Leistungsbeurteilung und Leistungsbewertung in der Schule


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

21 Seiten, Note: BE

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2.1 Leistung/ Leistung in der Schule
2.2 Leistungsbewertung/Leistungsbeurteilung

3. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Jeden Tag wird von uns Leistung gefordert. Sei es im Job, in der Universität, in der Schule oder im privaten Bereich. Wir sollen als Menschen funktionieren und die an uns gestellten Forderungen bestmöglich erfüllen.

Betrachtet man die Bundesrepublik Deutschland, so stellt man fest, dass man sie auch als Leistungsgesellschaft bezeichnen kann. Dieser Zustand wird einerseits sehr kritisch begutachtet, wenn man in diesem Zuge von einer Überperfektionierung der Gesellschaft ausgeht. Andererseits wird ebenfalls behauptet, dass jener Zustand noch weiter ausgebaut werden kann.1

Somit ist Leistung ein Prinzip, auf das sich die Menschen einer Gesellschaft hin ausrichten. Denn klar ist, dass Leistung mit einer Gegenleistung vergolten wird. Weiterhin sichert die Erbringung von Leistung eine gewisse Produktivität, sowie Lebensstandard und Fortschritt in der Gesellschaft. Über Leistung wird eine Hierarchie errichtet, sei es hinsichtlich der sozialen oder beruflichen Position einer Person.2 So kann an dieser Stelle kritisch hinterfragt werden, ob Leistung allein die soziale und berufliche Stellung innerhalb einer Gesellschaft bestimmt.

Außerdem rücken die Fragen in den Vordergrund, wie sich Leistung als solches definiert und wie Leistung bewertet wird?

Diesen Fragen soll in der folgenden Ausarbeitung nachgegangen werden.

An erster Stelle wird der Leistungsbegriff bzw. der Leistungsbegriff innerhalb der Schule näher beleuchtet. Daraus resultierend soll ein Übergang zur Leistungsbewertung in der Schule vollzogen werden.

2.1 Leistung/Leistung in der Schule

Dem Begriff der Leistung wird im Duden der Inhalt der körperlichen oder geistigen Arbeit, also eine Anstrengung zur Erreichung eines erzielten Ergebnisses, zugeordnet.3 Doch dieser Begriff beinhaltet im Hinblick auf das Umfeld von Schule mehr, als diese allgemeine Zuschreibung.

Jürgens beschreibt den Leistungsbegriff in seinem Buch „Leistung und Beurteilung in der Schule“ mittels fünf Charakteristika. Demnach ist Leistung sowohl a) norm- und zweckbezogen, b) anlage- und umweltbedingt, c) produkt- und prozessorientiert, d) ein individuelles und soziales Lernen und e) ein problemmotiviertes und vielfältiges Lernen.4

Im Folgenden sollen diese Zuordnungen genauer beleuchtet werden.

Leistung kann als norm- und zweckgebunden verstanden werden, da eine Benennung verschiedener Normen die Voraussetzung zur Leistungsbestimmung ist. Diese Norm stellt für die Bestimmung von Leistung einen Orientierungspunkt dar. Somit muss immer an erster Stelle die Norm stehen. Ist das Verhalten einer Person kongruent mit den geforderten Inhalten der Norm, so wurde Leistung erbracht. Gibt es keine Übereinstimmung, so kann es sein, dass trotz Bemühungen und Arbeit, keine Leistung im positiven Sinne erbracht wurde. Zentral ist an dieser Stelle, dass die Norm mit den Werten und Vorgaben einer demokratischen Schule übereinstimmen müssen. Dahingehend muss bestimmt werden, was geleistet werden soll, warum es geleistet werden soll und wofür diese Leistung erbracht wird. Diese Fragen spielen im Hinblick auf die Lern- und Leistungsmotivation der Schüler und Schülerinnen5 eine entscheidende Rolle. Die Leistung muss für die SuS einen „Sinn“ erfüllen. Zusätzlich bestimmen gewisse Kriterien den jeweiligen Leistungsanspruch. Jener wird bestimmt durch die persönlichen und individuellen Eigenschaften des Schülers/der Schülerin. Um diesen „Sinn“ für die SuS nachvollziehbar zu machen, ist eine rationale Begründung notwendig.6

Das Charakteristikum der Leistung als anlage- und umweltbedingt begründet sich in der Existenz von verschiedenen Einflussfaktoren auf das Erbringen von Leistung. Darunter fallen beispielsweise die Anlage (Erbfaktoren) eines Menschen oder auch die sozio- kulturelle Umwelt des Individuums. Somit wird schulische Leistung auch als Produkt dieser Einflussfaktoren verstanden. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass die SuS auf einige dieser Faktoren keinen Einfluss ausüben können, wie zum Beispiel der erwähnte Einfluss von Erbanlagen. Kurt Heller definiert SuS-Persönlichkeit und Umwelt als einzige Einflussfaktoren für die Erbringung von Leistung. Sein Modell griff Dicke auf und unterteilte die Einflussfaktoren in die Bereiche kognitiv und nicht­kognitiv und ordnete den gesellschaftsbedingten Umweltfaktoren eine großen Stellenwert zu. Somit darf nicht vergessen werden, dass der pädagogische Leistungsbegriff in der Verbindung zu einem Förderbedarf steht.7

Leistung ist ebenso produkt- und prozessorientiert. Dieser Punkt integriert in die Beschreibung des Leistungsbegriffes, dass nicht nur das Ergebnis in Betracht gezogen wird, sondern ebenso der Weg der Aneignung. So kann gesagt werden, dass ein „ergebnisorientierter Leistungsbegriff“ einer größeren Flexibilität bedarf. Klar ist nämlich, dass die SuS bereits bei der Befassung mit der Aufgabe eine Art Leistung erbringen, die wir als prozessuale Leistung bezeichnen können. Problematisch ist dahingehend die Erfassung und später auch die Bewertung dieser prozessualen Leistung, da es in diesem Sinne kein einfaches richtig oder falsch gibt.8

Zusätzlich definiert sich Leistung als individuelles und soziales Lernen, welches durch ein wettbewerbsorientiertes Leistungsverständnis bestimmt wird. Dieser Zuschreibung unterliegt somit der Vorwurf, dass die Leistung der SuS nicht aus intrinsischer Motivation erfolgt, sondern ein durch den Wettbewerb geschaffener Druck, Leistung zu erbringen. Dies steht allen allgemeinen pädagogischen Zielen entgegen. Die SuS befinden sich somit in einer Konkurrenz situation. Aber auch dieses Charakteristikum von Leistung bringt ein Problem mit sich. Das wettbewerbsorientierte Leistungsverständnis sorgt für eine Benachteiligung „schwächerer“ SuS (wobei keine Kriterien für die Beschreibung als schwach oder stark angegeben werden) und wirkt dem sozialen Handeln, sowie dem Einfühlungsvermögen für andere SuS entgegen. Die SuS sollen lernen, Verantwortung für den eigenen Lernprozess und die geforderten Leistungen zu erbringen. Demnach sollte ein pädagogischer Leistungsbegriff, das Lernen mit anderen SuS - mittels hilfreicher Sozialformen - (z. B. durch Partner- oder Gruppenarbeiten, wenn das Thema dies erlaubt) im Unterricht fördern.9

Schlussendlich wird dem Leistungsbegriff das Merkmal des problemmotivierten und vielfältigen Lernens zugeordnet. Oft werden vordefinierte Lernziele an die SuS herangetragen, die eine Engstirnigkeit in Bezug auf Leistung und Ergebnisse hervorruft. Durch diese Festlegung von Ansprüchen an die SuS gehen Vorstellungsvermögen und anderen Kompetenzen, wie zum Beispiel die Fähigkeit Probleme selbstständig zu lösen, verloren. Daher ist es von großer Bedeutung, die Lebenswelt der SuS in den Unterricht mit einfließen zu lassen. Stellen die Aufgaben Herausforderungen dar, die die SuS tatsächlich auf ihr Leben abseits der Schule übertragen können, entsteht eine gewisse Eigenverantwortung, die essentiell für das Erbringen von Leistung ist und darüber hinaus auch noch die allgemeinen pädagogischen Ziele von Schule erfüllt. Die Herausforderung für die Lehrkraft ist dabei, dass die SuS die Leistung aus eigener Motivation erbringen und es nicht als Muss ansehen.10

Sabine Reh bezeichnet Leistung in ihren Ausführungen als „soziale Konstruktion“, die empirisch zu beobachten ist. Sie beschreibt die Erwartungen an Leistung als flexibel. So sei eine Bewertung der Schwierigkeit einer Aufgabe oder Herausforderung erst rückblickend durch die Betrachtung des Individuums möglich.11

Nachfolgend soll nun speziell die allgemeine Leistung in der Schule betrachtet werden. Allgemein kann somit gesagt werden, dass innerhalb des Schulwesens einer Demokratie auch die Forderung nach einer demokratischen Schule besteht. Der Deutsche Bildungsrat formulierte 1970 Folgendes: Leistung ist die „Fähigkeit des Einzelnen zu individuellem und gesellschaftlichen Leben, verstanden als seine Fähigkeit, die Freiheit und die Freiheiten zu verwirklichen, die ihm die Verfassung gewährt und auferlegt.“12 Demnach soll das Lernen die Mitglieder einer Gesellschaft fördern. Die für das Zusammenleben notwendige Verhaltensweisen müssen erlernt werden, um dem Ziel der Erziehung zur Mündigkeit und Emanzipation gerecht zu werden. Weiterhin soll das Individuum zur Selbst- und Mitbestimmung, Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie zur individuellen und politisch-gesellschaftlichen Handlungsfähigkeit erzogen werden. Allgemein kann somit gesagt werden, dass das Lernen gelernt werden soll.13

Folglich ist es wichtig eine Bestimmung des Leistungsbegriffes in Bezug auf Schule vorzunehmen. So sind sowohl Leistung und Lernen ein Teil der Erziehung innerhalb von Schule. Klafki formuliert hiesige Aussage: „Schule muss in dem Sinne ,Leistungsschule‘ sein.“14

Betrachtet man die vorherigen Ausführungen so wird deutlich, dass Schule ohne Leistung nicht denkbar ist. Der Lernprozess der SuS ist durch ihre individuell erbrachte Leistung bestimmt, somit können die SuS nur über die Erbringung von Leistung, Wissen erlangen, verarbeiten und die geforderten Aufgaben erfüllen.

Der Definition von Leistung ist somit inbegriffen, dass die Gesellschaft und das Individuum selbst ein vielseitiges Leistungsspektrum fordert. Diesbezüglich kann noch

einmal ein Zitat vom Deutschen Bildungsrat angeführt werden: „Die Förderung von Leistung steht unter dem pädagogischen Prinzip der individuellen Förderung.“15 Somit soll die pädagogische Einrichtung der Schule, jedes Individuum auf die gesellschaftlichen Leistungsanforderungen vorbereiten, damit diesen die Möglichkeit geboten wird, den Anforderungen gerecht werden zu können.

Eingangs wurde bereits die Bundesrepublik Deutschland als Leistungsgesellschaft bezeichnet. Ich möchte diesen Punkt noch einmal aufgreifen, um die Ausführungen von Jung dem gegenüberzustellen. Er sagt, dass das „Leistungsprinzip als gemeinsames und individuelles Fundament von pluralistischen und demokratischen Gesellschaften“ ist. Er geht davon aus, dass der Mensch dazu bestimmt ist, Leistung erbringen zu wollen und gegebenenfalls auch Leistung erbringen zu müssen. Demgemäß stimmt Jung den Aussagen von Jürgens zu („Somit ist Leistung ein Prinzip, auf das sich die Menschen einer Gesellschaft hin ausrichten.“, S. 3).16

Jung greift zusätzlich die Formulierungen von E. Deci und R. Ryan17 auf, die Leistung als „anthropologisches und entwicklungspsychologisches“ Grundbedürfnis bezeichnen. Folgt man diesen Ausführungen, so wird klar, dass Menschen schon immer Leistung erbracht haben und dies vermutlich auch vor dem Eintritt des Leistungsprinzips in die Gesellschaft.

Jung definiert Leistung etwas differenzierter als die bisherigen Autoren, in dem er das Leistungsprinzip durch eine Vielzahl weiterer Prinzipien verfeinert. Dadurch wird das Leistungsprinzip durch das Anciennitätsprinzip (Bewertung des Individuums nach Alter und nicht nach Leistung), das anachronistische Geburtsprinzip (Reproduktion von gesellschaftlichen Schichten), das Loyalitätsprinzip (Belohnung für geleistete Treue), das Ideologieprinzip (Beurteilung nach konformer Weltanschauung), dem Quotierungsprinzip (Berücksichtigung von z.B. Geschlecht oder Religion), dem Bekanntheitsprinzip (öffentliches Interesse eines Individuums steht mehr im

Vordergrund, als die erbrachte Leistung) und das Sozialprinzip (unabhängig von Leistung wird eine Grundsicherung des Lebens gewährt) ergänzt.18

Diesen Definitionen bzw. Versuchen der Charakteristik des Leistungsbegriffes ist gemein, dass Leistung eher als Prozess betrachtet wird, aber gleichwohl ein Zusammenspiel von Prozess und Produkt ist. Außerdem orientiert sich Leistung immer an festgelegten Werten und/oder Normen, die eine Bewertung von Leistung erst möglich machen.

Schlussendlich besteht ebenso das Problem, dass bei der Einschätzung von Leistung, es sowohl eine Selbsteinschätzung des Individuums gibt als auch eine Fremdeinschätzung von anderen Personen.

2.2 Leistungsbewertung

Im Zuge der bisherigen Ausarbeitung ist an einigen Stellen bereits das Problem angeklungen, welches die Bewertung von Leistung bereitet. Denn wie bereist erwähnt, ist Leistung oftmals nicht nur das Produkt einer Arbeit, sondern auch ein Prozess hin zum Produkt.

Winter spricht in seinen Ausarbeitungen „Verfahren zur Erbringung, Überprüfung und Beurteilung von Leistungen in der Schule“ von einer Veränderung in der Leistungsbeurteilung. Diese Veränderung beruht auf verschiedenen Instrumenten, Akteuren und Anforderungen von bzw. an Leistung.19

[...]


1 Vgl., Jürgens, E. (2010): Leistung und Beurteilung in der Schule, Eine Einführung in Leistungs- und Bewertungsfragen aus pädagogischer Sicht, 7. Aufl., Sankt Augustin, S. 13.

2 Ebd., S. 14.

3 Vgl., https://www.duden.de/suchen/dudenonline/leistung, abgerufen am: 26.09.2018, 09.35 Uhr.

4 Vgl., Jürgens, E. (2010): Leistung und Beurteilung in der Schule, Eine Einführung in Leistungs- und Bewertungsfragen aus pädagogischer Sicht, 7. Aufl., Sankt Augustin, S. 26-39.

5 SuS

6 Vgl., Jürgens, E. (2010): Leistung und Beurteilung in der Schule, Eine Einführung in Leistungs- und Bewertungsfragen aus pädagogischer Sicht, 7. Aufl., Sankt Augustin, S. 26.

7 Ebd., S. 29-30.

8 Ebd., S. 31-32.

9 Vgl., Jürgens, E. (2010): Leistung und Beurteilung in der Schule, Eine Einführung in Leistungs- und Bewertungsfragen aus pädagogischer Sicht, 7. Aufl., Sankt Augustin, S. 32-35.

10 Ebd., S. 35-39.

11 Vgl., Breidenstein, G.(2018): Das Theorem der Selektionsfunktion der Schule und die Praxis der Leistungsbewertung, in: Reh, S./Ricken, N. (Hrsg.): Leistung als Paradigma, Zur Entstehung und Transformation eines pädagogischen Konzepts, Wiesbaden, S. 332-334.

12 Vgl., Jürgens, E. (2010): Leistung und Beurteilung in der Schule, Eine Einführung in Leistungs- und Bewertungsfragen aus pädagogischer Sicht, 7. Aufl., Sankt Augustin, S. 19.

13 Ebd,. S. 20.

14 Ebd., S. 23.

15 Ebd., S. 24.

16 Vgl., Jung, J. (2013): Schülerleistungen erkennen, messen, bewerten, Stuttgart, S. 20.

17 Vgl., Deci, E./Ryan, R. (1993): Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, Nr. 39, S. 223- 238.

18 Vgl., Jung, J. (2013): Schülerleistungen erkennen, messen, bewerten, Stuttgart, S. 23-24.

19 Vgl., Winter, F. (2016): Verfahren zur Erbringung, Überprüfung und Beurteilung von Leistungen in der Schule, in: Lin-Klitzing/Di Fuccia/Gaube (Hrsg.): Leistungsstandards und Leistungsbewertung an Gymnasien und Universitäten, Bad Heilbrunn, S. 67-69.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Leistungsbeurteilung und Leistungsbewertung in der Schule
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
BE
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V1040389
ISBN (eBook)
9783346458384
ISBN (Buch)
9783346458391
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leistung, Leistungsbewertung, Leistungsbeurteilung, Schule, Leistungsgesellschaft, Leistungsbegriff
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Leistungsbeurteilung und Leistungsbewertung in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040389

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