Das Ziel dieser Arbeit ist, die wesentlichen Gedankengänge Aristoteles' zur Gerechtigkeit darzustellen und zu erläutern. Dazu ist es erforderlich, zunächst auf den Leitgedanken der Tugendethik, zu deren wichtigsten Vertretern Aristoteles zählt, einzugehen und die in der Nikomachischen Ethik entwickelten Gedanken darzulegen. Darauf aufbauend werden dann die in der Nikomachischen Ethik insbesondere im V. Buch dargelegten Gedanken zur Gerechtigkeit erläutert. Da die Gerechtigkeit als ideelles Gut von jeder Generation im Hinblick auf die jeweils aktuellen Rahmenbedingen des Zusammenleben der Menschen und Nationen neu bedacht werden muss, sollen abschließend die Einsichten und Aussagen Aristoteles' angeführt werden, die nach meiner Überzeugung weiterhin bedeutungsvoll sind. Ergänzend dazu möchte ich zum Abschluss auch Erweiterungen und Modifikationen des von Aristoteles entwickelten Begriffs der Gerechtigkeit benennen, die meiner Auffassung nach aus der gegenwärtigen Sicht erforderlich sind.
Der Begriff der Gerechtigkeit ist in allen Kulturen zu finden und reicht geschichtlich weit zurück. Bereits in frühen Epochen der menschlichen Geschichte wurde Gerechtigkeit sowohl als eine ausgleichende Ordnung in einer Gesellschaft, als auch als personale Eigenschaft eines Menschen innerhalb einer Gemeinschaft verstanden. Zudem herrschte kulturübergreifend die Auffassung vor, dass die Gerechtigkeit göttlichen Ursprungs sei. Diese Sicht findet sich beispielsweise in den alten Kulturen Ägyptens, Mesopotamiens, Alt-Israels und im archaischen Griechenland. Man kann also mit Fug und Recht die Idee der Gerechtigkeit als gemeinsames Erbe der Menschheit bezeichnen.
In der abendländischen Geistesgeschichte führten die Lehren Sokrates zu einer neuen Ebene des Nachdenkens über Gerechtigkeit. Das den Göttern vorbehaltene Wissen um „das Gute“ - und damit auch das Wissen um Gerechtigkeit - wurde zu einer menschlichen Wissenschaft. Damit verbunden wurde den Menschen allerdings die Aufgabe auferlegt, losgelöst von einer göttlichen Weisung selbst zu erkennen, was Gerechtigkeit ist und wie Gerechtigkeit in einer Gesellschaft verwirklicht werden kann. Systematische Betrachtungen über die Gerechtigkeit in der abendländischen Philosophie finden sich insbesondere bei Platon und Aristoteles. Außergewöhnlich wirkmächtig bis in unsere Gegenwart sind insbesondere die Gedanken über Gerechtigkeit von Aristoteles, die er schwerpunktmäßig im V. Buch der Nikomachischen Ethik entfaltet hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erläuterung der Grundzüge der klassischen Tugendethik
- Grundlagen der aristotelischen Tugendethik
- Strebensziel und drei Lebensweisen
- Dianoetische und ethische Tugenden
- Tugendhaftes Leben nach Aristoteles
- Gerechtigkeit
- Gerechtigkeit im personalen Verhältnis
- Gerechtigkeit im institutionellen Verständnis
- Komponenten der institutionellen Gerechtigkeit
- Partikuläre Gerechtigkeit
- Billigkeit
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit hat zum Ziel, die wesentlichen Gedankengänge Aristoteles' zur Gerechtigkeit darzustellen und zu erläutern. Hierfür werden zunächst die Grundlagen der Tugendethik, insbesondere im Kontext von Platon und Aristoteles, beleuchtet. Anschließend werden Aristoteles' Gedanken zur Gerechtigkeit in der Nikomachischen Ethik detailliert untersucht. Schließlich sollen die weiterhin bedeutungsvollen Einsichten Aristoteles' herausgestellt und notwendige Erweiterungen und Modifikationen seines Gerechtigkeitsbegriffs aus heutiger Perspektive benannt werden.
- Aristotelische Tugendethik
- Der Gerechtigkeitsbegriff bei Aristoteles
- Gerechtigkeit im personalen und institutionellen Kontext
- Billigkeit als Aspekt der Gerechtigkeit
- Relevanz des Aristoteles'schen Gerechtigkeitsbegriffs für die Gegenwart
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Gerechtigkeit ein, indem sie dessen historische und kulturelle Bedeutung herausstellt und die Bedeutung von Sokrates und Aristoteles für die abendländische Gerechtigkeitsdiskussion hervorhebt. Sie beschreibt die Zielsetzung der Arbeit: die Darstellung und Erläuterung der wesentlichen Gedankengänge Aristoteles' zur Gerechtigkeit, eingebettet in den Kontext der Tugendethik und mit Blick auf deren aktuelle Relevanz.
Erläuterung der Grundzüge der klassischen Tugendethik: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung und die Grundzüge der klassischen Tugendethik. Es betont den von Sokrates eingeleiteten Perspektivwechsel, der die Frage nach dem „Worumwillen“ in den Mittelpunkt stellt und damit die Suche nach dem „Guten“ und der „Tugend“ als Weg zur „Bestform“ des Menschen initiiert. Der Fokus liegt auf dem Verständnis von Tugend als „Bestheit“ und dem Ziel der Tugendethik, den Menschen zu seiner optimalen Entfaltung zu führen.
Schlüsselwörter
Gerechtigkeit, Aristoteles, Nikomachische Ethik, Tugendethik, Platon, personale Gerechtigkeit, institutionelle Gerechtigkeit, Billigkeit, ethische Tugenden, Bestform des Menschen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Aristoteles' Gerechtigkeitsbegriff
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit befasst sich mit Aristoteles' Gerechtigkeitsbegriff im Kontext seiner Tugendethik. Sie erläutert die Grundlagen der aristotelischen Tugendethik, untersucht detailliert Aristoteles' Gedanken zur Gerechtigkeit in der Nikomachischen Ethik und bewertet deren aktuelle Relevanz. Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, eine Erläuterung der klassischen Tugendethik, eine detaillierte Betrachtung der Gerechtigkeit (persönlich und institutionell) und einen Schluss.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Aristoteles' Tugendethik, den Gerechtigkeitsbegriff bei Aristoteles, Gerechtigkeit im persönlichen und institutionellen Kontext, Billigkeit als Aspekt der Gerechtigkeit und die Relevanz des aristotelischen Gerechtigkeitsbegriffs für die Gegenwart. Dabei werden die Grundlagen der aristotelischen Tugendethik, einschließlich der dianoetischen und ethischen Tugenden, sowie die verschiedenen Aspekte der Gerechtigkeit, wie personale und institutionelle Gerechtigkeit und Billigkeit, ausführlich diskutiert.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Erläuterung der Grundzüge der klassischen Tugendethik, Grundlagen der aristotelischen Tugendethik (mit Unterkapiteln zu Strebensziel und Lebensweisen, dianoetischen und ethischen Tugenden und dem tugendhaften Leben nach Aristoteles), Gerechtigkeit (mit Unterkapiteln zu Gerechtigkeit im personalen Verhältnis und Gerechtigkeit im institutionellen Verständnis, inklusive Komponenten der institutionellen Gerechtigkeit, partikulärer Gerechtigkeit und Billigkeit) und Schluss.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die wesentlichen Gedankengänge Aristoteles' zur Gerechtigkeit darzustellen und zu erläutern. Sie beleuchtet die Grundlagen der Tugendethik, insbesondere im Kontext von Platon und Aristoteles, untersucht detailliert Aristoteles' Gedanken zur Gerechtigkeit in der Nikomachischen Ethik und hebt die weiterhin bedeutungsvollen Einsichten Aristoteles' hervor. Zusätzlich werden notwendige Erweiterungen und Modifikationen seines Gerechtigkeitsbegriffs aus heutiger Perspektive benannt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Gerechtigkeit, Aristoteles, Nikomachische Ethik, Tugendethik, Platon, personale Gerechtigkeit, institutionelle Gerechtigkeit, Billigkeit, ethische Tugenden, Bestform des Menschen.
Wie ist der Aufbau der Arbeit?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die das Thema Gerechtigkeit einführt und die Zielsetzung der Arbeit beschreibt. Es folgt ein Kapitel zur klassischen Tugendethik, welches die Grundlage für das Verständnis von Aristoteles' Gerechtigkeitsbegriff legt. Der Hauptteil widmet sich dann Aristoteles' Gerechtigkeitsbegriff, gegliedert in personale und institutionelle Gerechtigkeit, einschließlich einer Diskussion über Billigkeit. Die Arbeit schließt mit einem Fazit.
Welche Bedeutung hat Aristoteles für das Verständnis von Gerechtigkeit?
Aristoteles spielt eine zentrale Rolle im abendländischen Verständnis von Gerechtigkeit. Seine Konzeption der Gerechtigkeit, eingebettet in seine Tugendethik, ist bis heute relevant und wird in der Arbeit analysiert und diskutiert. Die Arbeit untersucht, wie Aristoteles' Gedanken zur Gerechtigkeit in den heutigen Diskurs über Gerechtigkeit eingeordnet werden können und welche Modifikationen notwendig sind.
Welche Rolle spielt die Tugendethik in dieser Arbeit?
Die Tugendethik bildet die Grundlage für das Verständnis von Aristoteles' Gerechtigkeitsbegriff. Die Arbeit erläutert die Grundzüge der klassischen Tugendethik und zeigt auf, wie Aristoteles' Gerechtigkeitsverständnis in diesem ethischen Rahmen verankert ist. Das Verständnis der Tugendethik ist essentiell für die Interpretation von Aristoteles' Gerechtigkeitskonzept.
- Citation du texte
- Hans-Jörg Rewitzer (Auteur), 2021, Der Begriff der Gerechtigkeit und seine Rolle in der aristotelischen Ethik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040556