Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Spielfilme im Fremdsprachenunterricht
2.1.1 Argumente für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht
2.1.2 Vorteile einer Komödie im Unterricht
2.1.3 Lehr-/Lernziele der Filmarbeit im Fremdsprachenunterricht
2.1.4 Präsentationsformen und methodische Anregungen
2.2 Interkulturelles Lernen
2.2.1 Ursprung der interkulturellen Kompetenz
2.2.2 Begriffe und Modelle interkultureller Kompetenz
2.2.3 Aktuelle Bedeutung des interkulturellen Lernens im Fremdsprachenunterricht und die Theorie des transkulturellen Lernens
2.2.4 Interkulturelles Lernen mit Spielfilmen
3 Perdiendo el norte im Spanischunterricht 23
3.1 Allgemeine Informationen zum Film
3.2 Handlung des Films
3.3 Eignung von Perdiendo el norte für den Spanischunterricht
3.4 Lehrplanbezug und Übersicht über die Themen der Unterrichtsreihe
3.5 Didaktisch-methodische Überlegungen zur Unterrichtsreihe
3.6 Tabellarische Übersicht der Unterrichtsreihe „El paro juvenil y la emigration“
3.7 Didaktisch-methodische Überlegungen zur Doppelstunde
3.7.1 Einbettung in die Unterrichtseinheit
3.7.2 Sachanalyse
3.7.3 Lernvoraussetzungen
3.7.4 Kompetenzangaben
3.7.5 Didaktische und methodische Überlegungen
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Anmerkung der Redaktion: Teile des Anhang dieser Arbeit sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht Teil dieser Veröffentlichung.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Byrams Modell der intercultural communicative competence
Abbildung 2: Bennetts Modell interkultureller Sensibilität
Abbildung 3: Tabelle - Die Unterrichtsreihe „El paro juvenil y la emigration“
Abbildung 4 : Tabelle - Teilkompetenzen der 10./11. Stunde der Unterrichtsreihe
Abkürzungsverzeichnis
Im Abkürzungsverzeichnis werden die in dieser Arbeit verwendeten Kürzel erläutert. Weitere, über den fachsprachlichen Diskurs hinaus übliche Kürzel (bzw., ca., etc., usw., z.B.) werden nicht eigens erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Da aufgrund der zunehmenden Globalisierung und der neuen Kommunikationsmedien soziokulturelle Aspekte beim Lehren bzw. Lernen einer Fremdsprache immer mehr an Bedeutung gewinnen, dient der Fremdsprachenunterricht an Schulen vor allem der Vorbereitung auf interkulturelle Begegnungen und somit dem Erwerb interkultureller kommunikativer Kompetenzen, die mittlerweile um transkulturelle Aspekte erweitert bzw. verändert werden (vgl. Haß 2006: 20, Fellmann 2015: 25). Folglich stellt die interkulturelle (kommunikative) Kompetenz sowohl in vielen Lehrplänen als auch in den Bildungsstandards ein Kernziel des Fremdsprachenunterrichts dar (vgl. Thaler 2014: 271). Im Spanischunterricht der Sekundarstufe II eignet sich hierfür insbesondere die Arbeit mit soziokulturell und global bedeutsamen Themen und deren Darstellung in spanischsprachigen Texten und Medien, wie beispielsweise die Wirtschaftskrise in Spanien sowie die daraus folgende Emigration junger Spanier (vgl. ISBb).
Perdiendo el norte ist eine spanische Komödie aus dem Jahr 2015, die sich unter anderem humorvoll mit den letztgenannten gesellschaftlich bedeutsamen Themen in Bezug auf Spanien befasst. Sie handelt von zwei jungen Spaniern mit Hochschulabschlüssen, die die Arbeitslosigkeit in Spanien satthaben. Aus diesem Grund entscheiden sie sich, nach Deutschland auszuwandern. Sie merken jedoch schnell, dass die Suche nach einem besseren Leben schwieriger ist, als sie erwartet hatten.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, vor allem den Nutzen von Perdiendo el norte für den Spanischunterricht am Gymnasium, im Hinblick auf interkulturelles Lernen, deutlich zu machen und Methoden aufzuzeigen, die helfen, dies in die Praxis umzusetzen. Da Spielfilme im Fremdsprachenunterricht häufig nur als sogenannte Lückenfüller am Ende einer Unterrichtseinheit oder des Schuljahres eingesetzt werden oder zum Vergleich mit einer literarischen Vorlage dienen (vgl. Wilts 2001: 210), sollen unter anderem die Vorteile der Arbeit mit Filmen im Fremdsprachenunterricht und ihr Nutzen und ihre Eignung in Bezug auf interkulturelles Lernen veranschaulicht werden.
Hierfür werden zunächst die theoretischen Grundlagen erläutert, die für die Entwicklung der Unterrichtsreihe berücksichtigt werden müssen. Hinsichtlich des Mediums Film im Fremdsprachenunterricht sollen zu Beginn Argumente, die für den Einsatz von Spielfilmen im Unterricht sprechen, dargelegt werden. Im nächsten Schritt werden Vorteile der Komödie im Unterricht vorgestellt. Im Anschluss daran werden sowohl Lehr- und Lernziele der Filmarbeit im Unterricht als auch Präsentationsformen und methodische Anregungen aufgezeigt.
Im darauffolgenden Kapitel erfolgt ein kurzer Überblick über den Ursprung der interkulturellen Kompetenz sowie die Erläuterung und Definition zentraler Modelle und Begriffe im Rahmen des interkulturellen Lernens. Anschließend werden die Bedeutung des interkulturellen Lernens für den Fremdsprachenunterricht und ein Abriss über die Theorie des transkulturellen Lernens dargelegt. Darüber hinaus wird kurz auf das interkulturelle Lernen in Verbindung mit Spielfilmen eingegangen.
Im dritten, praxisorientierten Teil, wird die Arbeit mit dem Film Perdiendo el norte im Mittelpunkt stehen. Neben allgemeinen Informationen und dem Inhalt des Films, soll zusätzlich die Eignung von Perdiendo el norte für den Spanischunterricht illustriert werden. Danach werden die Auswahl des Films Perdiendo el norte sowie die herausgegriffenen Themen und Inhalte des Films anhand des Lehrplanbezugs erklärt. Im Anschluss daran werden die didaktisch-methodischen Überlegungen und die Ziele der Unterrichtsreihe sowie einer ausgewählten Doppelstunde, die für den Unterricht ab dem vierten Lernjahr (Klasse 11/12) in der Sekundarstufe II am Gymnasium konzipiert wurde, vorgestellt. Hierbei wird ausführlich auf die Gestaltung der Doppelstunde eingegangen, indem die Vorgehensweise und die Arbeitsmaterialien vorgestellt werden, die beispielhaft aufzeigen, wie die Komödie Perdiendo el norte in den Spanischunterricht eingebunden werden kann und welche Möglichkeiten die Komödie Perdiendo el norte bietet, interkulturelles Lernen initiieren zu können. Abschließend werden die Schwerpunkte noch einmal zusammengefasst und reflektiert.
2 Theoretische Grundlagen
Da der Einsatz des Films Perdiendo el norte für interkulturelles Lernen im Spanischunterricht den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt, soll im Folgenden zunächst auf einige Gründe eingegangen werden, die für den Einsatz von Spielfilmen im Fremdsprachenunterricht sprechen. Außerdem sollen Vorteile der Komödie im Unterricht aufgezeigt und Präsentationsformen bzw. methodische Anregungen zur Filmarbeit dargestellt werden. Des Weiteren sollen in diesem Kapitel theoretische Grundlagen zur interkulturellen Kompetenz erläutert werden, indem unter anderem auf deren Ursprung und relevante Modelle eingegangen wird. Um den Vorzug der Arbeit mit Spielfilmen im Fremdsprachenunterricht für die Förderung der interkulturellen Kompetenz näher zu illustrieren, sollen ebenfalls die Chancen des Filmeinsatzes für das interkulturelle Lernen veranschaulicht werden.
2.1 Spielfilme im Fremdsprachenunterricht
2.1.1 Argumente für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht
Der Umgang mit dem Medium Film im Unterricht gewinnt in der Fremdsprachendidaktik in letzter Zeit immer größere Bedeutung (vgl. Decke- Cornill/Küster 2010: 101). Entscheidet sich die Lehrperson dafür, den Spielfilm im Unterricht einzusetzen, so hat sie sich für ein Medium entschieden, das den SuS bereits bekannt ist, da sie es aus dem Alltag kennen (vgl. Sommerfeldt 2012: 132). Obgleich der Spielfilm als Medium im Unterricht aufgrund seiner Spieldauer anfangs eher ungeeignet erscheint, kann eine pädagogisch motivierte und didaktisch durchdachte Auseinandersetzung mit dem Spielfilm den Unterricht inhaltlich und methodisch bereichern (vgl. Sommerfeldt 2012: 132, 143). Da Filme häufig als Lückenfüller oder Literaturverfilmung im Unterricht eingesetzt werden, sollen nun Vorteile des Einsatzes eines Spielfilmes erläutert werden.
Die Ankündigung „Wir schauen einen Film“ wird in der Regel nicht ohne Grund mit Begeisterung seitens der SuS aufgenommen. Das Medium Film kennen die SuS bereits aus ihrer Freizeit. Es ist Bestandteil ihres Alltagslebens und ist positiv besetzt (vgl. Wilts 2001: 215). Da der Film in der Regel kein im Unterricht häufig verwendetes Medium ist, kann er im Fremdsprachenunterricht dabei helfen, bestehende Routinen zu durchbrechen, den Unterricht aufzulockem und auf diese Weise das Interesse und die Motivation der SuS zu wecken (vgl. Wilts 2001: 215-216). Die Präsentation des Films in einzelnen Filmabschnitten mit wechselnden Aktivitäten könnte ebenfalls dazu beitragen, die Konzentration der SuS beizubehalten. Außerdem kann der Einsatz von Filmen als schülerorientiert bezeichnet werden, da er an Erfahrungen der SuS anknüpft und die wesentlichen Impulse nicht mehr nur von der Lehrperson ausgehen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 9). Er ermöglicht authentische Sprech-und Schreibanlässe, in denen die SuS nicht nur über den Film, sondern auch über ihre Einstellungen und Wertvorstellungen sprechen können (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 9).
Jedoch sprechen nicht nur die Motivation, das Interesse und die erhöhte Aufmerksamkeit seitens der SuS für den Einsatz eines Films im Fremdsprachenunterricht. Da ein Film sowohl aus visuellen als auch auditiven Komponenten besteht, werden gleichzeitig mehrere Sinne und Lernkanäle der SuS angesprochen, was zu einer Förderung der Behaltenswirksamkeit führen kann (vgl. Sommerfeldt 2012: 141) und eine schnelle Ermüdung verhindern kann. Dies kann wiederum die Verstehensleistung der SuS begünstigen, da das Hörverstehen durch Bilder, aber auch paralinguistische Aspekte von Kommunikation wie Mimik, Gestik und Intonation unterstützt wird (vgl. Kepser/Surkamp 2016: 222). Solch eine Kommunikation kommt in der Regel in allein auf Sprache gründenden Texten oder Hörverstehensaufgaben nicht zum Ausdruck. Der Wortschatz kann aus dem Kontext abgeleitet werden, ohne zwanghaft auf die Muttersprache zurückgreifen zu müssen, wovon ebenfalls leistungsschwächere SuS profitieren können. Außerdem ist die Arbeit mit einem Film in der Zielsprache authentischer und realitätsnäher (vgl. Wilts 2001: 215). Im wirklichen Leben begegnen einem nur selten didaktisch aufbereitete Texte oder Höraufgaben, wie sie in den Lehrbüchern zu finden sind. Dagegen ermöglicht es ein Film, die Zielsprache in ihrer Authentizität (schnelleres und/oder undeutliches Sprechen, Gespräche mit Hintergrundgeräuschen etc.) erleben zu können indem er den SuS andere Dialekte, Sprachregister, Sprechweisen, Betonungen und nonverbale Muster von Sprechern bietet.
Außerdem bietet der Film Anlass zum Diskutieren, da er stets eine Wirklichkeit vermittelt, die von den SuS mit ihrem eigenen Leben in Verbindung gebracht werden kann (vgl. Wilts 2001: 216). Folglich ermöglicht er eine mündliche Kommunikation im Klassenraum, da er durch das Zusammenspiel von Bild und Ton - anders als beispielsweise bei literarischen Texten - stärkere Emotionen hervorrufen kann und die SuS auf diese Weise zu persönlichen Stellungnahmen sowie emotionalen Reaktionen herausfordern kann (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 9). Sie können sich besser in die Figuren hineinversetzen und sich auf diese Weise von ihnen abgrenzen oder sich in ihnen selbst erkennen. Folglich können authentische Redebedürfnisse entstehen, die im Idealfall dazu führen, dass sich die Fremdsprache vom Betrachtungsgegenstand (langue) zum Redemittel (parole) in plausiblen sprachlichen Handlungszusammenhängen entwickelt (vgl. Wilts 2001: 216).
Zudem bietet der Einsatz von Filmen im Unterricht auch auf lexikalischer Ebene eine Reihe von Vorteilen. Ein Film in der Zielsprache ermöglicht den SuS auf themenspezifisches Vokabular zu treffen. So kann mithilfe des Films Perdiendo el norte (2015) nicht nur der Wortschatz zum Thema Jugendarbeitslosigkeit, sondern auch zu Themen wie Immigration, Wirtschaftskrise etc. erweitert werden. Zusätzlich kann ein Film kulturelles Wissen sowie gesellschaftliche Ereignisse und Erfahrungen vermitteln und dadurch „die Erweiterung des Wahrnehmungshorizonts der Lernenden, die Reflexion über eigen-, fremd- und transkulturelle Aspekte und damit die Förderung von Selbst- und Fremdverstehen“ (Henseler/Möller/Surkamp 2011: 11) ermöglichen.
Allerdings existieren nicht nur unterrichtspragmatische Vorteile für den Einsatz von Filmen im Unterricht. Ein überlegter Medieneinsatz kann einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts leisten und die Medienkompetenz der SuS fördern (vgl. KMK 2012b: 4). In Bayern zählt im Lehrplan Plus die Medienerziehung zu den Schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsaufgaben, diese sollen SuS in fächerverbindenden Projekten und im Schulleben begegnen (vgl. ISBd). Die Auseinandersetzung mit Medien soll zur „Entwicklung einer ganzheitlich gebildeten und alltagskompetenten Persönlichkeit“ (ISBd) beitragen, da die SuS im Rahmen der schulischen Medienbildung Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben können, die notwendig sind, um sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsvoll in einer multimedial geprägten Gesellschaft zu handeln (vgl. ISBd). Auch die Kultusministerkonferenz hält eine grundlegende und systematische Medienbildung im Rahmen der schulischen Bildung für notwendig, da Medienkompetenz nicht allein durch Erziehung, Sozialisation oder die individuelle Nutzung von Medien in der Freizeit erworben werden kann (vgl. KMK 2012b: 4). Laut dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung hat der Film für die heutige Generation und die Medienerziehung eine zentrale Bedeutung (vgl. ISBe). Filme sind allgegenwärtig und „Kunstform, Informations- und Kommunikationsmedium, Kulturgut, Bildungsgut und Unterhaltungsware“ (ISBe). Die Filmkompetenz ist folglich ein unerlässlicher Bestandteil der übergreifenden Medienkompetenz, „die neben Lesen, Schreiben und Rechnen zur vierten Schlüsselkompetenz geworden ist“ (ISBe).
2.1.2 Vorteile einer Komödie im Unterricht
Dass der Einsatz des Films im Unterricht in vielerlei Hinsicht vorteilhaft ist, sollte aus dem vorherigen Kapitel ersichtlich sein. Doch nun stellt sich die Frage, ob das Filmgenre, hinsichtlich der zu erreichenden Lernziele, ebenfalls eine Rolle spielt. Im Folgenden sollen daher vor allem die Vorteile einer Komödie als Spielfilm im Unterricht illustriert werden.
Laut Erkenntnissen des Ärztlichen Bezirksverbandes Schwaben kann das Lachen durchaus die Leistungs- und Merkfähigkeit steigern. Das Gehirn erhält durch das Lachen ein positives Signal und wird somit leistungsfähiger (vgl. ÄBV Schwaben). Daraus folgt, dass SuS leichter und vor allem schneller lernen während sie lachen und sie so aufgenommene Informationen besser merken können (vgl. ÄBV Schwaben). Die Komödie kann es also ermöglichen, dass die humorvoll präsentierten Inhalte von SuS besser aufgenommen und dadurch gleichsam länger erinnert werden.
Außerdem kann ein humorvoller Film im Unterricht eine eventuell angespannte Atmosphäre lockern, eine angenehme Lernumgebung schaffen (vgl. Bieg/Dresel 2018: 200) und zusätzlich „sozioemotionale, motivationale als auch kognitive Aspekte der Instruktion und des Lernens“ (Bieg/Dresel 2018: 197) positiv beeinflussen. Zudem ermöglicht der Einsatz eines humorvollen Films, durch die Vermittlung positiver Stimmung und positiver emotionaler Reaktionen, wie Freude und Lachen, die LehrerSchüler-Beziehung positiver zu erleben (vgl. Bieg/Dresel 2018: 199). Diese ist zentral für erfolgreiches schulisches Lernen und Leisten (vgl. Bieg/Dresel 2018: 197).
2.1.3 Lehr-/Lernziele der Filmarbeit im Fremdsprachenunterricht
Eine der Zielkompetenzen beim Einsatz von Filmen im Fremdsprachenunterricht ist die Förderung des Hörverstehens. Das Hörverstehen kann als eine komplexe sprachlich-kognitive Grundfertigkeit definiert werden, die ,,sowohl für die Teilnahme an direkter Kommunikation (Gesprächen, Diskussionen etc.) wie auch für den Zugang zu indirekter Kommunikation (Fernsehen, Rundfunk, neue Medien) unabdingbar ist“ (Lucchi 2008: 394). Segermann (2007: 295) zufolge wird die Schulung des Hörverstehens in der unterrichtlichen Praxis nicht ausreichend verwirklicht, was er mit dem Mangel an geeigneten Hörmaterialien begründet. Mithilfe einer sorgfältigen Auswahl von Spielfilmen könnte diesem Mangel teilweise entgegengewirkt werden. Das Zusammenwirken von Bild, Sprache und Ton kann bei der Arbeit mit Filmen das Verstehen erleichtern (vgl. Leitzke-Ungerer 2009: 12). Somit ist es wichtig, den SuS bewusst zu machen, dass es nicht notwendig ist, jedes Wort zu verstehen. Sollten sie etwas sprachlich nicht verstanden haben, können sie es sich häufig über Bild oder Musik/Geräusche erschließen (vgl. Leitzke-Ungerer 2009: 12). Somit wird durch die Filmarbeit ebenfalls das Sehverstehen geschult. Schwerdtfeger forderte bereits im Jahr 1989 für den fremdsprachenunterrichlichen Lernprozess das Sehverstehen als fünfte ,,Fertigkeit“ (1989: 24) aufzunehmen. Obgleich moderne Lehrwerke auditive und bildhafte Darstellungen beinhalten, sind audio-visuelle Textarten kaum vorhanden. Die Schulung des Sehverstehens wird somit neben den traditionellen Fertigkeiten eher vernachlässigt. Dabei gibt es lernpsychologische Studien, die einen höheren Lern- und Behaltenseffekt bei audio-visuell aufgenommenen Lerninhalten nachweisen. Beispielsweise zeigten Oltman und Schleiffer (1977: 213) im Assoziationsexperiment, dass audio-visuelle Darbietung wesentlich höhere Erinnerungswerte als reine Druck- oder Audioinformation ergab. Da, wie bereits erwähnt, das Hörverstehen beim Film neben der gesprochenen Sprache das bewusste Hören von Geräuschen und paralinguistischen Merkmalen miteinschließt, erfordert das Hör-Seh-Verstehen folglich vielfältigere und komplexere Sinnbildungs- und Verstehensprozesse als übliche Praktiken des Sehens und Hörens (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 16).
Neben den beschriebenen rezeptiven Fertigkeiten, die im Fremdsprachenunterricht durch die Arbeit mit Filmen gefördert werden, können die produktiven Fertigkeiten Sprechen und Schreiben ebenfalls geschult werden. Aufgrund des großen Motivationspotentials (siehe 2.1), kann es SuS leichter fallen, sich über Filme zu äußern oder zu schreiben als bei üblicher Textarbeit. Dies kann unter anderem daran liegen, ,,dass Filme Geschichten erzählen, die mit der Lebenswirklichkeit der Lerner, ihren Problemen, Wünschen und Sehnsüchten zu tun haben und dass der Film diese Geschichten plurimedial erzählt [...]“ (Leitzke-Ungerer 2009: 14). Somit können beim Film mehr Emotionen seitens der SuS hervorgerufen werden, die wiederum ein verstärktes Äußerungsbedürfnis bewirken können, das im Spanischunterricht effektiv für die Schulung der Sprech- und Schreibfertigkeit genutzt werden kann. So eignen sich unterschiedliche Diskursformen für das Sprechen. Dazu zählen unter anderem das Stellung nehmen, Diskutieren und Argumentieren (vgl. Henseler/ Möller/ Surkamp 2011: 20-21). Für das Schreiben sind Textsorten und Kontexte geeignet, „die sich auch im kulturellen Handlungsfeld ,Film‘ außerhalb der Welt des Klassenzimmers finden, wie z.B. Exposé oder Filmkritiken“ (Henseler/Möller/Surkamp 2011: 21).
Zusätzlich kann die Arbeit mit Filmen die Ausbildung der Analysekompetenz der SuS fördern. Es handelt sich hier zwar nicht um eine fremdsprachenspezifische Kompetenz, jedoch kann sie im Rahmen der Filmarbeit im Fremdsprachenunterricht durchaus gefördert werden, vorausgesetzt, die Inhalte und Themen der Filme bieten ausreichend Anhaltspunkte für eine kritische Analyse und Bewertung (vgl. Leitzke- Ungerer 2009: 16). Hier ist es notwendig, den SuS filmspezifische Ausdrucksmittel nicht nur zu erklären, sondern vor allem die Funktion und Wirkung dieser filmischen Kunstgriffe an einem Filmbeispiel zu illustrieren (vgl. Leitzke-Ungerer 2009: 16). Bei der filmästhetischen Analysekompetenz handelt es sich laut Leitzke-Ungerer (2009: 16) um die Fähigkeit die spezifisch ästhetisch-künstlerische Funktion von filmischen Mitteln erkennen und analysieren zu können. Lernende sollen also insbesondere für die „Art und Weise, wie audiovisuelle Formate Ereignisse darstellen, Figuren konstruieren und Geschichten erzählen“ (Henseler/Möller/Surkamp 2011: 17) sensibilisiert werden. Bei der medienkritischen Analysekompetenz soll hingegen das Bewusstsein für die manipulative Kraft filmischer Mittel entwickelt werden (vgl. Leitzke-Ungerer 2009: 16).
Darüber hinaus ist es ein wesentliches Lehrziel des Filmeinsatzes im Fremdsprachenunterricht, die Bildung und Vermittlung interkultureller Kompetenzen bzw. die Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation, zu fokussieren. Da die Förderung der interkulturellen Kompetenz mit Spielfilmen den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet, soll im Kapitel 2.2 näher auf das Konzept des interkulturellen Lernens eingegangen werden.
2.1.4 Präsentationsformen und methodische Anregungen
Um nicht befürchten zu müssen, dass die SuS sich bei der Filmvorführung entspannt und passiv zurücklehnen, sollte sich die Lehrperson für eine geeignete Form der Präsentation entscheiden, die die Lernenden stets aktiv miteinbezieht. Jedoch ist die Präsentationsform stets auch von der Filmlänge abhängig (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). So können Kurzfilme mehrmals in einer Unterrichtsstunde präsentiert werden, während längere Filme andere Verfahren erfordern (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). Insgesamt ist anzumerken, dass die Wahl eines bestimmten Verfahrens unter anderem vom ausgewählten Film, den Vorkenntnissen der SuS sowie den angestrebten Kompetenzen und dem Zeitbudget abhängt (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). Im Folgenden sollen die Block-, Intervall-, Sandwich- sowie Segmentpräsentation kurz erläutert werden.
Bei der Blockpräsentation kann der Spielfilm entweder als Einheit oder in zwei bis drei längeren Teilen gezeigt werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, bestimmte Szenen des Films nochmals abzuspielen und sie so näher zu betrachten. Der größte Vorteil des Blockverfahrens besteht Wilts (2003: 6) zufolge darin, dass die dramaturgische Spannung und Ästhetik des Films bestehen bleiben. Um bei der Blockpräsentation mögliche Verständnisschwierigkeiten zu minimieren, sollte ausreichend Vorarbeit, zum Beispiel in Form einer Inhaltsangabe, geleistet werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34).
Das Intervallverfahren dagegen eignet sich vor allem dafür, die Lernenden auch während des Sehens durch Arbeitsaufträge aktiv einzubeziehen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). Der Spielfilm wird bei dieser Präsentationsform in mehrere kleine Sequenzen geteilt, die in mehreren Unterrichtsstunden angesehen werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34). Das sequentielle Verfahren ermöglicht, die Neugier der SuS auf den weiteren Verlauf des Spielfilms zu erhöhen und „kreativ-produktive“ (Wilts 2003: 6) Beobachtungsaufgaben einzusetzen, die der passiven Aufnahme des Films entgegenwirken und gleichzeitig die produktiven Sprachtätigkeiten fördern (vgl. Wilts 2003: 6). Außerdem erleichtert dieses Vorgehen die Informationsaufnahme (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34) und kann folglich Verständnisschwierigkeiten und somit Motivationsverlust durch Frustration vermeiden. Jedoch sollte angemerkt werden, dass das Intervallverfahren einen hohen Zeitaufwand beansprucht und es sich womöglich negativ auf das Filmerlebnis der SuS auswirken kann, da es nicht ihren Sehgewohnheiten entspricht (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 34-35).
Bei der sogenannten Sandwich-Präsentation werden ausgewählte Sequenzen vorgeführt und Szenen ausgelassen, die beispielsweise durch Inhaltsangaben oder Drehbuchauszüge verbalisiert werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35). Es können somit Teile übersprungen werden, die große Verständnisschwierigkeiten bereiten oder für den Gesamtzusammenhang nicht bedeutend sind (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35). Folglich kann mit diesem Verfahren zwar Zeit gespart werden, jedoch besteht die Gefahr, dass durch die fehlende Kenntnis des gesamten Filmverlaufs das Verständnis der ausgewählten Szenen erschwert wird (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35). Aus diesem Grund ist das rechtzeitige Ansehen des gesamten Films unbedingt nötig (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35).
Das Segment-Verfahren hingegen beschäftigt sich mit nur einer Szene oder Sequenz des Films. Es eignet sich vor allem zur Motivationssteigerung zu Beginn einer Unterrichtseinheit oder „zur gezielten Erarbeitung filmischer Mittel und ihrer Wirkungen“ (Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35). Durch den geringen Zeitaufwand kann der Filmausschnitt zwar mehrmals präsentiert werden, jedoch geht bei diesem Verfahren, durch die isolierte Betrachtung einer Szene, der Unterhaltungswert sowie das Filmerlebnis verloren (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35-36).
Für den Fremdsprachenunterricht eignen sich hinsichtlich der Präsentationsform eines Spielfilms insbesondere Mischformen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 35). Es empfiehlt sich zum Beispiel für einen längeren Spielfilm, ihn zur Hälfte im Block- und den Rest im Intervallverfahren zu präsentieren (vgl. Burger 1995: 596). Bei einem nach dem Intervallverfahren vorgestellten Film können ebenso, um den Zeitaufwand zu reduzieren, sandwichartig Szenen überbrückt werden (vgl. Burger 1995: 596).
Trotzdem sollten Filme, Henseler/Möller/Surkamp zufolge, grundsätzlich als Ganzes von den Lernenden gesehen werden, „um den Filmgenuss sicherzustellen, das schrittweise analytische Vorgehen zu kompensieren und um Szenen, die im Unterricht besprochen werden, in den Gesamtkontext des Films einzubetten“ (2011: 36). Da die Rezeption von Filmen kein passiver Vorgang ist, sollten die Lernenden stets durch konkrete Seh- und Arbeitsaufträge, auch während des Sehens, aktiv miteinbezogen werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Sie sollten zur produktiven sowie handelnden Auseinandersetzung angeregt werden, „so dass nicht nur kognitive, sondern auch affektive und imaginative Fähigkeiten gefördert werden“ (Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97).
Ein Film im Unterricht sollte nie ohne Vorarbeit abgespielt werden. Daher eignen sich die sogenannten pre-viewing activities (aclividades antes de la proyecciön), die Aufgaben vor dem Sehen, dafür, die SuS auf das Thema des Films einzustimmen und sie sprachlich zu entlasten (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Hierfür eignen sich Assoziationsübungen, bei denen die SuS an die Themen des Films herangeführt werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Als vorbereitende Aktivität könnten die Lernenden zum Beispiel anhand des Titels, des DVD-Covers, des Trailers oder eines Filmzitats Vermutungen über den Inhalt anstellen, sich mithilfe von Filmrezensionen über den ausgewählten Film informieren oder durch Wortfelder bzw. Assoziationsketten ihr Vorwissen aktivieren (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 98). Visualisierungsübungen könnten den SuS außerdem dabei helfen, Bilder, die sie bezüglich des Films entwickelt haben, später mit der filmischen Umsetzung zu vergleichen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 98).
Da es notwendig ist, dass die SuS nach dem Sehen des Films auf ihre individuellen Eindrücke und Beobachtungen zurückgreifen können, ist es für sie hilfreich, wenn sie bereits während des Sehens des Films oder einer Sequenz, Notizen anfertigen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Hierfür eignen sich while-viewing activities (actividades durante la proyecciön), also Aufgaben, die während des Sehens absolviert werden. Diese können die Verständnissicherung sowie die Erfassung der verwendeten filmischen Ausdrucksmittel unterstützen (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Um die Informationen, die die SuS verarbeiten müssen, zu reduzieren, können arbeitsteilige Sehaufträge, bei denen einzelne Gruppen auf verschiedene Aspekte achten sollen, erteilt werden (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 97). Weitere Aufgabenformate für begleitende Aktivitäten sind zum Beispiel das Abhaken von Geschehenem und Gehörtem auf einer Auswahlliste, das Rekonstruieren eines zerschnittenen Dialogs einer Szene während des Sehens sowie die Möglichkeit, nach einer Unterbrechung des Films über seinen weiteren Verlauf zu imaginieren (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 99).
Bei den post-viewing activities (actividades después de la proyecciön) setzen sich die Lernenden produktiv mit dem Film auseinander oder werden ästhetischkünstlerisch tätig (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 100). Es können Inhaltsangaben zum Film oder einer Szene sowie innere Monologe zu Dialogszenen verfasst werden oder die SuS korrigieren einen inhaltlich fehlerhaften Text (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 100). Kreativere Methoden stellen das Nachspielen von Schlüsselszenen, das dialogische und spielerische Ausgestalten ausgelassener Szenen oder die Erstellung von Alternativen zum Ende eines Films oder zum weiteren Schicksal der Figuren dar (vgl. Henseler/Möller/Surkamp 2011: 100).
2.2 Interkulturelles Lernen
2.2.1 Ursprung der interkulturellen Kompetenz
Bereits im 19. Jahrhundert vertrat Wilhelm von Humboldt die Ansicht, dass Sprachunterricht notwendigerweise auch Kulturunterricht bedeutet (vgl. Decke- Cornill/Küster 2010: 224). Folglich geht es im Fremdsprachenunterricht nicht nur um das Lehren und Erlernen einer Fremdsprache, sondern auch darum, die Kultur des Ziellandes kennenzulernen und sich mit ihr auseinanderzusetzen (vgl. Fäcke 2011: 172). Obgleich die Entwicklung eines kulturellen Bewusstseins ein wichtiges Ziel des Fremdsprachenunterrichts darstellte (vgl. Anton 2017: 39), veränderten sich die Konzeptionen der Landeskunde im Lauf der Jahrzehnte und entwickelten sich mit bildungspolitischen und fremdsprachendidaktischen Rahmenbedingungen weiter (vgl. Fäcke 2011: 172).
In der Reformzeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es die Realienkunde, bei der die SuS Faktenwissen über die Zielkultur, insbesondere über geografische, gesellschaftliche, historische und politische Inhalte anhäufen sollten (vgl. Fäcke 2011: 172). Diese wurde jedoch nach dem ersten Weltkrieg kritisiert und durch eine nationalistische Kulturkunde abgelöst (vgl. Decke-Cornill/Küster 2010: 225). Nun bestand das Ziel des Fremdsprachenunterrichts darin, zusätzlich das Wesen und den Nationalcharakter des Nachbarvolkes zu vermitteln (vgl. Fäcke 2001: 172) und dabei „das Fremde als Folie für das Verständnis des Eigenen [zu] nutzen“ (Decke- Cornill/Küster 2010: 225). Zur Zeit des Nationalsozialismus entwickelte sich die Kulturkunde zu einer propagandistischen Volkstumskunde (vgl. Decke-Cornill/Küster 2010: 225). Mithilfe des Fremdsprachenunterrichts sollte der Feind besser verstanden und somit besiegt werden können (vgl. Fäcke 2011: 173). In den 1970er/80er Jahren war von der politischen Landeskunde die Rede (vgl. Decke-Cornill/Küster 2010: 225), die primär Kultur und Gesellschaft zum Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts machte (vgl. Fäcke 2011: 173). Ab den 1980er Jahren rückten neue Schwerpunkte in den Mittelpunkt und neben landeskundlichem Faktenwissen gewannen sprachliche und kommunikative Kompetenzen wie transnationale Kommunikationsfähigkeit zunehmend an Bedeutung (vgl. Fäcke 2011: 174). Durch das Aufkommen der „pädagogischen Diskussion, die die Schülerperspektive und den Prozesscharakter des Lernens in den Mittelpunkt rückte“ (Anton 2017: 51), entwickelten sich schließlich der interkulturelle Ansatz und das Konzept des interkulturellen Lernens (vgl. Anton 2017: 51).
2.2.2 Begriffe und Modelle interkultureller Kompetenz
Bevor Modelle der interkulturellen Kompetenz näher betrachtet werden, soll zunächst einmal der Begriff Kultur näher bestimmt werden. Es wird zwischen der big-C culture, also der hohen Kultur und der small-c culture, der Alltagskultur, differenziert (vgl. Thaler 2014: 271). Die big-C culture beinhaltet Aspekte wie Geschichte, Institutionen, Persönlichkeiten, Kunst und Literatur, während die small-c culture ebenfalls Elemente des Alltagslebens, Verhaltensweisen oder Kommunikationsnormen umfasst (vgl. Thaler 2014: 271). Laut Thaler sei für das interkulturelle Lernen gerade „die Ausweitung der Perspektive auf die Alltagskultur von besonderer Bedeutung gewesen“ (2014: 271).
Im Folgenden werden Byrams Modell der intercultural communicative competence (1997) und Bennetts developmental model of intercultural sensitivity (1986; 1993) vorgestellt, da diese sich für den Fremdsprachenunterricht als relevant bzw. diskussionswürdig durchgesetzt haben (vgl. Fellmann 2015: 40).
Byrams Modell der intercultural communicative competence ist ein sehr bekanntes und breit rezipiertes Modell für die Entwicklung interkultureller Kompetenz (vgl. Decke-Cornill/Küster 2010: 237). Es umfasst fünf Wissens-/Könnensbereiche, die sogenannten fünf savoirs (vgl. Byram 1997: 34) und besteht aus den drei Zielbereichen: Wissen (knowledge), Können (skills) und Haltungen (attitudes), die im Folgenden mithilfe der Abbildung 1 erläutert werden sollen (vgl. Thaler 2014: 272).
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Abbildung 1: Byrams Modell der intercultural communicative competence (entnommen aus Thaler 2014: 272)
Obgleich der Bereich Wissen an das frühere Landeskunde-Konzept im Fremdsprachenunterricht erinnert, sind für die Ausbildung interkultureller Kompetenz sowohl landeskundliches Faktenwissen (zum Beispiel über Politik, Geschichte und Geographie des Landes) als auch kulturelles Orientierungswissen über soziale Werte und Gesprächsnormen erforderlich (vgl. Thaler 2014: 272). Fellmann (2015: 49) zufolge sollten deklarative Wissensbestände stets um prozedurales Wissen über Interaktionstechniken erweitert werden, sodass intercultural speakers erfolgreich kommunizieren können. Der Zielbereich Wissen beinhaltet somit nicht nur reines Faktenwissen, sondern auch Gewohnheiten und soziale Konventionen, wie zum Beispiel Höflichkeitsformeln (vgl. Fellmann 2015: 49). Beide Kategorien sind notwendig, um sich in der fremden Kultur sprachlich souverän bewegen zu können (vgl. Thaler 2014: 272-273) und eventuelle „Anspielungen in Gesprächen [zu] verstehen oder unausgesprochene Interaktionsregeln an[zu]wenden“ (Thaler 2014: 273). Außerdem betont Thaler die Notwendigkeit von „Wissen über das Eigene und über die Kulturbedingtheit von Sprache und Verhalten“ (Thaler 2014: 273), um das eigene Verhalten kritisch hinterfragen zu können.
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