Die Frage, ob Psychotherapie wirkt und wenn ja, welche spezifische Therapiemethode in welchem Ausmaß effektiv ist bzw. sein kann, beschäftigt die Psychotherapieforschung bereits seit Jahrzehnten. Untersuchungen haben ergeben, dass offensichtlich jede Therapiemethode für sich in Anspruch nimmt, die Wirksamste zu sein, es aber einen Goldstandard in Bezug auf eine Wirksamkeit von Psychotherapie nicht geben könne. Es wird daher bereits seit Längerem die Idee diskutiert, über die speziellen Wirkungsweisen der einzelnen Therapiemethoden hinaus eine auf den Einzelfall angepasste Therapie anzuwenden. Eine bestechende wie einfache Idee - wenn da nur nicht das scheinbar enge Korsett der Anforderungen der klinischen Forschung an einen klinisch relevanten Wirksamkeitsnachweis auch für die Psychotherapie wäre.
In diesem Buch geht der Autor insbesondere zwei grundlegenden Fragen nach: Ist es methodologisch überhaupt möglich und für die moderne Psychotherapieforschung weiterhin sinnvoll, eine vom Einzelfall losgelöste, übergreifende Generalisierbarkeit von einzelnen, spezifischen Psychotherapie-Methoden anzustreben? Sowie: ist es letztlich der Weiterentwicklung der Psychotherapieforschung daher eher dienlich, zunächst in der klinischen Praxis auf Einzelfallbehandlungen abzustellen, in diesem Rahmen Erkenntnisse über die beste Therapie zu erzielen und dann bei Bedarf – unter Anwendung in der klinischen Forschung bereits vorhandener, geeigneter methodologischer Werkzeuge – dennoch empirisch verwertbare und aggregiert-generalisierbare Aussagen über verschiedene Patienten mit demselben Krankheitsbild hinweg zur Wirksamkeit von Psychotherapie zu erzielen? Problematisiert wird vom Autor insbesondere der kritisch zu bewertende Versuch, die Wirksamkeit von Psychotherapie durch randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien ( RCTs) nachzuweisen, was sich wegen der hohen Anforderungen an valide RCTs als methodologisch oftmals zumindest schwierig erweist. Als eine zielführende Lösungsmöglichkeit aus dem bestehenden methodologischen Dilemma diskutiert der Autor abschließend ein sog. kombiniertes N-of-1-Design.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung/Hintergrund
- A. Was wird unter Psychotherapie-Forschung verstanden und welche Ziele verfolgt sie?
- 1. Entwicklung, Zielsetzung und offene Fragen - ist die Psychotherapie-Wirksamkeitsforschung auf dem richtigen Weg?
- 2. Die Forschungsebenen der Psychotherapie.
- B. Überblick über den aktuellen Stand der Wirksamkeitsforschung - gleichzeitig eine Abgrenzung der Begriffe Wirkung (effect), Wirksamkeit (efficacy) und Effektivität (effectiveness)
- 1. Wirkung (effect)
- 2. Wirksamkeit (efficacy)
- 2.1 Die grundlegenden Untersuchungen von Grawe et al, 1994..
- 2.2 Wie ist der derzeitige Forschungsstand hinsichtlich der Wirksamkeit der Psychotherapie?
- 2.3 Die Bedeutung von Metaanalysen für den Wirksamkeitsnachweis ......
- 2.4 Kriterien für eine Wirksamkeit von Psychotherapie in randomisierten, (Placebo-)kontrollierten klinischen Studien und Metaanalysen - zur Kalkulation und Bewertung von Effektstärken
- 3. Effektivität („Effectiveness“).
- C. Wirkfaktoren in der Psychotherapie - Prozessforschung..
- 1. Wie wirkt die Psychotherapie?......
- 2. Das Zustandekommen von Wirkeffekten
- D. Placebo und Placeboeffekte sowie andere Kontrolldesigns in der Psychotherapie....
- 1. Zur Bedeutung und Kontrolle von Placebos bzw. Placeboeffekten in der Psychotherapie...........
- 2. Zielrichtung und Stellenwert von Nicht-Placebo-Kontrollbedingungen für den Wirksamkeitsnachweis ........
- E. Verblindung und Randomisierung als wesentliche Kriterien für eine interne Validität klinischer Psychotherapiestudien.........
- 1. Verblindung.........
- 2. Randomisierung.
- F. Ein Plädoyer für die Einzelfallforschung – die Durchführung kombinierter N-of-1-Studien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Buch befasst sich mit der Frage, ob und wie Psychotherapie wirkt. Es untersucht die Methoden der Psychotherapie-Forschung und hinterfragt die Übertragbarkeit klassischer Forschungsansätze, wie sie aus der Medikamentenforschung bekannt sind, auf die Psychotherapie. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Bedeutung und der methodologischen Eignung von Placebokontrollen in der Psychotherapie-Forschung.
- Die Wirksamkeit von Psychotherapie und die Entwicklung der Psychotherapie-Forschung
- Die Bedeutung von Placebokontrollen in der Psychotherapieforschung
- Die Methodologie und die ethischen Aspekte der Durchführung von randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) in der Psychotherapie
- Das Potenzial und die Grenzen der Einzelfallforschung für den Wirksamkeitsnachweis in der Psychotherapie
- Die Frage nach der Generalisierbarkeit von Forschungsergebnissen in der Psychotherapie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung/Hintergrund: Dieses Kapitel stellt die zentrale Fragestellung des Buches vor: ob und wie Psychotherapie wirkt. Es beleuchtet den historischen Kontext der Psychotherapie-Forschung und die Herausforderungen, die sich bei der wissenschaftlichen Erfassung von Wirksamkeit stellen.
- A. Was wird unter Psychotherapie-Forschung verstanden und welche Ziele verfolgt sie?: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Psychotherapie-Forschung und untersucht deren Ziele. Es beleuchtet die Entwicklung der Psychotherapie-Forschung und stellt zentrale Fragen zur Validität und Relevanz der aktuellen Forschungsmethoden.
- B. Überblick über den aktuellen Stand der Wirksamkeitsforschung - gleichzeitig eine Abgrenzung der Begriffe Wirkung (effect), Wirksamkeit (efficacy) und Effektivität (effectiveness): Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Wirksamkeit von Psychotherapie. Es differenziert die Begriffe Wirkung, Wirksamkeit und Effektivität und analysiert die Methodik der Wirksamkeitsforschung anhand von Studien und Metaanalysen.
- C. Wirkfaktoren in der Psychotherapie - Prozessforschung..: Dieses Kapitel widmet sich der Frage, wie Psychotherapie wirkt. Es untersucht die Bedeutung von Wirkfaktoren und analysiert den Prozess des Zustandekommens von Wirkeffekten.
- D. Placebo und Placeboeffekte sowie andere Kontrolldesigns in der Psychotherapie....: Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung von Placebokontrollen in der Psychotherapie-Forschung. Es diskutiert die ethischen Herausforderungen und die methodologischen Aspekte der Placebo-Kontrolle.
- E. Verblindung und Randomisierung als wesentliche Kriterien für eine interne Validität klinischer Psychotherapiestudien.........: Dieses Kapitel untersucht die Rolle von Verblindung und Randomisierung als wichtige Kriterien für die interne Validität von Psychotherapiestudien.
- F. Ein Plädoyer für die Einzelfallforschung – die Durchführung kombinierter N-of-1-Studien: Dieses Kapitel argumentiert für die Bedeutung der Einzelfallforschung in der Psychotherapie. Es stellt die Durchführung von kombinierten N-of-1-Studien vor und diskutiert deren methodisches Potenzial.
Schlüsselwörter
Psychotherapie, Wirksamkeitsnachweis, Forschung, Methoden, Placebo, Placeboeffekte, Kontrolldesign, Randomisierung, Verblindung, Einzelfallforschung, N-of-1-Studien, Metaanalysen, Effektstärken, Wirkfaktoren, Generalisierbarkeit.
- Citation du texte
- Hans-Udo Richarz (Auteur), 2021, Der Wirksamkeitsnachweis in der modernen Psychotherapieforschung. Chancen und Grenzen für die Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1041198