Borderline Persönlichkeitsstörung


Diplomarbeit, 2001

25 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 DIE DIAGNOSE VON BPS
2.1 Diagnostische Kriterien für DSM-IV 301.83 ( ICD10 F60.31) Borderlinepersönlichkeitsstörung
2.1.1 Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Man beachte: hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die später in Kriterium 5 enthalten sind
2.1.2 Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist
2.1.3 Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung
2.1.4 Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Fressanfälle“). Man beachte wieder: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind
2.1.5 Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen, -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten
2.1.6 Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (wie hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern)
2.1.7 Chronische Gefühle von Leere
2.1.8 Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeit die Wut zu kontrollieren (wie häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen)
2.1.9 Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome
2.2 DIE SPALTUNG

3 PFLEGE DER BPS
3.1 BEZIEHUNGSPFLEGE BEI BP
3.2 PSYCHIATRISCHE PFLEGE DER BP ANHAND DER DSM-IV KRITERIEN
3.2.1 Zum Umgang mit den Vermutungen und Ängsten der Patienten, alleine gelassen zu werden
3.3 ZUM UMGANG MIT DER SPALTUNG

4 RESÜMEE

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

A. VERHALTENSANALYSE IM RAHMEN DER DIALEKTISCH-BEHAVIORALEN THERAPIE NACH MARSHA LINEHAN:

B. NOTFALLKOFFER

1 EINLEITUNG

Als Krankenschwester auf einer Krisenstation in der Psychiatrie habe ich lau- fend mit hoch interessanten Menschen zu tun, die als Patienten zu uns kommen. Von Beginn an waren es besonders Borderline-Patienten1, die mich in besonde- rem Maße fasziniert und aber auch gefordert haben. Die Arbeit mit diesen Patien- ten kann viel Freude bereiten und sie wird in der Regel durchwegs als sehr tief empfunden. Zu oft aber führt sie uns drastisch unsere eigene Hilflosigkeit vor Augen. Diese Unzulänglichkeit im Kontakt mit Patienten und in der Pflege von Patienten, die an ‚Borderline Persönlichkeitsstörung2 ’ leiden hat mich seit gerau- mer Zeit nach Antworten, besserem Verständnis und Hilfe im Umgang mit BP suchen lassen. Die Literatur zur ‚Borderline Persönlichkeitsstörung’ konnte meine Bedürfnisse, besonders zum Thema Pflege, nur begrenzt stillen. Mein Wunsch war aber zu aller erst einen Leitfaden für die Pflege, für den Umgang mit BP zu haben. Meine Auseinandersetzung mit diesem Feld erstreckt sich nun schon über einige Zeit. Im Winter dieses Jahres war ich bereits intensiver mit dem Problem- komplex im Zuge der Ausarbeitung eines Referats für die ‚Weiterbildung zur Krankenschwester Für Psychiatrie’ beschäftigt. Weiters konnte ich Interviews mit Ärzten, Psychologen, Sozialpädagogen und Pflegepersonal psychiatrischer Statio- nen zu deren Erfahrungen mit BP führen. Auf beides werde ich in meiner Arbeit zur Pflege von BP zurückgreifen. In ihr will ich eben jenen Leitfaden versuchen, der helfen soll die unbefriedigende Hilflosigkeit im Umgang mit diesen faszinie- renden Menschen zurückzudrängen und durch gekonnte Pflege zu ersetzen.

Im ersten Teil werde ich mich dazu der Krankheit und der Diagnostik widmen und zeigen, dass deren genauere Kenntnis die grundlegende Voraussetzung für jede gute Pflege von BP ist. In diesem Teil darf ich auch im besonderen auf die angesprochene Ausarbeitung meines Referats ‚Eine Auseinandersetzung mit der Borderline Persönlichkeitsstörung zurückgreifen. Im zweiten Teil werde ich mich dann mit den Konsequenzen für das Pflegepersonal auseinander setzen. Dieser

Teil ist gegliedert in die Betrachtung der Beziehungspflege, der psychiatrischen Pflege und den Umgang mit der Spaltung des Patienten.

2 DIE DIAGNOSE VON BPS

Das Bestimmen der Diagnose ‚Borderline Persönlichkeitsstörung’ ist oft schwierig und eine Gratwanderung, sind die Symptome der BPS doch vielfältig und „bunt“, wie es bei Beck und Freeman so treffend heißt (Beck/Freeman 1995). Manchmal haftet BPS auch immer noch der Makel der „Mülleimer Diagnose“ an „für Menschen deren Störung schwer einzuordnen ist“(ebenda). Um die Sympto- matik der BPS darzustellen und zu verstehen, will ich das zur Zeit aktuelle Manu- al psychiatrischer Störungen mit dem Stand 1996 (DSM-IV 1996) heranziehen.

2.1 Diagnostische Kriterien für DSM-IV 301.83 ( ICD10 F60.31) Borderlinepersönlichkeitsstörung

Die Borderline Persönlichkeitsstörung meint ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie deutliche Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und manifestiert sich in den verschiedenen Lebensbereichen. Zur Diagnose ‚BPS’ müssen mindestens 5 der folgenden Kriterien erfüllt sein:

2.1.1 Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Man beachte: hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die später in Kriterium 5 enthalten sind.

Ein Patient wird auf einer psychiatrischen Station aufgenommen, weil dessen ambulanter Therapeut sich auf Urlaub befindet. Jedem auf einer psychiatrischen Station arbeitenden Personal sind solche Fälle bekannt, der Patient reagiert mit ungewöhnlich heftigen Reaktionen, einer Verschlechterung der Symptomatik. Green ging 1975 zum Beispiel davon aus, dass „dem Patienten Erinnerungen an frühe Erlebnisse, in denen es ein Sicherheits- und Identitätsgefühl aufbauen konn- te, fehlen und er deshalb im späteren Leben ein solches Gefühl auch nicht entwi-ckeln kann“( Dulz/Schneider 1999; S. 46). Durch das intensive, wenn auch viel- leicht nur kurzzeitige Erleben von Distanz reagiert der BP heftig, weil er sich an ein früheres Gefühl von Verlassen-Sein erinnert fühlt. Schon vorübergehendes Alleinsein kann als dauerhafte Isolation wahrgenommen werden. Dabei verlieren Patienten durch ihre gestörte ICH-Identität häufig das Gefühl für die Realität ihrer Existenz.

2.1.2 Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist.

Patienten mit Borderline-Struktur befinden sich in einem tragischem Dilem- ma: „...sie können nicht allein sein, weil sie dies wie eine tödliche Einsamkeit er- leben; sie können aber auch nicht in kontinuierlichem Kontakt mit anderen sein, weil sie dann befürchten, von anderen aufgesogen und ihrer eigenen Persönlich- keit beraubt zu werden. Ohne ein klares Bild davon zu haben, wer sie selber sind, oszillieren sie zwischen einem Anpassungsversuch an die gespürten Erwartungen anderer und einer Flucht in die Kontaktlosigkeit.“(Lohmer 1988, S. 35).

Sie sehnen sich also nach Intimität, Schutz und Sicherheit. Gleichzeitig haben sie starke Angst vor Intimität. Sie sind in einem ständigen Kampf gefangen zwischen Verschmelzungswunsch, dem Wunsch umsorgt zu werden, Idealisierung des Anderen und der Angst ,verschlungen’ zu werden, keine Identität mehr zu haben, Angst erneut verlassen zu werden, Abwertung durch Andere.

Psychoanalytisch wird in der ‚Objektrelationstheorie’ die Vermutung angestellt, dass BP extreme, schlecht integrierte Ansichten über Beziehungen zu früheren Versorgern haben und somit extreme, unrealistische Erwartungen bezüglich zwischenmenschlicher Beziehungen haben. Diese Erwartungen beeinflussen sowohl ihr Verhalten als auch ihre emotionalen Reaktionen .

2.1.3 Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung.

BP haben schwerwiegende Störungen der eigenen Identität. Sie erleben sich selbst und ihre Umwelt geteilt in polare Gegensätze: „Menschen sind entweder stark oder schwach, gut oder böse, abhängig oder unabhängig, hilfreiche Engel oder erschreckende Teufel, wobei die jeweilige Selbstwahrnehmung und Wahr- nehmung der Objekte rasch ins Gegenteil umschlagen kann“ (Lohmer 88, S. 36). Auf Grund ihres dichotomen Denkens, des „Schwarz-weiß-Denkens“, erleben sich die BP als entweder fehlerlos-omnipotent oder vollkommen unannehmbar. Dies führt sie zu der Schlussfolgerung, sie seien „von Natur aus inakzeptabel, ein für allemal ‚nicht in Ordnung´.“(Beck/Freeman 1995, S. 165) Sie haben große Angst durchschaut zu werden, haben das Gefühl sich verstecken zu müssen, um akzeptiert zu werden. Meistens zählt nicht was sie in der Vergangenheit geleistet haben, sie müssen sich Sisyphus ähnlich ständig neu beweisen, ihren Wert immer neu suchen.

Somit sind viele Menschen mit dieser Störung auf der Suche nach einer Identität, nach einem Zugehörigkeitsgefühl, nach innerer Zufriedenheit, selbst nach ihrer sexuellen Identität. Diese Identitätsstörung erstreckt sich auf viele wichtige Lebensbereiche: Selbstbild, Selbstwahrnehmung, sexuelle Orientierung, Wertesystem, Langzeitziele oder Berufswahl.

2.1.4 Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Fressanfälle“). Man beachte wieder: Hier werden keine suizidalen oder selbst- verletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind.

Anders als bei antisozialen Persönlichkeitsstörungen versuchen die meisten BP, ihre Impulse zu unterdrücken beziehungsweise zurückzuhalten. Das gelingt allerdings selten, da sie durch ihre Störung aus starken, spontanen Gefühlen her- aus handeln. So kommt es oft zu einem „unberechenbaren Wechsel zwischen an- gespannten Zurückhalten von affektiven Regungen und Impulsen auf der einen Seite und plötzlichen Affekt- und Verhaltensdurchbrüchen auf der anderen Seite“ (Herpetz/Saß 1997). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese Patienten die Fähigkeit des Zurückgreifens auf frühere Erfahrungen gar nicht oder nur be- dingt besitzen, was zu ständigen Wiederholungen der impulsiven selbstschädi- genden Mustern führt inklusive der damit verbundenen Frustrationen. Ebenso gelingt es ihnen nicht oder nur schlecht ihrem gesamten Erleben, den Gefühlen, Impulsen und Erfahrungen Bedeutung zuzuschreiben (Lohmer 1990, S. 176). So kann es in einer für ihre Wahrnehmung schwierigen Situation, schnell zum soge- nannten „Agieren“ kommen, sie handeln aus einem Impuls heraus. Unangenehme, schwer erträgliche Empfindungen werden direkt, ohne nachzudenken in Handlun- gen umgesetzt, meist Regelverstöße wie Beleidigungen der Mitarbeiter oder ‚zu spät kommen’.

Episodische Alkoholexzesse und Drogenmissbrauch werden von BP zumeist weniger wegen eines Rausches ‚eingesetzt’, sondern zur Vermeidung diffuser Ängste und innerer Leere. In diesem Sinne kann man die bulimischen Ess- und Brechattacken oder das Einsetzen der Sexualität einschließlich extremer, teilweise sadomasochistischer Perversionen als Mechanismus der Vermeidung negativer, bedrohlicher Gefühle betrachten und somit zur Reduzierung innerer Spannung. Die klinischen Erfahrungen und die neuen Forschungsergebnisse haben nachge- wiesen, dass es eine enge Verbindung gibt zwischen frühem Kindesmissbrauch und Selbstschädigung.

2.1.5 Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen, - drohungen oder Selbstverletzungsverhalten.

Dieses Kriterium gilt auch als eine Form der „pathologischen Affektregulation und Selbstfürsorge“ (Egle/Hoffmann/Joraschky 2000, S. 281). Allein dieser Aus- druck der BPS müsste es für die Pflege nahe legen, sich intensiv mit den Konse- quenzen auseinander zu setzen. Selbstverletzendes Verhalten beginnt oft als im- pulsive, selbststrafende Handlung, die mit der Zeit zum Ritual wird. „Selbstverlet- zungen können das unerträgliche Gefühl des Ausgeliefertseins und der Gefühllo- sigkeit sowie der Angst vor einem völligen Kontrollverlust mildern. Gleichzeitig bedeutet Selbstverletzung auch eine unbewusste Darstellung der erlittenen Trau- matisierung und erhält einen Mitteilungscharakter mit der Hoffnung, dass andere auf diesen Akt der Verzweiflung eingehen mögen.“(Van der Kolk 1989, in Egle et al. 2000, S. 282) XXXXXX

Es ist eine Gratwanderung, zu beurteilen wann es sich dabei um entlastendes, selbstschützendes Verhalten handelt und wann um Selbstmordversuch. Zu beden- ken ist, dass Selbstverletzung, bis zu einem gewissen Grade als Überlebensstrate- gie fungiert, andererseits dass sie das Risiko erhöht, „im weiteren Verlauf an Suizid zu sterben“(Bronisch et al., 2000, S. 68).

2.1.6 Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (wie hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern).

2.1.7 Chronische Gefühle von Leere.

Diese beiden Kriterien möchte ich wegen ihrer ähnlichen Erscheinungsformen zusammen behandeln. Wie aus den besprochenen Kriterien ersichtlich, haben BP eine hohe Sensibi- lität gegenüber niederschwelligen Reizen, eine hohe Affektintensität und die Nei- gung zu schnellen Affektwechseln. Meistens werden reale oder angenommene Erfahrungen von Verlassenwerden und Zurückweisung, zwischenmenschliche Nähe als bedrohlich erlebt, lösen eine große Ambivalenz zwischen „Bedürfnissen nach Bindung und einer gegenläufigen Sorge um Autonomieverlust“(Fiedler 1997, S. 121). Diese führt zu den oft klinisch beobachtbaren aufschießenden, kurzwelligen, extremen Stimmungsschwankungen. Die Differenzierung zwischen Depression und innere Leere ist oft nicht möglich. Im Gegensatz zu Patienten mit depressiven Neurosen oder Psychosen, die „eine Welle des Mitleids und der Hilfsbereitschaft auslösen“ (Dulz/Schneider 1999, S. 19) und diese herausfordern spürt man bei BP „nur eine große depressive Leere oder auch Wut gegen sich selbst“.

Depressive Patienten mit BPS fordern zwar Hilfe an, können sie aber nicht annehmen, müssen sie deshalb dann wiederum entwerten und weisen sie von sich ab. In der Pflege ist vor diesem Hintergrund gut möglich, dass ein Behandlungsteam mit nachlassender Hilfsbereitschaft reagiert. Dieses Verhalten bestätigt dann wiederum die Einschätzung des Patienten, dass ihm niemand helfen will und er immer im Stich gelassen werden wird.

Durch das Fehlen einer Grundidentität erleben BP häufig schmerzliche Ein- samkeit beziehungsweise quälende Gefühle der Leere. Wie bereits weiter oben beschrieben werden diese Gefühle oft als unerträglich erlebt und lösen Versuche der Linderung durch impulsive und destruktive Handlungen, Zornausbrüchen, aber auch durch das Eingehen irgendeiner Beziehung oder Selbstmordversuche aus.

2.1.8 Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeit die Wut zu kontrollieren (wie häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen).

Scheinbar aus dem Nichts heraus geraten BP in Spannung und müssen diese dann manchmal in heftigen, unvorhersehbaren Zornausbrüche abbauen. Einem aus unserer Sicht eher trivialen Grund entspringt intensiver Zorn, häufig begleitet von Gewaltandrohungen, die sich meistens gegen eine bis dahin geschätzte Person richten. Oft ist die Quelle dieser Ausbrüche die massive Angst vor der Bedrohung durch Enttäuschung und Verlassenwerden. Diese große Wut kann „ein Hilferuf, eine Erprobung der Treue oder Angst vor Intimität sein [...]. Diejenigen, die der Betroffene am meisten braucht, werden weggestoßen“ (Kreisman/Straus 1992, S. 58).

2.1.9 Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.

„Nicht ohne Grund wurden mancherorts Borderline-Störungen lange als `la- tente Psychosen´ bezeichnet: Viele Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeit können Symptome entwickeln, die deutlich an eine schizophrene Psychose erin- nern“(Dulz/Schneider 1999, S. 24). Im Unterschied zu dieser Psychose jedoch, treten die kurz andauernden paranoiden Vorstellungen der BPS bei Stresssituatio- nen auf. Meistens in einem „affektiv hoch geladenen Kontext und eine inhaltliche Bezogenheit auf nahe Bezugspersonen, zu denen eine konflikthafte Beziehung besteht“(Herpetz/Saß 2000, S. 122) oder bei Aufdeckung des Traumas. Anders als bei psychotischen Patienten, erleben Menschen mit Borderline-Struktur Sin- nestäuschungen als Ich-dyston, als nicht zu ihnen gehörig. Sie wissen also, dass die Halluzinationen eine Wahrnehmungsstörung und nicht die Realität sind. Oft sind die BP mit akustischen und optischen Halluzinationen konfrontiert, deren Inhalte „sich meistens sehr schnell in Beziehung zu konkreten Traumaerin- nerungen bringen. [...] Derartige Halluzinationen überfallen die Patienten völlig unübersehbar und sind mit dramatischen Gefühlen der Angst und des Ausgeliefertseins verbunden“(Birger/Dulz 1999, S. 27). Häufiger als Ich-dystone oder Pseudohalluzinationen sind dissoziative Phä- nomene:

- die Depersonalisation, à die Derealisation,
- Wahrnehmungsverzerrungen,
- Gefühle der Auflösung der Körpergrenzen,

die bei der Traumatisierung oder bei der Verarbeitung der Erinnerungen erst als Schutzfunktion aufgetreten sind. Mit der Zeit erscheinen diese Mechanismen der Abwehr bereits bei geringen Reizen, was die Unterscheidung zwischen Phantasie und Realität erschwert.

2.2 DIE SPALTUNG

Die Spaltung ist hier unter Anführungszeichen bewusst noch den Kriterien angefügt. Die kognitive Anpassung der Spaltung ist kein explizierter DSM-IV Kriterium, auf diesen ‚Hauptabwehrmechanismus’ der BP muss ich dennoch kurz eingehen.

Das Phänomen der Spaltung ist, - wenn man sich die traumatischen Erlebnis- se der BP vergegenwärtigt oder sie auch nur erahnt, - überlebenswichtig. Oft sind die ‚Täter’ nahestehende Bezugspersonen, deren/dessen „Taten im krassen Ge- gensatz zu seinen Worten und zu den Empfindungen des Kindes ste- hen“(Egle/Hoff-mann/Joraschky 2000, S. 278). Die Spaltung ist ein kognitiver Anpassungsprozeß, um unlogische, widersprüchliche Wahrnehmungen nicht mehr als solche erkennen zu müssen. „Sie dient der Angstreduzierung: wenn jemand entweder nur gut ist oder nur böse, dann ist er einzuordnen, dann sind die Ver- hältnisse klar, dann gibt es keine innere Irritation, dann nimmt die Angst ab“(Birger/Dulz 1999, S. 35). Daraus entstehen im Alltag massive Probleme, sei es, dass sie ihre eigene Identität und die anderer verzerrt wahrnehmen oder dass ihre Umwelt sie als manipulativ erlebt.

3 PFLEGE DER BPS

Zu der Auseinandersetzung mit der BPS, den BP gehört für mich, nicht nur der Versuch, die Störung und das Verhalten zu verstehen. Ebenfalls wichtig er- scheinen mir die Fragen „Was hilft den BP ?“ und „Was kann ich als Pflegekraft tun?“

Die aller erste grundlegende Antwort für mich muss hier lauten: Eine Beziehung zu den Patienten aufbauen!

3.1 BEZIEHUNGSPFLEGE BEI BP

Beziehungspflege ist für mich der Grundstein der Arbeit mit BP. Wenn ich mir Gedanken über die Beziehungspflege mache, komme ich automatisch an das Hauptproblem im Umgang zu den BP. Gerhard Huck schreibt „Beziehungspflege lebt aus dem Prinzip ‚Nähe’: sie sucht die Nähe zum Patienten und riskiert sie auch, denn verglichen mit anderen Berufsgruppen hat die Pflege hohe physische und emotionale Intimität als wesentliches Merkmal“( Huck 1999,S. 35). Wenn ich aber im Zusammenhang mit BP den Begriff ‚Nähe’ benutze, muss ich doch sehr vorsichtig sein. Mir hat schließlich bewusst zu sein, diese ‚Nähe’ ist doch genauso ihre größte Sehnsucht und zugleich das Schlimmste, das Beängstigendste für diese Menschen.

Die Bezugspflege ist eine Brücke zum BP, eine Brücke bei der die Regelung der Nähe und Distanz besondere Aufmerksamkeit und Achtsamkeit verdient. Für mich beginnt die Beziehung zum Patienten, so banal das klingen mag, schon bei der Aufnahme. Schon bei der Übergabe, wenn ich die Vorgeschichte, die möglichen Krisenauslöser und /oder die Symptomatik höre, nehme ich natürlich innerlich eine Beziehung zu diesem Menschen auf.

Was ich als ersten Bezug höre, bleibt selten ohne Widerhall: es mag vielleicht etwas Erschrecken, Angst, Ohnmacht, heftige Wut oder auch Mitleid bei mir aus- lösen, also eine breite Palette an Gefühlen, die schon vor dem Gegenübertreten mit dem BP empfunden werden können. Es ist die Frage, wie gehe ich damit um?

Wie gehe ich mit diesen Gefühlen dann auf meinen Patienten ein? Achte ich die Grenzen dieses Menschen wie zugleich meine Grenzen?

Meiner Meinung nach erfordert dies eine hohe Sensibilität und die Bereit- schaft von Krankenschwestern und -pflegern, sich mit dieser Problematik immer aufs Neue auseinander zu setzen. Die Arbeit mit den BP bedeutet manchmal auch Selbsterfahrung oder macht diese jedenfalls notwendig. Mehr noch als im Um- gang zu Patienten mit anderen Krankheitsbildern ist es notwendig, sich über die eigenen Grenzen klar zu werden, sich der eigenen Stärken aber auch Schwächen bewusst zu sein (vor allem dann, wenn es um Idealisierung und/oder plötzliche Ablehnung geht).

Wir müssen besonders darauf achten, den BP nicht mit Nähe zu überfordern und ihm gleichermaßen das ‚ich bin da’-Gefühl vermitteln:

„Beziehungspflege braucht Kontinuität, Konstanz und Berechenbarkeit, was konkret heißt, dass wir als Pflegende nicht beliebig auswechselbar und ersetzbar bleiben, sondern als individuelle Persönlichkeiten für die uns zugeordneten Pati- enten möglichst weitgehend präsent und verfügbar sind.“(Huck 1999, S.35) Für die dauerhaft gute Beziehung zum Menschen, der an BPS leidet, erscheinen mir eben diese Kontinuität, Konstanz und Berechenbarkeit als die wesentlichen und unumgänglichen Kriterien. Dafür ist das Bezugspersonensystem ein wichtiges Instrument, das immer mehr zum Alltag psychiatrischer Einrichtungen gehört. So erfährt der Patient auf der Station, auf der ich arbeite, meistens unmittelbar nach der Aufnahme, wer seine Bezugsperson sein wird - seitens der Ärzte, der Psycho- logen, der Sozialpädagogen und genauso seitens der Pflege. Damit ist gewährleis- tet, dass der Patient weiß:

- an wen er sich wenden kann.

- wer für die nächste Zeit für ihn zuständig ist. § mit wem Einzelgespräche erfolgen.

- mit wem die Gründe der Aufnahme und die weitere Planung besprochen wer- den.

Für viele BP scheint es also schwierig zu sein, in einer Beziehung Grenzen zu ziehen. Das therapeutische Personal übernimmt mit der ‚Grenzsetzung’ daher stellvertretend für den Patienten die Steuerungsfunktionen, die diesem noch feh- len. Es setzt klare Zeitgrenzen im Kurzkontakt, beim Begegnen auf dem Flur, bei den Einzelgesprächen. Es sind Versuche von BP bekannt, durch verschiedene „Manöver“ die Grenzen zu überschreiten oder umgekehrt eine Grenzziehung zu erzwingen. Dies erfordert einen klaren strukturierten Umgang vor und für den Patienten und nicht unbedingt das Eingehen auf die Symptomatik. Wichtig er- scheint mir in diesem Zusammenhang, eine gute Absprache mit dem therapeuti- schem Team, eine gemeinsame Strategie in allen Kontakten zum BP zu haben und zu befolgen. In der Beziehung zu diesen Patienten ist besondere Vorsicht geboten, der Bereitschaft unsererseits Einhalt zu gebieten, eine besondere, kostbare Rolle einnehmen zu wollen.

„Der narzisstische Sog, von einem Patienten bevorzugt zu werden und eine ‚spezielle Beziehung’ zu ihm zu haben, mit der niemand anders ausgezeichnet wird, kann dazu führen, dass ein Mitarbeiter vom Rest des Teams getrennt wird und nach und nach seine Objektivität in der Beurteilung des Patienten und dessen verzerrter Beziehungswahrnehmung verliert.“(Lohmer 1988, S. 68) Ich sehe die Tatsache, dass BP es immer wieder schaffen, diese besondere und intensive Be- ziehungskonstellation zu schaffen, sowohl als problematisch als auch als Mög- lichkeit und Ressource, mit der sie sich Zuneigung und Hilfe holen können. Es ist immer wieder faszinierend, die hohe Sensibilität der BP zu erfahren. Sie vermö- gen vieles zu erspüren, was den Umgang mit ihnen sehr lebendig, unkalkulierbar und ungewöhnlich macht.

3.2 PSYCHIATRISCHE PFLEGE DER BP ANHAND DER DSM-IV KRITERIEN

Um die Gefühle und Verhaltensweisen besser zu verstehen, habe ich mich mit den Kriterien und Erklärungsmodellen auseinandergesetzt. Wenn wir uns diese im Umgang mit den BP vor Augen halten, ermöglicht uns das verständnisvoller und hilfreicher mit ihnen umzugehen.

3.2.1 Zum Umgang mit den Vermutungen und Ängsten der Patienten, alleine gelassen zu werden

Das Erfahren von ‚alleine sein’ ist für BP ein kaum zu ertragendes Erlebnis. Es treten schnell panische Angstzustände auf, die in der Regel durch Hyperakti- vismus oder „phobisches Agieren“ (Steiner 1987, S. 116) abgewehrt werden müs- sen. Patienten können aber aus diesem Erlebnis heraus depressiv werden und sich extrem zurückziehen. Wir müssen uns hier vergegenwärtigen, dass den BP jegli- che Objektkonstanz fehlt. Ihnen fehlt also das selbstverständliche Gefühl, „die Gewissheit zu haben, dass eine andere Person auch dann existent ist und eine Beziehung zu ihr weiterhin bestehen kann, wenn sie nicht unmittelbar verfügbar ist.“(Dulz/Schneider 1999, S. 40).

Auf der psychiatrischen Station genügt es oft, dass wir als Ansprechpartner anwesend sind, „physisch, ohne dass intensive Gespräche geführt werden“ (Steiner 1987, S. 116), und die Patienten so dieses Gefühl dafür entwickeln können, dass sie von Menschen umgeben sind, auf die sie sich verlassen können und ihnen dadurch ermöglichen, leichter Kraft zu finden „alleine zu sein und dabei sich und die Welt neu zu entdecken“(ebenda).

Als Krankenschwester und -pfleger sind wir gefordert, den Patienten ihre Verhaltensweisen vorsichtig aufzuzeigen, „zu widerspiegeln“, um dann mit ihnen auf einer konkreten und alltagspraktischen Ebenen Lebensbewältigungsmecha- nismen zu finden und zu üben. Wir können versuchen, den BP klar zu signalisie- ren und deutlich zu sagen, dass wir präsent sind, wir da sind, Hilfestellungen zu geben. Wir helfen eine geeignete Beschäftigung auch für das ‚alleine sein’ zu fin- den, ohne dass dabei der Kontakt verloren wird (so z.B. im Aufenthaltsraum zeichnen und malen, einen Brief oder Tagebuch schreiben, einem sonstigen per- sönlichen Hobby nachgehen).

Da BP massive Probleme mit Trennungen haben, ist es für das Pflegepersonal von essentieller Bedeutung daran zu denken, dass es diesen Patienten besonders schwer fallen muss, Beziehungen zu Mitpatienten oder Teammitglieder auf- zugeben. Unsere Unterstützung und Aufgabe als Bezugspersonen besteht in die- sem Bereich darin, mit ihnen schon frühzeitig über ihre Entlassung zu sprechen. Es ist wichtig diesen vielleicht noch fernen Schritt als einen Abschied früh gut vorzubereiten. Genauso behutsam und vorsichtig muss in der Beziehung mit dem Patienten bei Urlauben oder einfach nur freien Tagen der Bezugsperson verfahren werden. Dabei ist es nötig, eine Vertretung dieser Bezugperson zu organisieren und den Patienten darauf vorzubereiten. Diese Vorbereitung ist auch für die Phase der Entlassung aus stationärer Behandlung in eine ambulante Versorgung von Nöten. Zusammenfassend sind also generell alle Arten von Kontinuitätsunterbre- chungen im Bezugssystem des BP vorsichtig und bewusst vorzubereiten und zu begleiten.

3.2.2 Zum Umgang mit instabilen und idealisierten Beziehungen

Die Beziehung zum BP wird durch die Wechselbäder von ‚Idealisierung’ zu ‚Entwertung’ durch den Patienten auf eine harte Probe gestellt. Dies ist mit Si- cherheit kein spezifisches Pflegeproblem, sondern eines, das alle Berufsgruppen betrifft. Dabei ist es immer wieder eine Feuerprobe, inwieweit der BP es schafft, ohne einen Beziehungsabbruch auszukommen, beziehungsweise in wie weit dem therapeutische Personal das gelingt. Die Pflege übernimmt mit ihrem Verhalten aber eine Modell- und Vorreiterfunktion. Sie kann und soll in der Milieutherapie die Ängste (z.B. verlassen zu werden oder symbiotisch zu verschmelzen) und die völlig überhöhten Erwartungen der BP wahrnehmen und versuchen, eine reale Ebene des Beziehungsangebots herzustellen.

Es ist wichtig, die Gefahr sich vom Patienten verführen zu lassen, die ich wei- ter oben angesprochen habe, präsent zu halten. Dem BP hilft es, wenn wir ihm ganz bewusst mit unseren ‚guten’ und ‚schlechten’ Seiten gegenübertreten und in Beziehung bleiben. Es ist in diesem Sinne unsere Aufgabe, dem Patienten ein rea- listisches Feedback über ihre Beziehungsgestaltung zu geben. Das stellt auch oft die eher undankbare Aufgabe dar, den BP mit der sogenannten ‚Spaltung’ zu kon- frontieren. Die Beziehung zwischen Krankenschwestern/-pfleger und den Patien- ten mit einer BPS ist ein Übungsfeld für BP, die positiven und negativen Aspekte anderer Menschen zu integrieren.

3.2.3 Zum Umgang mit der Identitätsunsicherheit

Auch bei diesem Ausdruck der BPS, besteht die Aufgabe der Pflege in der Unterstützung der Patienten, ihre gespaltene Wahrnehmung zu erspüren, zu erfra- gen und wieder zusammenzufassen. Mit viel Einfühlungsvermögen und Sensibili-tät ist es möglich, die Patienten darauf zu verweisen ihre „eigenen Bedürfnisse und Wünsche (im Hier und Jetzt) zu ergründen“ und gleichzeitig ihre „Umwelt zu erforschen und sich mit ihren Mitmenschen auseinander zu setzen. Dadurch wird der Patient angehalten, sich als eigenständiges Wesen wahrzunehmen und sich abzugrenzen als jemanden, der eine Existenzberechtigung hat“(Steiner 1987, S. 215). Wesentlich in dem Zusammenhang ist die Gratwanderung und Reflexion der Gratwanderung zwischen Sympathie und sogenannter ‚technischer Neutrali- tät’ (das kontrollierte Vorgehen zur Vermeidung eines ‚Eingefangenwerdens’, des Befangenseins).

Durch bestimmte, möglichst konstante Zuneigung kann die Pflege in der Be- zugs- oder Milieuarbeit dem BP ein Gefühl vermitteln, dass er akzeptiert und wertvoll ist, gleichermaßen, ob er sich gerade selbst entwertet oder als stark und omnipotent erlebt. Diese Gratwanderung besteht darin, ihm eben Sympathie ent- gegenzubringen und ihn trotzdem zu strukturieren oder ihm Grenzen zu setzen. Ich denke, dass die Pflege gerade in (stationären) Alltagssituationen den BP hel- fen kann, alte Erfahrungen für sich selbst zu revidieren. Wir sollten zumindest versuchen, dem BP andere, positive Lebenserfahrungen zu ermöglichen.

Oft braucht der Patient ganz pragmatische Hilfestellung, wenn es beispielsweise darum geht, dass er seine Lehre unterbrechen will oder einen sicheren Arbeitsplatz kündigt auf Grund seiner Identitätsstörung. Es geht dann darum, den BP bei der Suche nach altersentsprechenden beziehungsweise situationsadäquaten Verhaltensweisen zu unterstützen, die keine oder möglichst wenig negative Konsequenzen für den Patienten darstellen.

3.2.4 Zum Umgang mit der Impulskontrollstörung

Die Impulskontrollstörung manifestiert sich hauptsächlich in selbst- und fremdschädigenden Verhaltensweisen. Diese machen alleine bereits drei der neun DSM- IV-Kriterien aus:

- die Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen. § wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandrohungen oder Selbstverlet- zendes Verhalten.
- unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeit die Wut zu kontrollieren.

Das DSM-IV sagt uns nichts über die Gewichtung dieser drei Kriterien. Ich persönlich sehe im 5. Kriterium, in dem es um das Leben der Patienten geht, eine besondere Stellung und werde diese extra behandeln.

Schon bei der Aufnahme auf die psychiatrische Station oder im ersten Be- zugspersonengespräch ist es notwendig, dem BP deutlich zu machen, was inner- halb des stationären Settings tolerierbar sein wird und was nicht. Es ist wichtig, klare Grenzen zu festzulegen, die dann natürlich glaubwürdig vertreten werden müssen. Schon am Anfang des Aufenthalts ist es entscheidend, dass Stationsre- geln (z.B. kein Drogen-, kein Alkoholkonsum, keine promiskuitiven Handlungen, keine Handgreiflichkeiten) und die Konsequenzen (z.B. Streichung des Ausgangs, Abbruch des Aufenthalts) einer Übertretung klar ausgesprochen sind. Oft macht die Bezugsperson aus dem Pflegeteam gemeinsam mit dem BP und dem Arzt oder dem Psychologen einen ‚Behandlungsvertrag’. In ihm werden klare Absprachen festgelegt. Durch die 24-stündige Präsenz des Pflegepersonals ist es möglich, auf destruktives impulsives Verhalten der Patienten unmittelbar zu reagieren.

Manchmal kündigen BP solche Verträge oder drohen mit impulsivem und/oder selbstschädigendem Handeln. Es gibt dabei kein ‚Rezept für geeignetstes Reagieren’, aber ich denke, es ist dann prinzipiell immer wichtig, den Hintergrund gegenwärtig zu halten, zu sehen ‚was ist gerade los’, in welchem Zustand ist der Patient, ist die Gefühlslage klärbar oder nicht.

Wie im ersten Teil der Facharbeit dargelegt, fehlt den BP oft jede Fähigkeit, auf frühere Erfahrungen zurückzugreifen. So könnten wir ihnen seitens der Pflege helfen, wenn wir Hilfestellungen in Form von Fragen geben: „Kennen Sie dieses Gefühl/Verhalten von früher? Was hat Ihnen damals geholfen?“. Manche Patien- ten sind oder waren vielleicht in einer Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan. Es ist dann sinnvoll, wenn wir diese Patienten nach ihrer Verhaltensanalyse3 der jeweiligen Situation fragen oder sie anhalten, in der Situation auf diese Therapieschritte zurückzugreifen. Als oberstes Gebot gilt da- bei, das Verhalten nicht unter der Lupe früherer Hintergründe, früherer (Miss- brauchs-)Erfahrungen zu definieren. Das Gespräch sollte sich am ‚Hier und Jetzt’ orientieren.

Eine andere Möglichkeit dem Patienten zu helfen und ihn zu entlasten stellt die Unterstützung bei der Verbalisierung dar. Wir versuchen beim ‚in Worte fas- sen’ seiner Gefühle zu helfen oder das in der Krise für ihn zu übernehmen. Aller- dings ist das nicht in jeder Krisensituationen anwendbar. Aber es können die be- drohlichen negativen Gefühle, die diffusen Ängste etwas greifbarer, überschauba- rer gemacht werden und müssen somit nicht in fremd- oder autoaggressive Hand- lungen übersetzt werden.

Ein auf Vermitteln von Einsicht und Reflexion gerichtetes Vorgehen ist nicht in jeder Situation sinnvoll und möglich. Manchmal ist auch ein einfaches ‚Time out’ oder das simple Darreichen der Bedarfsmedikation ratsamer und hilfreicher.

Unsere Aufgabe ist es darüber hinaus, diese besonderen Situationen zu dokumentieren und die Therapeuten des Patienten darüber zu informieren.

3.2.5 Zum Umgang mit Selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität

Es ist die nächste diffizile Gratwanderung, der man im Umgang mit BP ausge- liefert ist, wie Selbstverletzungen zu verstehen sind, wie mögen sie eingeordnet werden und wie sollte man damit umgehen? Wie kann oder soll der nicht an die- ser Krankheit leidende Mensch nachempfinden, dass Patienten ihre Körper, die sie durch Rasierklingen, Fingernägel, Scheren, Glasscherben, glühende Zigaretten malträtiert haben, sich immer wieder neu verstümmeln? Ist dieses Verhalten ma- nipulativ, ist es Ausdruck größter inneren Not, unerträglicher Gefühle, Versuch sich zu entlasten oder sogar sich das Leben zu nehmen? Das Wissen um Hinter- gründe dieser Verhaltensmuster, das Wissen darum, dass Verbrennen, Ritzen oder Schneiden überwiegend selbststützende Funktionen für den BP haben, ist Voraus- setzung und ermöglicht erst eine angemessene Pflege. Im Gespräch mit Patienten kann dann dieser Hintergrund auch leichter wahrgenommen werden, trotzdem bleibt die Abgrenzung zwischen Selbstverletzung und Suizidversuch weiter schwierig aber notwendig.

Parallel zur eigenen Einschätzung ist das beste Instrument, um diese zwei selbstgefährdenden Verhaltensweisen zu unterscheiden, das zielgerichtete Fragen. Wir fragen den BP welche Funktion, welche Bedeutung der Drang nach Selbst- verletzung hat. Zum Beispiel „Können Sie unterscheiden in welchem Zustand Sie sich jetzt befinden?“, „Sind Sie suizidal oder sind Sie unter Druck, sich selbst zu verletzen?“. Die jeweiligen Reaktionen der BP bilden die Grundlage zur Diffe- renzierung der Funktionen und Bedeutungen. Darauf bauen unterschiedliche Kon- sequenzen im ‚Reagieren’, in unserem Verhalten in der Pflege sowie dem der Therapeuten auf.

Bei suizidalen Zuständen des BP ist es wichtig, gemeinsam mit ihm seinen Handlungsspielraum zu erfühlen und auszusprechen. Besonders wichtig ist die Klärung, ob der Patient noch ‚bündnisfähig’ ist oder nicht. In beiden möglichen Fällen haben im Anschluss die üblichen Schritte der Notfallpsychiatrie zu erfol- gen.

Kämpft der BP mit dem inneren Druck, sich etwas anzutun, ist es notwendig nach der Verhaltensanalyse zu forschen beziehungsweise zu ergründen, was die Gründe für seinen als unerträglich erlebten Zustand sein mögen. Klären sich die auslösenden Ereignisse oder Bedingungen, so führt das in der Regel schnell zum Verständnis der problematischen Situation. In der Krisensituation bei „starker emotionaler Erregung verliert die Patientin häufig das Ereignis aus dem Au- ge“(Bronisch et al. 2000, S. 111) womit es dringlichste Aufgabe der Pflege ist, dem BP zu helfen sich zu konzentrieren, was vor der Krise geschehen ist. Not- wendig ist dabei, im ‚Hier und Jetzt’, in der Gegenwart, beim Krisenfall zu blei- ben und sich nicht „auf eine Diskussion aller negativen Ereignisse ihres Lebens einzulassen.“(ebenda). Wenn möglich, sollte die Notintervention die Bezugsper- son oder der Einzeltherapeut übernehmen. Die Problematik bleibt unkomplizier- ter, je weniger verschiedene Mitglieder aus einem Pflegeteam involviert sind. Darüber hinaus ist zu ergründen, ob bestimmte Vorstellungen bei dem BP bereits existieren, wie er sich im Fall verletzen wollen würde. Daraufhin sind gegebenen- falls die verlockenden Instrumente und Mittel (z.B. Glasscherben, Rasierklingen, chemische Stoffe) zu beseitigen.

Oft überraschend hilfreich kann es auch sein, wenn wir nach alternativen Verhaltensweisen forschen, die der BP in solchen Situationen zur Entlastung an- wenden konnte. Wir können vielleicht mit Beispielen dazu beitragen, sich an frü- her hilfreiche Mittel zu erinnern oder wir bieten selbst neue, rasch wirksame und einfache an. Dabei sollten wir ihnen aber nur zwei bis drei Techniken vermitteln.

Für Situationen dieser Art ist der sogenannte ‚Notfallkoffer2 ’ hilfreich. Mittels starker sensorischer Reize können „die autonomen subkortikalen Regelkreise“(Bronisch et al., S. 110) durchbrochen werden.

‚Stresstoleranz-Skills’ können sein:

- Geruch: intensive Duftstoffe: Pfefferminzöl, Ammoniak riechen;
- Temperatur: Eiswürfel oder kaltes Wasser auf die Haut;
- Geschmack: Meerrettich essen, in eine Chilischote beißen;
- Akustik: rhythmische Musik oder beruhigendes Märchen hören;
- Kinästhetik: Igelbälle, Muskelaktivierung, Gummibänder über die Unerarme streifen und schnalzen, evtl. in einen Sandsack boxen;
- Optik: Stücke eingefrorener roter Lebensmittelfarbe oder einfache rote Farbe über die Haut reiben, etc.

Falls die Stresstoleranz-Skills oder andere Ablenkungsstrategien nicht wirksam sind, ist es notwendig, auf die Bedarfsmedikation des Patienten zurückzugreifen. Leider passiert es sehr oft, dass ein BP sich überhaupt erst nach selbstverletzende Handlungen beim Pflegepersonal melden kann. Für das Pflegepersonal birgt dies immer die Gefahr, mit spontanen Gefühlen, wie Ärger oder Entsetzen zu reagieren. Mir persönlich hilft in vergleichbaren Fällen allein das Wissen, dass es sich dabei um Hilfsmechanismen handelt, dass der BP wahrscheinlich noch keine andere Möglichkeit zur Druckentlastung hat.

Im ersten Schritt ist es notwendig, die Verletzungen oder Intoxikationen abzuklären und zu versorgen oder chirurgisch versorgen zu lassen . Wichtig ist dabei in jeder Phase, den Patienten ernst zu nehmen. Es soll nachgefragt werden, ob die auslösende innere Spannung abgebaut werden konnte, ob das Selbstverletzen also den gewünschten Effekt hatte. Gleichzeitig sollte die Selbstverletzung nicht dazu führen, dass dem BP besondere Zuwendung zu eigen wird.

3.2.6 Zum Umgang mit der affektiven Instabilität und dem Gefühl von Leere und Langeweile

Die hohe Affektintensität und die Neigung zu schnellen Affektwechseln der BP stellt Krankenschwestern wie Pfleger, die im therapeutischen Milieu den engs-

ten Kontakt zum Patienten haben vor hohe Anforderungen. Sie werden emotional und in ihrer Geduld massiv belastet. Aus allgemeinen Einverständnis kann vor dem Hintergrund dieser Belastungen plötzlich Ärger, sogar ein gutes Maß an Wut entstehen. Patienten und die gesamte Umgebung reagieren dann verwirrt und irri- tiert. In solchen Situationen ist es notwendig, den BP wiederum zu unterstützen, die Quelle solcher Stimmungsschwankung ausfindig zu machen. Wir haben zu bedenken, dass für ihn ein Blick oder manchmal eine Aussage ausreichen, schon sind sie hochbeglückt oder tief verzweifelt.

Wichtig und hilfreich unsererseits ist es, empathisch gegenüber dem Leid der Patienten zu bleiben und uns nicht von ihren Gefühlen mitreißen zu lassen. Die Beziehung ist auch über die Wechselbäder der Gefühle hinweg konstant und deut- lich aufrechtzuerhalten, dem BP muss vermittelt werden, dass er nicht alleine ist, dass wir für ihn da sind. Krankenschwestern und -pfleger können den Patienten helfen Schwankungen und ihre Gefühle der ‚Leere’ zu erkennen. Wir können dem BP sein Verhalten und die damit verbundenen Gefühle widerspiegeln, so dass er langfristig mehr Verantwortung eben für sein Verhalten übernehmen kann. Ähnli- ches können wir mit ihm und für ihn im Umgang mit den depressiven Phasen und den quälenden Gefühlen der Leere erreichen.

3.2.7 Zum Umgang mit psychotischen Symptomen

Häufig treten psychotische Symptome, die oben genannten ‚Mechanismen der Abwehr’ vorübergehend auf. Die Aufgabe der Pflege erkenne ich in erster Linie darin, die Ängste und Gefühle des Ausgeliefertseins, denen die Patienten ausge- setzt sind, anzusprechen und ihnen dagegen Schutz zu geben, und das muss hei- ßen, das Gefühl von ‚beschützt sein’ zu vermitteln. Viele Patienten schaffen es nicht, sich zu melden, wenn sie die quälenden Gefühle nicht mehr aushalten. Wir müssen dann noch vermehrt nach dem BP sehen, einen guten Kontakt aufbauen, Brücken zur Realität schaffen, seine Wahrnehmung überprüfen und gegebenfalls korrigieren, nicht zulassen, dass er sich weiter in das innere Geschehen vertieft, sondern von den inneren Geschehnissen ablenken, ihnen aktiv, zum Beispiel, ihre Bedarfsmedikamention anbieten. Bei paranoiden Vorstellungen oder dissoziati- ven Phänomenen ist eine Klärung auch wieder notwendige Priorität, wie weit sich der BP unter extremem Druck befindet, ob er sich in einer Krise befindet und was dieser vorausgegangen ist.

3.3 ZUM UMGANG MIT DER SPALTUNG

Ein weiteres essentielles Kriterium in der Pflege der BPS bedeutet, dass wir im Pflegeteam den Hauptabwehrmechanismus der BP verstehen. Um die unverträgli- chen Bereiche psychischen Erlebens auseinander zu halten, greifen die BP oft zu Manipulationen der inneren und äußeren Welt. Dies geschieht nicht aus Boshaf- tigkeit sondern ist eben ein Symptom ihrer Erkrankung. Das muss uns eindring- lich bewusst sein. Bekannt sind vor allem die Spaltungsszenarien in stationären Rahmen, in denen Mitarbeiter in ‚gut und böse’ geteilt, in denen das Pflegeteam erfolgreich ‚gespalten’ wird.

Was können wir dagegen tun? Hier beweist sich der oberste Grundsatz, wo- nach vermehrte Absprachen und Besprechungen innerhalb des Teams notwendig sind. Nicht nur für die Transparenz des Verhaltens der BP und dem Fortschreiten der Behandlung und natürlich der Zusammenführung verschiedener Wahrneh- mungen sondern auch und ganz wesentlich als Kraftquelle für uns Mitarbeiter sind Verständnis und Kommunikation im Team die unabdingbare Grundlagen. So muss niemand aus einem Team mit ‚irgendetwas’ alleine zu Rande kommen.

4 RESÜMEE

Ich habe bereits eingangs zu dieser Arbeit bemerkt, dass der Patient, der an dieser ‚bunten’ und schwierig zu diagnostizierenden Krankheit BPS leidet, dass uns dieser Mensch faszinieren und berühren, schockieren und überfordern kann. Daraus leitet sich schließlich auch maßgeblich mein Bedürfnis nach einer klar formulierten Handlungsanweisung für die Pflege ab. Dabei übersehe ich nicht, dass bei dem konkretesten Leitfaden immer noch viel Raum für die oft sehr unter- schiedlichen Interventionen der Pflegemitarbeiter bleiben muss. Ich habe versucht zu zeigen, dass im Kontakt mit diesen faszinierenden wie fordernden Patienten die Kenntnis ihrer Krankheit und der Folgen für alle zwischenmenschlichen Kon-takte das Um und Auf für eine qualitativ gute Pflege für die Patienten und das Nervengerüst des Pflegepersonals sind. Ich denke, das die DSM-IV Kriterien sich hier als sehr hilfreich erweisen. Aus diesen lassen sich klare Handlungsanweisun- gen für die Pflege ableiten. In meinen Interviews konnte ich darüber hinaus er- kennen, dass die Kollegen der unterschiedlichsten Berufsgruppen den Kontakt und die Probleme mit diesen Patienten sehr einhellig erleben. Wir alle erleben sie als vielschichtig und intensiv, als reizvoll und herausfordernd, sie treffen uns un- abhängig ob Oberarzt oder Krankenschwester in unsere persönliche Emotionali- tät, belasten uns, ärgern uns, stürzen uns in Wechselbäder der Gefühle, lassen uns Hilflosigkeit an uns selber erfahren. Daraus lässt sich klar die besondere Notwen- digkeit der intensiven Selbstreflexion für den Einzelnen und vor allem das gesam- te Team ableiten, auf das ich noch einmal gesondert hinweisen möchte. Wir müs- sen den Umgang mit diesen BP sehr bewusst und sensibel, beherrscht und klar, verantwortungsbewusst und konzentriert nach den in dieser Arbeit beschriebenen Erfordernissen regeln, die diese Krankheit mit sich bringt. Pflegepersonal wie Ärzte sind gefordert, dem bewussten Arbeiten an der Selbsterfahrung Vorrang einzuräumen, um persönliche Grenzen und Leistungsgrenzen, die Grenzen der Rollenverhältnisse und der Patienten und die eigene Belastbarkeit und die der Teammitglieder laufen richtig einzuschätzen. Intensive Teamgespräche und Su- pervision sind wesentlichste Instrumente für die Arbeit mit BP und Selbstkritik schlichte Notwendigkeit.

Dazu möchte ich mit einem Zitat eines meiner Kollegen abschließen:„Mal wieder erst später gemerkt, dass die Grenzen überschritten worden ist. Ich muss mir für das nächste Mal vornehmen, klare Grenzen zu setzten.“

LITERATURVERZEICHNIS

Beck, A.& Freeman, A. (1995). Kognitive Therapie der Persönlichkeitsstörungen. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union

Bronisch, T., Bohus, M., Dose, M., Reddemann, L. & Unckel, C. (2000). Krisenintervention bei Persönlichkeitsstörungen. Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta

Diagnostische Kriterien und Differentialdiagnosen des Diagnostischen und statistischen Manuals psychiatrischer Störungen DSM-IV. Hoegrefe Verlag für Psychologie

Dulz, B. & Schneider, A. (1999). Borderline -Störungen, Theorie und Therapie. Stuttgart: Schat- tauer Verlag

Egle,U, Hoffnann, S. & Joraschky, P. (2000). Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung. Stuttgart: Schattauer Verlag

Herpetz, S.& Saß, H. (1999). Die Borderline-Persönlichkeitsstörung in der historischen und aktuellen psychiatrischen Klassifikation: In Kernberg, O. & Dulz, B. (Hrsg.), Handbuch der Borderline-Störungen (S. 115-125). Stuttgart: Schattauer Verlag

Huck, G. ( 1999). Beziehungszentrierte Pflege. Psych. Pflege Heute, 5, (34-40)

Kreisman, J. & Straus, H. (1992). Ich hasse dich -verlaß` mich nicht Die schwarzweiße Welt der Borderline-Persönlichkeit. München: Kösel Verlag

Lohmer, M. (1988). Stationäre Therapie bei Borderline Patienten. Berlin: Springer Verlag

Lohmer, M. (1990). Diagnostik und Behandlung von Borderline-Störungen in einem Stationärpsychiatrischen Rahmen. Psychiat. Prax. 17, (172-179)

Lohmer, M. (2000). Persönlichkeitsstörungen Über Therapeuten.. PTT 2, ( XXXXXXXXX Sender, I. (2000). Ratgeber: Das Borderline-Syndrom. München: CIP-Medien

Steiner, S. (1987). Borderline-Patienten auf der Psychotherapiestation: Die DSM III- Diagnostik und ihre Auswirkungen auf die Therapie. Psychother. med. Psychol. 37, (211-218).

Mertz, J. (2000). Weder tot noch lebendig. Stuttgart: Enke

ANHANG

A. VERHALTENSANALYSE IM RAHMEN DER DIALEKTISCHBEHAVIORALEN THERAPIE NACH MARSHA LINEHAN:

aus: Sender,I.; Ratgeber: Das Borderline-Syndrom, München 2000; S. 60

1. Problemverhalten

Beschreiben Sie bitte Ihr Problemverhalten im Detail. Was genau taten Sie? Wo? Wann begann das Problemverhalten? Wie lange hielt der Zustand an? Wer außer Ihnen war involviert? Was geschah mit den Gegenständen, wenn Sie welche zur Schädigung oder ähnlichem verwendeten? Beschreiben Sie Ihr Problemverhalten so genau, dass es eine SchauspielerIn in einem Theaterstück oder einem Film nachspielen könnte.

2. Vorausgehende Bedingungen

Welches Ereignis ging dem Beginn des Problemverhaltens voraus? Was taten, dachten, fühlten oder stellten Sie sich vor, bevor das Problemverhalten begann? Welche Körperempfindungen nahmen Sie wahr? Wann begann das Problemverhalten? Was von dem Vorangegangenen war Ihrer Meinung nach das Wichtigste?

3. Auffälligkeitsfaktoren

Welche Faktoren machten Sie anfällig für das Problemverhalten? Berücksichtigen Sie folgende Aspekte: Gestörtes Essen oder Schlafen, Verletzungen, körperliche Erkrankung, Gebrauch von Alkohol und Drogen, Missbrauch von Medikamenten, stressreiche Ereig- nisse in Ihrer Umgebung, intensive Gefühle, eigenes vorausgehendes Verhalten, das Sie belastend fanden.

4. Konsequenzen

Identifizieren Sie alles, was als Konsequenz aus Ihrem Problemverhalten folgte. Dies beinhaltet die eigenen Gefühle, Gedanken, Körpersymptome und Ihr Verhalten. Wie war dies direkt nach dem Problemverhalten und wie später? Wie haben andere Personen un- mittelbar und mit Verzögerung reagiert? Welche Wirkung hatte Ihr Verhalten auf Ihre Umgebung? Welche Folgen hatte Ihr Verhalten für Sie selbst und andere Personen?

5. Lösungsanalyse

Gehen Sie noch einmal Ihr Verhalten durch.

Identifizieren Sie Punkte, wo Sie, falls Sie anders gehandelt hätten, das Problemver- halten hätten umgehen können? Welche Fertigkeiten oder welches Bewältigungsverhal- ten hätten Sie anwenden können oder können Sie nächstes Mal gebrauchen? Was hat dieses Mal den Gebrauch der Fertigkeiten verhindert? Welche Art von Konsequenz auf das Problemverhalten würde Ihnen helfen, das Verhalten zukünftig unter Kontrolle zu bringen?

6. Präventionsstrategie

Wie hätten Sie Ihre Anfälligkeit für das Problemverhalten verringern können? Was könnten Sie in Zukunft berücksichtigen, um Ihre Anfälligkeit zu verringern?

7. Wiedergutmachung

Welche Möglichkeiten der Wiedergutmachung haben Sie?

B. NOTFALLKOFFER

aus: Therapiemanual zur DBT der BPS des Universitätsklinikum Freiburg

1. Was sind Ihre effektivsten Wege zur Ablenkung?
2. Was sind Ihre effektivsten Wege zur Selbstbesänftigung?
3. Welche Phantasien helfen Ihnen, Stress auszuhalten?
4. Haben Sie eine Vorstellung eines sicheren Ortes, den Sie aufsuchen können?

Machen Sie nun eine Liste von Fertigkeiten zur Stresstoleranz, und zwar genau in der Reihenfolge, in der Sie diese Fertigkeiten anwenden würden. Entwerfen Sie diese Liste so konkret wie möglich und fügen Sie Fertigkeiten hinzu, die wir nicht erarbeitet haben, die Ihnen jedoch persönlich nützlich sind.

Greifen Sie auf die Möglichkeiten rechts zurück.

Mögliche Fertigkeiten

1. Ablenkung
2. Selbstbesänftigung
3. Atemübungen
4. Entspannung
5. Phantasie
6. Pro und Contra

[...]


1 im weiteren Verlauf der Arbeit mit BP abgekürzt;

2 im weiteren Verlauf der Arbeit mit BPS abgekürzt;

3 siehe Anhang A

2 siehe Anhang B

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Borderline Persönlichkeitsstörung
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V104454
ISBN (eBook)
9783640027897
Dateigröße
447 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Diplomarbeit habe ich im Zuge einer weiterführenden Pflegeausbildung geschrieben. Als Krankenschwester auf einer Krisenstation der Psychiatrie habe ich oft erleben müssen, wie BPS-Patienten für uns unglaublich fesselnd und überfordernd sind. Literatur, die hilfreiche Anleitung für die Pflege von solchen Patienten geben könnte ist allerdings kaum vorhanden. Ich habe versucht, hier einen Leitfaden für die Pflege zu verfassen, der da Hilfestellung geben möchte.
Schlagworte
Borderline, Persönlichkeitsstörung
Arbeit zitieren
Dietrich, Doris (Autor:in), 2001, Borderline Persönlichkeitsstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104454

Kommentare

  • Gast am 23.10.2001

    Dipl.Kfm..

    Liebe Doris,
    ich habe deine Ausführungen nochmals gelesen. Vieles kenne ich - leider.
    Bin sehr stolz auf dich!!!
    Weiterhin viel Spaß an deiner Arbeit und viel Kraft, alles zu bewältigen. Ist ja nicht leicht, oder?
    Herzlichen Glückwunsch!
    Vati

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Titel: Borderline Persönlichkeitsstörung



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