Die Samurai Japans. Geschichte, Stellung in der Gesellschaft und Weltanschauung


Ponencia / Ensayo (Colegio), 2000

13 Páginas, Calificación: 6 (CH)


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Vorgeschichte
1.1. Die Anfänge des japanischen Volkes
1.2. Das Japanische Kaiserreich bis ins 9. JH.

2. Der Samurai betritt die Bühne der Geschichte
2.1. Der Aufstieg der Militäraristokratie in der Heian - Periode
2.2. Wer sind nun die Samurai?

3. Der Zen-Buddhismus
3.1. Der Zen-Buddhismus in Japan
3.2. Der Einfluss des Zen-Buddhismus auf den Samurai

4. Der Samurai
4.1. Das Schwert der Samurai
4.2. Die Rüstung der Samurai

5. der Aufstieg der Kriegerklasse im 17. Jahrhundert

6. Die Ideologie der Samurai
6.1. Der Neo-Konfuzianismus
6.2. Bushidô - der Weg der Samurai
6.3. Der ideale Krieger

7. Anhang
7.1. Karte - Japan
7.2. Zeittafel
7.3. Glossar

Quellen

Vorwort

Als ich mich für dieses Thema entschied, wusste ich noch nichts von seiner Weitläufigkeit. Doch schon bald merkte ich, dass ich mich drastisch einschränken muss. So kam ich von meiner ursprünglichen Wahl, „der Samurai und sein Einfluss auf die Mentalität des heutigen Japans", ab. Dies vor allem, weil ich einen Text schreiben wollte der für einen Laien gut lesbar und verständlich bleibt.

Die vorliegende Arbeit setzt sich einerseits aus einer Einführung in die Geschichte Japans und anderseits mit den Fragen wer ein Samurai war, welche Stellung in der Gesellschaft er einnahm und wie er zu seiner Weltanschauung kam, auseinander.

Weiter hat die Arbeit eine n Anhang um, wie ich hoffe, allfällig auftauchende Fragen zu beantworten.

Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen

1. Vorgeschichte

1. 1. Die Anfänge des Japanischen Volkes

Der genaue Ursprung der Samurai, wie der des japanischen Volks überhaupt, liegt in tiefem Dunkeln. Im fernen Altertum könnte Japan durch Wellen von Einwanderern von den Inseln des südwestlichen Pazifiks ,wie vom asiatischen Kontinent, besiedelt worden sein. Historische Berichte über solche Völkerbewegungen gib es nicht, aber die japanische Folklore - eine schöpferische Mythologie, die in den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts den Rang eines nationalen Glaubens erhielt - erzählt, dass das Land von gewissen Göttinnen des Hohen Himmels gegründet wurde. Nach geraumer Zeit schickte die Sonnengöttin ihren Enkel auf einen Berggipfel in Kyushu mit dem Auftrag, das göttlich geschaffene ,,Zentralland der Schilfebenen" zu regieren. Dessen Urenkel (Jimmu Tennô - der erste Kaiser von Japan) drang in jahrelangem Kampf entlang den Ufern der Inlandsee ostwärts in die Region Yamato, südlich des heutigen Kyoto vor und gründete dort das erste japanische Kaiserreich, das Yamato-Reich.

1. 2. Das japanische Kaiserreich bis ins 9. Jahrhundert

Bis ins 9. Jahrhundert regierte in Japan der Tennô, ,,der Sohn des Himmels", dank seiner direkten Abstammung von Jimmu Tennô, uneingeschränkt. Wobei man bemerken muss, dass schon im 7. Jahrhundert von verschiedenen Adelsfamilien Kindkaiser auf den Thron gehoben wurden um ihren Einfluss zu vergrössern. Ab dem 9. Jahrhundert und dem Zerfall seiner militärischen Garde wurde der Kaiser immer machtloser, bis ihm dann im 16. Jahrhundert nur noch religiöse Bedeutung zukam.

Eine einheitliche Hauptstadt gab es in Japan bis zur Errichtung Heiankos (Kyoto) im 8. Jahrhundert nicht. So wurde jeweils die Stadt in der sich der Kaiser aufhielt als Hauptstadt gehandelt.

2. Der Samurai betritt die Bühne der Geschichte

2. 1. Der Aufstieg der Militäraristokratie in der Heian - Periode (vom 9. bis ins 11. Jahrhundert)

Zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert, als der Kaiser-Hof eine Phase relativer Ruhe und kultureller Blüte erlebte, begannen die Provinzen zu rebellieren. Kaum einer wollte die Hauptstadt verlassen um einen Verwaltungsposten in der Provinz anzunehmen. So verliess man sich in öffentlichen wie in privaten Angelegenheiten auf Mittelsmänner und Stellvertreter.

Im 11. Jahrhundert war das Netz der von der Zentralregierung eingesetzten Provinzgouverneure weitgehend zusammengebrochen. Viele Adlige, die die komfortable Hauptstadt nicht mit einem Posten auf dem Land vertauschen wollten, verkauften ihre Stelle an einen Stellvertreter. Der war zwar bereit dort zu leben, wollte sich dafür aber möglichst persönlich bereichern. Die beste Möglichkeit dazu war die Umleitung öffentlicher Steuereinnahmen oder die stillschweigende Gewährung weiterer shõ en (privater Landbesitz · Glossar) innerhalb seines Gebietes.

Das ländliche Leben bot den Gouverneuren und Stellvertretern so gewisse Entschädigungen. Der ritsuryõ -Kodex (Rechtliche Grundlage für eine Ze ntrale Regierung · Glossar) hätte zwar von ihnen verlangt, alle vier Jahre in die Hauptstadt zurückzukehren und Bericht zu erstatten, doch sie wussten ihre Wiedereinsetzung zu betreiben und liessen sich langfristig in der Provinz nieder.

Selbstverständlich bedeutete diese Verschanzung Einbussen für den öffentlichen Haushalt, und die Berichte aus den Provinzen entsprachen nicht immer den Tatsachen. Um ihre Position zu stärken, verbündeten sich die Provinzgouverneure häufig auch mit den lokalen Militärs.

Kaiser, Adlige, buddhistische Klöster und grosse Familien bauten eigene Militäreinheiten auf, um den Frieden zu sichern und ihre Interessen durchzusetzen, denn es gab immer mehr Räuberbanden, die die Provinzen unsicher machten. Der Niedergang einer zentrale n Militäroganisation, die den Frieden hätte aufrechterhalten können und die Notwendigkeit, shõ en und lokale Interessen zu schützen, förderte die Bildung lokaler Milizverbände (bushidõ · Glossar).

Nach dem Zusammenbruch des ritsuriõ -Systems gewannen die sogenannten "bewaffneten Familien" noch mehr an Bedeutung. Doch die Ausstattung solcher Verbände war kostspielig, man benötigte Schwerter und Rüstungen, Bogen und Pfeile, Pferde, Stallknechte, Ställe und Futter. Dafür konnte nur die lokale Elite aufkommen, welche sich in diesen Jahrhunderten zu einem neuen Machtfaktor entwickelte.

Die Militärverbände waren zunächst klein und sie bekämpften sich vor allem gegenseitig, so dass sie keine wirkliche Bedrohung für die zentrale Autorität des Hofes darstellten. Ab der Mitte des 10. Jahrhunderts jedoch zeigte es sich, dass grosse Verbände, unter charismatischen Führern, ganze Landstriche unter ihre Kontrolle brachten. Der Hof konnte ihnen nur Herr werden, indem er bei rivalisierten Truppen um Hilfe bat. Zu den besonders einflussreichen Verbänden zählten die Fujiwara, Taira und Minamoto (· Glossar).

Unter der Führung dieser Krieger-Familien mit adliger Herkunft entstand eine ausgefeilte Technik des berittenen Kampfes, der "Weg von Bogen und Pferd", eine Kampftradition, aus der unter konfuzianischem Einfluss im 17. Jahrhundert der "Weg der Samurai" hervorging. Die intensive persönliche Bindung zwischen Herr und Gefolgsmann kam in den Begriffen hõ kõ"Dienst" und goon"Gunst" zum Ausdruck. Für die Gunst seines Herrn, die sich konkret in Beuteanteilen oder der Bestätigung seines Landbesitzes zeigte, musste der Gefolgsmann Gegenleistungen in Form von Kriegs- und Wachdienst, Geschenken, Fronarbeit oder Steuerabgaben erbringen. Vor dem 17. Jahrhundert waren die Ermahnungen zur Loyalität jedoch meist rein rhetorisch, denn in dieser instabilen Zeit verfolgten die Krieger mit diesem Bündnis gleichzeitig private oder familiäre Interessen; oft war es auch schlicht eine Frage des Überlebens. Mitläufertum und selbstlose Gefolgschaft hielt sich die Waage.

2. 2. Wer sind nun die Samurai?

Die Militärelite, die die japanische Gesellschaft vom 12. bis ins 19. Jahrhundert prägte, nannte man gewöhnlich bushi oder samura i. Bushi bedeutet ,,kämpfende Männer" und ist ganz allgemein die Bezeichnung für die Krieger der mittelalterlichen Epoche. Die meisten lebten in Dörfern und verwalteten ihre Ländereien, währenddessen sie sich in den Kriegskünsten übten und sich für den Einsatz auf dem Schlachtfeld bereithielten. Einige dieser Provinzial-Krieger waren Vasallen (gokenin, wörtlich: ,,Hausleute") des Shõ gun (Grundbesitzer; z.B. Adlige, Klöster). Zunächst bezeichnete der Begriff „ samurai" den Waffendienst eines Vasallen. Nach dem 16. Jahrhundert verwendete man ihn im Allgemeinen für die Krieger, die vom Land in die Burgstädte übersiedelten und dort als fest besoldete Vasallen lebten. Seit dem Mittelalter entwickelte die Kriegerklasse ihre eigene soldatische und spartanische Lebensweise, deren Richtlinien im ,,Weg des Samurai" oder bushidõ mit Tugenden wie loyaler Dienstausübung oder Familienehre festgelegt wurden. Im Extremfall drückte sich die Loyalität in der Bereitschaft aus, sich für seinen Herrn in dem grausigen Ritual des seppuku (netter Ausdruck für hara-kiri · Glossar) zu opfern.

3. Der Zen - Buddhismus

3. 1. der Zen-Buddhismus in Japan

Zen, eine religiöse Übung mit dem Ziel, durch Meditation persönliche Erleuchtung zu erlangen, wurde schon vor dem Mittelalter in Japan eingeführt. Intensive Meditation war immer ein wesentlicher Bestandteil der religiösen Übungen fast aller buddhistischer Schulen. Dennoch setzte sich der Zen- Buddhismus als unabhängige Schule, in der eine sitzende Meditation vorgeschrieben wurde, erst im späten 12. und im 13. Jahrhundert durch. Höchste Bedeutung gibt Zen der Intuition, während es die Übung des rationalen und formulierten Intellekts ablehnt. Der Geist eines Kriegers fühlt sich in der Regel wenig zu metaphysischer Spekulation oder philosophischer Debatte hingezogen; und diese werden auch von den Jüngern des Zen gemieden. Denn Zen zeigt seine Macht im Tun, seine Kraft und seine Würze werden gemindert, sobald ein Element von Erklärung oder Analyse auftaucht. Wie beim Rad fahren, das in der Theorie so schwer klingt, dass es fast unmöglich zu sein scheint, verhält es sich mit Zen.

3. 2. Der einfluss des Zen-Buddhismus auf den Samurai

Der Einfluss des Zen auf den Samurai war dramatisch. Er fügte dem Gebrauch von Bogen und Schwert eine völlig neue Haltung hinzu. Möglicherweise war es kein Zufall, dass der Aufstieg des Zen-Buddhismus im späten 12. und 13. Jahrhundert zusammenfiel mit dem Machtzuwachs einer Kriegerklasse, die das Bedürfnis nach einem ihr gemässen religiösen Ritus hatte.

Der Samurai konnte im Umgang mit den meisten buddhistischen Sekten und Anschauungen ein ausgesprochener Bilderstürmer sein. Er, der Jodo (den Glauben des gemeinen Volkes an das ,,Reine Land") verachtete, erkannte in den Zen-Meistern Männer, deren Geist geradlinig, hart und rein war. Hier war unter dem Schirm des Buddhismus ein Glaube herangewachsen, der Forderungen nicht an den Intellekt oder an die Gefühle stellte, sondern an den Willen oder - um einen anderen Ausdruck zu benutzen - an den sittlichen Charakter, die wahre Wurzel und den wahren Halt des Kriegerstolzes. Noch der Pragmatischste und Skeptischste konnte sehen, dass Aneignung des Zen-Geistes grössere Selbstzucht geben und jene grossartig zuversichtliche Gültigkeit gegenüber dem Tod stärken musste. Dies zu zeigen wurde von jedem Samurai erwartet.

4. der Samurai

4. 1. Das Schwert der Samurai

Die Herstellung und Handhabung des Schwertes der Krieger zeigen die Kräfte dieser Trinität am Werk, von religiöser Feierlichkeit begleitet reinigte sich der Meister der Schmiedewerkstatt jeden Tag mit rituellen Waschungen. Er und seine Gehilfen erhitzten und hämmerten, abgeschlossen von der Welt, bis die Klinge vollendet war; der Prozess konnte viele Wochen andauern.

Im Besitz des Samurai musste das Schwert den Dienst, den sein Träger dem Oberen schuldete, fördern. Diese Treueverpflichtung wurde vom konfuzianischen Sittenkodex untermauert. Das Schwert sollte niemals ausserhalb dieses Zusammenhangs gezogen werden. Wenn es aber einmal gezogen war, wurde es im Geist des Zen gehandhabt, des sicheren, höchst mächtigen Führers zu richtigem Gebrauch.

Denn vor allem die Fechtkunst war es, die man für die bedeutendste Manifestation des Zen hielt. Die zwei Schwerter, das lange und das kurze, beide mit der Schneide nach oben in den Gürtel gesteckt, waren die geachtetsten materiellen Besitztümer des Samurai; sie waren Statusabzeichen und Symbol für seine Ehre als Krieger. In jeder Hinsicht war das Schwert die Seele des Samurai, das Allerhöchste.

Der Schwertkult ist in der japanischen Geschichte und Folklore eine grosse, einmalige Erscheinung. Das Schwert des Samurai hatte eine äusserst scharfe Klinge, wie sie besser wohl in der ganzen Welt nicht erzeugt wird. Es ist als Kunstwerk, als Talismann, als Fetisch ein einzigartiger Weise geschätzt.

Eine bekannte Erzählung mag das verdeutlichen: Murasama, ein hervorragender, aber charakterlich nicht gefestigter Schwertschmied, genoss einen ziemlich finsteren Ruf, da seine überragenden Klingen ihre Eigentümer immer in blutige Auseinandersetzungen mit anderen verwickelten und schliesslich auch den Trägern selbst Unheil brachten. Ein Mann, der den Charakter eines Murasama-Schwertes prüfen wollte, hielt es in einen Fluss um zu sehen, wie es auf die in der Strömung treibenden toten Blätter reagieren würde. Jedes Blatt welches das Schwert berührte, wurde sauber entzweigeschnitten. Dann hielt er ein von dem grössten aller Schwertschmiede, Masamune gefertigtes Schwert in den Fluss. Die Blätter mieden die Klinge. So zeigte sich Masamunes eigener edler Charakter. ,,Das Schwert des Murasama ist schrecklich, das des Masamune ist menschlich", sagte man. Mit anderen Worten, ein gutes Schwert konnte die Persönlichkeit seines Schmiedes annehmen. In gewissem Grad hatte es also ein okkultes Eigenleben.

Den ,,geistigen" Eigenschaften eines Schwerts kam sein Rang als Kunstwerk gleich. Die leicht gekrümmte Form, eine Art Zwischenstück zwischen der geraden Klinge des europäischen Ritters und dem Krummsäbel der Sarazenen, verleiht der Waffe des Samurai eine einzigartige Anmut. Die Oberfläche zeigt ein ,,Klingenfiguren" genanntes Dekor, ein unregelmässiges Muster von grosser Schönheit, das an die Wellen des Meeres oder die Gipfel der Berge erinnert und sich beim Schmieden aus den verschiedenen Stoffen bildet, die im Prozess des Erhitzens und Härtens benutzt werden. Griff, Scheide und Stichblatt zeigen oft vergleichbare Schönheit und sind gewöhnlich mit Mustern geschmückt die der Natur entnommen sind und Blumen und Vögel darstellen.

4.2. Die Rüstung der Samurai

Die Rüstung vom Helm bis zur Beinschiene waren ästhetisch nicht weniger gefällig. Am auffallendsten ist wohl der kabuto, der Helm. Wenn er gehörnt ist oder ein Geweih trägt, wirkt er drohend und bizarr; es ist kennzeichnend, dass der Gattungsname für Käfer im Japanischen kabuto-mushi (Helminsekt) ist. Die Rüstung des Samurai beweist einen starken Sinn für Farbigkeit und für praktische Dinge, wie Schutz und Gewicht. Alle Rüstungen haben farbige Borten. Es gibt scharlachrote, weisse Rüstungen oder Rüstungen mit Seidenborten von der Farbe ,,vergilbter Blätter" oder der Kirschblüte.

Zu einer vollständigen Rüstung zählte man wenigstens 23 Teile, vom fundoshi (Lendentuch) bis zum yari ate (Speerstütze). Aber oft bezeichnete man die volle Rüstung mit dem Ausdruck roku gu (sechs Stücke): Helm, Maske, Leibpanzer, Schenkelstücke, Fechthandschuhe und Beinschützer.

5. Der Aufstieg der Kriegerklasse im 17. Jahrhundert

Während des Tokugawa Shogunats (eine von Grundbesitzern dominierte Staatsform) entwickelte sich in Japan eine Klassenordnung, die nicht nur wie bis her den Hofadel vom übrigen Volk trennte, sondern sich auch der besonderen Stellung des Samurai innerhalb der Gesellschaft annahm.

In der Provinz eines Shõ guns war die Burgstadt das Hauptquartier und in der Burg und darum herum wohnten die Samurai des Gebietes. In der Stadt vor der Burg lebten die Handwerker und Kaufleute.

Auf dem Land rings um die Stadt waren die Fischer und Bauern angesiedelt. Diese Ersterzeuger liess man sich im wesentlichen selbst verwalten, vorausgesetzt, dass sie ihre Steuern zahlten, ihre Frondienste leisteten und Frieden hielten. Das Tokugawa Shogunat war auf dem sicheren Fundament von Dorfgemeinden mit Selbstverwaltung errichtet, die aus ,,gut disziplinierten Bauern" bestanden.

Die ,,gut disziplinierten Bauern" standen an zweiter Stelle in der Hierarchie der vier Klassen, die in absteigender Ordnung amtlicher Bedeutung die Samurai, Bauern, Handwerker und Kaufleute umfasste. Der Hofadel von Kyoto (natürlich mit Einschluss der Mitglieder der kaiserlichen Familie), die Priesterschaft und die Ärzte, standen ausserhalb dieser Klassenstruktur. Ebenso Schauspieler, Kurtisanen und die Mitglieder der Eta, der Kaste der Ausgestossenen. In einer Gesamtbevölkerung, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts etwa 30 Millionen betragen haben mag, zählten die Samurai weniger als 2 Millionen. In der Theorie waren die Klassenschranken starr. In der Praxis aber gab es ziemlich viel Beweglichkeit zwischen den drei unteren Klassen. Aber zwischen diesen und dem Samurai-Orden, in allen seinen Abstufungen, gab es gewöhnlich - wenn auch nicht immer - unüberwindliche Hindernisse. Bezeichnend für die allgemeine Anschauung war das Sprichwort: „Ein Pferd geht mit einem Pferd, ein Ochse mit einem Ochsen."

Wenn Leute der niedrigeren Klassen den Abstand gegenüber einem Samurai verletzten oder ein Samurai niedrigeren Ranges säumig gegenüber einem unmittelbaren Vasallen war, so bestand kein Einwand dagegen, solche Leute niederzuschlagen. Man nannte das kirisute goemen oder das Recht, ,,niederzuschlagen und zu gehen". Da die Krieger aller Grade dieses Recht besassen, vom Daimyõ (Herr einer Provinz) bis zum rohsten Fusssoldaten, stärkte es ihre Achtung beim gemeinen Volk und verewigte seine gesellschaftliche und politische Unterordnung.

6. Die Ideologie der Samurai

6. 1, Der Neo-Konfuzianismus

Die Furcht allein, wenn auch ein nicht zu unterschätzender Faktor, hätte das Ansehen der Samurai-Kaste während der 264 Jahre der Tokugawa-Periode nicht aufrechterhalten können. Die wirkliche Grundlage jenes Ansehens war das Monopol der moralischen, politischen und intellektuellen Autorität der Krieger, eine Autorität, die zum grossen Teil auf dem Neo- Konfuzianismus beruhte.

Der Konfuzianismus hatte immer schon die Ausformung des Sittenkodex der Samurai-Kaste beeinflusst. Aber erst in der Tokugawa-Periode wurde diese Philosophie die amtlich anerkannte Grundlage der Regierung und allgemein angenommene Richtschnur für alles gesellschaftliche Verhalten. Es gab mehrere Schulen des konfuzianischen Denkens. Die Einflussreichste in Japan war die des Neo-Konfuzianismus, des chinesischen Philosophen Chu Hsi (1130 - 1200 n. Chr.). Das Ziel des Bakufu (Name der von Grundbesitzern gebildeten Regierung) war, alle aufrührerischen Gedanken der Krieger niederen Ranges gegen ihre Herren auszumerzen und der Jenseitigkeit des Buddhismus und den Lehren des Christentums entgegenzutreten.

Die Grundlage aller konfuzianischen Schulen waren die Analekten des Konfuzius. Eine Liste der gebilligten Haltungen und Verhaltensmuster aus jenem Klassiker sind wie folgt aufgestellt worden:

1. Ergebenheit gegenüber der Autorität - Eltern, Ältere, Obere

2. Ergebenheit gegenüber den Sitten und Normen

3. Verehrung der Vergange nheit und Achtung vor der Geschichte

4. Liebe zum überlieferten Wissen

5. Achtung vor der Kraft des Beispiels

6. Vorrang einer breiten moralischen Bildung vor dem Fachwissen

7. Bevorzugung einer gewaltlosen moralischen Reform in Staat und Gesellschaft

8. Klugheit, Vorsicht, Bevorzugung eines Mittelwegs

9. Ablehnung des Wettbewerbs

10. Mut und Verantwortungsgefühl für eine grosse Tradition

11. Selbstachtung (mit erlaubtem Selbstmitleid) in der Not

12. Ausschliesslichkeit und Genauigkeit aus sittlichen und kulturellen Gründen

13. Pedantische Genauigkeit bei der Behandlung anderer

Hier muss aber bemerkt werden, dass in Tokugawa-Japan die Treue zum Herrn wichtiger war als zu den Eltern; eine Umkehrung der chinesischen Prioritäten.

6. 2. bushidô - Der Weg der Samurai

Die zusätzliche Dimension, die die Lehren des Neo-Konfuzianismus ergänzte und schliesslich fast in den Schatten stellte, war der Glaube an einen spezifisch japanischen ,,Weg des Samurai", wofür bushidô eine Übersetzung ist. Eine Anzahl von Gelehrten und Lehrern gewannen Ruhm als Deuter dieses Begriffs. Auf die Dauer aber war keiner einflussreicher - so dass man ihn fast den Erfinder des bushidô nennen konnte - als Yamaga Soko (1622 - 1685) ein Lehrer, der von den vielen Schulen des Konfzuianismus der wahren oder alten Lehre (kô gaku) folgte. Um das Jahr 1665 wurde eine Sammlung von Vorlesungen, die Yamaga gehalten hatte, unter dem Titel Shidô, ,,der Weg des Kriegers", veröffentlicht. Im Laufe der Zeit wurde dieses Buch eines der einflussreichsten aller moralischen Führer für das Verhalten des Samurai.

„Das Geschäft des Samurai besteht darin, über seine eigene Station im Leben nachzudenken, seinem Herrn, wenn er einen hat, treue Dienste zu leisten, seine Anhänglichkeit in der Verbindung mit Freunden zu vertiefen und bei gebührender Beachtung seiner eigenen Stellung sich vor allem der Pflicht zu widmen. Jedoch wird man im eigenen Leben unvermeidlich in Verpflichtungen zwischen Vater und Kind, älterem und jüngerem Bruder, sowie Ehemann und Ehefrau verwickelt. Wenn diese auch die grundsätzlichen sittlichen Verpflichtungen aller im Land sind, so haben doch die Bauern, Handwerker und Kaufleute bei ihrer Arbeit nicht die notwendige Musse, und deshalb können sie nicht ständig in Übereinstimmung mit diesen Normen handeln und für den Weg nicht voll als Beispiel dienen. Der Samurai kommt ohne das Geschäft des Bauern, Handwerkers und Kaufmanns aus und beschränkt sich darauf, diesen Weg zu üben; sollte es in den drei Klassen des Gemeinen Volkes einen geben, der gegen diese sittlichen Grundsätze verstösst, so bestraft der Samurai ihn schleunigst und hält so die sittlichen Grundsätze des Landes aufrecht. Es genügt für den Samurai nicht, die kriegerischen und zivilen Tugenden zu kennen, ohne sie zu betätigen. Da dies so ist, steht er nach aussen hin in steter Bereitschaft für den Ruf zum Dienst, und innerlich strebt er danach, den Weg des Herrn und Untertanen, des Freundes und Freundes, des Vaters und Sohns, des älteren und jüngeren Bruders, des Ehemannes und der Ehefrau zu erfüllen. In seinem Herzen bewahrt er den Weg des Friedens, aber nach aussen hin hält er seine Waffen bereit zum Gebrauch. Die drei Klassen des gemeinen Volks machen ihn zu ihrem Lehrer und achten ihn. Indem sie seinen Lehren folgen, können sie verstehen, was wesentlich und was zweitrangig ist.

Hierin liegt der Weg des Samurai, liegen die Mittel, durch die er sich Nahrung, Kleidung und Unterkunft verdient, durch die sein Herz ruhig ist; und er ist fähig, auf die Dauer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Herrn und der Güte seiner Eltern zurückzuzahlen." (Zitat aus dem Shidô , dem ,,Weg des Kriegers")

Nichts kann wohl tiefer von konfuzianischem Geist getränkt sein, und solche Ermahnungen beleuchten scharf das sittliche Klima, in dem der Tokugawa-Samurai lebt und das ihn erhält. Man beachte die an erster Stelle stehende Beziehung zwischen Herrn und Untertan und die Mahnung, dass der Samurai über seine eigene Station im Leben nachdenken solle; das ist Teil des ,,Geschäfts des Samurai".

6. 3. Der ideale Krieger

Es kann nicht oft genug betont werden, dass für den idealen Krieger der Weg des Samurai ein Weg des Todes war. Es war von grosser Bedeutung, dass die Art des Todes keine Flecken der Unehre trug. So galt es als unheilvoll, in einen Kampf mit auch nur dem geringsten Gedanken an den möglichen Tod oder eine Verwundung zu gehen. Natürlich ist das gesunde Psychologie, die sich durch eigene Erfahrung nachprüfen lässt. Eine Mahnung die Usugi Kenshin, einer der grossen Anführer des 16. Jahrhunderts, an seine Gefolgsleute richtete: „Geht voller Vertrauen auf den Sieg aufs Schlachtfeld, und ihr werdet ohne irgend welche Wunden heimkehren. Seid im Kampf voll entschlossen zu streben, und ihr werdet leben; wünscht im Kampf zu überleben und ihr werdet sicher den Tod finden. Wenn ihr das Haus verlässt, entschlossen es nicht wiederzusehen, werdet ihr heil zurückkehren; wenn ihr einen Gedanken an die Rückkehr verschwendet, werdet ihr nicht zurückkehren."

7. Anhang

7. 1. Karte - Japan

Legende:

Meere

(Gewässer)

Länder

Städte

Gebiete

7. 2. Zeittafel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

7. 3. Glossar

Bushi: Krieger / Samurai

Bushidô: ,,Weg des Kriegers"; der vor allem im 17. Jh. entwickelte Kodex.

Daimyô: Wörtlich ,,grosser Name"; Herr einer Provinz, in gewissen Zeiten ein fast unabhängiger Monarch.

Fujiwara: Einflussreiche Kriegerfamilie in der Heian-Periode

Giri: Pflicht; Verpflichtung gegenüber einem Höherstehenden (z.B. dem Herrn oder Lehrer); bei dem Samurai hatte giri Vorrang vor allen menschlichen Gefühlen.

Hara - kiri: Wörtlich ,,Bauchaufschlitzen"; die von der Samurai-Kaste verehrte Selbsttötung. Minamoto: Einflussreiche Kriegerfamilie in der Heian-Periode.

Ninjo: Menschliches Gefühl; Mitleid, Güte. Gefühle müssen nach dem Kodex der Samurai hinter dem Ruf der Pflicht an die zweite Stelle treten.

ritsuriõ: Ziviler und strafgesetzlicher Kodex, der die rechtliche Grundlage für eine

Zentralverwaltung nach chinesischem Vorbild bot, wie sie in Japan zwischen dem 7. und 8. Jahrhundert eingeführt wurde.

Seppuku: Höflicherer Ausdruck für hara-kiri

shõ en: Privater Landbesitz von Adligen und Klöstern während der Heian- und Kamakura- Periode.

Taira: Kriegerfamilie, die im 12. Jh. den Hof kontrollierte. Tenno: Der Kaiser; ,,Sohn des Himmels"

Quellen

- Martin Collcutt - ,,Weltatlas der alten Kulturen - Japan"

- Kuno Mauer - „Die Samurai - Ihre Geschichte und ihr Einfluss auf das moderne Japan"

- Richard Storry - ,,Die Samurai - Die Ritter des fernen Osten"

Final del extracto de 13 páginas

Detalles

Título
Die Samurai Japans. Geschichte, Stellung in der Gesellschaft und Weltanschauung
Calificación
6 (CH)
Autor
Año
2000
Páginas
13
No. de catálogo
V104304
ISBN (Ebook)
9783640026548
Tamaño de fichero
357 KB
Idioma
Alemán
Notas
Schweizer Bewertungsskala - entspricht Note 1 in Deutschland
Palabras clave
Samurai
Citar trabajo
Tina Götz (Autor), 2000, Die Samurai Japans. Geschichte, Stellung in der Gesellschaft und Weltanschauung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104304

Comentarios

  • visitante el 17/10/2007

    Student.

    Im großen und Ganzen eine gelungene Zusammenfassung.
    Was mir aber ein bisschen gestört hat, ist die Erklärung des Harakiri; Harakiri ist die Art des Bauchaufschneidens, wo hingegen Sepukku als der rituelle Selbsmord an sich bezeichnet wird.
    (Also kein beschönigender Ausdruck für harakiri)

  • visitante el 17/10/2007

    Student.

    Im großen und Ganzen eine gelungene Zusammenfassung.
    Was mir aber ein bisschen gestört hat, ist die Erklärung des Harakiri; Harakiri ist die Art des Bauchaufschneidens, wo hingegen Sepukku als der rituelle Selbsmord an sich bezeichnet wird.
    (Also kein beschönigender Ausdruck für harakiri)

  • visitante el 20/8/2002

    Magister Artium, Japanologe.

    Vor über zwanzig Jahren habe ich selbst eine Magisterarbeit über Yamaga Soko geschrieben. Ihn als quasi den "Erfinder des Bushido" zu bezeichnen halte ich für etwas überspitzt. Richtiger ist wohl, dass er in der friedlichen Tokugawa Epoche das Banner des Bushido nicht nur hoch gehalten sondern ausformuliert hat, wie keiner vor ihm, und zwar in einer Weise, die ebenso an die Ratio wie an die Menschlichkeit appelliert. Damit steht sein "Shido" in erfreulichem Gegensatz zur Tollheit und Tollkühnheit des "Hagakure". Hoffentlich beschäftigen sich mehr junge Menschen mit diesem außergewöhnlichen Lehrer.

  • visitante el 21/11/2001

    Herr.

    Nicht schlecht, aber meiner Meinung nach ist das Thema zu ungenau gewählt. Ein derartig vages Feld wie

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