortgesetzte Ausprache mit jedem Einzelnen3. Das bedeutete, daß die Erzieher setzten den Jungen keinen Widerstand entgegen, oder milderten ihn,wenn nicht vermeidbar, wenigstens. Soweit nur immer möglich sollten die Erzieher die Kinder gewähren lassen. D.h., wer nicht am Tisch essen wollte, konnte es ohne Angabe von Gründen woanders tun. Es gab zwar feste Schlaf- und Essenszeiten, diese waren aber für den Einzelnen nicht bindend. Bei Streit-, Rauf- und Wutszenen galt es nur, Unglück zu verhüten, nicht parteizunehmen. Die Kinder deuteten das Verhalten der Erzieher natürlich als Schwäche, weil sie es nicht anders kannten, nie hatten sie doch einen guten Menschen kennengelernt. Die Aggressionen häuften und verstärkten sich, auch aus Gründen des unbewußen Schuldgefühls und Strafbedürfnisses. Die Baracke war völlig zerschlagen, keiner aß mehr am Tisch, das Schreien und Toben hörte man weithin und die Erzieherinnen mußten wegen Erschöpfung abgelöst werden.

Das Anschwellen der Aggressionen läßt sich auch damit erklären, daß diese Kinder jeden Lustentgang und jede aufgezwungene Unlust rächten, indem sie anderen Unlust zufügten, diese Handeln wurde für sie lustbetont. Nun blieben die gewünschten Reaktionen auf ihre Aggressionen aus, also mußte wohl ihre Aggression zu gering sein, blieben sie aus anderen Gründen aus, besäße ihr Haß keine Legitimation mehr und ihre ganze Lebenseinstellung müßte zusammenbrechen.

Die Erzieher brauchten ungeheuer viel Selbstbeherrschung, um im Umgang mit den Aggressiven nicht in Wallung zu geraten, der ruhende Pol in dem Chaos zu sein (nicht dem Schwächeren in einer Prügelei beispringen und Hänseleien aushalten, wenn man als Einziger am Mittagstisch saß.) Erschwerend kam hinzu, daß die Erzieher keine Unterstützung in ihrem Tun durch die anderen Mitarbeiter hatten.

Die besonderen Schwierigkeiten machten ständigen Kontakt und Besprechungen über das Vorgehen erforderlich, (wie Supervision), sie begannen die Affektausbrüche graphisch darzustellen, um sich über die Vorgänge und ihre Einflußfaktoren bewußt zu werden -siehe Kopie der Graphik

Aber auch Aggressionen haben ihren natürlichen Höhepunkt, nach dem Überschreiten dieses Punktes fehlte in den Ausbrüchen der echte Affekt, sie waren gut, aber gespielt, es wurden Scheinaggressionen. (S.151 (1)) Die Nichtbeachtung des Scheingehorsams führte zu heftigstem Affekt, der sich meist in Wutweinen erledigte, alle Zwölf durchlebten dies. Danach kam es zu sehr starker Labilität und Zeiten großer Bravheit, die aber nicht anhielten. Die Rückfälle in die Wut erreichten aber nicht mehr frühere Intensität.

Dann gab es auch schon Gefühlsbeziehungen zwischen Zöglingen und Erziehern. Dieser Abschnitt war für die Erzieher am unangenehmsten, die Kinder waren ungemein empfindlich, durch die Übertragungssituation kam es zu einem Konkurrenzkampf wie unter Geschwistern, nur heftiger. Die Gruppenentwicklung war nun an einem Totpunkt angelangt. Aichhorn suchte nach einem geeigneten Affekterlebnis, einem starken Freudenaffekt (diese können ungeheuer viel bewirken), um Bewegung auszulösen.

Es war gerade in der Weihnachtszeit. Weihnachten wurde mit großer Freude gefeiert, viele hatten das noch nie getan, es zeigte sich eine wochenanhaltende tiefinnerliche Wirkung dieses Festes. Einige Tage nach Weihnachten zog die Gruppe aus der devastierten in eine neue Baracke, es wurde zu dem Beginn eines neuen Lebens, die Zwölf waren zu einer homogenen Gruppe geworden, die nicht mehr Schwierigkeiten als andere machten.

In der Zeit der Labilität übernahm der Anstaltspsychologe Aichhorns Platz in der Gruppe, er hatte die schwierige Aufgabe, sie zu der lebensnotwendigen Abhärtung und normalen Reaktionen zu führen. Er setzte die Kinder vorsichtig und äußerst differenziert immer stärkeren Belastungen aus, indem er absichtlich nicht immer gleichmäßig ruhig und freundlich blieb, Ungeduld und Unzufriedenheit zeigte.

Mit dem Abflauen der Aggressionen zeigten Einzelne bedeutend erhöhte intellektuelle und schulische Leistungen. Denn durch das Schwinden der Aggressionen wurde Libidoenergie freigesetzt, die sich nun normalen Zielen zuwenden konnte, wobei die Erzieherinnen eine wichtige Rolle spielen.

Hier ist aber ein sensibelster Punkt, es darf nicht durch ungeschicktes erzieherisches Verhalten eine infantil-ödipale Bindung entstehen, so notwendig die Übertragung für den Erziehungsprozeß ist, so wichtig ist es auch diese Bindung rechtzeitig wieder zu lockern (das geschieht teilweise von selbst).

Um die Zöglinge vor der Entlassung aus der Anstalt gegen schädliche Einflüsse immun zu machen ist eine Auslaufgruppe möglich, es gab auch eine Einlaufgruppe.

Die Bedeutung des Realitätsprinzips für das soziale Handeln

S.162f (1) Nach Freud arbeitet die gesamte Seelentätigkeit auf Lustgewinn und Unlustvermeidung hin, das ist das Lustprinzip. Im Unbewußten herrscht ausschließlich das Lustprinzip. Die Wirklichkeit bietet aber nicht die dazu passende Lustwelt, Unlust wird erlebt, Befriedigung tritt nicht ein. Der psychische Apparat muß sich anpassen, das ist die Aufgabe der Entwicklung. Der Mensch lernt, Lustgewinn aufzuschieben und Triebe zu unterdrücken, das ist Funktion des Ich. Das Ich stellt die Unlustvermeidung bald gleichwertig neben den Lustgewinn. Das Ich versucht das aus dem Unbewußten kommende ungezügelte Drängen nach Lustgewinn so zu modifizieren, daß ihm aus der Triebbefriedigung kein Schaden entsteht - das ist das Realitätsprinzip, es rechnet mit den real gegebenen Verhältnissen und ist im Bewußtsein wirksam.

Der Erzieher muß erkennen, daß das Realitätsprinzip aufgrund von erf ahrenen Versagungen installiert wird, das heißt durch Zusammenstöße mit dem wahren Leben. Aber mehr Versagungen bringen nicht automatisch mehr Realitätsprinzip, ein Zuviel wie ein Zuwenig schadet, auch muß man beim Finden des rechten Maßes das Alter und die Empfindlichkeit des Kindes beachten.

Das Ich versucht sich bei Lusteinbuße durch die Realität zu entschädigen, und zwar durch die Phantasietätigkeit, in der das Ich die Freiheit vom außeren Zwang genießt (ich denke,daß man hier auch das Thema Drogenmißbrauch ansiedeln kann).

Man kann in der Erziehung das Kind durch Strafe oder mittels einer Ersatzlust, einer Liebesprämie zu einem Lustverzicht bewegen, wobei Aichhorn letztere Methode präferiert. Mißlingt die Erziehungsaufgabe, entstehen Verwahrloste.

Das verwöhnte Kind ist in einer Weise dem Lustprinzip unterworfen, die einer früheren Altersstufe entspricht, ihm wurden auch stets Liebesprämien ohne Gegenleistung gewährt.

Erfährt das Kind dagegen zu viel Strenge und Strafen, hat es bald keinen Anreiz mehr, das durch den Erzieher vertretene Realitätsprinzip anzuerkennen und wird in eine Gegeneinstellung zum Erzieher gedrängt; seine Lust besteht nun darin, sein Ich gegen Erziehung und Gesellschaft zu behaupten, ein Gegenimpuls führt also zum Kindlichbleiben. Hieraus erklärt sich der große Lusthunger der Verwahrlosten, die das unüberwundene kleine Kind in sich herumtragen. Viele Züge bei den Verwahrlosten entsprechen kindlichem Verhalten, wenn auch in verzerrter Form, wie unaufhörliche Ausbrüche von Neid, Mißgunst und Streitsucht, ein Großteil verhält sich auch zur Körperpflege ablehnend wie die Kinder, sie können sich nicht längere Zeit auf einen Gegenstand konzentrieren, haben oft geringe Urteilsfähigkeit (verlangt ja die Einrechnung von Realität), sie reagieren unmittelbar und ungehemmt auf Reize.

Aber auch im Positiven sind die Verwahrlosten noch Kind, so wurden auch die ältesten Jugendlichen in der Märchenstunde verzaubert. Aber nur ein Teil des Ichs ist Kind geblieben, auf der Ebene des Existenzkampfes und der Sexualität sind sie oft über ihre Altersstufe hinausgehend, es liegt also eine Ich-Spaltung vor (und zwar bei jedem Verwahrlosten).

Dieser Zustande kann durch Entwicklungshemmung oder Regression auf dem Wege von der primitiven Realitätsfähigkeit zur Kulturfähigkeit zustande gekommen sein.

Den Typ des Verwahrlosten aus zu viel Liebe findet man besonders oft im bürgerlichen Millieu, es sind oft Einzelkinder, häufig übertrug die Mutter ihre Gattenliebe auf das Kind, diese Verwahrlosten finden sich selten in den Anstalten.

Welche Situation liegt also vor ? Die Mutter tut alles für das Wohlergehen des Kindes, kann ihm keine Unlust auferlegen und schaltet die Realität immer wieder aus. So kann das Kind das Lustprinzip nicht modifizieren, nur in seinem Spiel- , Bewegungs- und Forschungsdrang wird das Kind immer wieder eingeschränkt. Das Kind lehnt sich auf, die Mutter versucht es mit Zärtlichkeitserpressungen und noch mehr Gewährenlassen auf anderem Gebiete, bis das Kind schließlich unerfüllbare Forderungen stellt. Irgendwann kann die Mutter die Realität nicht mehr fernhalten, es kommt zu einem plötzlichen Zusammenstoß mit der Realität, die normalerweise nach und nach bewältigt würde, der zu dissozialen Außerungen aller Art führen kann (Auflehnung gegen das Lusthindernis). Die ohne Triebeinschränkung aufgewachsenen Verwahrlosten bedürfen einer Einstellung des Erziehers, die besagt: “Von nun an keine Leistung meinerseits ohne eine Gegenleistung von dir!3

In der Anstalt zume ist Verwahrloste aus zu viel Strenge oder Verwahrloste aus Familien, wo beide extreme Erziehungsstile gleichzeitig ausgeübt wurden. Das Kind kann je nach Situation von dem einem zum anderen flüchten und muß sein Lustprinzip auch nicht modifizieren. Ein typischer Satz eines solchen Kindes: “Was immer ich anstelle, es kann mir nichts passieren.3.

Die übermäßige Strenge kann in kaltem, wortkargem und Zärtlichkeiten entbehrendem Benehmen bestehen oder in körperlichen Züchtigungen, es hängt vom Empfinden des Kindes ab. Wenn durch übermäßige Strenge oder durch unglücklicher Schicksalskonstellation ein zu frühzeitiger Zusammenstoß mit der rauhen Wirklichkeit erfolgt, bringt das nicht die frühere Einsetzung des Realitätsprinzips sondern Regression mit folgender Verwahrlosung. Der Eindämmung des Lustprinzips wird aber nun viel stärkerer Widerstand entgegengesetzt werden, es kommt zu einer ganz bewußten Gegeneinstellung zum Erzieher, die sich auch in brutalsten Rohheitsakten äußern kann.

Nicht jeder Verwahrloste ist aber ein neurotisches Problem, manchmal fehlt einfach ein Stück ganz normale Erziehung, es ist möglich, daß der Verwahrloste noch unter der Herrschaft eines übermächtigen Lustprinzips steht und für ihn im Moment der Tat die Realität mit ihren späteren unangenehmen Folgen einfach nicht existiert.

Der Zögling ist in der Anstalt in eine reale Lustwelt hineinzustellen, er braucht den lebensfrohen, positiv eingestellten Erzieher, eine Umgebung, die dem jugendlichen Lusthunger entspricht und die erst nach und nach so gestaltet wird, daß sie der realen Wirklichkeit mit ihren Unlusterlebnissen gleicht.

Es ist allerdings nicht ausreichend, die Verwahrlosung allein unter dem Lust- Unlustprinzip zu betrachten (vermutlich ist es aber nützlich besonders bei der Betrachtung des Drogenmißbrauchs).

Rolle des Ich-Ideals bei der Verwahrlosung S..181 (1)

(-Verwahrloste sind mit einem Teil ihrer Persönlichkeit regrediert oder leiden an einer Entwicklungshemmung, beispielsweise, wenn das Ich-Ideal durch un günstige Umstände sich nicht ausbilden konnte) Dem handelnden Ich ist das kritische Ich beigesetzt, das auf die Forderungen der Gesellschaft abgestimmt ist, sozial handeln heißt, eine solche Ich-Instanz haben und sich ihr konfliktlos unterordnen. Warum empfangen nun viele nicht auf der gesellschaftlichen “Welle3, stolpern führerlos durch die Gegend und holen sich Beulen an der Gesellschaft ?

Wie entwickelt sich nun das kritische oder Über-Ich ?

Nach der autoerotischen Phase wendet sich das Kind den Personen seiner Umgebung zu, narzistische Libido wird zu Objektlibido, es kommt zu Objektbesetzungen (Zuneigung zu anderen Wesen), Identifizierung findet statt (Züge der geliebten Person werden dem eigenen Wesen einverleibt ). Diese “Erinnerung3 (Einverleibung) überdauert die Objektbesetzung. Es geschieht so auch Rückverwandlung von Objektlibido in narzistische Libido

Fin de l'extrait de 11 pages

Résumé des informations

Titre
August Aichhorn - Verwahrloste Jugend
Cours
Seminar
Auteur
Année
1999
Pages
11
N° de catalogue
V104026
ISBN (ebook)
9783640024018
Taille d'un fichier
359 KB
Langue
allemand
Mots clés
August, Aichhorn, Verwahrloste, Jugend, Seminar
Citation du texte
Charlotte Butzmann (Auteur), 1999, August Aichhorn - Verwahrloste Jugend, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104026

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: August Aichhorn - Verwahrloste Jugend



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur