Als die Franken im Jahr 1096 eine große Invasion im Orient starteten und im Sturm viele Städte im islamischen Einflussbereich einnahmen, nachdem sie ein Blutbad an Muslimen und Juden angerichtet hatten, flohen viele der Überlebenden nach Syrien und Bagdad, wo sie den anderen Glaubensgenossen von dem Unglück, das den Muslimen widerfahren war, berichteten.
Am Freitag, den 22. Chaaban des Jahres 492 der Hidjra - 15. Juli 1099 - konnten sich die Kreuzfahrer, nach einer vierundvierzigtägigen Belagerung, der Heiligen Stadt bemächtigen.
Ohne Turban auf dem zum Zeichen der Trauer kahlgeschorenen Kopf erschien der ehrenwerte Kadi Abo-Saad al-Harawi im Diwan des Kalifen al-Moustaschir. Er wandete sich mit der Gewandtheit eines Kanzelredners an alle Anwesenden, ohne Rücksicht auf ihren Rang: " Ihr wagt es, im Schatten einer glücklichen Sicherheit selig dahinzuträumen, in einem sorglosen Leben wie die Blume des Gartens, während euren Brüdern in Syrien nur noch die Kamelsättel oder die Mägen der Geier als Aufenthaltsort dienen! Wie viel Blut ist dort geflossen!
Wie viele schöne junge Mädchen mussten vor Scham ihr Gesicht hinter den Händen verbergen! Nehmen die tapferen Araber diese Beleidigung einfach hin? Dulden die persischen Helden diese Entehrung?"
Diese bewegende Rede des syrischen Kadis, der die drei Wochen dauernde Reise von Damaskus nach Bagdad durch die sengende Hitze der syrischen Wüste auf sich nahm, richtete sich in der ersten Linie an die höchsten Würdenträger des Islam. Er forderte sie als Schutzbefohlene aller Gläubigen auf, unverzüglich einzugreifen, um dem Gemetzel ein Ende zu bereiten und die Ehre des Islam wieder herzustellen.
Doch die durch Zersplitterung und innere Machtkämpfe geschwächte islamische Welt konnte die " die Herzen betrübende " Rede des damaszenischen Kadis nur mit Schluchzen, Jammern und Klagen empfangen. Die von Resignation und Tatenlosigkeit gekennzeichnete Lage der Umma (Gemeinschaft) vor Augen erwiderte der Kadi: " Die schlechteste Waffe des Mannes ist es, Tränen zu vergießen, wenn die Schwerter das Feuer des Kriegs schüren."
Die verzweifelte Reaktion der Muslimen auf die Invasionen der Kreuzfahrer und ihre missglückte Verteidigung des Hauses des Islam deutete auf eine tiefe Krise hin, in die die islamische Welt wegen machtpolitischer Zerwürfnisse der Emire gestürzt war.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Die islamische Welt vor dem Fall Jerusalems (1099)
- Vorstoß der islamischen Krieger im Westen und Osten
- Das arabische Kalifat: Von der Inkarnation des Ruhmes der Araber zum Symbol der Dekadenz
- Djihad-Konzeption: Heiliger Krieg oder Heiliger Kampf?
- Al-Djihad: Philologische Begriffsbestimmung
- Invasionen der Franken als Folge der Unterlassung des Djihad?
- Die Konzeption der islamischen Gegenkreuzzüge: Eine umstrittene These?
- Die Gegenkreuzzugstheorie im Spiegel der modernen Kreuzzugsgeschichte
- Die arabischen Quellen und die Kreuzzugsbewegung
- Propagandistische Elemente in den Berichten der arabischen Chronisten
- Der arabische Chronist: Ibn- Al-attir (1160-1233)
- Al-Qualanisi (1073-1160): Der erste arabische Historiker der Kreuzzüge
- Die Djihad-Propaganda zur Zeit der Kreuzzüge und ihre unterschiedlichen Formen
- Djihad-Propaganda als wirksames Mittel zur Mobilisierung der Gläubigen
- Die Propagandaschriften der islamischen Rechtsgelehrten
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die islamisch-arabische Reaktion auf die lateinisch-christlichen Kreuzzüge zwischen 1095 und 1187. Sie beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der Djihad-Propaganda als Mittel der Mobilisierung und des Widerstands gegen die Invasionen des christlichen Abendlandes. Die Analyse der arabischen Quellen und der Propagandastrategien soll einen Einblick in die islamische Sichtweise der Kreuzzüge und die Herausforderungen, denen die muslimische Welt in dieser Zeit gegenüberstand, bieten.
- Die Djihad-Propaganda als Mittel der Mobilisierung und des Widerstands
- Die Konzeption der Gegenkreuzzüge als Reaktion auf die Kreuzzüge
- Die Rolle der arabischen Chronisten und ihre Darstellung der Ereignisse
- Die innerislamischen Konflikte und ihre Auswirkungen auf die Reaktion auf die Kreuzzüge
- Der Wandel des islamischen Kalifats und seine Rolle in der Zeit der Kreuzzüge
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die historische Situation der islamischen Welt vor der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer im Jahr 1099. Sie beleuchtet die politische und soziale Situation der muslimischen Gemeinschaft und analysiert die Ursachen für die Schwäche der islamischen Welt gegenüber den europäischen Invasionen.
Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse des Konzepts des Djihad, der sowohl als Heiliger Krieg als auch als Heiliger Kampf verstanden werden kann. Die Arbeit untersucht die philologische Bedeutung des Begriffs und setzt ihn in den Kontext der politischen und religiösen Situation der islamischen Welt zur Zeit der Kreuzzüge.
Kapitel 3 behandelt die Entstehung und Entwicklung der Gegenkreuzzugspropaganda. Die Arbeit untersucht die arabischen Quellen und analysiert die verschiedenen Formen der Propagandastrategien, die von muslimischen Führern und Gelehrten eingesetzt wurden. Die Rolle der arabischen Chronisten und deren Darstellung der Kreuzzüge wird ebenfalls beleuchtet.
Schlüsselwörter
Islamisch-arabische Gegenkreuzzugspropaganda, Djihad-Propaganda, Kreuzzüge, Arabische Chronisten, Kalifat, Islamische Welt, Heiliger Krieg, Heiliger Kampf, Mobilisierung, Widerstand, Invasionen, Islamische Rechtsgelehrte, Historische Quellen.
- Quote paper
- MA Youssef Fargane (Author), 2002, Die islamisch-arabische Gegenkreuzzugspropaganda (1095-ca. 1187): Die Djihad-Propaganda und die islamische Antwort auf die lateinisch-christliche Invasion im Orient, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10443